BBl 2025 1851
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Änderung des Verrechnungssteuergesetzes (Too-big-to-fail-Instrumente)

Botschaft zur Änderung des Verrechnungssteuergesetzes (Too-big-to-fail-Instrumente)
vom 6. Juni 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer ¹ .
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
6. Juni 2025 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Seit dem 1. Januar 2013 sind im Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer befristete Ausnahmebestimmungen für Zinsen aus Too-big-to-fail -Instrumenten aufgeführt. Aktuell dauern die Ausnahmebestimmungen bis 31. Dezember 2026. Diese Vorlage sieht nun eine weitere befristete Verlängerung der Ausnahmebestimmungen bis zum 31. Dezember 2031 vor, damit der Gesetzgeber diese Ausnahme im Kontext des gesamten Massnahmenpakets des Berichts des Bundesrates zur Bankenstabilität abschliessend beurteilen kann.
Ausgangslage
In der Schweiz tätige Banken können heute bestimmte Anleihen - sogenannte Too-big-to-fail-Instrumente (nachstehend TBTF-Instrumente) - ausgeben, die bei drohender Insolvenz in Eigenkapital umgewandelt oder abgeschrieben werden können. Diese TBTF-Instrumente erhöhen die Stabilität des Finanzplatzes, indem sie die Eigenmittelquote der Banken erhöhen. Für ihre Wirksamkeit ist es von grosser Bedeutung, dass sie in der Schweiz ausgegeben werden. Das Steuerrecht stellt diesbezüglich insofern ein Hindernis dar, als auf entsprechenden Zinszahlungen grundsätzlich die Verrechnungssteuer erhoben wird. Um diesen Nachteil zu beheben, sind diese TBTF-Instrumente von der Verrechnungssteuer ausgenommen. Die geltenden Ausnahmebestimmungen bei der Verrechnungssteuer für Zinsen aus TBTF-Instrumenten laufen Ende 2026 aus. Zinsen für nach diesem Zeitpunkt emittierte TBTF-Instrumente würden somit der Verrechnungssteuer unterliegen.
In seinem Bericht zur Bankenstabilität vom 10. April 2024 befürwortet der Bundesrat die unbefristete Verlängerung der Ausnahmebestimmung im Verrechnungssteuergesetz (Massnahme 21). Da jedoch das in diesem Bericht geplante gesetzliche Massnahmenpaket nicht bis am 1. Januar 2027 in Kraft treten kann, beabsichtigt der Bundesrat nun mit dem vorliegenden Gesetzgebungsprojekt, die Ausnahmebestimmungen zur Verrechnungssteuer befristet bis zum 31. Dezember 2031 zu verlängern. Damit soll sichergestellt werden, dass es zwischen dem 1. Januar 2027 und dem Inkrafttreten des gesetzlichen Massnahmenpakets zur Bankenstabilität zu keiner Lücke kommt. Zugleich ermöglicht die vorgeschlagene befristete Verlängerung dem Gesetzgeber, diese Massnahme im Kontext des gesamten Massnahmenpakets des Berichts des Bundesrates zur Bankenstabilität abschliessend zu beurteilen.
Inhalt der Vorlage
Mit der Vorlage beantragt der Bundesrat die Verlängerung der Ausnahmebestimmungen bis zum 31. Dezember 2031. Inhaltlich bleiben die Ausnahmebestimmungen unverändert.
Mit dieser Vorlage wird sichergestellt, dass Banken TBTF-Instrumente weiterhin zu wettbewerbsfähigen Bedingungen aus der Schweiz emittieren können. Dies ist zentral, da sich bei einer ungenügenden Möglichkeit zur Mittelbeschaffung negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität ergeben können.
Im Vernehmlassungsverfahren, das von August bis November 2024 durchgeführt wurde, war die Verlängerung grossmehrheitlich auf Zustimmung gestossen.
Botschaft
¹ BBl 2025 1852

1 Ausgangslage

1.1 Aufsichtsrechtliche Ausgangslage

Die im Jahr 2012 eingeführten Too-big-to-fail-Bestimmungen (TBTF ² ) des Bankengesetzes vom 8. November 1934 ³ (BankG) sollen verhindern, dass systemrelevante Banken, die der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) unterstellt sind, im Krisenfall mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Systemrelevante Banken sind Banken, Finanzgruppen und bankdominierte Finanzkonglomerate, deren Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde (Art. 7 Abs. 1 BankG). Derzeit gelten die UBS Group AG, die Zürcher Kantonalbank, die Raiffeisen-Gruppe und die PostFinance als systemrelevante Banken. Zur Reduktion der Ausfallwahrscheinlichkeit und zur Verbesserung von Sanier- und Liquidierbarkeit (aufsichtsrechtliche Anforderungen) sind vier Massnahmen vorgesehen: höhere Eigenmittel, verbesserte Liquidität, Planung der Stabilisierung/Sanierung sowie besondere Bestimmungen zur Liquidation. Die Vorschriften zu den ersten beiden aufsichtsrechtlichen Anforderungen betreffen in geringerem Umfang auch nicht systemrelevante Banken.
Der Bundesrat kommt in seinem Bericht zur Bankenstabilität vom 10. April 2024 ⁴ gestützt auf eine Vielzahl von breit angelegten behördeninternen und -externen Analysen zum Schluss, dass sich viele der national und international eingeführten Massnahmen zur Erhöhung der Finanzstabilität bewährt haben. Er erachtet auch die bestehende Zielsetzung des TBTF-Dispositivs - die Minderung der Risiken für das schweizerische Finanzsystem, die Gewährleistung volkswirtschaftlich wichtiger Funktionen systemrelevanter Banken und die Vermeidung staatlicher Beihilfen - weiterhin als zielführend und zweckmässig. Die Analysen zeigen aber auch einen klaren Handlungsbedarf für eine Weiterentwicklung und Stärkung des bestehenden Regelwerks.
Banken können die aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen u. a. durch die Emission von Eigenkapital, namentlich durch Aktien, erfüllen. Systemrelevante Banken müssen rund 70 Prozent der Eigenmittelanforderungen zur ordentlichen Weiterführung der Bank durch solches Eigenkapital erfüllen. Für die restlichen rund 30 Prozent sowie betreffend die Anforderungen an zusätzlich verlustabsorbierende Mittel stellt das TBTF-Regime vier Instrumente zur Verfügung:
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Contingent Convertibles (CoCos) sind Anleihen, die bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (sog. Trigger) in Eigenkapital (meist Aktien) der betreffenden Bank umgewandelt werden (Pflichtwandelanleihen). Dieses Kapital kann in gewissem Umfang an die Eigenmittel gemäss den regulatorischen Anforderungen angerechnet werden. Diese Instrumente stehen allen Banken offen. In der ersten Phase des TBTF-Regimes waren ausschliesslich CoCos die emittierten Finanzinstrumente; gegenwärtig stellen sie im Schweizer Markt die Ausnahme dar, wobei seit der Abschreibung der AT1-Anleihen der Credit Suisse zum Teil wieder CoCos anstelle von Write-Off-Bonds emittiert wurden.
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Write-off-Bonds werden bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses abgeschrieben (Anleihen mit Forderungsverzicht). Auch damit können die regulatorischen Anforderungen an ausreichende Eigenmittel in gewissem Umfang erfüllt werden. Diese Instrumente stehen ebenfalls allen Banken offen. Per Dezember 2024 hatte die UBS Write-off-Bonds und CoCos mit einer regulatorischen Anrechnung von rund 14 Milliarden Franken ausstehend. Die übrigen drei systemrelevanten Banken haben gesamthaft Write-off-Bonds mit einer regulatorischen Anrechnung von rund 2 Milliarden Franken ausstehend, alle übrigen Finanzinstitute gesamthaft solche von rund 6 Milliarden Franken.
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Bail-in-Bonds sind zumeist Anleihensobligationen, die bei (drohender) Insolvenz im Rahmen eines durch die FINMA eingeleiteten Sanierungsverfahrens reduziert oder in Eigenkapital umgewandelt werden können. Hier besteht kein im Voraus definierter Trigger, sondern die FINMA entscheidet über die Wandlung oder Abschreibung. Mit Bail-in-Bonds können die Anforderungen an zusätzlich verlustabsorbierende Mittel erfüllt werden. Diese Anforderungen treffen derzeit einzig systemrelevante Banken. Per Dezember 2024 hatte die UBS rund 100 Milliarden Franken in Bail-in-Bonds ausstehend. Die übrigen systemrelevanten Banken haben rund 4 Milliarden Franken ausstehend.
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Fremdkapitalinstrumente nach Artikel 30 b Absatz 6 BankG beinhalten Schuldinstrumente, die von Kantonalbanken herausgegeben werden. Kantonalbanken kann es von Gesetzes wegen verwehrt sein, klassische Bail-in-Bonds herauszugeben, falls das kantonale Recht keine Beteiligung Dritter an einer Kantonalbank vorsieht.
Systemrelevante Banken müssen die TBTF-Instrumente gemäss aufsichtsrechtlichen Vorgaben (Art. 126 a Abs. 1 Bst. b der Eigenmittelverordnung vom 1. Juni 2012 ⁵ [ERV] i. V. m. Art. 126 a Abs. 1 Bst. d ERV) aus einer Konzernobergesellschaft oder einer ausschliesslich zu diesem Zweck errichteten Gruppengesellschaft mit Sitz in der Schweiz emittieren. Aufgrund des Mittelbedarfs im Vergleich zur Grösse des lokalen Finanzplatzes können bei Weitem nicht sämtliche Mittel bei inländischen Investorinnen und Investoren platziert werden.
² Vgl. auch Glossar in der Botschaft zur Änderung des Verrechnungssteuergesetzes (Too-big-to-fail-Instrumente) vom 28. Oktober 2020.
³ SR 952.0
⁴ BBl 2024 1023
⁵ SR 952.03

1.2 Steuerrechtliche Ausgangslage

Im Steuerrecht bestehen verschiedene Bestimmungen über TBTF-Instrumente:
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Im Rahmen einer Revision des Verrechnungssteuergesetzes vom 13. Oktober 1965 ⁶ (VStG), die per 1. Januar 2013 in Kraft trat, hat das Parlament auf vier Jahre befristete Ausnahmen von der Verrechnungssteuer auf Zinsen aus CoCos und Write-off-Bonds eingeführt (Art. 5 Abs. 1 Bst. g VStG). ⁷ Per 1. Januar 2017 hat das Parlament diese Ausnahmen bis Ende 2021 verlängert und eine auf denselben Zeitpunkt befristete Ausnahme für Bail-in-Bonds aufgenommen (Art. 5 Abs. 1 Bst. i VStG). ⁸ Eine erneute Verlängerung bis 31. Dezember 2026 fand per 1. Januar 2022 statt. ⁹ Zudem weitete das Parlament per 1. Januar 2023 die befristete Ausnahme auch auf Finanzinstrumente gemäss Artikel 30 b Absatz 6 BankG aus. 1⁰ Die Ausnahmen gelten für bis Ende 2026 ausgegebene Instrumente. Diese TBTF-Instrumente stellen bis zu einer allfälligen Wandlung zumeist Obligationen dar, deren Zinszahlungen üblicherweise unter die Verrechnungssteuer fallen würden. Im Interesse der Finanzstabilität bestand ein übergeordnetes Bedürfnis, dass diese Instrumente in der Schweiz ausgegeben werden und schweizerischem Recht unterstehen. Damit Banken die TBTF-Instrumente zu wettbewerbsfähigen Bedingungen aus der Schweiz emittieren können, hat das Parlament den Ausnahmebestimmungen im VStG zugestimmt. Würden nämlich die TBTF-Instrumente der Verrechnungssteuer unterliegen, würde dies die Mittelbeschaffung der Banken enorm erschweren und verteuern. Denn viele internationale Anlegerinnen und Anleger akzeptieren die Verrechnungssteuer nicht und weichen - selbst, wenn sie aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens die Rückerstattung geltend machen können - auf andere Produkte aus, soweit die Verrechnungssteuer nicht durch eine höhere Verzinsung kompensiert wird.
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Seit 1. März 2012 sind im Bundesgesetz vom 27. Juni 1973 1¹ über die Stempelabgaben (StG) die im Krisenfall in Eigenkapital umgewandelten CoCos unbefristet von der Emissionsabgabe ausgenommen (Art. 6 Abs. 1 Bst. l StG). Per 1. Januar 2017 wurde das StG durch eine analoge Ausnahme für Bail-in-Bonds ergänzt (Art. 6 Abs. 1 Bst. m StG). Wie die Ausnahmebestimmungen bei der Verrechnungssteuer sind die Ausnahmebestimmungen im StG notwendig, damit inländische Banken TBTF-Instrumente ohne Wettbewerbsnachteil aus der Schweiz emittieren können. Im Rahmen der Überarbeitung des Bankengesetzes per 1. Januar 2023 wurden primär die Verweise auf das BankG aktualisiert und innerhalb des StG eine möglichst einheitliche Formulierung gewählt. Dadurch konnte Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe m StG aufgehoben werden. ¹2
Die Revisionen der Verrechnungssteuer und der Stempelabgabe stellen sicher, dass Banken TBTF-Instrumente zu wettbewerbsfähigen Bedingungen aus der Schweiz emittieren können. Für diese Instrumente, die bis zu einer allfälligen Wandlung zumeist Obligationen und somit Fremdkapital darstellen, besteht ein erhöhtes volkswirtschaftliches und regulatorisches Interesse, dass die Emission aus der Schweiz und unter schweizerischem Recht erfolgt, weil dies für die Rechtssicherheit eines Bail-in und damit für die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Sanierung einer systemrelevanten Bank von zentraler Bedeutung ist.
⁶ SR 642.21
⁷ AS 2012 5981
⁸ AS 2016 3451
⁹ AS 2021 719
1⁰ AS 2022 732
1¹ SR 641.10
¹2 AS 2022 732

1.3 Handlungsbedarf und Ziele

Die aktuell geltenden Ausnahmebestimmungen für Zinsen aus TBTF-Instrumenten bei der Verrechnungssteuer gelten nicht für ab dem 1. Januar 2027 emittierte TBTF-Instrumente. Zinsen aus TBTF-Instrumenten würden für nach diesem Zeitpunkt emittierte TBTF-Instrumente der Verrechnungssteuer unterliegen. Durch diese Verrechnungssteuerbelastung würde die Platzierbarkeit von TBTF-Instrumenten erschwert (Ziff. 1.2). Es ist angezeigt, die Geltungsdauer der Ausnahme bei der Verrechnungssteuer zu verlängern, um die Rechtssicherheit weiterhin zu gewährleisten. Dadurch bleibt es den Banken möglich, die Anforderungen des TBTF-Regimes zu erfüllen, ohne dass die Kosten dieser Kapitalisierung durch die Verrechnungssteuer zusätzlich erhöht werden.
Bisher wurden die Ausnahmebestimmungen vom Parlament jeweils befristet erteilt, da von einer anstehenden grundsätzlichen Reform der Verrechnungssteuer ausgegangen wurde. Wirtschaftspolitisches Ziel dieser Reform war die Stärkung des Fremdkapitalmarkts. Sämtliche Zinsen auf Obligationen sollten von der Verrechnungssteuer ausgenommen werden.
Mit dem Inkrafttreten jener Reform wäre eine weitere Verlängerung der Sonderregelung bei der Verrechnungssteuer für Zinsen aus TBTF-Instrumenten hinfällig geworden, da wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen für sämtliche Anleihen geschaffen worden wären, so auch für TBTF-Instrumente. In der Volksabstimmung vom 25. September 2022 lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger jedoch die Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer ab.
Der Bundesrat befürwortet in seinem Bericht zur Bankenstabilität eine unbefristete Verlängerung der Ausnahmebestimmungen im VStG (Massnahme 21). Das in diesem Bericht geplante gesetzliche Massnahmenpaket wird indes noch nicht am 1. Januar 2027 in Kraft treten können. Somit würde zwischen dem 1. Januar 2027 und dem Inkrafttreten der gesetzlichen Vorlage des Bundesrates zur Bankenstabilität eine Lücke entstehen.

1.4 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Um das Ziel der Vorlage erreichen zu können, sind keine Alternativen ersichtlich.
Von dieser Vorlage sind ausschliesslich Banken betroffen. Daher erübrigt sich die Frage von möglichen Vereinfachungen für KMU.

1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 24. Januar 2024 zur Legislaturplanung 2023-2027 ¹3 nicht separat angekündigt. Sie ist jedoch Teil der in der Legislaturplanung 2023-2027 aufgeführten Strategie «Politik für einen zukunftsfähigen Finanzplatz Schweiz». Zudem wird in der Legislaturplanung 2023-2027 darauf hingewiesen, dass der Bundesrat spätestens in der Legislaturperiode 2027-2031 die Botschaft zur Änderung des Bankengesetzes, des Finanzmarktaufsichtsgesetzes sowie gegebenenfalls weiterer Erlasse verabschieden wird.
¹3 BBl 2024 525

2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

In der Vernehmlassung vom 21. August bis 21. November 2024 ¹4 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer (Too-big-to-fail-Instrumente) hat der Bundesrat vorgeschlagen, die Ausnahmebestimmungen der TBTF-Instrumente bis zum Inkrafttreten der Änderung des Bankengesetzes (Umsetzung der Massnahmen aus dem Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität), längstens aber bis zum 31. Dezember 2031 zu verlängern.
Die Vernehmlassungsteilnehmenden stehen einer Verlängerung positiv gegenüber. Abgelehnt wird sie einzig von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP).

2.1 Keine Verlängerung der TBTF-Ausnahmebestimmungen

Die SP ist der Ansicht, dass Ende 2026 bereits bekannt sein wird, ob das Parlament der Massnahme 21 des Berichts zur Bankenstabilität (unbefristete Verlängerung der Ausnahmebestimmungen im VStG) zustimmen will oder nicht. Diese Entscheidung werde das Parlament im Lichte sämtlicher Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) fällen. Daher bestehe kein Grund zu einer erneuten überstürzten Vorwegnahme dieser Massnahme. Das Vorgehen wird von der SP als überhastet, schlecht begründet und unnötig erachtet.
Das Vorgehen wurde vom Bundesrat gewählt, um eine allfällige Lücke zwischen dem 1. Januar 2027 und dem Inkrafttreten der gesetzlichen Vorlage des Bundesrates zur Bankenstabilität zu verhindern (siehe entsprechende Ausführungen unter Ziffer 3.1). Was die Beratungen zur Vorlage zur Bankenstabilität ergeben, kann nicht vorhergesagt werden; wartet man deren Resultat ab, könnte eine Lücke entstehen, die auch vom Gesetzgeber allenfalls nicht gewollt ist. Mit der vorgeschlagenen befristeten Verlängerung der Bestimmung wird dem Anliegen der SP aus Sicht des Bundesrates bereits Rechnung getragen.

2.2 Ausweitung der TBTF-Ausnahmebestimmungen auf Bail-in-Bonds von Schweizer Versicherern

Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) wünscht, dass die Versicherungsunternehmen in Bezug auf Bail-in-Instrumente neu auch von den Ausnahmebestimmungen profitieren können und schlägt einen für Versicherungen analogen Gesetzestext vor. Der SVV untermauert diese Forderung u. a. damit, dass die aus seiner Sicht ungleiche Behandlung von Banken und Versicherungsunternehmen in diesem Bereich nicht nachvollziehbar sei, da auch Schweizer Versicherungsunternehmen risikoabsorbierende Instrumente wie Bail-in-Bonds emittieren und diese basierend auf dem revidierten Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 2004 ¹5 und der revidierten Aufsichtsverordnung vom 9. November 2005 ¹6 einer analogen Methodik unterliegen würden.
Es ist richtig, dass Versicherungsunternehmen gleich wie Banken in einer regulierten Branche tätig sind. Allerdings kennt das Versicherungsaufsichtsrecht kein TBTF-Regime und damit auch keine Pflicht, TBTF-Instrumente von der Konzernobergesellschaft auszugeben.
Anders verhält es sich bei Banken. Sie können als systemrelevant eingestuft werden und damit dem TBTF-Regime unterliegen. Ist dies der Fall, kann es zwingend sein, dass die Emission der TBTF-Instrumente über die Konzernobergesellschaft aus der Schweiz heraus erfolgen muss. Dies ist beispielsweise bei Bail-in-Bonds der Fall, deren Emission gemäss Artikel 126 a Absatz 1 Buchstabe b ERV ¹7 aus der Schweiz zu erfolgen hat. Die Banken können somit stärkeren aufsichtsrechtlichen Pflichten unterliegen als Versicherungsunternehmen. Daher ist der Bundesrat der Ansicht, dass es nach wie vor gerechtfertigt ist, dass die Ausnahmebestimmungen für TBTF-Instrumente ausschliesslich auf Banken angewendet werden sollten.
¹5 SR 961.01
¹6 SR 961.011
¹7 SR 952.03

2.3 Steuerliche Qualifikation der TBTF-Instrumente als Darlehen von Aktionären

Centre Patronal schlägt eine zusätzliche Massnahme vor, um die Attraktivität der Zeichnung von TBTF-Instrumenten zu erhöhen.
Centre Patronal regt an, dass Investoren in TBTF-Instrumenten aus steuerlicher Sicht wie Aktionäre zu behandeln und deren Investitionen als Kredite zu betrachten sind, die aufgrund der finanziellen Lage der Emittenten gewährt wurden. Dadurch würden Forderungsverzichte aus der Amortisation von Write-off-Bonds oder Bail-in-Bonds steuerneutral sein. Dies würde verhindern, dass die Gesellschaft steuerpflichtige Gewinne realisiert, die Verluste reduzieren oder die Steuerlast erhöhen könnten.
Das Ziel, dass Schweizer Banken ihre TBTF-Instrumente zu wettbewerbsfähigen Bedingungen emittieren können, um damit die Finanzstabilität sicherzustellen und auch die Rechtssicherheit zu stärken, wird mit den erwähnten Ausnahmebestimmungen im VStG und im StG erreicht. Somit bedarf es aus Sicht des Bundesrates keiner weiteren Massnahme, um die Emission von TBTF-Instrumenten aus der Schweiz attraktiver zu machen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass eine zusätzliche Steuerentlastung der Banken - wie dies von Centre Patronal vorgeschlagen wird - nicht gerechtfertigt ist.
¹4 www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2024 > EFD.

3 Grundzüge der Vorlage

3.1 Die beantragte Neuregelung

Gemäss dem Eckwertentscheid des Bundesrates zur gesetzlichen Umsetzung der Massnahmen des Berichts des Bundesrates zur Bankenstabilität befürwortet der Bundesrat eine unveränderte, aber zeitlich unbefristete Weiterführung der Ausnahmebestimmungen. Der Bundesrat rechnet damit, dass die gesetzliche Vorlage zur Bankenstabilität in der nächsten Legislaturperiode 2027-2031 in Kraft treten wird. Um zu verhindern, dass es zwischen dem 1. Januar 2027 und dem Inkrafttreten dieser Vorlage zu einer Lücke kommt, während derer die Zinsen von dannzumal emittierten TBTF-Instrumenten der Verrechnungssteuer unterlägen, sieht die Neuregelung eine Verlängerung der Ausnahmebestimmungen bis zum 31. Dezember 2031 vor. Die befristete Verlängerung ermöglicht dem Gesetzgeber, diese Massnahme im Kontext des gesamten Massnahmenpakets des Berichts des Bundesrates zur Bankenstabilität abschliessend zu beurteilen.
Inhaltlich bleiben die Ausnahmebestimmungen unverändert.

3.2 Umsetzungsfragen

Die Verlängerung der Ausnahmebestimmungen bedingt keine weitere Konkretisierung (bestehendes Recht).
Der Vollzug der geplanten Regulierung bedarf keiner elektronischen Mittel.
Ziel des Bundesrates ist es, dass die vorliegende Regelung per 1. Januar 2027 in Kraft tritt. Damit ist eine nahtlose Verlängerung sichergestellt.

4 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 5 Abs. 1 Bst. g und Bst. i Ziff. 2
Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben g und i regelt Ausnahmen von der Verrechnungssteuer für Zinsen aus TBTF-Instrumenten. Es wird lediglich die Befristung in den Buchstaben g und i Ziffer 2 angepasst. Materiell ändert sich nichts. So ist insbesondere nach wie vor erforderlich, dass die genannten TBTF-Instrumente von der FINMA genehmigt werden.

5 Auswirkungen

Mit der vorliegenden Neuerung wird lediglich die Geltungsdauer einer bestehenden Ausnahme verlängert. Es ergeben sich daher gegenüber dem geltenden Recht keine Auswirkungen auf Bund, Kantone, Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen, Berggebiete, den Personalbestand oder die Volkswirtschaft.

6 Rechtliche Aspekte

6.1 Verfassungsmässigkeit

Die Bundeskompetenz zur Erhebung einer Verrechnungssteuer auf dem Ertrag beweglichen Kapitalvermögens ist in Artikel 132 Absatz 2 der Bundesverfassung (BV) ¹8 geregelt. Die Anforderungen von Artikel 127 BV gelten auch für die Erhebung der Verrechnungssteuer. Die hier zur Diskussion stehenden Ausnahmen stützen sich auf Artikel 98 Absatz 1 BV für die Regelung des Bank- und Börsenwesens. Die Andersbehandlung der TBTF-Instrumente gegenüber den übrigen Unternehmensobligationen ist Ausfluss der Ausübung der Bundeskompetenz nach Artikel 98 Absatz 1 BV. Die in diesem Rahmen zu treffenden Interessenabwägungen sind sachlich begründet, weil TBTF-Instrumente dazu beitragen, die Stabilität des Finanzmarkts Schweiz zu erhalten (Ziff. 1.1). Die Verlängerung der Ausnahmen ist daher verfassungskonform.
¹8 SR 101

6.2 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Verrechnungssteuergesetzes (Too-big-to-fail-Instrumente)
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