Botschaft zur Änderung des Landesversorgungsgesetzes
Botschaft zur Änderung des Landesversorgungsgesetzes
vom 19. Februar 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Landesversorgungsgesetzes ¹ .
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 19. Februar 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Mit dieser organisationsrechtlichen Revision soll die bisherige doppelspurige Führung der Wirtschaftlichen Landesversorgung abgelöst werden. Die Stelle der oder des nebenamtlichen Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung und die Stelle der stellvertretenden Amtsdirektorin oder des stellvertretenden Amtsdirektors des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung sollen zusammengelegt werden. Künftig soll die oder der vollamtliche Delegierte die Wirtschaftliche Landesversorgung einschliesslich des Bundesamts leiten.
Ausgangslage
Die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen ist gemäss Artikel 102 der Bundesverfassung primär Aufgabe der Wirtschaft. Der Bund stellt die Versorgung des Landes sicher für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, welche die Wirtschaft nicht selbst bewältigen kann. Die Verfassung verpflichtet den Bund vorsorgliche Massnahmen zu treffen.
Der Bund konkretisiert seine Verfassungsaufgabe im Landesversorgungsrecht. Das aktuell geltende Gesetz (Landesversorgungsgesetz; LVG) wurde am 17. Juni 2016 verabschiedet und auf den 1. Juni 2017 in Kraft gesetzt. Aufgrund der Entwicklungen in verschiedenen Bereichen der wirtschaftlichen Landesversorgung und neu gewonnenen Erkenntnissen sowie Erfahrungen aus der Praxis besteht Revisionsbedarf.
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung initiierte dazu im Jahr 2021 das Projekt «Reform der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL)». Gestützt darauf beschloss der Bundesrat, Organisation und Funktionsweise der WL im Rahmen einer Teilrevision des LVG zu stärken und damit an die neuen Anforderungen anzupassen.
Die Wirtschaftliche Landesversorgung ist eine im Hinblick auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben historisch gewachsene und einzigartige Organisationsform. Sie gründet auf dem im Rahmen der Kriegswirtschaft etablierten Milizprinzip. Heute bilden die oder der vom Bundesrat ernannte Delegierte, die Kader der Fachbereiche (Milizkörper) und das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung den ständigen Kern der Wirtschaftlichen Landesversorgung. Erweiterungen durch andere Akteure aus Wirtschaft und Verwaltung sind abhängig von der zu bewältigenden Aufgabe möglich.
Ein für das Funktionieren der WL zentrales Element ist damit die Leitungsstruktur. Die Leitungsaufgabe soll über die gesamte WL vereinfacht und in einer Hand konzentriert werden. Der Bundesrat hat deshalb am 30. März 2022 beschlossen, den Beschäftigungsgrad für die Delegierte oder den Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung in Abweichung von Artikel 58 Absatz 2 LVG bis zum Abschluss der geplanten Revision des LVG auf 100 Prozent zu erhöhen. Die Möglichkeit zur vollamtlichen Verpflichtung ist bis Ende 2026 befristet.
Geplant war, die Botschaft zur Teilrevision des LVG bis Ende 2024 zu verabschieden und an das
Parlament
zu überweisen. Sie hätte auch die Umwandlung der Delegiertenposition in ein unbefristetes Vollamt erfasst. Der Rücktritt des Delegierten zum
Jahresende 2024 und weitere unerwartete personelle Veränderungen führten jedoch zu starken Verzögerungen, was nun die Rekrutierung einer neuen Führungspersönlichkeit
aufgrund der Befristung der Stelle bis Ende 202
6 deutlich erschwert.
Nach einer längeren Phase der Belastung und Reorganisation sind klare Verhältnisse in der Leitung der WL jedoch zentral. Daher werden die gesetzlichen Bestimmungen aus der Teilrevision des LVG, die mit der Funktion der oder des Delegierten zusammenhängen, vorgezogen und dem Parlament in einer eigenen Botschaft unterbreitet.
Inhalt der Vorlage
Die Vorlage fokussiert auf die Leitung der Wirtschaftlichen Landesversorgung und auf das Zusammenwirken der oder des Delegierten und der Fachbereiche. Sie umfasst:
-
den Ausbau der Delegiertenposition zum Vollamt;
-
die Präzisierung der Aufgaben der nach dem Milizprinzip aufgestellten Fachbereiche .
Botschaft
¹ BBl 2025 813
1 Ausgangslage
1.1 Handlungsbedarf und Ziele
Das totalrevidierte Landesversorgungsgesetz vom 17. Juni 2016 ² (LVG) wurde auf den 1. Juni 2017 in Kraft gesetzt. Aufgrund der Entwicklungen in verschiedenen Bereichen der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) und neu gewonnenen Erkenntnissen aus der Praxis besteht Revisionsbedarf.
Im Nachgang zu den hohen Verlusten des Bundes als Folge der weltweiten Schifffahrtskrise wurde die WL ab 2018 von diversen Gremien intensiv überprüft. Alle daraus hervorgegangenen Berichte ³ halten Mängel und Risiken des geltenden Regel-werks sowie Defizite im Vollzug fest.
Nach diesen Berichten und mit Fokus auf die Herausforderungen in den Führungs- und Organisationsstrukturen der WL initiierte das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) im Jahr 2021 das Projekt «Reform der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL)» ⁴ . Gestützt darauf beschloss der Bundesrat, Organisation und Funktionsweise der WL im Rahmen einer Teilrevision des LVG zu stärken und damit an die neuen und gestiegenen Anforderungen anzupassen. Ein zentrales Element ist dabei die Leitungsstruktur. Sie soll vereinfacht werden: Für die Leitung der WL einschliesslich des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) soll künftig ein und dieselbe Person zuständig sein.
Überdies soll mit der Teilrevision auch den Erfahrungen in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie sowie der drohenden Energiemangellage aus dem Winter 2022/23 Rechnung getragen werden.
Seit dem Rücktritt des Delegierten Ende 2024 wird die WL interimistisch vom Direktor des Bundesamts für Zivildienst mit einem Beschäftigungsgrad von 50 Prozent geführt. Damit diese Interimslösung baldmöglichst abgelöst und ein Führungsvakuum vermieden werden kann, ist die rasche und vollamtliche Besetzung der Delegiertenstelle zwingend. Dazu muss jedoch das geltende Recht geändert werden.
Bei der vorliegenden Änderung geht es darum nur um die organisationsrechtlichen Teile der angestrebten Teilrevision. Die gesetzlichen Bestimmungen aus der Teilrevision des LVG, die mit der Funktion der oder des Delegierten zusammenhängen, sollen vorgezogen und dem Parlament separat zur Beratung vorgelegt werden.
Die Leitung durch eine Person führt zu Anpassungen der Verantwortlichkeiten. Die oder der Delegierte soll neu das Zusammenspiel sämtlicher Akteure der WL (Fachbereiche, Behörden) regeln und koordinieren. Gleichzeitig ist sie oder er für die operative Leitung des BWL zuständig. Das führt zu gewissen Veränderungen bei den Aufgaben der Fachbereiche.
Zudem soll die Führung aus einer Hand und damit auch das gestärkte Zusammenwirken der unterschiedlichen Akteure der WL durch die Benennung der Organisation als «Wirtschaftliche Landesversorgung» verständlich und greifbar gemacht werden.
² SR 531
³
Bericht
der GPK vom 26. Juni 2018
;
Kurzbericht der GPK vom 25. Juni 2019
;
Bericht der FinDel über die Solidarbürgschaften des Bundes für Schweizer Hochseeschiffe vom 27. Juni 2019
;
Bericht über die Administrativuntersuchung betreffend Organisation, Strukturen und Prozesse in der wirtschaftlichen Landesversorgung vom 18. September 2020
.
⁴ Der Schlussbericht ist auf Deutsch abrufbar unter www.admin.ch > Dokumentation >
Medienmitteilung vom 30. März 2022: Bundesrat fällt Richtungsentscheide für bessere Versorgungssicherheit.
1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung
Das WBF hat die Möglichkeit geprüft, der Bundesversammlung die Teilrevision des LVG gesamthaft zu unterbreiten. Aus den vorgängig dargelegten Gründen wurde von diesem Vorgehen abgesehen. Das Risiko, dass ein solches Vorgehen zu einem über einen längeren Zeitraum interimistisch geleiteten Amt sowie einer weiterhin eingeschränkten Verfügbarkeit bei der Leitung der Gesamtorganisation der WL führen würde, wird als zu gross eingeschätzt.
Darüber hinaus sieht die derzeitige Gesetzeslage die Verpflichtung eines oder einer Delegierten im Vollamt nicht vor. Die Erfahrungen der letzten Jahre sowie die Herausforderungen, mit denen die Schweiz in einem besonders unsicheren geopolitischen Umfeld konfrontiert ist und auch weiterhin konfrontiert sein wird, lassen jedoch ein nebenamtliches Engagement nicht zu. Bei der oder dem Delegierten handelt es sich um eine Schlüsselposition innerhalb der Bundesverwaltung, die an der Schnittstelle zwischen der Wirtschaft und der Bundesverwaltung angesiedelt ist.
Aus diesen Gründen und um die Attraktivität der zu besetzenden Stelle zu gewährleisten, hat der Bundesrat beschlossen, der Bundesversammlung nur die Gesetzesänderungen betreffend die Delegierte oder den Delegierten sowie die Struktur der WL zu unterbreiten, um auch in Zukunft eine qualitativ hochstehende wirtschaftliche Landesversorgung zu gewährleisten.
1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Die Vorlage ist Teil der in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ⁵ zur Legislaturplanung 2023-2027 sowie im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ⁶ über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigten Teilrevision des LVG. Sie unterstützt die Erreichung von Ziel 18 der Legislaturplanung 2023-2027 (Die Schweiz erhöht ihre Kompetenzen zur Führung bei der Bewältigung von Krisen, stärkt ihre Widerstandsfähigkeit und verfügt über die notwendigen Instrumente und Mittel, um die Gefahren und Bedrohungen ihrer Sicherheit abzuwenden).
Die Verabschiedung der Botschaft zur Teilrevision des LVG im Jahr 2025 wird im Voranschlag 2025 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2026-2028 aufgeführt. ⁷
Die nun vorgezogene Anpassung der Normen zur Führungsstruktur war grundsätzlich nicht vorgesehen. Sie ist dennoch angezeigt, da sie bezweckt, die Leitung der Wirtschaftlichen Landesversorgung insgesamt (Miliz und Verwaltung) sicherzustellen. Angesichts der grossen Herausforderungen bei der Umsetzung der laufenden Reform der WL sowie der anstehenden Aufgaben in den Bereichen Energie- und Medikamentenversorgung erachtet der Bundesrat die rasche und vollzeitliche Besetzung der Delegiertenstelle als unbedingt erforderlich.
⁵ BBl 2024 525 S. 90 und 113
⁶ BBl 2024 1440 , hier Art. 19 Punkt 102
⁷ Voranschlag 2025 mit IAFP, Band 2, S. 69
1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse
Die Vorlage betrifft keine hängigen parlamentarischen Vorstösse.
2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren
2.1 Ergebnis der Vernehmlassung
Das WBF hat im Auftrag des Bundesrates vom 15. Dezember 2023 bis am 31. März 2024 eine Vernehmlassung zur Teilrevision des Landesversorgungsgesetzes durchgeführt. ⁸
Zur Teilnahme eingeladen wurden die 26 Kantone, die Konferenz der Kantonsregierungen, 10 politische Parteien, 3 Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, 37 (Dach-)Verbände und Organisationen der Wirtschaft sowie 4 ausserparlamentarische Kommissionen.
Insgesamt sind 98 Stellungnahmen eingegangen. Stellung genommen haben 25 Kantone, die Konferenz Kantonaler Volkswirtschaftsdirektoren, die Konferenz Kantonaler Energiedirektoren und die Konferenz der kantonalen Landwirtschaftsdirektoren, 4 politische Parteien, 1 Dachverband der Gemeinden, Städte und Berggebiete, 51 (Dach-)Verbände und Organisationen der Wirtschaft, 3 ausserparlamentarische Kommissionen sowie 12 Unternehmen.
Die Vorlage wurde grundsätzlich positiv aufgenommen, jedoch sind zahlreiche Anmerkungen und Änderungsvorschläge eingegangen. Nachfolgend werden die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahren hinsichtlich der organisationsrechtlichen Anpassungen kurz zusammengefasst, da nur diese Gegenstand der vorliegenden Botschaft sind. Für weitergehende Ausführungen wird auf den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung ⁹ verwiesen.
Hinsichtlich der Neuaufstellung der Führung der Organisation und der Aufwertung der Delegiertenposition zum Vollzeitamt ist die Zustimmung deutlich. Drei Viertel der Stellungnehmenden befürworten auch die Führung aus einer Hand. Die organisatorische Stärkung der Strukturen und Leitung des BWL sei notwendig, damit die WL geeignete und wirksame Massnahmen ergreifen kann, insbesondere in Krisensituationen. Wie vergangene Ereignisse gezeigt hätten, sei ein kontinuierliches Engagement für die effektive Bewältigung schwerer Versorgungskrisen von entscheidender Bedeutung. Die Professionalisierung durch eine vollamtliche Stelle würde angesichts der steigenden Wichtigkeit der Drehscheibenfunktion ausdrücklich begrüsst.
Die verbleibenden Stellungnahmen unterstützen die Grundrichtung der Anpassungen unter Anbringung von Änderungsvorschlägen. Angemerkt wurde insbesondere, dass sich die oder der Delegierte im Vollamt zu weit von der Wirtschaft und ihren Realitäten entfernen könnte, was die vorrangige Stellung der Wirtschaft im Bereich der Landesversorgung schmälern könnte. Daher sei dem Erfahrungshintergrund aus der Wirtschaft bei der Rekrutierung besonderes Gewicht zu verleihen.
Bezüglich der Präzisierung der Aufgaben der Fachbereiche wurde in den Stellungnahmen betont, dass dem Milizprinzip und dem Subsidiaritätsprinzip als Pfeiler des Systems der WL genügend Rechnung getragen werden müsse. Während ein Grossteil der Stellungnahmen die neue Regelung der Verantwortlichkeit befürwortet, befürchten die Gegenstimmen eine Schwächung der Miliz durch die Verschiebung der Verantwortung zur oder zum Delegierten.
Die vorgenannten Anmerkungen wurden in der nun vorliegenden Formulierung der Vorlage berücksichtigt. Die Fachbereiche bleiben als Teil der WL-Kernorganisation im Rahmen ihrer Fachkompetenzen in der Umsetzungszuständigkeit. Die Relevanz des Subsidiaritätsprinzips wird zudem durch die Vorgabe des engen Bezugs der oder des Delegierten zur Wirtschaft hervorgehoben.
⁸ BBl 2023 2879
⁹ Der Ergebnisbericht ist abrufbar unter
www.admin.ch
> Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung.
3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht
Die vorgeschlagenen Anpassungen betreffen ausschliesslich das nationale Recht.
4 Grundzüge der Vorlage
4.1 Die beantragte Neuregelung
Die oder der Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung soll neu im Vollamt tätig sein. Die Ausübung dieser zunehmend wichtigen Funktion im Nebenamt genügt den Anforderungen an die ständige Beobachtung und Bewertung der Lageentwicklung und der Notwendigkeit der Vernetzung in Verwaltung und Wirtschaft nicht mehr, wenn starke geopolitische Spannungen vorhanden sind und sektorenübergreifende Versorgungsengpässe auftreten können. Die Funktion an der Schnittstelle zwischen der Wirtschaft, dem Bund und den Kantonen ist insbesondere zentral, wenn es darum geht, die Ziele der wirtschaftlichen Landesversorgung zu definieren, die Notwendigkeit von Massnahmen zu beurteilen, die Vorbereitung der nötigen Massnahmen voranzutreiben oder aber dem WBF die nötigen Anträge zur Auslösung von Massnahmen zu stellen. Zur Verschlankung der Entscheidungswege soll die oder der Delegierte für wirtschaftliche Landesversorgung daher als Direktorin oder Direktor auch das BWL leiten.
Die Position der Fachbereiche verändert sich gegenüber dem geltenden Recht nur marginal. Sie werden nach wie vor den Bereich der Vorbereitung von Bewirtschaftungsmassnahmen mit ihrer Fachkompetenz aus der Praxis prägen. Die WL ist nur so gut, wie ihre Massnahmen im Bedarfsfall tatsächlich umgesetzt werden und Wirkung entfalten können. An Tauglichkeit, Vollziehbarkeit und Effektivität der Massnahmen werden sich die Fachbereiche messen lassen müssen.
Organisationen, deren Hauptzweck die Vorbereitung und Bewältigung von Krisensituationen ist, benötigen eindeutige, einfache Entscheidungs- wie auch Anweisungswege. Das ist heute bei der WL nicht gegeben. Die Fachbereiche werden zwar von der oder dem Delegierten geleitet, können aber gleichzeitig vom Bundesrat direkt beauftragt werden. Diese Mehrfachunterstellung soll grundsätzlich korrigiert werden. Die Kompetenz des Bundesrates, den Fachbereichen Aufgaben zu übertragen, wenn wirtschaftliche Interventionsmassnahmen gegen schwere Mangellagen erforderlich sind, bleibt jedoch erhalten.
4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen
Die beantragten Änderungen des LVG haben keine Auswirkungen auf die Kosten der WL. Die Erhöhung des Pensums der oder des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung um 60 Prozent auf 100 Prozent wurde erstmals 2022 umgesetzt und soll nun dauerhaft beibehalten werden. Die Position der stellvertretenden Amtsdirektorin oder des stellvertretenden Amtsdirektors des BWL soll in die neue, vollamtliche Delegiertenposition überführt werden.
4.3 Umsetzungsfragen
Umsetzung und Vollzug der WL stützen sich auch in Zukunft grundsätzlich auf das bestehende Dispositiv gemäss dem geltenden LVG. Dies basiert auf zwei Phasen: einer Vorbereitungs- und einer Interventionsphase. So bereitet die WL in der Vorbereitungsphase Massnahmen für die Interventionsphase vor, stärkt die Eigenverantwortung der Schlüsselakteure sowie der Bevölkerung und erhöht die Widerstandsfähigkeit der Versorgungsprozesse. Hier sind die Beiträge der Fachleute aus der Wirtschaft von grosser Bedeutung, da sie die Vollziehbarkeit einer Massnahme sicherstellen müssen. Die Vorlage ändert daran nichts.
Der Aufbau der Delegiertenposition zum Vollamt und die damit verbundene Präzisierung der Verantwortlichkeiten werden in der Verordnung vom 10. Mai 2017 1⁰ über die wirtschaftliche Landesversorgung (Art. 2 Abs. 1 und Art. 5) nachvollzogen werden müssen.
1⁰ SR 531 . 11
5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln
Art. 2 Bst. c
Die Bestimmung wird aufgehoben.
Die Bestimmung erfasst den Begriff der «Fachbereiche» und ist mit der Milizorganisation der WL-Organisation in Verbindung zu bringen. Sie legt fest, welche Fachleute in den Fachbereichen vertreten sein sollen. Es handelt sich damit grundsätzlich um eine organisatorische Regelung. Zusammensetzung und Aufgaben der Fachbereiche sollen neu im unter dem Titel «Vollzug» stehenden 8. Kapitel des LVG zusammengefasst und in einem neuen Artikel 58 b aufgenommen werden.
Art. 5 Abs. 1 und 2
Organisationen, deren Hauptzweck die Vorbereitung und Bewältigung von Krisensituationen ist, benötigen einfache Entscheidungs- wie auch Anweisungswege. Aus diesem Grund werden Artikel 5 Absätze 1 und 2 angepasst.
In Absatz 1 wird die Bezeichnung der Gesamtorganisation als «Wirtschaftliche Landesversorgung» eingeführt.
Die oder der Delegierte trägt die Verantwortung, dass die gesetzliche Aufgabe erfüllt wird. Entsprechend richtet sich der gesetzliche Auftrag nicht nur an die Fachbereiche, sondern auch an die WL als Organisation.
Die oder der Delegierte wird Art und Form der Auftragserfüllung mit den Akteuren der WL klären und die Aufträge zuweisen.
Die Vorbereitungsmassnahmen haben Instrumente, Massnahmen und Zuständigkeiten vor und während einer Mangellage zu definieren. Nach wie vor dürfen die Vorbereitungsmassnahmen den Wettbewerb nicht verzerren.
Im Einzelnen werden die Aufgaben der oder des Delegierten und der Fachbereiche in den neu eingeführten Artikeln 58 a und 58 b geregelt.
Art. 57 Abs. 2
Artikel 57 Absatz 2 wird aufgehoben. Die Bestimmung wird ohne materielle Änderung in den neuen Artikel 58 b integriert. Damit wird Parallelität zu Artikel 58 a hergestellt.
Art. 58
Die Überschrift der Bestimmung wird angepasst. Die Akteure der Wirtschaftlichen Landesversorgung werden in einer Bestimmung bezeichnet. Absatz 1 legt die Kernorganisation fest, Absatz 2 erteilt dem Bundesrat die Kompetenz, weitere Stellen des Bundes zur Mitwirkung an WL-Aufgaben zu verpflichten.
Art. 58a
Der Artikel klärt das Aufgabenspektrum und die Verantwortung sowie die Kompetenzen der oder des Delegierten. Die oder der Delegierte muss über breite Erfahrung aus der Wirtschaft verfügen. Dieser Erfahrungshintergrund wird umso wichtiger, als die Nebenamtlichkeit der Delegiertenaufgabe entfällt.
Die oder der Delegierte übernimmt neu auch die Funktion als Direktorin oder Direktor des BWL. Damit wird die hierarchische Zuteilung des Amtes geklärt, die heute gelegentlich als unklar wahrgenommen wurde. Als Folge der zusätzlichen Aufgaben der oder des Delegierten, die sich aus der Amtsleitung ergeben, wird das Pensum der oder des Delegierten erhöht. Aus der nebenamtlichen soll eine vollamtliche Funktion werden. Nebst der Leitung der Fachbereiche und des BWL verantwortet die oder der Delegierte auch die laufende Beobachtung der Versorgungslage. Sie oder er stützt sich dabei auf das Fachwissen der Fachbereiche und bezieht die Statistiken, Analysen und Erkenntnisse anderer Behörden und der Wirtschaft in die Lagebeurteilung ein. Die permanente Beobachtung der Versorgungslage dient dazu, die Massnahmen der jeweiligen Lage anzupassen.
Nach geltendem Recht obliegt die Beobachtung der Versorgungslage dem Bundesrat. Diese Zuständigkeit ist, da es sich hier vor allem um eine technische Aufgabe handelt, nicht stufengerecht. Es soll daher künftig in der Verantwortung und im Aufgabenbereich der oder des Delegierten liegen, die Versorgungslage dauernd zu beobachten. Die im LVG in Artikel 62 statuierte Bundesratskompetenz wird daher neu in Artikel 58 a Absätze 4 und 5 geregelt.
Absatz 5 nimmt das Erfordernis der Wettbewerbsneutralität im Zusammenhang mit den statistischen Erhebungen auf. Wenn während der Vorbereitung den in den Fachbereichen aktiven Fachleuten marktsensitive Informationen zugänglich gemacht werden, kann der Missbrauch dieser Informationen die freie Marktordnung negativ beeinflussen. Daher muss sichergestellt werden, dass das Wissen über die erhobenen Daten und die Bewertung der Versorgungslage nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt.
Art. 58b
Dieser Artikel regelt die Aufgaben der Fachbereiche innerhalb der WL.
Absatz 1 nimmt die Regelung aus Artikel 57 Absatz 2 des geltenden Rechts auf. Absatz 2 regelt die Zusammensetzung der Fachbereiche. Sie vereinen, sofern dies sinnvoll, zielgerichtet und objektiv möglich ist, alle wichtigen Akteure des betreffenden Wirtschaftszweigs. Wirken in einem Fachbereich oder in einer Abteilung eines Fachbereiches Fachleute aus Wirtschaft und Behörden mit, müssen die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft in der Mehrheit sein. Dies ist Ausdruck der prioritären Verantwortung der Wirtschaft im Hinblick auf die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen. Dort, wo bestimmte Verbraucherinnen und Verbraucher von Interventionsmassnahmen besonders betroffen sind, müssen diese angemessen in den Fachbereichen vertreten sein. Im Energiebereich etwa bestünde bei einer einseitigen Zusammensetzung der Fachbereiche - ohne hinreichende Berücksichtigung von Lieferantinnen, die nicht Netzbetreiberinnen sind, sowie Endkundinnen und Endkunden - ein Potenzial für Wettbewerbsverzerrungen und Marktabschottungen. An der Sicherstellung der wirtschaftlichen Landesversorgung wirken sinnvollerweise Vertreterinnen und Vertreter sowohl der produzierenden, der verteilenden wie der verbrauchenden Wirtschaft mit. Ob dies in jedem Fall über die Mitarbeit in einem Fachbereich erfolgt, ist im konkreten Fall zu entscheiden.
Um dem wachsenden Bedürfnis nach Transparenz der Verwaltung gerecht zu werden, ist künftig auch die Offenlegung der Interessenbindungen vorgeschrieben.
Die Fachbereiche sind wie bis anhin der oder dem Delegierten unterstellt. Sie kümmern sich insbesondere um die Erarbeitung der Massnahmen, die eine Krise in der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen verhindern oder möglichst rasch überwinden helfen. Sie sind zuständig für die Vollziehbarkeit der Massnahmen. Im Zusammenwirken mit dem BWL entwickeln sie für das Land tragfähige und effektive Instrumente der Mangellagenvorbeugung und -intervention.
Die Fachbereiche stellen ihre Kompetenzen in den Dienst der wirtschaftlichen Landesversorgung und machen zur Bewältigung der Herausforderungen der wirtschaftlichen Landesversorgung ihre Netzwerke zugänglich.
Der Bundesrat behält im Weiteren die Möglichkeit, die Fachbereiche für den Vollzug von befristeten Interventionsmassnahmen einzusetzen. Zurzeit ist dies etwa bei Pflichtlagerfreigabeverordnungen der Fall. Zudem wird auf gesetzlicher Ebene verankert, dass der Bundesrat mit der Übertragung der Aufgabe auch das Recht zum Erlass von Verfügungen verbinden kann.
Fachwissen und Expertenkompetenz der Fachbereiche werden für die Lagebeurteilung eingesetzt, auch im Krisenfall.
Die WL gewinnt über den Milizkörper an Kenntnissen, die sie sich sonst durch eine Vergrösserung des Verwaltungsapparats oder durch teure Aufträge an Expertinnen und Experten beschaffen müsste.
Art. 62
Die Bestimmung wird aufgehoben. Die Beobachtung der Versorgungslage wird neu der oder dem Delegierten in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen zugeordnet (siehe dazu Art. 58 a Abs. 3 und 4 E-LVG).
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf den Bund
6.1.1 Personelle Auswirkungen
Die Vorlage führt zu einer Verstetigung der bereits seit 2022 umgesetzten und budgetierten Erhöhung des Pensums der oder des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung von 40 Prozent auf 100 Prozent. Darüber hinaus sind keine personellen Auswirkungen zu erwarten.
6.2 Auswirkungen auf Kantone
Die Kantone sind von der Aufwertung der Delegiertenposition nicht betroffen. Sie werden wie bisher zur Mitarbeit und Durchführung von Massnahmen im Fall einer schweren Mangellage herangezogen und treffen die für den Vollzug der Aufgaben notwendigen Vorbereitungen.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Die Anpassungen sind ohne Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.
6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft und Umwelt
Auf verschiedenste gesellschaftliche Faktoren wie Bildung, Kultur, Gleichstellung von Mann und Frau, Umwelt usw. hat die Vorlage keine besonderen Auswirkungen.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Die mit dieser Vorlage vorgeschlagenen Bestimmungen stützen sich auf Artikel 102 der Bundesverfassung (BV) 1¹ , wonach der Bund die Versorgung des Landes mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen sicherstellt für den Fall machtpolitischer oder kriegerischer Bedrohungen sowie in schweren Mangellagen, denen die Wirtschaft nicht selbst zu begegnen vermag. Der Bund trifft vorsorgliche Massnahmen.
1¹ SR 101
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Die vorgeschlagenen Bestimmungen haben keine Berührungspunkte zu völkerrechtlichen Verpflichtungen und sie schaffen auch keine neuen Verpflichtungen.
7.3 Erlassform
Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Diese Änderung untersteht als solche auch dem Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. a BV). Für Anpassungen in der Organisation der WL ist die Wahl der Gesetzesform angezeigt.
7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder Subventionsbestimmungen geschaffen noch neue Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen beschlossen, die einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen.
7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz
Bei der Zuweisung und Erfüllung staatlicher Aufgaben ist der Grundsatz der Subsidiarität zu beachten (Art. 5 a BV). Der Bund übernimmt nur diejenigen Aufgaben, welche die Kraft der Kantone übersteigen oder einer einheitlichen Regelung durch den Bund bedürfen (Art. 43 a Abs. 1 BV).
Der Bund verfügt gestützt auf Artikel 102 Absatz 1 BV über eine umfassende, verpflichtende Gesetzgebungskompetenz mit nachträglich derogatorischer Wirkung. Der Bund ist damit für die Organisation der WL zuständig, die einer einheitlichen Regelung bedarf.
Das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz ist von der Vorlage nicht betroffen.
7.6 Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes
Die Vorlage enthält keine neuen Subventionen.
7.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Nach Artikel 164 Absatz 2 BV können Rechtsetzungsbefugnisse durch Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die Bundesverfassung ausgeschlossen wird. Im vorliegenden Entwurf sind keine neuen Delegationen von Rechtssetzungsbefugnissen vorgesehen.
7.8 Datenschutz
Die Vorlage berührt keine datenschutzrechtlichen Fragen.
Bundesrecht
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