Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz (Angleichung der EO-Leistungen)
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz (Angleichung der EO-Leistungen)
vom 16. April 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz.
Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben:
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| 2020 | M | 19.4270 | Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden (S 12.12.19, Maury Pasquier; N 24.09.20) |
| 2022 | M | 19.4110 | Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden (N 20.12.19, Marti Min Li; S 08.06.22) |
| 2023 | M | 22.4019 | EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft (S 12.12.22, Herzog Eva; N 03.05.23) |
| 2023 | M | 23.3015 | Längeren Spitalaufenthalt der Mutter kurz nach der Geburt beim Mutterschaftsurlaub und bei der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigen (S 6.6.23; Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit; N 29.02.24) |
| 2023 | M | 22.3608 | Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen (S 13.09.22, Müller Damian; N 01.03.23) |
| 2024 | M | 21.3734 | Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes (S 05.03.2024, Gysin Greta; N 12.06.2024) |
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 16. April 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Die Erwerbsersatzordnung (EO) hat ihre Wurzeln im zweiten Weltkrieg und wurde ursprünglich geschaffen, um den Verdienstausfall der wehrpflichtigen Soldaten zu entschädigen. Aus diesem Grund sah das im Jahr 1953 in Kraft getretene Erwerbsersatzgesetz (EOG) zunächst nur eine Entschädigung während der Dienstleistung vor. Im Laufe der Jahre wurde die EO erweitert und entschädigt heute auch den Erwerbsausfall bei Elternschaft, bei der Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes oder bei einer Adoption. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen die verschiedenen Leistungen aufeinander abgestimmt und den gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst werden. Die vorgeschlagenen Änderungen können über die aktuellen EO-Ressourcen finanziert werden.
Ausgangslage
Die Revisionsvorlage geht auf verschiedene Aufträge zurück, die das Parlament erteilt hat, um die einzelnen Leistungen der EO besser aufeinander abzustimmen. Dazu zählen die Motionen Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») und Marti Min Li vom 24. September 2019 (19.4110 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden»), die Motion Herzog Eva vom 27. September 2022 (22.4019 «EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft» und bei der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigen»), die Motion der SGK-S vom 15. Februar 2023 (23.3015 «Längeren Spitalaufenthalt der Mutter kurz nach der Geburt beim Mutterschaftsurlaub und bei der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigen»), die Motion Gysin Greta vom 16. Juni 2021 (21.3734 «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes») und schliesslich die Motion Müller Damian vom 14. Juni 2022 (22.3608 «Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen»).
Inhalt der Vorlage
Angleichung der Leistungen
Gemäss geltendem Recht werden gewisse Leistungen wie die Kinderzulagen, die Betriebszulage oder die Zulage für Betreuungskosten, die nebst der Grundentschädigung gewährt werden, nur an Dienstleistende bezahlt, nicht aber an Mütter, Väter, bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigen Kindes unterbrechen müssen oder adoptierende Eltern. Im Lichte des Prinzips der Gleichbehandlung sind diese Unterscheidungen nicht mehr gerechtfertigt. Diese Nebenleistungen wurden zwecks Harmonisierung im Rahmen der Revision analysiert. So soll die Betriebszulage für Selbstständige (Art. 8 EOG), auf die heute nur Dienstleistende Anspruch haben, künftig auch an Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigen Kindes unterbrechen müssen oder adoptierende Eltern gewährt werden. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Zulage für BetreuungMskosten (Art. 7 EOG) werden erweitert. Die Kinderzulage dagegen soll aufgehoben werden (Art. 6 EOG). Sie wurde zu einer Zeit eingeführt, als es die Familienzulagen noch nicht gab. Ihre Funktion wird heute durch die Familienzulagen erfüllt.
Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter
Muss das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt mindestens zwei Wochen im Spital bleiben, wird die Mutterschaftsentschädigung länger ausgerichtet. Anspruch auf die Verlängerung besteht nur bei einem Spitalaufenthalt des Neugeborenen, nicht aber wenn die Mutter nach der Geburt länger im Spital bleiben muss. Diese unterschiedliche Handhabung soll aufgehoben werden, so dass bei einem Spitalaufenthalt sowohl des Neugeborenen als auch der Mutter ein Anspruch auf die verlängerte Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung besteht.
Entschädigung des andern Elternteils bei Tod des Kindes
Heute hat der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter keinen Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils, wenn das Kind tot geboren wird oder bei der Geburt stirbt. Die Mutter hat in solchen Fällen hingegen Anspruch auf den Mutterschaftsurlaub. Die gesetzlichen Bestimmungen werden angepasst, so dass der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils bestehen bleibt, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den vierzehn Tagen danach stirbt.
Betreuungsentschädigung bei Hospitalisierung des Kindes
Bei der Betreuungsentschädigung für Eltern von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindern sollen neue Anspruchsvoraussetzungen eingeführt werden: So soll ein Anspruch auf die Entschädigung neu in allen Fällen bestehen, in denen das Kind mindestens 4 Tage hospitalisiert ist. In einem solchen Fall bedarf es keiner einschneidenden Veränderung des Gesundheitszustandes (Art. 16o Bst. a EOG) und keiner schlechten Prognose (Art. 16o Bst. b EOG) mehr, um Anspruch auf die Betreuungsentschädigung zu haben.
Botschaft
1 Ausgangslage
1.1 Handlungsbedarf und Ziele
1.1.1 Entstehungsgeschichte
Während des Ersten Weltkriegs konnten die Soldaten, die Militärdienst leisten mussten, ihre Familien nicht ausreichend finanziell unterstützen. Gleichzeitig waren Arbeitgeber nur zu einer kurzfristigen Lohnfortzahlung verpflichtet. Zahlreiche Familien gerieten in finanzielle Schwierigkeiten, was zu sozialen Spannungen führte. Nach und nach führten grosse Unternehmen und der öffentliche Dienst in der Zwischenkriegszeit eine Lohnersatzordnung für Arbeitnehmende ein. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs führte der Bundesrat zunächst die Lohnausfallentschädigung für Wehrmänner ein, welche 1940 zur Lohn- und Verdienstersatzordnung erweitert wurde und auch Selbstständige miteinbezog. Das Bundesgesetz vom 25. September 1952 ¹ über den Erwerbsersatz (EOG) trat dann am 1. Januar 1953 in Kraft. Jahrzehntelang sah das Gesetz nur einen Erwerbsersatz für Dienstleistende vor.
Jahre später wurde das System der Erwerbsersatzordnung (EO) um die Mutterschaftsentschädigung erweitert. Die Einführung einer sogenannten Mutterschaftsversicherung war seit 1945 in der Bundesverfassung verankert, jedoch stiess ihre Konkretisierung auf sehr viele Widerstände. Der heute über die Erwerbsersatzordnung entschädigte Mutterschaftsurlaub geht auf eine parlamentarische Initiative aus dem Jahr 2001 zurück (Parlamentarische Initiative Triponez vom 20. Juni 2001 [01.426 «Revision Erwerbsersatzgesetz. Ausweitung der Erwerbsersatzansprüche auf erwerbstätige Mütter»]). Um ein erneutes Scheitern zu verhindern, erarbeitete die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) eine Vorlage, die sich darauf beschränkte, den Verfassungsauftrag auf einfache, effiziente Weise zu erfüllen. Dazu sah die Vorlage nur Leistungen vor, die zum damaligen Zeitpunkt politisch tragfähig waren, das heisst einen 14-wöchigen im Obligationenrecht (OR) ² verankerten Mutterschaftsurlaub, der über die EO zu 80 Prozent des vor der Geburt erzielten durchschnittlichen Einkommens entschädigt wird. Im September 2004 stimmte das Schweizer Volk der Vorlage mit 55,5 Prozent zu und der Mutterschaftsurlaub konnte per 1. Juli 2005 in Kraft treten. Danach wurde der Mutterschaftsurlaub beziehungsweise der Anspruch auf die damit verbundene Entschädigung ausgeweitet. Seit dem 1. Juli 2021 haben Mütter Anspruch auf eine längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung, sofern das Neugeborene direkt nach der Geburt während mindestens zwei Wochen im Spital bleiben muss. Die Mutterschaftsentschädigung wird um die Anzahl Tage länger ausgerichtet, die das Neugeborene im Spital bleiben muss, maximal um 56 Tage. Auf die Verlängerung haben nur Mütter Anspruch, die nach dem Mutterschaftsurlaub wieder erwerbstätig sind.
Seit 2021 wurde die EO mehrfach angepasst. So wurde ein über die EO entschädigter Vaterschaftsurlaub eingeführt, der auf die Volksinitiative vom 4. Juli 2017 «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub - zum Nutzen der ganzen Familie» (18.052) zurückgeht. Die Volksinitiative verlangte vom Bund, einen mindestens vierwöchigen gesetzlich vorgeschriebenen und über die EO entschädigten Vaterschaftsurlaub einzuführen. Am 21. August 2018 beschloss die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) der Volksinitiative einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer parlamentarischen Initiative gegenüberzustellen, die einen zweiwöchigen bezahlten Vaterschaftsurlaub beinhaltete, den erwerbstätige Väter in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes flexibel beziehen können. Das Parlament verabschiedete den Gegenvorschlag in der Schlussabstimmung vom 27. September 2019 und 60,3 Prozent der Stimmberechtigten sprachen sich in der Volksabstimmung vom 27. September 2020 für die Vorlage aus. Die EO-Änderung ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten.
Ausserdem haben Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, um ein gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind zu betreuen, seit dem 1. Juli 2021 Anspruch auf einen über die EO entschädigten 14-wöchigen Betreuungsurlaub. Diese Gesetzesänderung wurde mit dem Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung, welches vom Parlament am 20. Dezember 2019 ³ angenommen wurde, eingeführt. Dieses geht zurück auf verschiedene Entscheide, die das Parlament und der Bundesrat in den letzten Jahren gefällt haben, um die Vereinbarkeit von Angehörigenbetreuung und Erwerbstätigkeit zu verbessern.
Darüber hinaus traten am 1. Juli 2022 die Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der «Ehe für alle» in Kraft. Die Ehefrau der Mutter gilt seit dieser Änderung als anderer Elternteil, wenn sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist und das Kind gemäss dem Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998 ⁴ durch eine Samenspende gezeugt wurde (vgl. Art. 255 a des Zivilgesetzbuchs ⁵ ). Aus diesem Grund hat sie ebenfalls Anspruch auf den Vaterschaftsurlaub und die Vaterschaftsentschädigung.
Im Weiteren haben Personen, die ein Kind von unter vier Jahren zur Adoption aufnehmen, seit dem 1. Januar 2023 Anspruch auf einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub, der nach denselben Regeln und Grundsätzen entschädigt wird, wie die anderen in der EO bestehenden Urlaube. Dieser Urlaub ist zurückzuführen auf die parlamentarische Initiative Romano vom 12. Dezember 2013 (13.478 «Einführung einer Adoptionsentschädigung»), welche die Einführung einer Erwerbsausfallentschädigung bei der Adoption eines Kindes verlangte. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in der Schweiz keine einheitliche Regelung. Am 14. September 2021 stimmte das Parlament einem zweiwöchigen Adoptionsurlaub zu.
Die letzte Änderung des EOG, die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, betrifft die Taggelder für den hinterlassenen Elternteil ⁶ und sieht eine Verlängerung des Vaterschafts- oder des Mutterschaftsurlaubs vor, wenn ein Elternteil kurz nach der Geburt des Kindes stirbt. Diese Änderung geht auf die parlamentarische Initiative Kessler vom 8. Juni 2015 (15.434 «Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter») zurück. Stirbt die Mutter innerhalb von 14 Wochen nach der Geburt des Kindes, werden dem Vater bzw. der Ehefrau der Mutter 98 zusätzliche Taggelder gewährt, die ab dem Folgetag des Todestags am Stück zu beziehen sind. Im gleichen Sinn hat die Mutter, wenn der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter innerhalb der Rahmenfrist für den Bezug der Vaterschaftsentschädigung stirbt, Anspruch auf 14 zusätzliche Taggelder, die sie innerhalb einer Rahmenfrist von 6 Monaten ab dem Folgetag des Todestags frei beziehen kann. Die Gesetzesänderung zog auch eine Reihe von redaktionellen Änderungen nach sich. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der parlamentarischen Initiative der Grünliberalen Fraktion vom 5. Dezember 2013 (13.468 «Ehe für alle» wird der «Vaterschaftsurlaub» in «Urlaub des andern Elternteils») umbenannt und die «Vaterschaftsentschädigung» heisst neu «Entschädigung des andern Elternteils».
¹ SR 834.1
² SR 220
³ BBl 2019 8667
⁴ SR 810.11
⁵ SR 210
⁶ BBl 2023 783
1.1.2 Parlamentarische Vorstösse
Die Revisionsvorlage hat zum Ziel, verschiedene parlamentarische Vorstösse umzusetzen, die dem Bundesrat zur Vereinheitlichung der EO überwiesen wurden und ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen beseitigen sollen.
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Die Motion Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden»,) die der Ständerat am 12. Dezember 2019 und der Nationalrat am 24. September 2020 angenommen haben, sowie die vom Ständerat als Zweitrat am 8. Juni 2022 angenommenen Motion Marti Min Li vom 24. September 2019 (19.4110 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») beauftragen den Bundesrat, selbstständigerwerbstätigen Müttern während des Mutterschaftsurlaubs den Anspruch auf die Betriebszulage zu gewähren. Die EO sieht nämlich vor, dass Dienstleistende Nebenleistungen zur Grundentschädigung erhalten, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen. Die anderen EO-Bezügerinnen und -Bezüger haben keinen Anspruch auf diese Nebenleistungen, zu denen auch die Betriebszulage gehört.
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Die Motion Herzog Eva vom 27. September 2022 (22.4019, «EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft»), die der Ständerat am 12. Dezember 2022 und der Nationalrat am 3. Mai 2023 angenommen hat, beauftragt den Bundesrat, dem Parlament eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten, die denselben Höchstbetrag der Entschädigung pro Tag für Mutterschaft und Militärdienst vorsieht. In seiner Stellungnahme räumt der Bundesrat ein, dass für Dienstleistende weitere Leistungen der EO vorgesehen sind, auf welche Personen, die einen über die EO bezahlten Urlaub beziehen, keinen Anspruch haben. Er hat sich daher verpflichtet, im Rahmen der Umsetzung der Motion Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») eine umfassende Überprüfung der EO-Leistungen vorzunehmen, insbesondere unter dem Aspekt der Gleichbehandlung.
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Mit der Motion der SGK-S vom 15. Februar 2023 (23.3015 «Längeren Spitalaufenthalt der Mutter kurz nach der Geburt beim Mutterschaftsurlaub und bei der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigen») sollen die gesetzlichen Grundlagen so angepasst werden, dass ein längerer Spitalaufenthalt der Mutter kurz nach der Geburt des Kindes beim Mutterschaftsurlaub und der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigt wird. Ein längerer Spitalaufenthalt des Neugeborenen und der Mutter werden heute nicht gleichbehandelt. Nur bei einem längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen besteht Anspruch auf die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung. Der Ständerat hat die Motion am 6. Juni 2024 und der Nationalrat am 29. Februar 2024 angenommen.
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Die Motion Gysin Greta vom 16. Juni 2021 (21.3734 «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes»), die der Ständerat am 5. März 2024 mit einer Änderung und der Nationalrat am 14. Juni 2024 angenommen haben, beauftragt den Bundesrat, die Gesetzgebung dahingehend anzupassen, dass der Vaterschaftsurlaub nicht mehr endet, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen nach der Geburt stirbt. Allerdings müssen der Vaterschaftsurlaub oder die verbleibenden Taggelder in diesen Fällen ab dem Folgetag des Todestags am Stück bezogen werden.
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Schliesslich wird der Bundesrat mit der Motion Müller Damian vom 14. Juni 2022 (22.3608 «Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen») beauftragt, bei Kindern auch dann von einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung auszugehen, wenn ein mindestens viertägiger Spitalaufenthalt Teil der Behandlung und der Genesung ist und mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen muss. Dies ermöglicht klare und objektivierbare Kriterien und somit eine Gleichbehandlung aller Familien mit gesundheitlich beeinträchtigten Kindern. Der Ständerat hat die Motion am 13. September 2022 und der Nationalrat am 1. März 2023 angenommen.
Die parlamentarischen Vorstösse zielen somit insbesondere auf eine Vereinheitlichung der EO ab, indem die Ungleichbehandlung bei den Nebenleistungen, die heute nur an Dienstleistende ausgerichtet werden, beseitigt wird. Sie verlangen ausserdem, dem Umstand besser Rechnung zu tragen, dass gesundheitlich schwer beeinträchtigte Kinder ihre Eltern während der Zeit im Spital brauchen. Zudem sollen die Bedürfnisse von Neugeborenen besser berücksichtigt werden, wenn die Mutter nach der Geburt des Kindes länger im Spital bleiben muss.
1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung
Der Bundesrat hat bereits in der Stellungnahme zur Motion Herzog Eva vom 27. September 2022 (22.4019 «EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft») eingeräumt, dass in der Erwerbsersatzordnung nicht alle gleich behandelt werden. Daher hat er sämtliche Leistungen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung überprüft. Um das Ziel der Gleichbehandlung zu erreichen, könnten alle Leistungen allen Anspruchsberechtigten der EO gewährt werden. Diese Lösung wäre jedoch mit Blick auf die Finanzen der Versicherung nicht sinnvoll. Zudem ist es wichtig, eine Leistung nur auszurichten, wenn sie sich als notwendig erweist. Die in diesem Revisionsentwurf vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich daher spezifisch auf die einzelnen Leistungen.
1.2.1 Geprüfte und verworfene Lösungen
Gewährung der Betriebszulage an Personen in einer arbeitgeberähnlichen Stellung
Der Begriff «arbeitgeberähnliche Stellung» stammt aus der Arbeitslosenversicherung, genauer gesagt den Bestimmungen zur Kurzarbeitsentschädigung (
Art. 31 Abs. 3 Bst. b und c des Arbeitslosenversicherungsgesetzes vom 25. Juni 1982
⁷ [AVIG]) und wurde in Bezug auf die Arbeitslosenentschädigung übernommen. In einer arbeitgeberähnlichen Stellung befinden sich Personen, die nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 ⁸ über die Alters- und Hinterlassenenversicherung als unselbstständig Erwerbende Lohn erzielen und einen massgebenden Einfluss auf die Entscheidfindung des Betriebes haben. Sie weisen also Beitragszeiten nach Artikel 13 AVIG auf und erhalten einen Lohn, der den versicherten Verdienst nach Artikel 23 AVIG bildet. ⁹ Solange diese Personen nicht definitiv aus dem Betrieb ausgeschieden sind und ihre arbeitgeberähnliche Stellung nicht endgültig aufgegeben haben, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Die Rechtsprechung zur arbeitgeberähnlichen Stellung will nicht nur dem ausgewiesenen Missbrauch an sich, sondern bereits dem Risiko eines solchen begegnen, das der Ausrichtung der Arbeitslosenentschädigung an arbeitgeberähnliche Personen inhärent ist.
Der Begriff «arbeitgeberähnliche Stellung» wurde in der und für die Arbeitslosenversicherung entwickelt, um den Kreis der Anspruchsberechtigten zu definieren und Missbräuche zu vermeiden: Amtet ein Arbeitnehmer als Verwaltungsrat, so ist eine massgebliche Entscheidungsbefugnis ex lege gegeben. 1⁰ Es existiert kein klar definierter Kreis von Personen, die zu dieser Kategorie gehören. Die Organe der Arbeitslosenversicherung müssen daher genau abklären, ob eine arbeitnehmende Person eine arbeitgeberähnliche Stellung innehat. 1¹
Personen, die sich in einer arbeitgeberähnlichen Stellung im Sinn der Arbeitslosenversicherung befinden, unterscheiden sich jedoch deutlich von Personen, die eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn der Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV ausüben. Da die arbeitgeberähnliche Stellung in der Arbeitslosenversicherung nicht automatisch anerkannt wird, die Stellung in der AHV gar nicht existiert - die betreffenden Personen fallen in die Kategorie der unselbstständig Erwerbenden - und da sie nicht unbedingt impliziert, dass die Person die betrieblichen Festkosten wie eine selbstständig erwerbende Person tragen muss, ist es nicht gerechtfertigt, den Kreis der Bezügerinnen und Bezüger der Betriebszulage auf sie auszuweiten.
Festlegung des gleichen maximalen Taggelds für alle Bezügerinnen und Bezüger der EO
Um das gleiche maximale Taggeld für alle Bezügerinnen und Bezüger der EO zu gewährleisten, müsste allen eine Kinderzulage gewährt werden. Das würde de facto dazu führen, dass alle Eltern, die einen über die EO entschädigten Urlaub beziehen, Anspruch auf mindestens eine Kinderzulage hätten. Dies würde erhebliche Kosten verursachen und kommt deshalb als Lösung nicht in Betracht. Inhaltlich entspricht diese Lösung teilweise der Motion Kiener Nellen vom 22. März 2019 (
19.3373
«EO-Entschädigungen. Militärdienst und Mutterschaft gleich entschädigen»), die der Ständerat genau wegen der dadurch bedingten Mehrkosten am 8. Juni 2022 ablehnte. Da praktisch alle Bezügerinnen und Bezüger der EO bereits Anspruch auf Familienzulagen haben, lässt sich eine zusätzliche Kinderzulage nicht rechtfertigen.
Wollte man bei dieser Lösung die Kostenneutralität gewährleisten, so müsste für die Kinderzulage praktisch ein Bagatellbetrag, d. h. weniger als 1 Franken pro Kind und Tag, festgesetzt werden. Hierbei würde es sich im Übrigen nur um eine Ausweitung auf die Mütter handeln. Während nur eine Minderheit der Dienstleistenden Kinderzulagen erhält, müssten die Kinderzulagen systematisch an alle Eltern auch bei Mutterschaft, Vaterschaft, Betreuung und Adoption ausgerichtet werden.
Gewährleistung der Mindestentschädigung an alle Bezügerinnen und Bezüger der EO
Dienstleistende haben unabhängig vom tatsächlichen Erwerbsausfall für jeden Diensttag Anspruch auf eine Erwerbausfallentschädigung. Diese wird auch dann gezahlt, wenn die Diensttage ausserhalb der Arbeitstage geleistet werden oder wenn der Dienstleistende keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Pro Tag wird ein Mindestbetrag von 69 Franken gezahlt (Stand 2024). Ein solcher Mindestbetrag ist für die Entschädigungen bei Mutterschaft, bei Vaterschaft, bei Betreuung und bei Adoption nicht vorgesehen.
Das Dienstleisten und die nur für Erwerbstätige bestimmten Urlaube unterscheiden sich in ihrer Art, weshalb sich auch eine unterschiedliche Entschädigung im Rahmen eines Mindestbetrags beim Dienstleistenrechtfertigt. Der Dienst ist obligatorisch und die Betroffenen werden während einer bisweilen langen Zeitdauer daran gehindert, eine Erwerbstätigkeit auszuüben oder überhaupt erst aufzunehmen. Bei den von der EO entschädigten Urlauben bietet sich ein anderes Bild. Der Anspruch setzt eine Erwerbstätigkeit vor dem Eintritt des versicherten Risikos voraus, das einen reinen Verdienstausfall darstellt. Der Elternteil darf also während des Urlaubs nicht in höherem Umfang entschädigt werden, als wenn er Arbeitsleistungen erbringt.
Aufschub der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter
Diese Lösung würde die Mütter in die gleiche Lage wie vor der Änderung vom 18. Dezember 2020 versetzen, welche die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung beim längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen vorsieht. Vor dieser Änderung hatten Mütter die Möglichkeit, den Beginn des Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung auf den Tag zu verschieben, an dem das Kind das Spital verlassen kann, wenn das Neugeborenen länger im Spital bleiben musste. Während der Zeit des Aufschubs der Mutterschaftsentschädigung richtete sich die Lohnfortzahlung nach den Bestimmungen des OR. Eine Lohnfortzahlungspflicht besteht nach Artikel 324 a OR dann, wenn die oder der Arbeitnehmende ohne eigenes Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. Die Lehre ist teilweise immer noch der Ansicht, dass diese Bestimmung nicht für Frauen nach der Geburt gilt, obwohl Rechtsprechung und Lehre dies zwischenzeitlich mehrheitlich anerkennen. ¹2 Die sich daraus ergebende Dauer der Lohnfortzahlung ist auf jeden Fall begrenzt und kann zu Deckungslücken führen. Gegebenenfalls können grosszügigere Lösungen (gemäss einem Gesamtarbeitsvertrag, mittels Zahlung eines Ersatzeinkommens oder weiterer Leistungen) gewährt werden, aber in der Praxis wurde dies selten umgesetzt. ¹3
Letztendlich stellt der Aufschub oder die Aussetzung der Zahlung der Mutterschaftsentschädigung für Mütter keine befriedigende Lösung dar und würde einen Rückschritt bedeuten.
⁷ SR 837.0
⁸ SR 831.10
⁹ www.arbeit.swiss > Publikationen > Weisungen / AVIG-Praxis > Weisung AVIG ALE des Seco, B34a
1⁰ www.arbeit.swiss > Publikationen > Weisungen / AVIG-Praxis > Weisung AVIG ALE des Seco, B14 und erwähnte Verweise
1¹ www.arbeit.swiss > Publikationen > Weisungen / AVIG-Praxis > Weisung AVIG ALE des Seco, B15
¹2 Vgl. insbesondere BGE 142 II 425, E. 5.4.
¹3 Vgl. Botschaft vom 30. November 2018 zur Änderung des Erwerbsersatzgesetzes, BBl 2019 153 .
1.2.2 Gewählte Lösung
Ausweitung des Anspruchs auf eine Betriebszulage
Die Betriebszulage wird heute nur an Dienstleistende bezahlt und wurde für die übrigen, durch die EO entschädigten Urlaube nicht übernommen. Selbstständigerwerbende Mütter haben heute keinen Anspruch auf diese Zulage, obwohl auch bei ihnen während des Mutterschaftsurlaubs Kosten für den laufenden Betrieb entstehen. Deshalb ist eine Ausweitung der Zahlung der Betriebszulage bei Mutterschaftsurlaub für selbstständigerwerbende Frauen angezeigt.
Als die Motionen Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») und Marti Min Li vom 24. September 2019 (19.4110 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») eingereicht wurden, sah das EOG nebst der Entschädigung für Dienstleistende nur die Mutterschaftsentschädigung vor. Inzwischen wurden die Entschädigung des andern Elternteils sowie die Betreuungs- und Adoptionsentschädigung eingeführt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass neue unterschiedliche Behandlungen vermieden werden müssen und die Betriebszulage deshalb allen Personen, die Anspruch auf Leistungen der EO haben und die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, ausgerichtet werden sollte.
Aufhebung des Anspruchs auf Kinderzulagen
Seit Inkrafttreten des Familienzulagengesetzes vom 24. März 2006 ¹4 (FamZG) am 1. Januar 2009 und der verschiedenen Ausweitungen ist das Ziel, dass für jedes Kind unabhängig von der persönlichen oder beruflichen Situation der Eltern Anspruch auf eine Familienzulage besteht, beinahe verwirklicht (Grundsatz «ein Kind, eine Zulage»). Eine dienstleistende Person mit Kindern bezieht somit nicht nur Kinderzulagen gemäss dem FamZG, sondern auch eine Zulage gemäss dem EOG. Die beiden Leistungen verfolgen jedoch letztlich dasselbe Ziel. Die Zahlung einer Kinderzulage an Dienstleistende ist daher nicht mehr legitim und führt zu einer Überentschädigung. Dass die Kinderzulage im Übrigen nur an dienstleistende Personen gezahlt wird, stellt innerhalb der EO eine unterschiedliche Behandlung dar, denn diese Leistung wird beim Mutterschaftsurlaub, beim Urlaub des andern Elternteils und beim Betreuungs- oder Adoptionsurlaub nicht ausgerichtet.
Ausweitung des Anspruchs auf Zulagen für Betreuungskosten
Dienstleistende Personen haben Anspruch auf eine Zulage für Betreuungskosten
. Bei den anderen von der EO entschädigten Urlauben werden die Betreuungskosten jedoch nicht zurückerstattet. Da die Zulage für Betreuungskosten für dienstleistende Personen beibehalten wird, ist es gerechtfertigt, sie auf die anderen Bezügerinnen und Bezüger der EO auszudehnen. Wie bei den dienstleistenden Personen wird die Rückerstattung der Betreuungskosten höchstwahrscheinlich auch hier von marginaler Bedeutung sein. Mit übermässigen Kosten ist demnach nicht zu rechnen (vgl. Ziff. 6.1.1) und es kann eine Zulage gewährt werden, wenn ein Betreuungsangebot gefunden werden muss, das zusätzliche Ausgaben verursacht.
Verlängerung des Anspruchs auf Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter
Nach geltendem Recht wird die Dauer der Zahlung der Mutterschaftsentschädigung verlängert, wenn das Neugeborene aus medizinischen Gründen im Spital bleiben oder sofort nach der Geburt hospitalisiert werden muss. Bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter dagegen ist keine entsprechende Bestimmung vorgesehen. Die Situation von Müttern, die nach der Geburt aus gesundheitlichen Gründen länger im Spital bleiben müssen, ist jedoch vergleichbar mit derjenigen von Neugeborenen, die länger im Spital bleiben müssen. Denn in beiden Fällen kann sich die Mutter nicht um das Neugeborene kümmern und keine Beziehung zu ihm aufbauen. Aus diesem Grund erscheint es gerechtfertigt, dass auch der Gesundheitszustand der Mutter einen Anspruch auf eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und die längere Auszahlung der Mutterschaftsentschädigung begründet.
Ganz allgemein sollte sich in den ersten Lebenswochen ein Elternteil um das Neugeborene kümmern können. Die Mutter kann dies nicht tun, wenn sie im Spital ist. Bei kurzem Spitalaufenthalt kann der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter den Urlaub des andern Elternteils beziehen. Bei einem Spitalaufenthalt ab zwei Wochen scheint es gerechtfertigt, den Entschädigungsanspruch des andern Elternteils um die Hospitalisierung der Mutter zu verlängern. Davon sind alle Hospitalisierungen betroffen, die in die ersten 14 Lebenswochen des Neugeborenen fallen. In dieser Zeit ist es besonders schwierig, das Neugeborene einer Kindertagesstätte anzuvertrauen. Die Betreuung sollte deshalb von einem Elternteil wahrgenommen werden können.
Beibehalten des Anspruchs auf Urlaub des andern Elternteils beim Tod des Kindes
Die Motion Gysin Greta vom 16. Juni 2021 (21.3734 «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes») erteilt dem Bundesrat einen klar definierten Auftrag. Die Lösung ist ein Kompromiss zwischen der Anpassung der Bedingungen, die zum Erlöschen des Anspruchs auf die Entschädigung des andern Elternteils führen, und der Berücksichtigung von Personen, die ein Kind ausserhalb des Urlaubs des andern Elternteils verlieren. Heute erlischt der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils, wenn das Kind stirbt. Der vorliegende Entwurf sieht vor, dass der Anspruch fortbesteht, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen nach der Geburt stirbt. In diesem Fällen muss der andere Elternteil seine (verbleibenden) Taggelder ab dem Folgetag des Todestags am Stück beziehen. Diese Lösung erlaubt es, die Mehrheit der Fälle, in denen ein Neugeborenes stirbt, abzudecken. Die meisten dieser Fälle ereignen sich in den ersten vierzehn Lebenstagen.
Der Urlaub dient dazu, dass sich der andere Elternteil in die neue Familiensituation einbringen kann, gewährleistet eine bessere Aufgabenteilung und fördert die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsleben. Dadurch, dass in den genannten Fällen der Anspruch auf Entschädigung und Urlaub bestehen bleibt, kann der andere Elternteil seine unterstützende Funktion wahrnehmen und Familie sowie Erwerbstätigkeit in dieser schwierigen Zeit besser vereinbaren.
Ausweitung des Anspruchs auf Betreuungsentschädigung bei Hospitalisierung des Kindes
Gemäss vorliegendem Entwurf soll der Anspruch auf Betreuungsentschädigung gewährt werden, wenn ein Spitalaufenthalt von mindestens vier Tagen zur Behandlung des Kindes erforderlich ist und wenn mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit unterbrechen muss, um sich um das Kind zu kümmern. In diesen Fällen muss davon ausgegangen werden, dass die Beeinträchtigung eine gewisse Schwere aufweist und das Kind deshalb eine enge Betreuung durch einen Elternteil bedarf. Sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, besteht der Anspruch während der Dauer des Spitalaufenthalts. Zu Beginn des Spitalaufenthalts gilt eine Karenzfrist von drei Tagen. Deshalb wird erst ab dem vierten Tag des Spitalaufenthalts ein Taggeld ausbezahlt. Gemäss der Motion übernehmen die Arbeitgeber die Kosten für die ersten drei Tage der Abwesenheit der Eltern. Denn die Artikel 324 a und 329 h OR stellen sicher, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ihren oder seinen Lohn während einer beschränkten Zeit weiterhin erhält, wenn sie oder er wegen der Betreuung eines gesundheitlich beeinträchtigten Kindes an der Arbeit verhindert ist. So kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben und erhält gestützt auf das OR den Lohn weiterhin ausbezahlt.
Sobald das Kind nach Hause zurückkehren kann, besteht der Anspruch während höchstens drei Wochen weiter, falls die Notwendigkeit der Betreuung durch die Eltern ärztlich bescheinigt wird.
Diese Lösung schafft eine objektive Grundlage für den Anspruch auf die Betreuungsentschädigung. Die derzeitigen Kriterien (Art. 16 o EOG) der gesundheitlichen Beeinträchtigung gelten jedoch weiterhin für ausschliesslich ambulante Behandlungen oder Behandlungen, die einen sehr kurzen Spitalaufenthalt erfordern.
¹4 SR 836.2
. Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ¹5 zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ¹6 über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigt. Die vorgeschlagenen Änderungen ermöglichen es aber, mehrere parlamentarische Vorstösse umzusetzen.
¹5 BBl 2024 525
¹6 BBl 2024 1440
. Erledigung parlamentarischer Vorstösse
Die folgenden parlamentarischen Vorstösse können abgeschrieben werden:
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Die Motion Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») sowie die gleich lautende Motion Marti Min Li vom 24. September 2019 (19.4110 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») beauftragen den Bundesrat, auch selbstständigerwerbenden Müttern während des Mutterschaftsurlaubs eine Betriebszulage auszurichten. Der vorliegende Entwurf sieht eine Ausweitung der Gewährung der Betriebszulage auf alle über die EO entschädigten Urlaube vor, womit der Forderung, die Betriebszulage während des Mutterschaftsurlaubs an die Mütter auszurichten, nachgekommen wird.
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Die Motion Herzog Eva vom 22. September 2022 (22.4019 «EO-Entschädigungen. Gleiche maximale Tagessätze bei Militärdienst und Mutterschaft») beauftragt den Bundesrat, denselben Höchstbetrag der Entschädigung pro Tag für Mutterschaft und Militärdienst vorzusehen. Mit den hier vorgeschlagenen Änderungen werden die unterschiedlichen Behandlungen in der EO beseitigt, sodass das angestrebte Ziel dieser Motion erreicht wird.
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Die Motion der SGK-S vom 15. Februar 2023 (23.3015 «Längeren Spitalaufenthalt der Mutter kurz nach der Geburt beim Mutterschaftsurlaub und bei der Mutterschaftsentschädigung angemessen berücksichtigen») beauftragt den Bundesrat, die gesetzlichen Grundlagen entsprechend anzupassen. Dieser Auftrag wird mit dem vorliegenden Projekt umgesetzt.
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Die Motion Gysin Greta vom 16. Juni 2021 (21.3734 «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes») beauftragt den Bundesrat, die Gesetzgebung dahingehend anzupassen, dass der Vaterschaftsurlaub nicht mehr endet, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen nach der Geburt stirbt. Dieser Auftrag wird mit dem vorliegenden Entwurf umgesetzt.
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Mit der Motion Müller Damian vom 14. Juni 2022 (22.3608 «Betreuungsentschädigung. Betreuung von schwer kranken Kindern im Spital gewährleisten und die Lücke im Vollzug schliessen») wird der Bundesrat beauftragt, Änderungen des EOG bezüglich der Anspruchsvoraussetzungen für die Betreuungsentschädigung zu unterbreiten. Diese Änderungen werden mit dem vorliegenden Entwurf vorgelegt.
2 Vorverfahren
2.1 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Die Vernehmlassung wurde vom 22. Dezember 2023 bis am 12. April 2024 durchgeführt. Zur Stellungnahme eingeladen wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, der Städte und der Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft sowie weitere Organisationen und Durchführungsstellen. Insgesamt sind 74 Stellungnahmen eingegangen.
Der vollständige Vernehmlassungsbericht ist im Internet verfügbar. ¹7 Die wesentlichen Tendenzen der Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden, insbesondere alle Kantone, stimmen dem Vorentwurf insgesamt zu. Lediglich zwei politische Parteien haben Stellung genommen. Die eine Partei befürwortet die Vorlage, die andere lehnt sie hingegen kategorisch ab. Die Dachverbände der Wirtschaft und andere Wirtschaftsverbände sind geteilter Ansicht, wobei eine Mehrheit den Vorentwurf gutheisst. Die übrigen interessierten Organisationen befürworten die Vorlage insgesamt.
Die Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich für den Vorentwurf aussprechen, betonen die Notwendigkeit, die EO-Leistungen zu vereinheitlichen. Die Gegner weisen insbesondere darauf hin, dass aufgrund der schrittweisen EO-Änderungen die Gefahr besteht, dass sich die Leistungen nach und nach von ihrem ursprünglichen Zweck entfremden.
Die Angleichung der Leistungen für Dienstleistende und Personen, die einen über die EO entschädigten Urlaub beziehen, wird grossmehrheitlich begrüsst. So unterstützen alle Vernehmlassungsteilnehmenden, die sich zu diesem Thema geäussert haben, die Bestimmung, wonach Selbstständigerwerbenden während des Bezugs eines über die EO entschädigten Urlaubs eine Betriebszulage gewährt werden soll. Eine Minderheit der Vernehmlassungsteilnehmenden steht der Aufhebung der Kinderzulage und der Ausweitung der Zulage für Betreuungskosten kritisch gegenüber. Was die Aufhebung der Kinderzulage betrifft, wird bedauert, dass dies auf Kosten der Bedürfnisse der betroffenen Familien gehen soll. Die Ausweitung der Zulage für Betreuungskosten während der mit der Elternschaft verbundenen Urlaube wird von Einigen als systemfremd angesehen.
Die Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter stösst grundsätzlich auf Zustimmung, einzig eine kleine Minderheit stellt die Legitimität in Frage und ist der Ansicht, dass kein Handlungsbedarf besteht.
Schliesslich wird es auch grossmehrheitlich befürwortet, dass die Betreuungsentschädigung gewährt werden soll, wenn ein Kind während mindestens vier Tagen hospitalisiert ist. Mehr als die Hälfe der Vernehmlassungsteilnehmenden, die diese Massnahme unterstützen, schlagen sowohl hinsichtlich der Fälle, in denen ein Anspruch bestehen soll, als auch der Dauer sogar eine Ausweitung der Betreuungsentschädigung vor. Diejenigen, welche diese Massnahme ablehnen, führen einerseits die entstehenden Kosten und andererseits die Übereinstimmung mit dem ursprünglich vom Gesetzgeber festgelegten Zweck der Erwerbsausfallentschädigung an.
¹7 www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > Eidgenössisches Departement des Innern
2.2 Eidgenössische AHV/IV-Kommission
Die Eidgenössische AHV/IV-Kommission wurde am 28. Oktober 2024 zu den vorgesehenen Gesetzesänderungen konsultiert. Sie hat keine Empfehlungen.
3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht
Im Sozialbereich obliegt es der Europäischen Union (EU), die Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Chancengleichheit von Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt und der Gleichbehandlung am Arbeitsplatz zu unterstützen und zu ergänzen. In diesem Zusammenhang hat die EU im Jahr 2019 die Richtlinie (EU) 2019/1158 ¹8 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige angenommen. In der Richtlinie werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, insbesondere einen bezahlten Vaterschafts- und Elternurlaub sowie einen Urlaub für pflegende Angehörige einzuführen, sofern dies nicht bereits der Fall ist. Die Mitgliedstaaten können diese Urlaube nach eigenem Ermessen gestalten, sofern sie die in der Richtlinie festgelegten Mindestvorschriften - vor allem zum Kreis der Begünstigten, der Urlaubsdauer und eventuell zur Höhe der Entschädigung - beachten. Der vorliegende Entwurf ist daher nicht mit dem europäischen Recht vergleichbar, weil dieses zu den hier behandelten spezifischen Fragen nichts vorschreibt. Allerdings ist zu erwähnen, dass die Änderungsvorschläge in die allgemeine Stossrichtung des EU-Rechts gehen, da sie hauptsächlich darauf abzielen, bestehende Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen abzubauen.
Das anwendbare EU-Recht, konkret die Richtlinie 92/85/EWG ¹9 , geht auch nicht auf die spezifische Frage der Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei Hospitalisierung der Mutter ein. Vorgeschrieben wird lediglich ein Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen ohne Unterbrechung, die sich auf die Zeit vor und nach der Entbindung aufteilen. Die Mitgliedstaaten sind für die Regelung der Einzelheiten zuständig.
¹8 Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/18/EU des Rates, Fassung gemäss ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79.
¹9 Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz, ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1; zuletzt geändert durch Richtlinie 2007/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007, ABl. L 165 vom 27.6.2007, S. 21.
4 Grundzüge der Vorlage
4.1 Beantragte Neuregelung
4.1.1 Betriebszulage
Gemäss geltendem Recht haben Dienstleistende, die als Eigentümerin, Eigentümer, Pächterin, Pächter, Nutzniesserin oder Nutzniesser einen Betrieb führen oder als Teilhaberin oder Teilhaber einer Kollektivgesellschaft, als unbeschränkt haftende Teilhaber in oder unbeschränkt haftender Teilhaber einer Kommanditgesellschaft oder als Teilhaberin oder Teilhaber einer andern auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit an der Führung eines Betriebes aktiv beteiligt sind, Anspruch auf Betriebszulagen, sofern sie nicht aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit ein höheres Einkommen erzielen (Art. 8 Abs. 1 EOG). Ebenfalls Anspruch auf eine Betriebszulage haben Dienstleistende, die als mitarbeitende Familienmitglieder in einem Landwirtschaftsbetrieb tätig sind, wenn wegen ihrer längeren Dienstleistung eine Ersatzkraft im Betrieb eingestellt werden muss (Art. 8 Abs. 2 EOG).
Sinn und Zweck der Betriebszulagen ist es, Selbstständigerwerbenden während der Dauer des Erwerbsausfalls einen Teil ihrer Fixkosten (z. B. Geschäftsmiete, Löhne der Mitarbeitenden) zurückzuerstatten. Selbstständigerwerbende Personen, die Dienst leisten und laufende Betriebskosten tragen, weil sie sich während des Dienstes nicht um das Unternehmen kümmern können, haben heute Anspruch auf eine tägliche Betriebszulage in der Höhe von 27 Prozent (75 Franken, Stand 2024) des Höchstbetrages der Gesamtentschädigung, mit denen die anfallenden Kosten auf pauschale Art und Weise gedeckt werden. Selbstständigerwerbende Mütter, die wegen des Mutterschaftsurlaubs in ihrem Unternehmen abwesend sind, tragen wie Dienstleistende ebenfalls solche Kosten. Aus diesem Grund rechtfertigt es sich, für selbstständigerwerbende Mütter auch eine Betriebszulage vorzusehen.
Für Eltern, die - wegen der Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, können sich dieselben Schwierigkeiten stellen. Der Betreuungsurlaub kann - im Gegensatz zum Mutterschaftsurlaub - zwar flexibel in Form von Einzeltagen bezogen und zwischen den Eltern aufgeteilt werden. Er kann aber wie der Mutterschaftsurlaub 14 Wochen dauern. Die lange Abwesenheit der selbstständigerwerbenden Person im Betrieb kann wie bei der Mutterschaft ebenfalls zu Kosten führen. Die vorliegende Änderung umfasst daher die Ausweitung des Anspruchs auf Eltern, die ein gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind betreuen, auch wenn die Motionen Maury Pasquier vom 26. September 2019 (19.4270 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») und Marti Min Li vom 24. September 2019 (19.4110 «Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden») dies nicht verlangen.
Die Betriebszulage soll ebenfalls während des Urlaubs des andern Elternteils und des Adoptionsurlaubs ausbezahlt werden. Diese Urlaube dauern zwar nur zwei Wochen und können ebenfalls flexibel in Einzeltagen bezogen werden. Die Betriebszulage wird heute aber unabhängig von der Dauer des Dienstes an Dienstleistende ausbezahlt. Sie wird auch bei J+S-Ausbildungen, also einer Dienstleistung, die nur an einzelnen Tagen oder sogar ausserhalb der Arbeitstage stattfindet, ausgerichtet. Es gibt also keine Mindestabwesenheitsdauer. Um keine weiteren Unterschiede zu schaffen, erachtet es der Bundesrat deshalb als sinnvoll, die Regelungen zur Betriebszulage während des Urlaubs des andern Elternteils und des Adoptionsurlaubs analog anzuwenden.
Zu beachten ist ausserdem, dass für Personen, die als mitarbeitende Familienmitglieder in einem Landwirtschaftsbetrieb tätig sind, zusätzliche Kriterien berücksichtigt werden müssen, wie die Dauer der Abwesenheit und die Einstellung einer Ersatzkraft. Diese werden auch für die Betriebszulage übernommen, die während der über die EO entschädigten Urlaube gewährt wird.
Mit der vorgeschlagenen Änderung ist gewährleistet, dass Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die wegen der Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen müssen, und adoptierende Eltern unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf die Betriebszulage haben wie Dienstleistende.
4.1.2 Weitere Leistungen der EO
Kinderzulagen
Nach geltendem Recht beziehen Dienstleistende eine Kinderzulage für jedes Kind unter 18 Jahren oder unter 25 Jahren, wenn es eine Berufslehre oder ein Studium absolviert. Die Kinderzulagen wurden mit Inkrafttreten des EOG eingeführt: Mit der Zulage sollten unterstützungsberechtigte Kinder der dienstleistenden Person berücksichtigt werden, als es noch keine Familienzulagen gab. Die Kinderzulage beträgt 22 Franken pro Kind und pro Tag (Stand 2024) und ergänzt die Grundentschädigung. Die Grundentschädigung und die Kinderzulagen dürfen zusammengenommen den Höchstbetrag der Erwerbsausfallentschädigung von 275 Franken pro Tag (Stand2024) nicht überschreiten.
Das FamZG ist am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Anschliessend wurden mehrere Revisionen durchgeführt, um den Anspruch auf Familienzulagen auszuweiten und den Grundsatz «ein Kind, eine Zulage» zu verwirklichen. Familienzulagen sollen die Kosten, die durch den Unterhalt eines oder mehrerer Kinder entstehen, teilweise kompensieren. Sie umfassen die Kinderzulage, die Ausbildungszulage, die Geburtszulage und die Adoptionsentschädigung.
Die Kinderzulagen des EOG und die Familienzulagen des FamZG verfolgen also dasselbe Ziel. Eine dienstleistende Person mit Kindern bezieht indessen nicht nur Familienzulagen, sondern auch Kinderzulagen. Damit wird dieselbe Situation zweimal nach verschiedenen Regelungen entschädigt, was nicht gerechtfertigt ist. Die Kinderzulagen sollen deshalb aus der EO gestrichen und keinen EO-Anspruchsberechtigten gewährt werden.
Gleichzeitig kann so eine unterschiedliche Behandlung betreffend die Entschädigung der Bezügerinnen und Bezüger der EO beseitigt werden: Die Kinderzulagen werden nämlich den anderen Bezügerinnen und Bezügern nicht gewährt.
Da die Kinderzulagen abgeschafft werden, muss nicht mehr zwischen «Grundentschädigung» und «Gesamtentschädigung» unterschieden werden. Der Prozentsatz der verschiedenen Entschädigungen wird entsprechend dem neuen Höchstbetrag angepasst, damit die Beträge mindestens den Beträgen entsprechen, die am 1. Januar 2023 im Rahmen der Anpassung des Höchstbetrags festgelegt werden.
Zulage für Betreuungskosten
Laut geltendem Recht haben Dienstleistende, die mit einem oder mehreren Kindern unter 16 Jahren im gemeinsamen Haushalt leben, Anspruch auf eine Zulage für Betreuungskosten, wenn sie den Nachweis erbringen, dass wegen des Dienstes solche zusätzlichen Kosten für die Kinderbetreuung angefallen sind und der Dienst mindestens zwei zusammenhängende Tage umfasst (Art. 7 Abs. 1 EOG). Der Bundesrat setzt den Höchstbetrag der Entschädigung fest und regelt die Einzelheiten (Art. 7 Abs. 2 EOG). Anspruch auf die Zulage besteht für die Kinder der dienstleistenden Person sowie für die Pflegekinder der dienstleistenden Person, die diese unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung zu sich genommen hat (Art. 6 Abs. 2 EOG). Nach geltendem Recht werden die tatsächlichen Kosten vergütet, jedoch höchstens 75 Franken multipliziert mit der Anzahl der Diensttage (Stand 2024; Art. 13 der Erwerbsersatzverordnung vom 24. November 2004 2⁰ ). Betreuungskosten unter 20 Franken werden nicht vergütet.
Die Zulage für Betreuungskosten soll einen Teil der dienstbedingten zusätzlichen Kosten für die Kinderbetreuung decken. Die neue Bestimmung sieht vor, dass mit der Zulage für Betreuungskosten nur Kosten für die institutionelle Kinderbetreuung zurückerstattet werden.
Die dienstleistende Person erhält die Zulage für Betreuungskosten, weil sie sich wegen des Dienstes nicht mehr um die Kinder kümmern kann. Bei den übrigen Urlauben wird die Zulage für Betreuungskosten ausgerichtet, wenn sich die betroffenen Eltern nicht um die Kinder kümmern können, weil es ihre oder die Gesundheit des anspruchsbegründenden Kindes nicht zulässt, und deshalb eine institutionelle Kinderbetreuung notwendig ist.
Einem Elternteil, der einen von der EO entschädigten Urlaub bezieht, entstehen vermutlich nur selten zusätzliche Kosten für die Kinderbetreuung, besteht der Zweck der erwähnten Urlaube ja schliesslich gerade darin, beim Kind zu sein und in den meisten Fällen ist die Betreuung weiterer Kinder bereits organisiert. In bestimmen Konstellationen müssen jedoch Betreuungskosten zurückerstattet werden.
Ein Beispiel ist eine Mutter, die während des Mutterschaftsurlaubs gesundheitlich beeinträchtigt ist, allenfalls sogar im Spital bleiben muss und sich deswegen nicht um das Neugeborene kümmern kann. Die Mutter befindet sich in einer vergleichbaren Situation wie eine dienstleistende Person: Sie ist nicht mehr in der Lage, das Kind zu betreuen und muss eine Betreuungslösung für das Neugeborene oder die anderen Kinder finden, was womöglich zusätzliche Kosten verursacht und deshalb einen Anspruch auf die Zulage für Betreuungskosten rechtfertigt. Eine vergleichbare Situation liegt vor, wenn die Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes durch beide Eltern erforderlich ist.
2⁰ SR 834.11
4.1.3 Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter
Das EOG wird dahingehend geändert, dass die Mutterschaftsentschädigung auch bei einem längeren Spitalaufenthalt der Mutter nach der Geburt länger ausbezahlt wird. Der Bundesrat will den längeren Spitalaufenthalt der Mutter gleich behandeln wie den längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen.
Die Entschädigung soll um höchstens 56 Tage länger ausbezahlt werden, so wie das heute bei einem längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen gilt. Bei diesen 56 Tagen handelt es sich nicht um Arbeitstage, sondern sie setzen sich aus Wochentagen, Feiertagen und Wochenende zusammen. Muss die Mutter innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt mindestens zwei Wochen im Spital verweilen, wird die Mutterschaftsentschädigung um die Dauer der Hospitalisierung länger ausbezahlt, höchstens aber um 56 Tage. Der erste Tag dieser Frist von 14 Tagen ist der Tag der Geburt.
Der Anspruch auf die längere Ausrichtung der Entschädigung soll nicht nur bei Geburten im Spital, sondern auch bei Hausgeburten oder Geburten in einem Geburtshaus bestehen, sofern sich die Mutter innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt ins Spital begeben muss. Im gleichen Sinn besteht ein Anspruch auf die verlängerte Ausrichtung, wenn die Mutter direkt nach der Geburt im Spital bleiben muss.
Die Vorlage sieht vor, dass die Frist von zwei Wochen auch für das Neugeborene gilt, sodass beide Szenarien gleichermassen berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass es innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt ins Spital zurückkehren muss, damit ein Anspruch auf die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung besteht.
Wie es bereits heute bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen der Fall ist, haben Mütter, die nach dem Mutterschaftsurlaub wieder erwerbstätig sind, Anspruch auf die Verlängerung. Diese Bedingung bleibt bestehen und gilt auch bei verlängertem Mutterschaftsurlaub aufgrund der Hospitalisierung der Mutter.
Nach dieser neuen Regelung stellt sich auch die Frage der Betreuung des Neugeborenen bei Hospitalisierung der Mutter während der 14 Wochen nach der Geburt. Kinder in diesem Alter, d. h. erst wenige Monate alte Babys, können kaum Dritten anvertraut werden, sondern brauchen die Präsenz mindestens eines Elternteils. Wenn die Mutter hospitalisiert werden muss, kann sie diese Präsenz nicht gewährleisten und sich nicht um das Neugeborene kümmern. Daher muss der Urlaubsanspruch des andern Elternteils verlängert werden.
Wenn die Mutter in den 14 Wochen nach der Niederkunft - nicht nur in den zwei Wochen danach - während mindestens zwei Wochen im Spital verweilt, verlängert sich der Urlaub des andern Elternteils um die Dauer der Hospitalisierung, höchstens jedoch bis zum 97. Tag ab der Niederkunft, d. h. um höchstens 84 zusätzliche Taggelder. Tatsächlich ist davon auszugehen, dass die beiden ersten Wochen im Spital durch den Urlaub des andern Elternteils abgedeckt sind und dass mit der Verlängerung dieses Urlaubs die restliche Spitalaufenthaltsdauer abgedeckt werden kann. Der entsprechend verlängerte Urlaub des andern Elternteils muss ab dem 15. Hospitalisierungstag ununterbrochen bezogen werden. Die Regelung gewährleistet, dass das Neugeborene in den ersten Lebenswochen ständig von mindestens einem Elternteil betreut wird. Ab der 14. Woche nach der Geburt des Kindes kann dann dessen Betreuung mit den üblichen Angeboten wahrgenommen werden.
4.1.4 Beibehaltung des Anspruchs auf Entschädigung des andern Elternteils beim Tod des Kindes
Der geltende Artikel 16 j EOG sieht vor, dass der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils am Tag der Geburt des Kindes entsteht. Für den Bezug der Entschädigung des andern Elternteils gilt eine Rahmenfrist von sechs Monaten. Der Anspruch endet nach Ablauf der Rahmenfrist, nach Ausschöpfung der Taggelder, wenn der andere Elternteil (der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter) stirbt, wenn das Kind stirbt oder wenn das Kindesverhältnis zum andern Elternteil aberkannt wird.
Der Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung entsteht gemäss Artikel 16 c EOG am Tag der Niederkunft. Nach Artikel 16 d EOG endet der Anspruch am 98. Tag nach Anspruchsbeginn (die Taggelder müssen direkt nach der Niederkunft am Stück bezogen werden), wenn die Mutter ihre Erwerbstätigkeit wiederaufnimmt oder wenn sie stirbt.
Die Gründe für das Erlöschen des Anspruchs sind somit bei der Mutterschaftsentschädigung und der Entschädigung des andern Elternteils nicht in allen Punkten gleich. Die meisten Unterschiede sind selbsterklärend. Schwieriger zu rechtfertigen ist hingegen, weshalb der Anspruch auf den Urlaub des andern Elternteils bei Tod des Kindes erlischt.
In Erfüllung der Motion Gysin Greta vom 16. Juni 2021 (21.3734 «Vaterschaftsurlaub auch beim Tod des ungeborenen Kindes») soll der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils fortbestehen, wenn das Kind vor der Geburt (sofern die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat), bei der Geburt oder innerhalb von 14 Tagen nach der Geburt stirbt. In diesen Fällen bleibt der Entschädigungsanspruch bestehen und der andere Elternteil kann die verbleibenden Taggelder beziehen, sofern diese nicht bereits ausgeschöpft sind. In einem solchen Fall müssen die verbleibenden Urlaubstage ab dem Folgetag des Todestags des Kindes am Stück bezogen werden. Denn diese neue Regelung soll dem andern Elternteil die Möglichkeit geben, die Trauer zu bewältigen und in dieser schwierigen Zeit eine unterstützende Funktion wahrzunehmen.
4.1.5 Ausweitung des Anspruchs Betreuungsentschädigung
Die Betreuungsentschädigung ist nach geltendem Recht für Eltern vorgesehen, deren minderjähriges Kind eine schwere gesundheitliche Beeinträchtigung erleidet und dadurch einen erhöhten Bedarf an Begleitung und Pflege hat. Gemäss Artikel 16 o EOG ist ein Kind gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
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Es ist eine einschneidende Veränderung seines körperlichen oder psychischen Zustandes eingetreten;
-
dder Verlauf oder der Ausgang dieser Veränderung ist schwer vorhersehbar oder es ist mit einer bleibenden oder zunehmenden Beeinträchtigung oder dem Tod zu rechnen;
-
Es besteht ein erhöhter Bedarf an Betreuung durch die Eltern;
-
Mindestens ein Elternteil muss für die Betreuung des Kindes die Erwerbstätigkeit unterbrechen.
Die Betreuungsentschädigung soll weiterhin den Erwerbsausfall entschädigen, der während eines Urlaubs entsteht, der wegen einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes bezogen wird. Der vorliegende Entwurf sieht indessen vor, den Anspruch auf die Fälle ausweiten, in denen das Kind an mindestens vier aufeinanderfolgenden Tagen hospitalisiert werden muss und mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen muss. In diesen Fällen gilt eine Karenzfrist von drei Tagen. Das bedeutet, dass für die ersten drei Tage des Spitalaufenthalts kein Taggeld ausgerichtet wird. Das Taggeld wird erst ab dem vierten Tag des Spitalaufenthalts bezahlt und ist auf die Dauer des Spitalaufenthalts und der anschliessenden Genesung begrenzt. Insgesamt dürfen 14 Wochen (das entspricht 98 Taggeldern) nicht überschritten werden. Die Dauer der Genesung muss ärztlich bescheinigt werden. Jeder Spitalaufenthalt - auch wenn es mehrere pro Jahr sind - begründet einen neuen Anspruch auf Entschädigung und auf Betreuungsurlaub. Die Karenzfrist von drei Tagen gilt für den Beginn jedes neuen Anspruchs.
Eine Behinderung oder ein Geburtsgebrechen an sich gilt nicht als schwere gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des Gesetzes, weil damit keine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Kindes verbunden ist. Wenn der Gesundheitszustand des beeinträchtigten Kindes stabil ist, besteht daher kein Anspruch auf die Betreuungsentschädigung. Die Eltern eines Kindes mit Behinderung oder einem Geburtsgebrechen haben folglich nur Anspruch auf die Betreuungsentschädigung, wenn sich der Gesundheitszustand des Kindes deutlich verschlechtert, d. h. wenn die oben erwähnten Kriterien erfüllt sind. Wenn der Spitalaufenthalt wegen einer Behinderung oder eines Geburtsgebrechens notwendig ist, kann der Anspruch auf die Betreuungsentschädigung entstehen, sofern die Voraussetzungen nach Artikel 16 n E-EOG erfüllt sind, d. h. wenn der Spitalaufenthalt mindestens vier Tage dauert. Hingegen begründen Spitalaufenthalte, die direkt nach der Geburt und ohne Unterbrechung erfolgen, keinen Anspruch auf Betreuungsentschädigung. Das gilt unabhängig von der Dauer des Spitalaufenthalts. Selbst bei einer Frühgeburt wird der Spitalaufenthalt des Neugeborenen durch die Geburt verursacht und ist durch den Mutterschaftsurlaub abgedeckt. Dieser Urlaub wird ausserdem verlängert, wenn das Kind länger als zwei Wochen im Spital beiben muss (Art. 16 c Abs. 3).
So ist es beispielsweise möglich, dass ein Kind hospitalisiert ist und sich in der Folge herausstellt, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung zu einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne von Artikel 16 o EOG geworden ist. In diesen Fällen und sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, haben die Eltern zuerst Anspruch auf die Entschädigung zur Betreuung des hospitalisierten Kindes (Art. 16 n E-EOG). Anschliessend wird der Anspruch ersetzt durch eine Entschädigung zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes (Art. 16 n und 16 o EOG). Anders gesagt bedeutet dies, dass die Betreuungsentschädigung für die Zeit ausbezahlt werden kann, in der das Kind hospitalisiert ist, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 16 o EOG erfüllt sind. Ab dem Zeitpunkt, in dem die gesundheitliche Beeinträchtigung schwer wird und ein Elternteil die Erwerbstätigkeit zum ersten Mal unterbricht, beginnt die Rahmenfrist von achtzehn Monaten zu laufen (Art. 16 p Abs. 1 und 2 EOG).
4.1.6 Koordinationsregelungen
Da die vorliegende Reform des EOG auf eine Harmonisierung abzielt, ist es angebracht, die Regeln für die systeminterne Koordination zu ergänzen. Die Artikel 16 g , 16 m und 16 s regeln im jeweiligen Absatz 1 die Koordination zwischen der Mutterschaftsentschädigung, der Entschädigung des andern Elternteils und der Betreuungsentschädigung, den Taggeldern oder den Leistungen der genannten Sozialversicherungen.
Gemäss dem geltenden Recht erhält die Mutter während des Bezugs der Mutterschaftsentschädigung keine Betreuungsentschädigung, da die Mutterschaftsentschädigung der Betreuungsentschädigung vorgeht (Art. 16 g Abs. 1 Bst. f EOG). Bei der Vaterschaftsentschädigung fehlt eine entsprechende Prioritätenregelung, weil diese bei der parlamentarischen Beratung zur Betreuungsentschädigung noch nicht in Kraft war. Die damaligen Erläuterungen zu Artikel 16 m EOG hielten aber bereits fest, dass während des Bezugs einer Vaterschaftsentschädigung in der Regel keine Taggelder anderer Sozialversicherungen ausgerichtet werden. 2¹ Die Bestimmung wird deshalb ergänzt. Diese Regelung wird auch für die Adoptionsentschädigung übernommen.
Die Betreuungsentschädigung ist eine subsidiäre Leistung. Sie wird nicht ausbezahlt, wenn der Elternteil, der sie beantragt hat, für den gleichen Tag eine andere Entschädigung der EO bezieht. So kann die Mutter während ihres Mutterschaftsurlaubs keine Betreuungsentschädigung geltend machen, weder für das Neugeborene, noch für ein anderes Kind. Umgekehrt sieht die Vorlage vor, dass der andere Elternteil in diesem Zeitraum die Betreuungsentschädigung für sein neugeborenes oder ein anderes Kind beantragen kann. Allerdings soll ihm für die Urlaubstage, die er als Urlaub des andern Elternteils bezieht, keine Betreuungsentschädigung gewährt werden. An diesen Tagen kann nur die Mutter eine solche Entschädigung erhalten, sofern sie keine Mutterschaftsentschädigung mehr bezieht. Dasselbe gilt für die Adoptionsentschädigung, d. h. dass für die Tage, an denen eine Adoptionsentschädigung bezahlt wird, keine Betreuungsentschädigung gewährt wird.
2¹ BBl 2019 3405 , S. 3415
4.2 Angemessenheit der erforderlichen Mittel
Der Entwurf sieht für den Bund weder neue gesetzliche Aufgaben noch finanzielle Auswirkungen vor.
Ziel dieser Vorlage ist es, unterschiedliche Behandlungen zu beseitigen, die darauf zurückgehen, dass einige Leistungen der EO nur bestimmten Anspruchsberechtigten gewährt werden. Die dazu vorgesehenen Massnahmen führen zu höheren Ausgaben der EO, erfordern aber keine Erhöhung des Beitragssatzes. Ziffer 6.1 enthält ausführliche Informationen zu den finanziellen Auswirkungen des Entwurfs.
4.3 Umsetzungsfragen
Die Vollzugsorgane sind die Ausgleichskassen. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen einige Leistungen auf andere anspruchsberechtigte Gruppen ausgeweitet werden. Dies erfordert eine Anpassung der Arbeitsabläufe, eine Neuprogrammierung der Berechnungssoftware, neue Formulare oder eine Anpassung der bestehenden Formulare, Merkblätter und Register. Nach der Verabschiedung des Entwurfs ist deshalb genügend Zeit für die Umsetzungsarbeiten einzuplanen.
5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln
5.1 Änderung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG)
Gliederungstitel vor Art. 1a
Der Begriff «allocation en cas de service», der in der französischen Fassung in Titel I des Ersten Abschnitts a verwendet wird, wird übernommen und leicht angepasst um die ausbezahlte Entschädigung zu bezeichnen. In der deutschen Version wird der Betriff «Dienstentschädigung» verwendet, und in der italienischen Version «indennità per chi presta servizio».
Art. 4
Dienstentschädigung
Redaktionelle Änderung: Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen «Grundentschädigung» und «Gesamtentschädigung» unterschieden werden. Die Gesamtentschädigung, welche die Grundentschädigung und die Kinderzulagen umfasst, gibt es zukünftig nicht mehr. Der Begriff «Dienstentschädigung» im Titel I wird zur Bezeichnung der bezahlten Zulage verwendet. Materiell bleibt die Bestimmung unverändert.
Art. 6
In dieser Bestimmung wurde bisher der Anspruch auf Kinderzulagen für Dienstleistende geregelt. Künftig richtet die EO keine Kinderzulagen mehr aus, weshalb die Bestimmung aufgehoben wird (vgl. Ziff. 1.2.2 und 4.1.2).
Art. 7
Zulage für Betreuungskosten
Absatz 1 : Infolge Aufhebung dieser Bestimmung wird der Verweis auf Artikel 6 gestrichen. Anspruchsberechtigt für die Zulage für Betreuungskosten sind zunächst die Kinder der dienstleistenden Person. Die Zulage für Betreuungskosten wird ausschliesslich bei zusätzlichen Kosten für die institutionelle Betreuung ausgerichtet. Die institutionelle Betreuung umfasst private und öffentliche Einrichtungen, die Kinder vor oder während der obligatorischen Schulzeit betreuen (Krippen, Horte, schulergänzende Betreuung, Betreuungseinheiten für Schüler, Tagesschulen und Einrichtungen für Kinder gemischten Alters). Die Betreuung in Tagesfamilien gilt ebenfalls als institutionelle Betreuung, sofern sie organisiert ist (z. B. angeschlossen an Netzwerke oder Vereine). Die Kosten für nichtinstitutionelle Betreuung, d. h. die ausserfamiliäre Betreuung von Kindern durch Privatpersonen ausserhalb einer Organisation, werden nicht anerkannt.
Absatz 1 bis : Auch Pflegekinder der dienstleistenden Person, die diese unentgeltlich zu dauernder Pflege und Erziehung zu sich genommen hat, begründen einen Anspruch auf Zulagen für Betreuungskosten.
Absatz 2: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, um die Formulierung zu vereinheitlichen.
Art. 8
Betriebszulage
Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, um die Formulierung zu vereinheitlichen. Ausserdem wird die in Absatz 2 enthaltene Delegation an den Bundesrat präzisiert, um den in Artikel 14 der Erwerbsersatzverordnung enthaltenen Regelungen zu entsprechen.
Art. 9
Dienstentschädigung während der Rekrutenschule und gleichgestellten Dienstzeiten
Bei diesen Anpassungen handelt es sich lediglich um redaktionelle Änderungen. Materiell bleiben die Bestimmungen unverändert.
Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen «Grundentschädigung» und «Gesamtentschädigung» unterschieden werden. Die Gesamtentschädigung umfasst die Grundentschädigung und die Kinderzulage. Der Begriff «Dienstentschädigung» im Titel I wird so zur Bezeichnung der gezahlten Zulage verwendet.
In den Absätzen 1 und 2bis-4 wird der Prozentanteil der Zulage gemäss dem in Artikel 16 Absatz 1 E-EOG bestimmten Höchstbetrag neu definiert, sodass die Beträge mindestens den Beträgen entsprechen, die am 1. Januar 2023 im Rahmen der Anpassung des Höchstbetrags festgelegt wurden.
In Absatz 2, in dem die Altersgrenze des bisherigen Artikels 6 Absatz 1 übernommen wird, ist auf die Kinder gemäss Artikel 7 Absatz 1bis E-EOG zu verweisen.
Art. 10
Dienstentschädigung während der anderen Dienste
Redaktionelle Änderung: Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen «Grundentschädigung» und «Gesamtentschädigung» unterschieden werden. Die Grundentschädigung bildet zusammen mit der Kinderzulage die Gesamtentschädigung. Der Begriff «Dienstentschädigung» im Titel I wird so zur Bezeichnung der gezahlten Zulage verwendet. Materiell bleibt die Bestimmung unverändert.
Zudem umfasst der Verweis in Absatz 1 auch die Absätze 4 und 5 von Artikel 16 E-EOG. Gegenwärtig wird nämlich nur auf die Absätze 1-3 über die Festsetzung der Mindestbeträge verwiesen. Der Höchstbetrag ist jedoch auch hier anwendbar. Diese Änderung wird heute bereits angewandt und führt somit nicht zu einer Praxisänderung.
Art. 10a
Sachüberschrift
Bei dieser Bestimmung wird die Sachüberschrift angepasst. Sie lautet neu «Dienstentschädigung zwischen zwei Diensten». Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung; materiell bleibt die Bestimmung unverändert. Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen Grundentschädigung und Gesamtentschädigung unterschieden werden. Der Begriff «Dienstentschädigung» im Titel I wird so zur Bezeichnung der gezahlten Zulage verwendet.
Art. 13
In diesem Artikel wird der Betrag der Kinderzulage geregelt. Da Letztere mit der vorliegenden Änderung aufgehoben wird, wird Artikel 13 aufgehoben.
Art. 15
Betriebszulage
Da die Kinderzulage aufgehoben wird, kann zur Festsetzung des Betrags der Betriebszulage nicht mehr auf die Gesamtentschädigung verwiesen werden. Daher muss der Prozentanteil der Betriebszulage in Übereinstimmung mit dem in Artikel 16 Absätze 1 und 2 E-EOG festgelegten Höchstbetrag neu definiert werden, sodass die Betriebszulage mindestens dem seit der Anpassung des Höchstbetrags am 1. Januar 2023 geltenden Betrag entspricht.
Art. 16
Höchst- und
Mindestbetrag
Absatz 1 : dieser Absatz bestimmt den Höchstbetrag der Entschädigung. Er bleibt identisch mit demjenigen, der für die Grundentschädigung galt. Dieser Betrag dient auch als Referenz, um die Höhe der anderen Entschädigungen zu bestimmen, so wie es zuvor bei dem in Art. 16 a festgelegte Höchstbetrag der Gesamtentschädigung der Fall war.
Absatz 2: In diesen Absatz wird die Regel von Artikel 16 a Absatz 2 aufgenommen. Gemäss dieser kann der Bundesrat den Höchstbetrag anpassen.
Absatz 3-5: Hier handelt es sich um eine redaktionelle Änderung: Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen «Grundentschädigung» und «Gesamtentschädigung» unterschieden werden; es gibt nur noch die «Dienstentschädigung». Mit der Aufhebung der Kinderzulage ist eine Unterscheidung zwischen Personen ohne Kinder und Personen mit Kindern nicht mehr gerechtfertigt. Die Buchstaben a-c werden deshalb gestrichen. Die in diesem Artikel festgesetzten Beträge sollen die Mindestentschädigung definieren, die an Dienstleistende gezahlt wird, wenn sie nicht erwerbstätig sind bzw. wenn 80 Prozent ihres vordienstlichen Einkommens unter den Mindestbeträgen liegen. Der Prozentsatz der Entschädigung wird entsprechend dem in Artikel 16 Absätze 1 und 2 E-EOG festgesetzten Höchstbetrag neu definiert und in den einzelnen Absätzen aufgeführt. Die Höhe muss mindestens dem Betrag entsprechen, der seit der Anpassung des Höchstbetrags am 1. Januar 2023 gilt.
Der bisherige Absatz 5 wird aufgehoben. Darin war vorgesehen, die Gesamtentschädigung zu kürzen, soweit sie das durchschnittliche vordienstliche Einkommen oder den Höchstbetrag gemäss Artikel 16 a überschreitet, jedoch nur bis zu den Mindestbeträgen nach den geltenden Absätzen 1-3. Da die Gesamtentschädigung nicht mehr existiert, ist diese Regel überholt. Laut dem neuen Artikel 10 beträgt die tägliche Dienstentschädigung 80 Prozent des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens; vorbehalten bleibt Artikel 16 Absätze 3-5. So besteht kein Risiko einer Überentschädigung und die Mindestbeträge werden ebenfalls bereits garantiert.
Absatz 6: Der bisherige Absatz 6 wird angepasst. Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen Grundentschädigung und Gesamtentschädigung unterschieden werden. Gemäss geltendem Recht bildet die Grundentschädigung zusammen mit der Kinderzulage die Gesamtentschädigung. Der Begriff «Dienstentschädigung» im Titel I wird so zur Bezeichnung der bezahlten Entschädigung verwendet. Die Verweise auf die Gesamtentschädigung müssen gestrichen werden. Ansonsten bleibt die Bestimmung unverändert, d. h. die Betriebszulage und die Zulage für Betreuungskosten werden zusätzlich zur Dienstentschädigung gewährt.
Art. 16a
Da die Kinderzulage aufgehoben wird, muss nicht mehr zwischen Grundentschädigung und Gesamtentschädigung unterschieden werden. Der Höchstbetrag der Entschädigung wird in Artikel 16 Absätze 1 und 2 E-EOG bestimmt. Artikel 16 a betreffend den Betrag der Gesamtentschädigung wird deshalb aufgehoben. Absatz 2, wonach der Bundesrat den Höchstbetrag anpasst, wird in Artikel 16 Absätze 1 und 2 E-EOG verschoben.
Art. 16c Abs. 3, Einleitungssatz, Bst. a und Abs. 5
Absatz 3: Diese Bestimmung wird ergänzt, damit die Mutterschaftsentschädigung auch dann um bis zu 56 Tage länger ausgerichtet wird, wenn die Mutter nach der Geburt des Kindes länger, das heisst mindestens zwei Wochen, im Spital bleiben muss.
Anspruch auf die Verlängerung besteht, wenn das Neugeborene oder die Mutter mindestens zwei Wochen im Spital bleiben müssen. Dabei wird die Dauer des jeweiligen Spitalaufenthalts nicht kumuliert, damit ein Anspruch auf die Verlängerung besteht. Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen sowohl die Mutter als auch das Neugeborene länger im Spital bleiben müssen, gesondert betrachtet wird, ob die Frist von zwei Wochen erfüllt ist.
Sofern die Mutter und das Neugeborene zur gleichen Zeit hospitalisiert sind und beide Spitalaufenthalte einen Anspruch auf die Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung begründen, werden die beiden Ansprüche auf Verlängerung nicht kumuliert. Stattdessen wird die Dauer der Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung um die Anzahl Tage verlängert, die der Dauer des längeren Spitalaufenthalts entspricht, jedoch höchstens um 56 Tage. Diese Regelungen werden in die Verordnung aufgenommen (vgl. Abs. 5).
Die materiellen Voraussetzungen für die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung bei einem längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen sind in den Buchstaben a und b aufgeführt. Sie gelten neu auch für die Mutter. Buchstabe a wird entsprechend ergänzt.
Buchstabe a: Voraussetzung ist, dass Mutter direkt nach der Geburt hospitalisiert werden oder ins Spital zurückkehren oder innerhalb von zwei Wochen nach der Geburt ins Spital eintreten muss. Es ist nicht erforderlich, dass der Grund des Spitalaufenthalts im Zusammenhang mit der Geburt steht. Die Frist von zwei Wochen gilt neu auch für das Neugeborene. Damit wird das bisher verwendete «unmittelbar nach der Geburt» ausgeweitet und erlaubt es, auch Fälle zu berücksichtigen, in denen erst etwas später Komplikationen auftreten. Der Spitalaufenthalt muss mindestens zwei Wochen dauern, wie dies heute bei der Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen der Fall ist. Die Anforderungen in Bezug auf die notwendigen Belege werden auf Verordnungsstufe geregelt, wie dies heute beim Spitalaufenthalt des Neugeborenen der Fall ist.
Absatz 5: Mit dieser Bestimmung erhält der Bundesrat die Kompetenz, die Einzelheiten auf Verordnungsstufe zu regeln, wenn sowohl das Neugeborene als auch die Mutter nach der Geburt länger im Spital bleiben müssen.
Art. 16d Abs. 2
Das Ende des Anspruchs beim verlängerten Spitalaufenthalt der Mutter wird analog der Hospitalisierung des Neugeborenen geregelt und die Bestimmung entsprechend ergänzt. Der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung wird um die Tage des effektiven Spitalaufenthalts der Mutter oder des Neugeborenen verlängert, wenn dieser mindestens zwei Wochen dauert. Insgesamt verlängert sich der Anspruch auf die Entschädigung um höchstens 56 Tage.
Art. 16f
Höchstbetrag
Absatz 1: Der Höchstbetrag der Entschädigung, die an dienstleistende Personen ausgerichteten wird, wird neu in Artikel 16 Absätze 1 und 2 festgesetzt. Er wird nicht mehr als Prozentsatz der Gesamtentschädigung ausgedrückt, weil es diese nicht mehr gibt. Für alle von der EO ausgerichteten Leistungen gilt derselbe Höchstbetrag. Daher wird auf die Gesetzesbestimmung verwiesen, in der dieser Höchstbetrag festgesetzt wird.
Absatz 2: Laut dem geltenden Absatz 2 wird die Entschädigung gekürzt, wenn sie den Höchstbetrag überschreitet; diese Regel ist bereits in Artikel 16 Absätze 1 und 2 vorgesehen, auf den der neue Absatz 1 verweist. Daher kann sie hier gestrichen werden. Stattdessen wird eine Bestimmung über die Ausrichtung einer Betriebszulage und einer Zulage für Betreuungskosten zusätzlich zur Mutterschaftsentschädigung eingeführt. Analog zu der für Dienstleistende geltenden Regelung sind diese Leistungen, die während des Mutterschaftsurlaubs neu an Mütter ausgerichtet werden, nicht im Höchstbetrag von Artikel 16 Absatz 1 enthalten.
Art. 16fbis
Zulage für Betreuungskosten
Absatz 1 : Wie dienstleistende Personen haben Mütter, die einen Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung haben und mit einem oder mehreren Kindern unter 16 Jahren (darunter das Neugeborene) im gemeinsamen Haushalt leben, Anspruch auf eine Zulage für Betreuungskosten, sofern sie nachweisen, dass in der Zeit, in der sie eine Mutterschaftsentschädigung beziehen, an mindestens zwei zusammenhängenden Tagen zusätzliche Betreuungskosten angefallen sind. Das ist der Fall, wenn sie aus Gründen, die in ihrer oder der Gesundheit des Kindes liegen, die zur Wahrung des Kindeswohls erforderliche Betreuung des Kindes oder der Geschwister nicht vollumfänglich wahrnehmen konnten. Wie bei Dienstleistenden werden mit der Zulage für Betreuungskosten nur die zusätzlichen Kosten der institutionellen Kinderbetreuung zurückerstattet (vgl. Erläuterungen zu Art. 7).
Die Mutter muss keinen Anspruch auf den Mutterschaftsurlaub nach OR haben. Massgebend ist, dass die Mutter Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung nach EOG hat. Aus diesem Grund können auch arbeitslose oder arbeitsunfähige Mütter, die Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung haben, eine Zulage für Betreuungskosten beziehen, sofern sie die Voraussetzungen dafür erfüllen.
Absatz 2 : Diese Definition entspricht derjenigen für dienstleistende Personen (vgl. Erläuterungen zu Art. 7 Abs. 1bis).
Absatz 3 : Wie bei dienstleistenden Personen legt der Bundesrat den Höchstbetrag der Entschädigung fest (vgl. Ziff. 7.4).
Art. 16fter
Betriebszulage
Absätze 1 und 2 : Mütter, welche die Kosten eines Betriebes tragen und den überwiegenden Teil ihres Einkommens aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielen, sollen wie Dienstleistende Anspruch auf Betriebszulagen haben. Dies betrifft Mütter in ihrer Eigenschaft als Eigentümerin, Pächterin oder Nutzniesserin, als Teilhaberin einer Kollektivgesellschaft, als unbeschränkt haftende Teilhaberin einer Kommanditgesellschaft oder als Teilhaberin einer anderen, auf einen Erwerbszweck gerichteten Personengesamtheit ohne juristische Persönlichkeit (z. B. einfache Gesellschaft, Erbengemeinschaft).
Die Betriebszulage wird auch an hauptberuflich mitarbeitende Familienglieder in der Landwirtschaft ausgerichtet. Als mitarbeitende Familienangehörige gelten Verwandte des Betriebsinhabers in auf- und absteigender Linie und deren Ehegatten sowie Schwiegersöhne oder Schwiegertöchter des Betriebsinhabers, die den Betrieb voraussichtlich zur Selbstbewirtschaftung übernehmen werden (Art. 1 a Abs. 2 Bst. a und b des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1952 2² über die Familienzulagen in der Landwirtschaft), sofern sie vor dem Mutterschaftsurlaub ihre Haupttätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb ausgeübt haben.
Ein Betrieb oder ein Unternehmen liegt vor, wenn die selbstständig erwerbende Person über Räumlichkeiten, Grundstücke, besondere Einrichtungen, Maschinen oder ein umfangreiches Warenlager verfügt oder wenn sie dauerhaft eine oder mehrere Personen beschäftigt. Die Räumlichkeiten, die Grundstücke, die besonderen Einrichtungen, Maschinen oder das Warenlager müssen für die Ausübung des Berufs notwendig sein und ausschliesslich oder überwiegend zu diesem Zweck genutzt werden.
Der Bundesrat erhält die Befugnis, die Einzelheiten zu regeln (vgl. auch Ziff. 7.4). Analog zu den dienstleistenden Personen, die in einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten, müssen die Mütter nach Absatz 2 bei einer ununterbrochenen Abwesenheit von mindestens 12 Tagen während mindestens 10 Tagen durch eine Aushilfe ersetzt werden, deren Barlohn im Tagesdurchschnitt mindestens 75 Franken erreicht.
Absatz 3 : Für die Höhe der Betriebszulage gilt Artikel 15 EOG sinngemäss. Die Betriebszulage beträgt 34 Prozent des Höchstbetrages der täglichen Entschädigung nach Artikel 16 Absatz 4, die sich derzeit 220 Franken pro Tag beläuft (Stand 2024).
2² SR 836.1
Art. 16g Abs. 1 Bst. f und 2 Einleitungssatz
Absatz 1: Bisher galt, dass während des Bezugs einer Mutterschaftsentschädigung für dasselbe Kind keine Betreuungsentschädigung ausgerichtet wird - weder für die Mutter noch für den Vater bzw. für die Ehefrau der Mutter. Die neue Bestimmung sieht vor, dass der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter die Möglichkeit hat, die Betreuungsentschädigung während des Mutterschaftsurlaubs zu beziehen.
Absatz 2: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung des Einleitungssatzes. Ausserdem wird die Besitzstandsgarantie auf Taggelder der EO ausgeweitet.
Art. 16j Abs. 4
Dieser Absatz sieht zwei Abweichungen vor: Zunächst soll der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils, anders als in Absatz 3 Buchstabe d vorgesehen, nicht mehr erlöschen, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen danach stirbt. Anschliessend ändern sich mit dem Tod des Kindes die Bezugsmodalitäten für die Entschädigung des andern Elternteils. So sind die verbleibenden Taggelder ab dem Folgetag des Todestags am Stück und nicht mehr flexibel innerhalb der nach Absatz 1 vorgesehenen Rahmenfrist zu beziehen.
Art. 16k Abs. 5-8
Absätze 5-7: Wenn der Spitalaufenthalt der Mutter länger als zwei Wochen dauert, kann der andere Elternteil den Urlaub ab dem 15. Tag der Hospitalisierung der Mutter verlängern. Die Anzahl der Taggelder wird um die Dauer der Hospitalisierung verlängert, höchstens aber um 84 Tage. Die ersten 14 Tage des Spitalaufenthalts erhöhen den Taggeldanspruch somit nicht; d. h. sie werden bei der Berechnung der Anzahl der Taggelder nicht berücksichtigt. Der Anspruch auf die Verlängerung besteht unabhängig davon, ob die Mutter die Anspruchsvoraussetzungen der Mutterschaftsentschädigung erfüllt oder nicht. Mit der Gesetzesänderung soll es dem andern Elternteil ermöglicht werden, in den ersten Lebensmonaten des Kindes eine kontinuierliche Präsenz zu gewährleisten, wie die Mutter es täte, wenn sie nicht im Spital wäre. Daher müssen die Taggelder ununterbrochen bezogen werden. Analog zur Mutterschaftsentschädigung endet der Anspruch auf Verlängerung des Urlaubs, wenn der andere Elternteil seine Erwerbstätigkeit zumindest teilweise wieder aufnimmt. Ausserdem erlischt der Anspruch am Ende des Zeitraums, der während durch den vierzehnwöchigen Mutterschaftsurlaubs gedeckt ist, wenn der andere Elternteil oder das Kind verstirbt oder das Kindesverhältnis erlischt.
Absatz 8: Die Änderung von Artikel 16 d Absatz 3 EOG (Mutterschaftsentschädigung von Parlamentarierinnen ²3 ) ist seit 1. Juli 2024 in Kraft. Nimmt eine Mutter während des Mutterschaftsurlaubs an Rats- oder Kommissionssitzungen auf Bundes-, Kantons- oder Gemeindeebene teil, an denen eine Vertretung nicht vorgesehen ist, so gilt das nicht mehr als Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit. Es ist vorgesehen, diese Regelung auch auf den andern Elternteil anzuwenden, der beim Spitalaufenthalt der Kindsmutter zusätzliche Taggelder erhält.
Gegebenenfalls muss der betroffene andere Elternteil der Ausgleichskasse zusammen mit der Anmeldung für die Entschädigung des andern Elternteils eine Bestätigung der zuständigen Stelle einreichen, wonach die Stellvertretung für die Sitzungen, an denen er teilgenommen hat, nicht vorgesehen ist.
²3 AS 2024 151
Art. 16kbis Abs. 3 und 3bis
Abastz 3: Es handelt sich um eine strukturelle Änderung. Da der Anspruch auf die Entschädigung des andern Elternteils bestehen bleibt, wenn das Kind innerhalb von 14 Tagen nach der Geburt stirbt (vgl. Art. 16 j Abs. 4), ist es sinnvoll, in diesem Absatz die Bedingungen für das Erlöschen des Anspruchs auf zusätzliche Tagegelder im Falle des Todes der Mutter ausdrücklich zu nennen. In diesen Fällen endet der Anspruch auf zusätzliche Taggelder mit dem Tod des Kindes.
Absatz 3 bis : Es handelt sich um eine Änderung infolge der Änderung von Artikel 16 d Absatz. 3 EOG (Mutterschaftsentschädigung von Parlamentarierinnen), die am 1.Juli 2024 in Kraft getreten ist (vgl. Kommentar zu Art. 16 k Abs. 8).
Art. 16l Abs. 3 und 4
Diese Absätze entsprechen Artikel 16 f . Deshalb wird auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.
Art. 16lbis
Zulage für Betreuungskosten
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f bis. Es wird daher auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen. Die Zulage wird während des Bezugs der Entschädigung des andern Elternteils gewährt, im Sinne von Artikel 16 i und 16 k bis EOG und 16 k Absatz 5 und 6 E-EOG.
Art. 16lter
Betriebszulagen
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f ter. Es wird daher auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.
Art. 16m Abs. 1 Bst. f und 2, Einleitungssatz
Absatz 1: Die Mutterschaftsentschädigung ist gegenüber der Betreuungsentschädigung prioritär (
Art. 16
g
Abs. 1 Bst. f EOG
). Ein Anspruch auf die Betreuungsentschädigung kann allenfalls im Anschluss an die Mutterschaftsentschädigung entstehen. Für dasselbe Kind kann während des Bezugs der Mutterschaftsentschädigung nur vom Vater bzw. von der Ehefrau der Mutter eine Betreuungsentschädigung bezogen werden.
Diese Bestimmung ist das Gegenstsück für die Entschädigung des andern Elternteils gemäss Artikel 16 g Absatz 1 Buchstabe f, der für die Mutterschaftsentschädigung gilt. Der Urlaub für den andern Elternteil war bei der parlamentarischen Beratung zur Betreuungsentschädigung noch nicht in Kraft. Aus diesem Grund wird Artikel 16 m , der die Koordination der Leistungen regelt, nun mit einer entsprechenden Prioritätenregel ergänzt. Für den Vater bzw. die Ehefrau der Mutter soll dasselbe gelten wie für die Mutter im Mutterschaftsurlaub. Dies bedeutet, dass nach dem Bezug der Mutterschaftsentschädigung nur die Mutter eine Betreuungsentschädigung beziehen kann, wenn der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter die Entschädigung des andern Elternteils bezieht. Diese Regel soll verhindern, dass dieselbe Person für den gleichen Tag von der EO zwei verschiedene Leistungen bezieht.
Absatz 2: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung des Einleitungssatzes. Ausserdem wird die Besitzstandsgarantie auf Leistungen der EO ausgeweitet.
Art. 16mbis
Verhältnis zu kantonalen Regelungen
Diese Vorlage hat zum Ziel, die Leistungen in der EO anzugleichen. Aus diesem Grund ist es angezeigt, für die Kantone eine analoge Kompetenz vorzusehen, wie es sie bereits für die Mutterschafts- und die Adoptionsentschädigung gibt. Denn wie sich gezeigt hat, gibt es in einzelnen Kantonen den Willen, in diesem Bereich Rechtsvorschriften zu erlassen. Die Kantone werden somit die Möglichkeit haben, weitergehende Entschädigungen des andern Elternteils vorzusehen, wie dies bereits bei der Mutterschaftsentschädigung und der Adoptionsentschädigung der Fall ist.
Gliederungstitel vor Art. 16n
Aktuell haben Eltern nur dann Anspruch auf die Betreuungsentschädigung, wenn ihr Kind wegen einer Krankheit oder eines Unfalls gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist. Die Vorlage sieht vor, den Anspruch auf Fälle, in denen das Kind hospitalisiert ist, auszuweiten. Aus diesem Grund wir der Titel des Kapitels III c angepasst.
Art. 16n Abs. 1 Einleitungssatz, 2 und 2bis
Absatz 1: Bisher haben Eltern nur dann Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung, wenn ihr Kind gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, sei dies durch einen Unfall oder eine Krankheit. Die Vorlage sieht vor, diesen Anspruch auf Fälle auszuweiten, in denen das Kind hospitalisiert ist. Der Anspruch auf die Entschädigung hängt von der Dauer des Spitalaufenthalt des Kindes ab. Es spielt somit keine Rolle, welche gesundheitliche Beeinträchtigung das Kind aufweist, sofern der Spitalaufenthalt ununterbrochen mindestens vier Tage dauert. Das gilt auch, wenn ein Kind wegen einer Behinderung oder einem Geburtsgebrechen hospitalisiert werden muss. Der Einleitungssatz in Absatz 1 wird entsprechend angepasst.
Absatz 2: Wie bei einer Krankheit oder einem Unfall entsteht auch bei einer Hospitalisierung des Kindes pro Fall nur ein Anspruch auf Entschädigung, die gegebenenfalls zwischen den Eltern aufgeteilt werden kann.
Absatz 2 bis : Wird ein Kind im Spital geboren, verbleiben Mutter und Kind üblicherweise zwischen drei bis fünf Tagen im Spital. Handelt es sich beim Neugeborenen um eine Frühgeburt, wird es unter Umständen länger im Spital bleiben müssen. Solche Spitalaufenthalte, die direkt und ununterbrochen nach der Geburt erfolgen, begründen keinen Anspruch auf die Betreuungsentschädigung, unabhängig davon, wie lange der Spitalaufenthalt dauert. Das gilt auch für Spitalaufenthalte nach einer Hausgeburt oder einer Geburt in einem Geburtshaus. Denn in diesen Fällen gründet der Spitalaufenthalt in der Geburt. Der Mutterschaftsurlaub ist jedoch genau dazu da, dass sich die Mutter nach der Geburt um das Kind kümmern kann. Der Mutterschaftsurlaub wird im Übrigen verlängert, wenn das Kind mehr als zwei Wochen im Spital bleibt, und deckt somit Fälle von Frühgeburten ab (Art. 16 c Abs. 3).
Art. 16p Abs. 1 und 5
Absatz 1: Die Rahmenfrist von 18 Monaten gilt nur, wenn eine Entschädigung für die Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes (Art. 16 o ) bezogen wird. Für die Betreuung eines hospitalisierten Kindes (Art. 16 n ) gilt sie hingegen nicht, denn in diesen Fällen sind die Taggelder während des Spitalaufenthalts und der Dauer der Genesung zu beziehen.
Absatz 5: Nach der geltenden Regelung endet der Anspruch nicht, wenn das Kind während der Rahmenfrist volljährig wird. Dies gilt auch, wenn das Kind während der Hospitalisierungs- oder der Genesungsdauer volljährig wird.
Art. 16q Abs. 2 und 2bis
Absatz 2: Ist das Kind gesundheitlich schwer beeinträchtigt, besteht wie bisher innerhalb der Rahmenfrist von 18 Monaten Anspruch auf maximal 98 Taggelder.
Absatz 2 bis : Ist das Kind an mindestens vier aufeinanderfolgenden Tagen hospitalisiert im Sinne von Artikel 16 n , gilt eine Karenzfrist von drei Tagen und die Auszahlung des Taggeldes beginnt am vierten Tag des Spitalaufenthaltes (vgl. Ziff. 4.1.5). Der Anspruch besteht auf so viele Taggelder wie der Spitalaufenthalt nach der Karenzfrist dauert. Sobald das Kind nach Hause zurückkehrt, gilt der Anspruch für die ärztlich bescheinigten Genesungstage, höchstens aber für 21 Tage. Es besteht ein Anspruch auf höchstens 98 Taggelder analog zu den Fällen der schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung.
Art. 16r Abs. 3-5
Absätze 3 und 4: Diese Absätze entsprechen Artikel 16 f . Deshalb wird auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.
Absatz 5: Mit dieser Bestimmung wird eine in der Praxis bereits angewandte Regel konkretisiert, dass nämlich die Entschädigung für jeden Anspruchsberechtigten gesondert berechnet wird. Wenn die beiden Elternteile den Betreuungsurlaub aufteilen, werden beide entsprechend ihrem eigenen Erwerbseinkommen vor Beginn des Entschädigungsanspruchs entschädigt.
Art. 16rbis
Zulage für Betreuungskosten
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f bis. Es wird daher auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.
Art. 16rter
Betriebszulagen
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f ter. Es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.
Art.16s
Vorrang der Betreuungsentschädigung
Absatz 1: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung: Die Bestimmung wird geändert, um den Wortlaut von Artikel 16 g und 16 m zu übernehmen. Da die drei Bestimmungen materiell dasselbe bedeuten, scheint es sinnvoll, denselben Wortlaut zu verwenden.
Im Italienischen erfolgt zudem eine grammatikalische Anpassung der Buchstaben a-d.
Der in Absatz 1 fehlende Buchstabe e wurde hinzugefügt. Wie bei den übrigen von der EO ausgerichteten Leistungen geht die Betreuungsentschädigung der Zahlung der Dienstentschädigung vor.
Absatz 2: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung des Einleitungssatzes. Ausserdem wird die Besitzstandsgarantie ausgeweitet auf Leistungen der EO.
Art. 16sbis
Verhältnis zu kantonalen Regelungen
Die Vorlage hat zum Ziel, die Leistungen in der EO anzugleichen. Aus diesem Grund ist es angezeigt, für die Kantone eine analoge Kompetenz vorzusehen, wie es sie bereits für die Mutterschafts- und die Adoptionsentschädigung gibt. Diese Bestimmung gibt den Kantonen die Möglichkeit, weitergehende Betreuungsentschädigungen vorzusehen, wie dies bereits bei der Mutterschaftsentschädigung und der Adoptionsentschädigung der Fall ist. Die Kantone dürfen allerdings nicht neue Anspruchsgrundlagen für die Betreuungsentschädigung vorsehen.
Art. 16t Abs. 1bis
Die Änderungen des EOG zur Einführung der Adoptionsentschädigung sahen keine Änderung des Anspruchs für arbeitsunfähige und arbeitslose Eltern vor. Die übrigen im EOG geregelten Urlaube sehen aber einen Anspruch für arbeitslose und arbeitsunfähige Personen vor. Die vorliegende Änderung soll die Leistungsansprüche für alle versicherten Risiken harmonisieren. Diese Lücke wird nun geschlossen.
Art. 16w Abs. 3 und 3bis
Die vorliegende Änderung soll die Leistungsansprüche für alle versicherten Risiken harmonisieren. Diese Absätze entsprechen Artikel 16 f . Deshalb wird auf die entsprechenden Erläuterungen verwiesen.
Art. 16wbis
Zulage für Betreuungskosten
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f bis. Es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.
Art. 16wter
Betriebszulagen
Dieser Artikel entspricht Artikel 16 f ter. Es wird auf die Erläuterungen dazu verwiesen.
Art. 16wquater
Vorrang der Adoptionsentschädigung
Absatz 1 Buchstaben a-d: Analog zur Mutterschaftsentschädigung, zur Entschädigung des andern Elternteils und zur Betreuungsentschädigung ist das Verhältnis zwischen der Adoptionsentschädigung und der Ausrichtung anderer Taggelder im EOG geregelt. Das bedeutet, dass der Bezug einer Adoptionsentschädigung die Ausrichtung von Taggeldern anderer Sozialversicherungen ausschliesst.
Absatz 1 Buchstabe e: Diese Bestimmung präzisiert den Bezug von Taggeldern innerhalb derselben Versicherung Während des Bezugs einer Adoptionsentschädigung werden keine weiteren Taggelder der EO ausgerichtet. Es kann nur ein EO-Taggeld pro Tag bezogen werden und die Adoptionsentschädigung wird für die bezogenen Urlaubstage bezahlt. Es ist zu beachten, dass in Fällen, in denen die Eltern gleichzeitig Anspruch auf einen Adoptionsurlaub und einen Mutterschaftsurlaub oder einen Urlaub des andern Elternteils haben, die Adoptivmutter ihren Adoptionsurlaub für ein aufgenommenes Kind erst beziehen kann, nachdem sie ihren Mutterschaftsurlaub für ihr Neugeborenes ununterbrochen bezogen hat. Der andere Adoptivelternteil (der Vater oder die Ehefrau der Mutter) kann seinen Urlaub des andern Elternteils und seinen Adoptionsurlaub flexibel beziehen, wobei die jeweiligen Rahmenfristen für jeden dieser Urlaube einzuhalten sind. Es ist zu beachten, dass der Anspruchsberechtigte für denselben Urlaubstag nur eine Entschädigung erhalten kann.
Absatz 1 Buchstabe f : Für Adoptiveltern soll während des Bezugs der Adoptionsentschädigung dasselbe gelten wie für die Mutter während des Bezugs der Mutterschaftsentschädigung oder für den Vater bzw. die Ehefrau der Mutter während des Bezugs der Entschädigung des andern Elternteils. Es ist zu betonen, dass der Bezug der Entschädigung nur den Tag betrifft, für den die Entschädigung tatsächlich bezahlt wird.
Absatz 2: Die Adoptionsentschädigung wird wie die Mutterschaftsentschädigung, die Entschädigung des andern Elternteils und die Betreuungsentschädigung in Form einer Besitzstandsgarantie ausbezahlt und entspricht dem Betrag der bisher gemäss dem EOG ausbezahlten Entschädigung oder dem Betrag der bisherigen Taggelder der Invalidenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Militärversicherung, der Krankenversicherung nach dem Bundesgesetz vom 18. März 1994 ²4 über die Krankenversicherung oder der Unfallversicherung nach dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 ²5 über die Unfallversicherung. Für Krankentaggelder aus einer freiwilligen Taggeldversicherung, die auf dem Versicherungsvertragsgesetz vom 2. April 1908 ²6 beruhen, gibt es jedoch keine Besitzstandsgarantie.
²4 SR 832.10
²5 SR 832.20
²6 SR 221.229.1
Art. 16x
Verhältnis zu kantonalen Regelungen
Aktuell bietet Artikel 16 x den Kantonen die Möglichkeit, eine höhere Adoptionsentschädigung oder eine längere Bezugsdauer zu gewähren. Einige Kantone nutzen diese Möglichkeit und sehen in ihrer Gesetzgebung zudem eine Adoptionsentschädigung für Personen vor, die ein über vierjähriges Kind mit Blick auf seine Adoption aufnehmen. Da der geltende Artikel 16 x nicht das Ziel verfolgte, grosszügigere Regelungen der Kantone zu beschneiden, wird er angepasst, um die Lücke zu schliessen oder es den Kantonen zu ermöglichen, auch für Personen, die ein Kind zur Adoption aufnehmen, das bereits älter als vier Jahre ist, Entschädigungen vorzusehen.
Übergangsbestimmung zur Änderung vom …
Absatz 1: Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Änderungen Dienst leisten, bewahren ihren Anspruch auf die Kinderzulage bis zum Ende der laufenden Dienstzeit. Für Armeeangehörige, die nach Artikel 1 a Absatz 1bis EOG zwischen zwei Diensten Anspruch auf EO haben, besteht der Anspruch auf die Kinderzulage bis zum Ende der Unterbrechung zwischen den beiden Diensten weiter.
Absatz 2 und 3: Der Anspruch auf die Zulage für Betreuungskosten und die Betriebszulage besteht für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung laufenden Urlaube. Die Zulage wird aber frühstens ab Inkrafttreten der Änderung ausgerichtet und ausschliesslich für die Urlaubsdauer, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist, das heisst für Urlaubstage, die noch nicht bezogen wurden.
Absatz 4: Die Bestimmungen über die Verlängerung der Bezugsdauer der Mutterschaftsentschädigung oder der Entschädigung des andern Elternteils bei einem längerem Spitalaufenthalt der Mutter (Art. 16 c Abs. 3 und 16 k Abs. 5 und 6) gelten auch, wenn die Geburt höchstens 98 Tage vor dem Inkrafttreten dieser Änderung erfolgt ist. Die Entschädigungen werden jedoch frühestens ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung ausgerichtet und ausschliesslich für die Hospitalisierungsdauer, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist.
Beispiel: Muss die Mutter innert zwei Wochen nach der Geburt hospitalisiert werden und befindet sie sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch im Spital, hat sie Anspruch auf die Verlängerung, wenn der Spitalaufenthalt mindestens zwei Wochen dauerte. In diesem Fall entspricht die Dauer der Verlängerung der Anzahl Tage, die sie ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens im Spital war, jedoch nicht mehr als 56 Tage. Massgebend ist der Zeitpunkt der Geburt oder des Beginns des Spitalaufenthaltes der Mutter.
Die Bestimmung über den Anspruch auf Betreuungsentschädigung (Art. 16 n ) gilt auch, wenn der Spitalaufenthalt vor dem Inkrafttreten dieser Änderung begonnen hat. Die Entschädigungen werden jedoch frühestens ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung ausgerichtet und ausschliesslich für die Anspruchsdauer, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist.
5.2 Änderungen des Obligationenrechts (OR)
Art. 329f Abs. 2
Artikel 329 f OR wird dahingehend geändert, dass sich der Mutterschaftsurlaub auch bei einer Hospitalisierung der Mutter nach der Geburt gemäss Artikel 16 c Absatz 3 E-EOG entsprechend der Dauer der Mutterschaftsentschädigung verlängert.
Art. 329g Abs. 1bis-4
Absatz 1 bis : Diese Bestimmung regelt die Verlängerung des Urlaubs des andern Elternteils, wenn die Mutter nach der Geburt länger im Spital bleiben muss. Damit dieser Urlaub um die Dauer der Hospitalisierung der Mutter, höchstens aber um 12 Wochen, verlängert wird, muss die Mutter ab dem Tag der Geburt des Kindes ununterbrochen während mindestens zwei Wochen oder während der 14 Wochen danach hospitalisiert sein. Der Anspruch auf die Verlängerung entsteht erst ab der dritten Woche des Spitalaufenthalts, weil der Vater bzw. die Ehefrau der Mutter in den ersten zwei Wochen des Spitalaufenthalts den Urlaub des andern Elternteils nach Absatz 1 beziehen kann.
Absatz 2: Es wird präzisiert, dass die Rahmenfrist nur für den Urlaub nach Absatz 1 gilt.
Absatz 3: Dieser Absatz wird mit der Regel ergänzt, wonach der verlängerte Urlaub bei einem Spitalaufenthalt der Mutter am Stück bezogen werden muss.
Absatz 4: Diese Regelung ist das Pendant zu Artikel 16 j Absatz 4 zweiter Satz E-EOG. Da die Bezugsmodalitäten im OR festgelegt sind, ist eine Präzisierung angezeigt, dass gemäss Artikel 16 j Absatz 4 E-EOG beim Tod des Kindes andere Bezugsmodalitäten gelten.
Art. 329i Marginalie, Abs. 1, 1bis, 2 erster Satz und 3 erster Satz
Die Marginalie wird ergänzt, weil die Bestimmung vorsieht, auch den Betreuungsurlaub für ein hospitalisiertes Kind zu regeln. Sie lautet neu «7. Urlaub für die Betreuung eines wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigten oder hospitalisierten Kindes».
Absatz 1: Dieser Absatz übernimmt das geltende Recht und präzisiert, dass es sich um schwere gesundheitlich Beeinträchtigungen nach Artikel 16 o EOG handelt.
Absatz 1 bis : Die Dauer des Anspruchs auf einen Betreuungsurlaub ist unterschiedlich je nachdem, ob es sich um einen Urlaub bei einer Hospitalisierung des Kindes oder um einen Urlaub bei einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes handelt. Deshalb enthält Absatz 1bis die Regel für Fälle, die auf einem Spitalaufenthalt beruhen. Denn in diesen Fällen beginnt der über die EO entschädigte Urlaub am vierten Tag des Spitalaufenthalts. Die Arbeitgeber übernehmen somit die Kosten für die ersten drei Abwesenheitstage der Eltern gemäss den Artikeln 324 a und 329 h OR. Der Urlaub deckt dann die Dauer des Spitalaufenthalts und der Genesung ab. Für die Dauer der Genesung können maximal 3 Wochen Urlaub gewährt werden. Insgesamt darf der Urlaub 14 Wochen nicht überschreiten. Ausserdem sind die Bestimmungen zur Rahmenfrist und zum Bezug des Betreuungsurlaubs bei einer schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes sind bei einer Hospitalisierung des Kindes nicht anwendbar.
Absatz 2: Die Rahmenfrist gilt nur für den Betreuungsurlaub nach Absatz 1, weshalb Absatz 2 entsprechend präzisiert wird.
Absatz 2 bis : Auch beim Betreuungsurlaub nach Absatz 1bis ist es unter Umständen nicht notwendig, dass die Eltern jeden Tag beim Kind im Spital bleiben müssen, weshalb auch dieser Urlaub flexibel bezogen werden kann. Allerdings müssen die Urlaubstage während des Spitalaufenthalts und der Genesung bezogen werden. In dieser Zeit nicht bezogene Urlaubstage verfallen.
Absatz 3: Sowohl beim Urlaub nach Absatz 1 als auch beim Urlaub nach Absatz 1bis haben die Eltern Anspruch auf je die Hälfte des Urlaubs. Abweichende Vereinbarungen sind wie unter bisher geltendem Recht möglich.
Art. 336c Abs. 1, Bst. cbis
Die Bestimmung wird mit dem verlängerten Urlaub des andern Elternteils nach Artikel 329 g Absatz 2 OR ergänzt. Diese Verlängerung wird gewährt, wenn die Mutter länger im Spital bleiben muss. Der Kündigungsschutz muss in solchen Fällen gewährleistet sein.
5.3 Änderung des Bundesgesetzes über die Familienzulagen in der Landwirtschaft (FLG)
Art. 10 Abs. 4
Gemäss dem geltenden Artikel 10 Absatz 4 besteht während des Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329 f Absatz 1 OR weiterhin Anspruch auf die Familienzulagen. Für arbeitnehmende Mütter, die ausserhalb der Landwirtschaft tätig sind, bleibt dieser Anspruch gemäss Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung vom 31. Oktober 2007 ²7 über die Familienzulagen (FamZV) während höchstens 16 Wochen bestehen, dies auch ohne gesetzlichen Lohnanspruch. Dieser Artikel gilt sinngemäss für selbstständigerwerbende Mütter (Art. 10 a Abs. 2 FamZV). Artikel 10 Absatz 4 wird geändert, damit für in der Landwirtschaft tätige Mütter beim Anspruch auf Familienzulagen während des Mutterschaftsurlaubs die gleiche Höchstdauer gilt wie für ausserhalb der Landwirtschaft tätige Mütter. Die Dauer von 16 Wochen entspricht dem Zeitraum, in dem Wöchnerinnen gemäss Artikel 35 a Absatz 3 des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 ²8 (ArG) nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden dürfen. Da die Dauer von 16 Wochen für alle, auch für selbstständigerwerbende, Mütter gilt, wird im Gesetzesartikel nicht auf das ArG verwiesen.
Für die Verlängerungen des Mutterschaftsurlaubs, für den Urlaub des andern Elternteils und die entsprechenden Verlängerungen sowie für andere Urlaube wird derzeit auf die Bestimmungen des OR verwiesen. Auch für landwirtschaftliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für selbstständigerwerbende Landwirtinnen und Landwirte soll der Anspruch auf Familienzulagen während der verschiedenen Urlaube erhalten bleiben. Artikel 10 Absatz 4 wird deshalb in diesem Sinne präzisiert und verweist künftig auf die Dauer, die von den im OR vorgesehenen Urlauben abgedeckt wird.
Im zweiten Satz wird darauf hingewiesen, dass der Anspruch auf Familienzulagen für in der Landwirtschaft tätige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch ohne gesetzlichen Lohnanspruch weiterbesteht, wie dies auch für ausserhalb der Landwirtschaft tätige Personen der Fall ist.
²7 SR 836.21
²8 SR 822.11
6 Auswirkungen
6.1 Finanzielle Auswirkungen auf die EO
6.1.1 Betriebs- und Kinderzulage sowie Zulage für Betreuungskosten
In der Annahme, dass der Anteil der Selbstständigen, die eine Betriebszulage erhalten würden, dem Anteil der Dienstleistenden entspricht (54 %), wären ungefähr 2000 Personen von der Ausweitung des Anspruchs auf die Betriebszulage für selbstständigerwerbende Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes unterbrechen, und Adoptiveltern betroffen. Diese Ausweitung würde zusätzliche Kosten für die EO in der Grössenordnung von 9 Millionen Franken für das Jahr 2030 verursachen. Die Tabelle in Anhang 3 zeigt die geschätzten Kosten dieser Änderung.
Die Kinderzulage, die nach geltendem Recht nur Dienstleistenden ausbezahlt wird, wird aufgehoben. Die Kosten dürften sich auf rund 9 Millionen Franken im Jahr 2030 belaufen. Die Aufhebung der Kinderzulage würde die Ausgaben der EO somit entsprechend reduzieren (vgl. Tabelle in Anhang 3). Im Jahr 2023 wurde die Kinderzulage rund 23 000 Dienstleistenden (10 %) ausbezahlt.
Die Ausweitung der Zulage für Betreuungskosten auf Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes unterbrechen, und Adoptiveltern würde für die EO marginale Mehrkosten bedeuten, da die Anspruchsvoraussetzungen beschränkt sind.
6.1.2 Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung und Verlängerung der Entschädigung des andern Elternteils bei Hospitalisierung der Mutter
Zwischen 2014 und 2023 mussten pro Jahr durchschnittlich 670 Frauen rund um die Niederkunft länger als 14 Tage hospitalisiert werden. Das entspricht 0,8 Prozent der Lebendgeburten. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt ungefähr 31 Tage. Allerdings ist es nicht möglich zu unterscheiden, ob und wie viele Tage des Spitalaufenthaltes nach der Geburt stattgefunden oder ob sie bereits vor der Geburt begonnen haben. Entsprechend handelt es sich bei den folgenden Zahlen um eine Maximalschätzung. Allerdings haben nicht alle Mütter Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Etwa ein Viertel von ihnen erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen nicht. Neben den Fällen in der Schweiz gibt es auch Fälle im Ausland, insbesondere von Grenzgängerinnen. Berücksichtigt man diese Faktoren hätten im Jahr 2023 schätzungsweise 470 Mütter potenziell von der längeren Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung bei einem längeren Spitalaufenthalt der Mutter nach der Geburt, die 56 Tage nicht überschreiten darf, profitieren können. Die durch diese Verlängerung entstehenden Kosten dürften sich auf etwas über 2 Millionen Franken für das Jahr 2030 belaufen (vgl. Tabelle in Anhang 3). Die tatsächlichen Kosten dürften aber aus obengenannten Gründen tiefer ausfallen.
In diesen 470 Fällen ist eine längere Ausrichtung der Entschädigung des andern Elternteils ebenfalls wahrscheinlich. Diese Entschädigungen werden auch gewährt, wenn der Spitalaufenthalt nicht direkt nach der Geburt erfolgt, doch ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nur um wenige zusätzliche Fälle handelt. Da es sich bei den 470 Fällen um eine Maximalschätzung handelt, dürfte die Anzahl der begünstigten Väter bzw. Ehefrauen der Mütter diese Zahl nicht übersteigen. Unter Annahme der gleichen durchschnittlichen Dauer des Spitalaufenthalts, hätte der andere Elternteil Anspruch auf ungefähr 17 zusätzliche Taggelder. Die Kosten für die Gewährung der Entschädigung an den andern Elternteil, wenn die Mutter länger als zwei Wochen im Spital bleiben muss, sollten daher unter 2 Millionen Franken im Jahr 2030 liegen (vgl. Tabelle in Anhang 3).
6.1.3 Beibehaltung des Anspruchs auf Entschädigung des andern Elternteils beim Tod des Kindes
Als Totgeburt werden Kinder erfasst, die ohne Lebenszeichen zur Welt kommen und ein Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm oder ein Gestationsalter von mindestens 22 vollendeten Wochen aufweisen. Zwischen 2014 und 2023 wurden im Durchschnitt 330 Totgeburten pro Jahr gezählt, was 0,4 Prozent der Lebendgeburten entspricht. Im gleichen Zeitraum sind innerhalb von vierzehn Tagen nach der Geburt 230 Säuglinge gestorben. Die meisten Todesfälle, die innerhalb von vierzehn Tagen nach der Geburt eintreten, erfolgen in den ersten 24 oder 48 Stunden nach der Geburt (in den letzten zehn Jahren starben durchschnittlich 170 Säuglinge pro Jahr in den ersten 24 Stunden nach der Geburt, was 0,2 % der Lebendgeburten in der Schweiz entspricht).
Demnach sind zwischen 2014 und 2023 durchschnittlich 560 Kinder pro Jahr, was 0,7 Prozent der Lebendgeburten entspricht, tot geboren oder innerhalb von vierzehn Tagen nach der Geburt verstorben. Wendet man dieses Verhältnis auf die im Jahr 2023 bezogenen Vaterschaftsurlaube an, sind davon rund 400 Väter betroffen. Auf dieser Grundlage würde die Beibehaltung der Entschädigung für den andern Elternteil im Jahr 2030 Kosten in Höhe von rund 1 Million Franken verursachen.
6.1.4 Ausweitung des Anspruchs auf Betreuungsentschädigung
Nach der neuen Regelung soll bei einer Hospitalisierung eines minderjährigen Kindes ab dem vierten Tag eine Betreuungsentschädigung bezahlt werden. Dabei sollen die ersten drei Tage nicht über die EO entschädigt werden. Zur Berechnung der finanziellen Auswirkungen wird davon ausgegangen, dass ein Urlaub von 57 Tagen gewährt wird, wenn der Spitalaufenthalt mehr als 21 Tage dauert. Dies entspricht der durchschnittlichen Anzahl der im Jahr 2022 entschädigten Tage, Da die Fälle, in denen der Spitalaufenthalt mehr als 21 Tage dauert, nicht mehr detailliert aufgeführt sind, sondern in einer einzigen Kategorie zusammengefasst wurden, kann die Anzahl der Tage nicht genau geschätzt werden. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass die nach geltendem Recht bezogenen Betreuungsurlaube einen Teil der Fälle mit einem Spitalaufenthalt von mindestens 21 Tagen ausmachen. Muss das Kind bis 20 Tage im Spital bleiben, wird für die Genesung eine gleich lange Dauer wie für die Hospitalisierung angenommen, um die Schätzung durchführen zu können.
Zwischen 2015 und 2023 waren pro Jahr durchschnittlich 20 000 Kinder für eine Dauer von 4-21 Tagen und 4000 weitere Kinder für eine Dauer von mehr als 21 Tagen hospitalisiert. Das sind insgesamt 24 000 Kinder. Um die Anzahl der zusätzlichen Fälle, in denen ein Anspruch auf einen Betreuungsurlaub bestehen würde, berechnen zu können, dürfen die 1000 Kinder, die nach geltendem Recht bereits Anspruch auf Betreuungsurlaub begründen, sowie die Kinder, deren Spitalaufenthalt unmittelbar auf die Geburt folgt (d.h. Frühgeburten), nicht mitgezählt werden. Die Schätzung der Kosten stellt darauf ab, dass in allen 23 000 zusätzlichen Fällen ein Betreuungsurlaub bezogen wird.
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien werden die zusätzlichen Kosten, die durch die Gewährung der Betreuungsentschädigung bei einem Spitalaufenthalt des Kindes von mindestens vier aufeinanderfolgenden Tagen entstehen, im Jahr 2030 auf rund 63 Millionen Franken geschätzt (vgl. Tabelle in Anhang 3).
Tabelle 6-1
Durchschnittliche Anzahl Kinder (0-17 Jahre) pro Jahr zwischen 2015 und 2023, ohne Neugeborene
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| 4-9 Tage | 10-15 Tage | 16-21 Tage | > 21 Tage | |
|---|---|---|---|---|
| Anzahl Fälle pro Tag | 15 603 | 3 177 | 1 309 | 4 092 |
Quelle: Medizinische Statistik der Krankenhäuser, 2024.
6.1.5 Finanzielle Auswirkungen aller Massnahmen
Die nachfolgende Tabelle 6-2 fasst die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf die EO zusammen. Sie bezieht sich auf das Jahr 2030 und bezieht sich auf die Preise von 2024. Die Beträge sind auf eine Million Franken gerundet. Im Anhang finden sich die Tabellen mit den Finanzperspektiven der EO gemäss geltender Ordnung und mit den finanziellen Auswirkungen der in dieser Vorlage vorgesehenen Massnahmen.
Tabelle 6-2
Auswirkung der Massnahmen der Angleichung der EO-Leistungen im Jahr 2030
Beträge in Millionen Franken, zu Preisen von 2024
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| Massnahmen | Änderung der Ausgaben | Beitragssatz in Prozent |
|---|---|---|
| Betriebszulagen | 9 | 0,00018 |
| Kinderzulagen | - 9 | - 0,0018 |
| Verlängerung Mutterschaftsentschädigung | 2 | 0,0005 |
| Verlängerung Entschädigung des andern Elternteils | 2 | 0,0003 |
| Beibehaltung der Entschädigung des andern Elternteils beim Tod des Kindes | 1 | 0,0002 |
| Betreuungsentschädigung (Spitalaufenthalt) | 63 | 0,0128 |
| Total der Massnahmen | 68 | 0,0138 |
Die Kosten, welche die vorgeschlagenen Änderungen im EOG hervorbringen, erfordern keine zusätzlichen Finanzierungsquellen und können über die aktuellen EO-Ressourcen finanziert werden.
6.2 Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden
6.2.1 Betriebs- und Kinderzulage sowie Zulage für Betreuungskosten
Die Ausrichtung der Betriebszulage und der Zulage für Betreuungskosten an selbstständigerwerbende Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes unterbrechen müssen, und Adoptiveltern hat keine finanziellen Auswirkungen, da die Zulagen durch die EO übernommen werden. Der Bund, die Kantone und die Gemeinden sind von diesen Massnahmen als Arbeitgeber nicht betroffen.
6.2.2 Längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung und der Entschädigung des andern Elternteils
Die längere Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung bei einem Spitalaufenthalt von zwei oder mehr Wochen der Mutter und der Entschädigung des andern Elternteils im EOG haben nur geringe finanzielle und rechtliche Auswirkungen auf Bund, Kantone oder Gemeinden. Als Arbeitgeber werden sie ihre Personalreglemente im Bereich des Mutterschaftsurlaubs und des Urlaubs des andern Elternteils anpassen müssen. Für den Bund heisst dies, dass sich bei einem längerem Spitalaufenthalt der Mutter nach der Geburt des Kindes die Dauer des Mutterschaftsurlaubs von 16 auf höchstens 24 Wochen verlängert, wie dies heute bereits bei einem längeren Spitalaufenthalt des Neugeborenen der Fall ist. Die finanziellen Auswirkungen dieser Änderung sind gering, da der zu 100 Prozent gewährleistete Lohn teilweise durch die EO übernommen wird. Zudem führt die längere Ausrichtung der Entschädigung des andern Elternteils dazu, dass der Arbeitgeber die Kosten für solche Abwesenheiten nicht mehr allein tragen muss.
6.2.3 Beibehaltung der Entschädigung des andern Elternteils beim Tod des Kindes
Die Beibehaltung der Entschädigung des andern Elternteils beim Tod des Kindes (d. h. wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen nach der Geburt stirbt) hat in einem begrenzten Rahmen auch finanzielle und rechtliche Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden, da Abwesenheiten über die EO entschädigt werden. Als Arbeitgeber müssen sie gegebenenfalls ihre Bestimmungen zu diesen Entschädigungen ändern.
6.2.4 Betreuungsentschädigung
Die Ausweitung der Anspruchsvoraussetzungen für den Betreuungsurlaub zieht geringfügige finanzielle Folgen nach sich. Soweit Bund, Kantone und Gemeinden als Arbeitgeber während des Betreuungsurlaubs eine Lohnfortzahlung von 100 Prozent garantieren und die in dieser Vorlage vorgesehene Regelung übernehmen, tragen sie die Differenz zwischen dem bezahlten Lohn und dem Betrag, den sie über die EO erhalten (Letztere entschädigen 80 Prozent des Lohnes, höchstens 220 Franken pro Tag; Stand im 2024).
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Die Ausrichtung der Betriebszulage und der Zulage für Betreuungskosten an selbstständigerwerbende Mütter, Väter bzw. Ehefrauen der Mütter, Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes unterbrechen müssen, und Adoptiveltern, kann über die aktuellen EO-Ressourcen finanziert werden. Das gilt auch für die Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung und der Entschädigung des andern Elternteils bei längerem Spitalaufenthalt der Mutter. Diese Änderungen ziehen daher keine höheren Sozialabgaben für die Unternehmen nach sich und dürften einen positiven Effekt auf die Wirtschaft und insbesondere auf Selbstständige haben, da ihre Fixkosten damit besser berücksichtigt werden.
Bei der längeren Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung bei einem Spitalaufenthalt der Mutter sind die betroffenen Frauen zwar länger vom Arbeitsplatz abwesend, was für die Unternehmen zusätzliche Kosten mit sich bringt. Diese Kosten werden aber kompensiert, da die Verlängerung des Urlaubs zu 80 Prozent über die EO entschädigt wird. Auch die längere Ausrichtung der Entschädigung des andern Elternteils dürfte sich positiv auswirken. Denn in solchen Fällen bleibt der andere Elternteil heute nicht selten der Arbeit fern, z. B. indem er frei nimmt oder der Arbeit unverschuldet fern bleibt, um sich um das Kind zu kümmern, wenn die Mutter nach der Niederkunft länger im Spital bleiben muss (Art. 324 a OR). Diese Verlängerung dürfte daher die Arbeitgeber entlasten, da sie die Kosten nicht mehr allein tragen müssen. Zudem wird sich die Zahl der Fälle in Grenzen halten.
Im Todesfall eines Kindes brauchen die Eltern Zeit, um ihre Trauer zu verarbeiten. Die Entschädigung des andern Elternteils weiter auszurichten, wenn das Kind tot geboren wird oder wenn es bei der Geburt oder in den 14 Tagen danach stirbt, wird sicherlich positive Auswirkungen haben, da das EO-System für einen begrenzten Zeitraum 80 Prozent des Lohns des andern Elternteils entschädigt.
Mit der Ausweitung der Anspruchsvoraussetzungen dürften mehr Familien Anspruch auf den Betreuungsurlaub haben. Die objektive Grenze von vier Tagen als Anspruchsvoraussetzung dürfte dazu beitragen, dass für die betroffenen Familien und Arbeitgeber einfacher feststellbar ist, ob ein Anspruch auf den Betreuungsurlaub besteht. Das führt zum einen zu mehr Rechtssicherheit, trägt gleichzeitig aber auch dazu bei, dass Taggelder rascher ausbezahlt werden können. Zudem wird der Betreuungsurlaub auch bei Hospitalisierung des Kindes die Unternehmen entlasten, denn Eltern, deren Kind im Spital ist, bleiben der Arbeit fern (sei es, indem sie frei nehmen oder unverschuldet an der Arbeit verhindert sind, weil sie sich nach Artikel 324 a OR um ihr Kind kümmern müssen). Mit der vorgeschlagenen Änderung würde ihre Abwesenheit durch einen von der EO zu 80 Prozent des Lohns entschädigten Urlaub kompensiert.
Die zuvor erwähnten wirtschaftlichen Auswirkungen betreffen alle Unternehmen. Für kleine und mittlere Unternehmen gelten keine vereinfachten Regeln (Art. 4 Abs. 1 Bst. a des Unternehmensentlastungsgesetzes vom 29. September 2023 ²9 (UEG). Die Reformvorlage schafft keinen «Swiss Finish» (Art. 4 Abs. 1 Bst. b UEG). Da sich die vorliegende Reform nur auf die Harmonisierung der Leistungen der EO und nicht auf das Verfahren bezieht, sind keine elektronischen Mittel vorgesehen, um den Vollzug der Regelung zu vereinfachen (Art. 4 Abs. 1 Bst. c UEG). Schliesslich werden keine anderen Regelungen im gleichen Bereich aufgehoben (Art. 4 Abs. 1 Bst. d UEG).
²9 SR 930.31
6.4 Auswirkungen auf die Gleichstellung von Mann und Frau und die Gesellschaft
Die Mutterschaftsentschädigung, die Entschädigung des andern Elternteils, die Betreuungs- und die Adoptionsentschädigung beruhen auf denselben Regelungen und Grundsätzen wie die Grundentschädigung für Dienstleistende: Die Entschädigung entspricht 80 Prozent des unmittelbar vor Eintreten des versicherten Risikos erzielten Einkommens. Derzeit beträgt die Grundentschädigung maximal 220 Franken pro Tag (Stand 2024); diesbezüglich gibt es daher keine Ungleichbehandlung.
Für Dienstleistende - überwiegend Männer - werden jedoch unter bestimmten Bedingungen auch noch Nebenleistungen (Kinderzulagen, Zulage für Betreuungskosten oder Betriebszulagen) ausgerichtet. Die Grundentschädigung und die Kinderzulagen betragen maximal 275 Franken pro Tag (Stand 2024). Diese Leistungen werden nicht an Bezügerinnen und Bezüger von durch die EO entschädigten Urlauben ausgerichtet.
Mit den vorgeschlagenen Änderungen der Anspruchsvoraussetzungen für die verschiedenen Zulagen sollen alle Kategorien von EO-Empfängerinnen und -Empfängern gleichgestellt werden. Gleichzeitig sollen Ungleichbehandlungen zwischen der Entschädigung für die Dienstleistung und den über die EO entschädigten Urlaube beseitigt werden.
Die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs und des Urlaubs für den andern Elternteil führt zu einer Verbesserung der Situation der Eltern, wenn die Mutter nach der Geburt über längere Zeit im Spital bleiben muss. Der andere Elternteil erhält damit die Möglichkeit, das zu Kind betreuen, ohne Ferientage oder einen unbezahlten Urlaub beziehen zu müssen mit dem Risiko, für eine bestimmte Zeit keinen Lohn zu erhalten. Diese Regelung ist auch für die Arbeitgeber von Vorteil, da sie die Kosten für die Abwesenheit der Person im Betrieb nicht allein tragen müssen.
Die Beibehaltung des Anspruchs auf die Entschädigung des andern Elternteils wird die Situation von Eltern verbessern, deren Kind tot geboren wird oder deren Kind bei der Geburt oder in den 14 Tagen nach der Geburt stirbt. Das ermöglicht es ihnen, die Trauerphase gemeinsam zu bewältigen. Denn die Mutter hat weiterhin Anspruch auf ihren Mutterschaftsurlaub und der Anspruch auf den Urlaub des andern Elternteils, der in solchen Fällen bisher erlosch, wird beibehalten.
Die Gewährung der Betreuungsentschädigung bei einer Hospitalisierung eines Kindes klärt die Situation für die Eltern und ihre Arbeitgebenden und bietet eine einheitliche Entschädigung.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Die Änderungen des EOG zur Einführung der Mutterschaftsversicherung basieren auf Artikel 116 Absatz 3 und 4 der Bundesverfassung (BV) 3⁰ . Diese Bestimmung definiert weder die Art noch den Umfang der Versicherungsleistung bei Mutterschaft und lässt damit dem Gesetzgeber einen grossen Gestaltungsspielraum. Der Verfassungsauftrag deckt ein breites Spektrum von möglichen Leistungen, die umgesetzt werden können, darunter Leistungen bei Elternschaft, Adoptivelternschaft und Betreuung. Die Änderungen des OR beruhen auf Artikel 122 BV.
Das EOG untersteht dem Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 3¹ (ASTG), das seit dem 1. Januar 2003 in Kraft ist. Alle im Rahmen dieser Vorlage vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sind mit dem ATSG vereinbar.
Die vorgeschlagene Änderung ist verfassungskonform.
3⁰ SR 101
3¹ SR 830.1
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Die EU hat zwecks Erleichterung der Freizügigkeit Regelungen zur Koordinierung der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit geschaffen. Die Schweiz nimmt seit dem Inkrafttreten am 1. Juni 2002 des Abkommens vom 21. Juni 1999 3² zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) an diesem Koordinationssystem teil. Das EU-Recht sieht keine Harmonisierung der einzelstaatlichen Systeme der sozialen Sicherheit vor. Die Mitgliedstaaten können die Einzelheiten ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unter Beachtung der europarechtlichen Koordinationsgrundsätze selber festlegen. Dies gilt aufgrund des revidierten Übereinkommens vom 4. Januar 1960 3³ zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Übereinkommen) auch in den Beziehungen zwischen der Schweiz und den übrigen EFTA-Staaten.
Die Betriebszulagen ergänzen die Mutterschaftsentschädigung, die Entschädigung des andern Elternteils sowie die Betreuungs- und die Adoptionsentschädigung. Im internationalen Verhältnis können Leistungen bei Mutterschaft sowie Erwerbsersatz für Eltern von gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindern, je nach Ausgestaltung, als Familienleistungen oder als Leistungen bei Mutter- oder Vaterschaft qualifiziert werden. Die Ausgestaltung der Familienleistungen und der Leistungen bei Mutterschaft muss den internationalen Verpflichtungen Rechnung tragen, welche die Schweiz auf diesem Gebiet übernommen hat. Die Schweiz wendet aufgrund des Freizügigkeitsabkommens mit der EU sowie des revidierten EFTA-Übereinkommens die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 ³4 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, geändert durch: Verordnung (EG) Nr. 988/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 (Abl. L 284 vom 30.10.2009, S. 43) und die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 ³5 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit an. Diese gilt insbesondere für Familienleistungen und Leistungen bei Mutter- oder Vaterschaft, die im Anwendungsbereich des EOG liegen (Art. 28 a EOG). Nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist die Schweiz verpflichtet, Staatsangehörige eines EU- oder eines EFTA-Staates gleich zu behandeln wie Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Die Mutterschafts- und die Betreuungsentschädigung sind daher auch EU- und EFTA-Staatsangehörigen zu gewähren, sofern sie die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, nötigenfalls unter Mitberücksichtigung von entsprechenden Versicherungszeiten in einem EU-/EFTA-Staat (Art. 6 der Verordnung (EG) 883/2004). Auch bei Wohnsitz in einem EU- oder EFTA-Staat ist Staatsangehörigen eines EU- oder eines EFTA-Staates die Mutterschafts- und die Betreuungsentschädigung zu gewähren (Art. 7 der der Verordnung (EG) 883/2004). Die vorstehenden Ausführungen gelten gleichermassen für die die Mutterschafts- und die Betreuungsentschädigungen ergänzenden Betriebszulagen. Die Bestimmungen der vorliegenden Revision sind vereinbar mit den erwähnten Koordinierungsvorschriften.
Einzig das von der Internationalen Arbeitsorganisation angenommene Übereinkommen (Nr. 183) vom 15. Juni 2000 ³6 über den Mutterschutz dürfte für die Schweiz im Zusammenhang mit diesem Entwurf, genauer dem Teil über die Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung bei einer Hospitalisierung der Mutter, verbindliche Normen enthalten. Das Übereinkommen sieht jedoch zu diesem speziellen Punkt nichts vor. Im Übrigen enthält kein von der Schweiz ratifiziertes internationales Übereinkommen Normen in Bezug auf die anderen Änderungsvorschläge des Entwurfs. Die geplante Harmonisierung der verschiedenen Erwerbsausfallregelungen verbessert indessen die Gleichstellung von Männern und Frauen, was insbesondere den Verpflichtungen aus dem UNO-Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 ³7 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau entspricht. Dieser Vorlage ist daher mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.
3² SR 0.142.112.681
3³ SR 0.632.31
³4 SR 0.831.109.268.1
³5 SR 0.831.109.268.11
³6 SR 0.822.728.3
³7 SR 0.108
7.3 Erlassform
Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Dies ist mit dieser Vorlage gewährleistet.
7.4 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Die Vorlage enthält die folgenden Delegationen von Rechtsetzungsbefugnissen:
-
Es wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, den Anspruch auf Verlängerung der Mutterschaftsentschädigung zu regeln, wenn das Neugeborene und die Mutter nach der Geburt im Spital bleiben müssen.
-
Bei der Zulage für Betreuungskosten legt der Bundesrat den Höchstbetrag der Entschädigung fest.
-
Für die Regelung des Anspruchs auf eine Betriebszulage für mitarbeitende Familienmitglieder in einem Landwirtschaftsbetrieb ist jeweils eine Delegationsnorm enthalten, analog der Regelung für Dienstleistende. Der Bundesrat erhält zudem die Kompetenz, bei den einzelnen Urlauben die Modalitäten für die Ausrichtung der Betriebszulage an Selbstständigerwerbende zu regeln.
-
Der Bundesrat erhält ferner die Zuständigkeit, den Anspruch auf Adoptionsentschädigung für Personen zu regeln, die in den neun Monaten vor der Aufnahme des Kindes zur Adoption nicht obligatorisch versichert waren oder die wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit die allgemeinen Voraussetzungen nicht erfüllen.
Anhang 1
Finanzperspektiven der EO gemäss geltender Ordnung
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Anhang 2
Finanzperspektiven der EO mit Angleichung der EO-Leistungen
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Anhang 3
Finanzielle Auswirkungen der Massnahmen zur Angleichung der EO-Leistungen
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Anhang 4
Übersichtstabelle zu den im erläuternden Bericht verwendeten Daten
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| Zitat, Fundstelle | Quelle, Herleitung, Annahmen | Letzte Aktualisierung |
|---|---|---|
| S. 41: (…) wären ungefähr 2000 Personen von der Ausweitung des Anspruchs auf die Betriebszulage (…) betroffen. Diese Ausweitung würde zusätzliche Kosten für die EO in der Grössenordnung von 9 Millionen Franken für das Jahr 2030 verursachen. | Gemäss dem EO Register (BSV/ZAS, Stand Oktober 2024) bezogen im Jahr 2023 höchstens 2000 Selbstständigerwerbende eine Betriebszulage. Das entspricht 54 Prozent der Selbstständigerwerbenden im Mutterschaftsurlaub, Urlaub des andern Elternteils, Betreuungsurlaub und Adoptions urlaub . Dieser Prozentsatz wurde gestützt auf die Anzahl Dienstleistender berechnet, bei welchen 54 Prozent der Selbstständigerwerbenden eine Betriebszulage erhalten. Die Anzahl der Tage stützt sich ebenfalls auf das EO-Register (BSV/ZAS, Stand Oktober 2024). Im Jahr 2023 bezogen die Mütter im Mutterschaftsurlaub durchschnittlich 98 Tage Urlaub , der andere Elternteil 14 Tage und Eltern, die ihre Erwerbstätigkeit zur Betreuung eines gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes unterbrechen mussten, 52 Tage ( pro Elternteil und nicht pro Fall) Prognose 2030: Da die Betriebszulage 34 Prozent des Höchstbetrags nach Artikel 16 Absatz 1 beträgt, entwickeln sich die Kosten entsprechend der Anzahl der Geburten und des Höchstbetrags. | 26.02.2025 |
| S. 41: Die Kosten dürften sich auf rund 9 Millionen Franken im Jahr 2030 belaufen. Die Aufhebung der Kinderzulage würde die Ausgaben der EO somit entsprechend reduzieren. Im Jahr 2023 wurde die Kinderzulage rund 23 000 Dienstleistenden (10 %) ausbezahlt. | Schätzung der aktuellen Kosten (2023) auf der Grundlage des EO -Registers (BSV/ZAS, Stand Oktober 2024) und de r Entwicklung der Ausgaben gemäss den Finanz perspektiven der EO für Personen, die 2025 Dienst geleistet haben. Gemäss dem EO Register (BSV/ZAS, Stand Oktober 2024) | 26.02.2025 |
| S. 42: Zwischen 2014 und 2023 mussten pro Jahr durchschnittlich 670 Frauen rund um die Niederkunft länger als 14 Tage hospitalisiert werden. Das entspricht 0,8 Prozent der Lebendgeburten. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt ungefähr 31 Tage. Allerdings haben nicht alle Mütter Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. (…) Berücksichtigt man diese Faktoren, hätten im Jahr 2023 schätzungsweise 470 Mütter potenziell von der längeren Ausrichtung (…) profitieren können. Die (…) entstehenden Kosten dürften sich auf etwas über 2 Millionen Franken für das Jahr 2030 belaufen. S. 42: Die Kosten für die Gewährung der Entschädigung an den andern Elternteil (…) sollten daher unter 2 Millionen Franken im Jahr 2030 sein. | Medizinische Statistik der Krankenhäuser 2024 (BFS) Es ist nicht möglich, die Anzahl der Tage vor und nach der Geburt zu bestimmen. Die Schätzungen sind daher Maxima. - Die Referenzrate 2023 (Mutterschaftsurlaub/Anzahl Lebendgeburten gemäss BFS) wird auf den Anteil der betroffenen Lebendgeburten angewendet. - Frauen im Ausland (hauptsächlich Grenzgängerinnen) haben ebenfalls Anspruch auf die Mutterschaftsentschädigung, sind in den Medizinischen Statistiken der Krankenhäuser aber nicht erfasst. Aus diesem Grund wird angenommen, dass bei den Urlauben im Ausland der betroffene Anteil der gleiche ist wie in der Schweiz. - Für den Urlaub des andern Elternteils wird mit der gleichen Fallzahl gerechnet wie für den Mutterschaftsurlaub. - Durchschnittlicher Tagesansatz gemäss EO-Statistik 2023 (BSV). - Entwicklung der Ausgaben für Mutterschaftsurlaube und Urlaube des andern Elternteils gemäss den Finanzperspektiven der EO 2025. | 26.02.2025 26.02.2025 |
| S. 43: Zwischen 2014 und 2023 wurden im Durchschnitt 330 Totgeburten pro Jahr gezählt, was 0,4 Prozent der Lebendgeburten entspricht. (…) starben durchschnittlich 170 Säuglinge pro Jahr in den ersten 24 Stunden nach der Geburt, was 0,2 % der Lebendgeburten in der Schweiz entspricht. Demnach sind zwischen 2014 und 2023 durchschnittlich 560 Kinder pro Jahr, was 0,7 Prozent der Lebendgeburten entspricht, tot geboren oder innerhalb von vierzehn Tagen nach der Geburt verstorben. Wendet man dieses Verhältnis auf die im Jahr 2023 bezogenen Vaterschaftsurlaube an, sind davon rund 400 Väter betroffen. Auf dieser Grundlage würde die Beibehaltung der Entschädigung für den andern Elternteil im Jahr 2030 Kosten in Höhe von rund 1 Million Franken verursachen. | Quelle Lebendgeburten, Kindersterblichkeit, Totgeburten: BFS-BEVNAT A nzahl Urlaube des andern Elternteils und durchschnittlicher Tages ansatz : EO-Statistik 2023 (BSV) Entwicklung der Ausgaben für Urlaube des andern Elternteils gemäss Finanzperspektiven der EO 2025. | 26.02.2025 |
| S. 43: Zwischen 2015 und 2023 ³8 waren pro Jahr durchschnittlich 20 000 Kinder für eine Dauer von vier bis 21 Tagen und 4000 weitere Kinder für eine Dauer von mehr als 21 Tagen hospitalisiert. Insgesamt somit 24 000 Kinder. Von dieser Anzahl müssen die 1000 Kinder, die nach geltendem Recht bereits Anspruch auf Betreuungsurlaub begründen, ausgenommen werden (…). (…) werden die zusätzlichen Kosten (….) im Jahr 2030 auf rund 63 Millionen Franken geschätzt. S. 44: Tabelle 6-1 | Medizinische Statistik der Krankenhäuser 2024 EO-Register (BSV(ZAS, Stand Oktober 2024) für den durchschnittlichen Tagesansatz der Betreuungsentschädigung (2023), die Anzahl der Fälle (2022). Da die Betreuungsurlaube innerhalb einer Rahmenfrist von 1,5 Jahren bezogen werden können, sind die Urlaube, die im 2023 begonnen haben, noch nicht vollständig im EO-Register erfasst. Aus diesem Grund bildet das Jahr 2022 das Referenzjahr . - Für die Anzahl der Urlaubstage wird jeweils davon ausgegangen, dass für die Genesung eine Anzahl von Tagen, die dem Spitalaufenthalt minus 3 Tage entspricht, gewährt wird. Für einen Spital aufenthalt von mehr als 21 Tagen liegen keine detaillierten Daten zur Anzahl der Tage vor. Daher wird angenommen, dass die Anzahl der Urlaubstage dem Durchschnitt der für den Betreuungsurlaub bezogenen Urlaubstage entspricht. - Entwicklung der Ausgaben für Betreuungsurlaub gemäss den Finanzperspektiven der EO 2025. | 28.09.2024 |
| S. 44: Tabelle 6-2 | Die Anzahl betroffener Personen wurde mit Hilfe der Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung projiziert. Ergebnisse des Referenzszenarios (BFS, 2020). Die Lohn- und Preisentwicklung, die in den Berechnungen berücksichtigt wurde, basiert auf der Konjunkturprognose des SECO (28.09.2024) Für detailliertere Informationen zu den Finanzperspektiven der EO ist auf der Homepage des BSV eine ausführliche Dokumentation verfügbar ³9 . | 26.02.2025 |
³8 Zwischen 2014 und 2015 gab es einen Bruch in der Zeitreihe, weshalb für die weiteren Berechnungen nur die letzten 9 statt der letzten 10 Jahre berücksichtigt werden.
³9 www.bsv.admin.ch > BSV online > Sozialversicherungen > Erwerbsersatzordnung EO > Finanzen
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz (Angleichung der EO-Leistungen)
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