Botschaft zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen)
Botschaft zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen)
vom 20. Juni 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Urheberrechtsgesetzes.
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 20. Juni 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Die öffentliche Kommunikation ist entscheidend für die Demokratie und die Meinungsbildung. Diese Kommunikation verlagert sich zunehmend ins Internet. Anbieter von Online-Diensten nutzen hierbei journalistische Inhalte, ohne dafür zu zahlen, während Medienunternehmen die Produktionskosten tragen. Der Bundesrat anerkennt die Bedeutung von Online-Diensten für die Informationsfreiheit . Die Anbieter solcher Dienste sollen jedoch die Nutzung journalistischer Inhalte vergüten.
Ausgangslage
2019 beauftragte das Parlament den Bundesrat, die Wirksamkeit der Revision des Urheberrechtsgesetzes zu überprüfen und dabei insbesondere die Situation der Verleger und Medienschaffenden zu beurteilen. 2021 legte der Bundesrat den entsprechenden Bericht vor. Darin anerkennt er, dass eine Abgeltung der Leistungen, die die journalistischen Medien erbringen, grundsätzlich berechtigt ist, und er beauftragte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit der Ausarbeitung einer Vorlage.
Inhalt der Vorlage
Die grössten Anbieter von Online-Diensten - das heisst die Anbieter von Diensten, die eine durchschnittliche Zahl von Nutzerinnen und Nutzern von mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung pro Jahr aufweisen - sollen eine Vergütung bezahlen, wenn sie Text- und Bildvorschauen (sogenannte Snippets und Thumbnails) aus journalistischen Veröffentlichungen nutzen. Auf diese Weise sollen die Leistungen der Medienunternehmen abgegolten werden (sog. Leistungsschutzrecht).
Anspruch auf Vergütung haben Medienunternehmen (z. B. Zeitungsverlage) mit Sitz in der Schweiz, die nach in der Branche anerkannten Regeln für die journalistische Praxis arbeiten.
Diese Vergütung wird von einer Verwertungsgesellschaft eingezogen und von ihr an die Begünstigten (Medienunternehmen sowie Journalistinnen und Journalisten) verteilt. Letztere sind am Verwertungserlös angemessen zu beteiligen. Gestützt auf die aktuelle Verteilpraxis kann von einem Lösungsansatz ausgegangen werden, der eine ausgewogene Teilung etwa von der Hälfte zugunsten der Urheberinnen und Urheber vorsieht.
Die kollektive Wahrnehmung über eine Verwertungsgesellschaft ist ein zentrales Element. Sie führt zu einer Reihe positiver Effekte:
Die kollektive Wahrnehmung schliesst aus, dass grosse Anbieter von Online-Diensten mit nur einzelnen grossen Medienunternehmen Vereinbarungen treffen und kleinere und regionale Medienunternehmen schlechtere Bedingungen annehmen müssen oder gar leer ausgehen. Sie ermöglicht eine Branchenlösung, von der alle Medienunternehmen profitieren. Sie ist gleichzeitig kostengünstig und effizient, weil es seitens der Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber nur einen Ansprechpartner gibt. Das System der kollektiven Verwertung ist bereits etabliert und die neue Vergütungslösung kann über die bestehenden Strukturen umgesetzt werden. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand beschränkt sich auf periodische Verhandlungen zur Festsetzung der tariflichen Vergütung und auf das Bezahlen einer jährlichen Rechnung.
Weil die kollektive Wahrnehmung aufgrund gerichtlich durchsetzbarer Tarife erfolgt, reicht als gesetzliche Grundlage ein Vergütungsanspruch. Es braucht kein Verbotsrecht und damit auch keine Ausnahme vom Verbotsrecht für die Nutzung einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge aus einer journalistischen Veröffentlichung. Damit wird dem Informationsbedürfnis der Nutzerinnen und Nutzer besser Rechnung getragen. Bei einer Ausgestaltung als Vergütungsanspruch kann die Nutzung von Snippets nicht verboten werden.
Bei der Festlegung der Entschädigung und bei der Verteilung wird Neuland betreten; es wird bewusst von rein nutzungsbezogenen Kriterien abgewichen. Die Medienunternehmen sollen die hohen Kosten für die Herstellung der journalistischen Inhalte nicht mehr allein tragen müssen. Die Verteilung richtet sich deshalb nach zwei Kriterien: einerseits nach dem durch die Medienunternehmen getätigten Aufwand, insbesondere den Löhnen für die Journalistinnen und Journalisten, und andererseits nach dem Beitrag zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses durch eine eigenständige und regelmässige Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik. Dieser bewusste Bruch mit der rein nutzungsbezogenen Verteilung verhindert, dass die Vergütung primär an durch künstliche Intelligenz generierten Aufmerksamkeitsjournalismus geht statt an diejenigen Medienunternehmen, die demokratierelevante Inhalte veröffentlichen und im öffentlichen Interesse sind. Schliesslich soll das Kriterium der eigenständigen und regelmässigen Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik dafür sorgen, dass auch die wichtigen kleinen Medienunternehmen an der Verteilung teilnehmen können.
Botschaft
1 Ausgangslage
1.1 Handlungsbedarf und Ziele
Anlässlich der Revision des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992 ¹ (URG) im Jahr 2019 wurde eine rechtliche Regelung zum Schutz von Medieninhalten nach dem Vorbild der EU gefordert. Das Parlament verzichtete zum damaligen Zeitpunkt darauf, weil unklar war, ob die EU-Regelung zielführend ist und wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Mit dem Postulat 19.3421 «Revision des Urheberrechtsgesetzes. Überprüfung der Wirksamkeit» der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) beauftragte das Parlament den Bundesrat, in einem Bericht die Wirksamkeit der Revision unter Berücksichtigung der Entwicklung des einschlägigen Rechts auf europäischer Ebene - und mit Fokus auf die Situation der Verleger und Medienschaffenden - zu überprüfen. In seinem Bericht vom 17. Dezember 2021 ² anerkannte der Bundesrat, dass eine Abgeltung der Leistungen der Medienunternehmen grundsätzlich berechtigt ist, und beauftragte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit der Ausarbeitung einer Vernehmlassungsvorlage.
Die Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) identifizierte kein eigentliches Marktversagen im betroffenen Markt, das staatliches Handeln bedingen würde. Sie stellte aber fest, dass beim Wettbewerb um Werbeeinnahmen ebendiese Werbeeinnahmen in einem Ausmass zu den Anbietern von Online-Diensten fliessen, das den Weiterbestand des Schweizer Medienplatzes gefährdet. Der Bundesrat erachtet eine funktionierende Schweizer Medienlandschaft als wesentlich für die Schweizer Demokratie und anerkennt damit einen Regulierungsbedarf. Gemäss RFA liegt hier ein zweiseitiger Markt vor: auf der einen Seite geht es um Reichweite (Snippets), auf der anderen um die Monetarisierung dieser Reichweite (Werbeeinnahmen). Aus Praktikabilitätsgründen knüpft die Regelung wie bei der EU am Snippet an, auch wenn die Gefährdung im Bereich der Monetarisierung liegt und nicht bei der Reichweite an sich.
An dieser Einschätzung ändern auch die Vereinbarungen nichts, die Google gegen Ende 2024 mit einzelnen Medienunternehmen geschlossen hat. ³ Diese Vereinbarungen sehen keine generelle Vergütung für die Nutzung von Snippets aus journalistischen Veröffentlichungen vor, sondern betreffen lediglich das Zugänglichmachen einzelner Artikel der Medienunternehmen über ein neues Angebot eines einzelnen Anbieters von Online-Diensten (Google News Showcase). Sie machen die Einführung eines Leistungsschutzrechts nicht verzichtbar.
¹ SR 231.1
² Bericht des Bundesrates vom 17. Dez. 2021 «Revision des Urheberrechtsgesetzes. Überprüfung der Wirksamkeit» in Erfüllung des Postulats 19.3421 WBK-S. Kann abgerufen werden unter: www.parlament.ch > 19.3421 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses (Stand: 2.9.2024).
³
https://blog.google
> Product news > Google news > news-showcase-is-launching-in-switzerland (Stand: 6.2.2025)
1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung
1.2.1 Regulierungsbedarf und systematische Einordnung
Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit der Parteien wäre eine Branchenlösung (Best Practices) an sich denkbar. Die Medienunternehmen und die Anbieter der Online-Dienste sind aufeinander angewiesen: Ohne journalistische Medien gäbe es keine Inhalte, auf die verwiesen werden könnte, und ohne Online-Dienste würden die journalistischen Veröffentlichungen weniger häufig gefunden. ⁴ Allerdings zeigen die Erfahrungen in der EU, dass die Anbieter der Online-Dienste keine Notwendigkeit für eine Branchenlösung sehen.
Die EU hat daher in Artikel 15 der DSM-Richtlinie ⁵ einen Schutz journalistischer Veröffentlichungen im Hinblick auf die Online-Nutzung geschaffen. Dabei ist sie im Bereich der dem Urheberrecht verwandten Schutzrechte gesetzgeberisch tätig geworden (vgl. auch Kap. 3). Die weitgehende internationale Harmonisierung im Urheberrecht spricht auch in der Schweiz für die Schaffung eines verwandten Schutzrechts. Ziel der Regelung ist es, die Leistung der Medienunternehmen - die Herstellung der journalistischen Veröffentlichung - zu vergüten. Diese Leistung besteht darin, dass sie lokale, nationale und internationale Nachrichten bereitstellen und gesamtgesellschaftliche Vorgänge beobachten, analysieren und bewerten. Sie reduzieren Komplexität und ermöglichen Orientierung. ⁶ Der Investitionsschutz gehört nicht zum Kern des Urheberrechts. Vielmehr besteht die Schutzfähigkeit eines Werks in der Regel unabhängig davon, was die Urheberin oder der Urheber an finanziellen und zeitlichen Ressourcen investiert hat. ⁷ Bereits heute werden aber auch Investitionen, die einen engen sachlichen Bezug zum Urheberrecht aufweisen, über sogenannte verwandte Schutzrechte im Urheberrechtsgesetz geschützt. Die bestehende Sachnähe zwischen dem Schutz von journalistischen Veröffentlichungen und dem Schutz von journalistischen Beiträgen als Werken spricht daher für eine Regelung im Urheberrechtsgesetz.
Geprüft und verworfen wurde die Möglichkeit einer gesetzgeberischen Intervention im Bereich des Kartellrechts (Kartellgesetz vom 6. Oktober 1995 ⁸ , KG) oder des Lauterkeitsrechtsrechts (Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 ⁹ gegen den unlauteren Wettbewerb). Das Schweizer Kartellrecht kennt weder sektor- noch branchenspezifische Regelungen. Sie würden dem Gesetzeszweck, den wirksamen Wettbewerb zu sichern und zu fördern, denn auch widersprechen. Unter dem wirksamen Wettbewerb versteht der Gesetzgeber einen vielgestaltigen, dynamischen Prozess, was den weitgehenden Verzicht auf eine instrumentalistisch ausgerichtete Wettbewerbspolitik impliziert. 1⁰ In diesem Sinn genügen die geltenden kartellrechtlichen Instrumente, insbesondere die Regelungen zu Wettbewerbsabreden sowie die Bestimmungen betreffend den Missbrauch einer marktbeherrschenden (und seit 1. Jan. 2022 auch einer sog. relativ marktmächtigen) Stellung, um allfälligen Beeinträchtigungen des wirksamen Wettbewerbs in sämtlichen Wirtschaftssektoren und -branchen zu begegnen. Das geltende Schweizer Lauterkeitsrecht kennt keinen Tatbestand, dessen Lauterkeit einzig von der Bezahlung bzw. Nichtbezahlung einer Leistung im Einzelfall abhängig gemacht wird. Ausserdem ist der Branchenschutz dem Lauterkeitsrecht grundsätzlich fremd. Ein detaillierter und auf den Einzelfall zugeschnittener Verlegerleistungsschutz im Kartell- oder Lauterkeitsrecht würde einen kaum zu rechtfertigenden Systembruch darstellen.
In diesem Zusammenhang wurde ferner der Vorschlag diskutiert, auf eine urheberrechtliche Regelung zu verzichten, den Medienunternehmen jedoch zu erlauben, unter gewissen Bedingungen Wettbewerbsabreden zu treffen. Dieser Vorschlag ist nicht zielführend. Zwar kann der Bundesrat aufgrund überwiegender öffentlicher Interessen ausnahmsweise (gemäss Kartellgesetz eigentlich unzulässige) Wettbewerbsabreden zulassen, wenn erstens andere Interessen höher zu gewichten sind als Wettbewerbsinteressen und zweitens die betreffende Wettbewerbsbeschränkung zur Verwirklichung jener öffentlichen Interessen notwendig ist (Art. 8 KG). Wie sich bereits aus der gesetzlichen Bestimmung ergibt, setzt eine solche bundesrätliche Zulassung ein vorgehendes kartellverwaltungsrechtliches Verfahren der Wettbewerbskommission oder ein kartellzivilrechtliches Verfahren vor einem Gericht voraus, das mit der Feststellung eines kartellrechtlich unzulässigen Verhaltens der Beteiligten (und späteren Antragssteller vor dem Bundesrat) endete. Die nachfolgende ausnahmsweise Zulassung durch den Bundesrat muss überdies zwingend zeitlich befristet erlassen werden (Art. 8 i. V. m. Art. 31 Abs. 3 KG), da sie der Gesetzgeber nur als Überbrückungsmassnahme bis zum Vorliegen einer gesetzgeberischen Lösung der betreffenden Frage versteht. Eine kartellrechtliche Ausnahmeregelung gestützt auf Artikel 8 KG bildet damit keine Alternative zu einem gesetzgeberischen Tätigwerden.
Ebenfalls verworfen wurde eine Regelung im öffentlichen Medienrecht. Regelungsziele des öffentlichen Medienrechts sind etwa die Gewährleistung des medialen Service public, die Einhaltung gewisser programmrechtlicher Mindeststandards, die Sicherung der Meinungs- und Angebotsvielfalt und der Schutz der Mediennutzerinnen und Mediennutzer inkl. Jugendschutz. Im Bundesgesetz vom 24. März 2006 1¹ über Radio und Fernsehen, das bisher das einzige Spezialgesetz zur Medienregulierung ist, wäre der Schutz von Medienunternehmen und von Medienschaffenden, der beim Leistungsschutzrecht im Fokus steht, angesichts dieser Regelungsziele ein Fremdkörper. Die Schaffung eines eigenen Gesetzes zugunsten von Medienunternehmen und Medienschaffenden erscheint als unverhältnismässig. Überdies ist zweifelhaft, ob Artikel 93 der Bundesverfassung (BV) ¹2 , der keine Regulierungskompetenz hinsichtlich der Presse statuiert, eine genügende Grundlage für die medienrechtliche Regulierung eines technologieneutralen Leistungsschutzrechts wäre.
Aus der Betrachtung der möglichen Alternativen ergibt sich, dass der Schutz von journalistischen Veröffentlichungen am sinnvollsten im Urheberrechtsgesetz anzusiedeln ist.
⁴ Bericht des Bundesrates vom 17. Dez. 2021 «Revision des Urheberrechtsgesetzes. Überprüfung der Wirksamkeit» in Erfüllung des Postulats 19.3421 WBK-S, S. 27.
⁵ Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92.
⁶ Jarren, Otfried / Fischer, Renate (2021): Die Plattformisierung von Öffentlichkeit und der Relevanzverlust des Journalismus als demokratische Herausforderung, in: Seeliger, Martin / Sevignani, Sebastian (Hrsg.): Ein neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit? Baden-Baden: Nomos, 365-382, S. 367.
⁷ Hilty, Reto M. (2020): Urheberrecht, 2. Aufl. Bern: Stämpfli, S. 59.
⁸ SR 251
⁹ SR 241
1⁰ BBl 1995 I 468 S. 512 und 513
1¹ SR 784.40
¹2 SR 101
1.2.2 Ausgestaltung im Urheberrecht
In der Regel sind Urheberrechte ausschliessliche Rechte. Sie verschaffen den Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern rechtlich geschützte Herrschaft über einen bestimmten Gegenstand, die von jedermann zu respektieren ist. Sie erlauben eine marktwirtschaftliche Verwertung der Werke bzw. der Leistungen. Diesen Ansatz hat die EU für den Schutz der Medienunternehmen gewählt.
Die Erfahrungen mit dem Leistungsschutzrecht u. a. in Deutschland und Frankreich deuten allerdings auf mögliche Nachteile eines urheberrechtlichen Ansatzes hin. ¹3 Bei der individuellen Verwertung eines ausschliesslichen Rechts sind die Berechtigten darauf angewiesen, mit den Anbietern der Online-Dienste Verträge zu schliessen. Die Anbieter können mit Blick auf die Vertragsfreiheit nicht dazu gezwungen werden, solche Verträge abzuschliessen. Es ist daher weder absehbar, mit wie vielen und mit welchen Medienunternehmen sie Verträge schliessen würden, noch, ob kleinere Medienunternehmen überhaupt in der Lage wären, ausschliessliche Rechte wie angedacht zu verwerten. Die Vertragsfreiheit umfasst neben der Abschlussfreiheit zudem die Freiheit, den Inhalt von Verträgen innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festzulegen. Das schliesst die Möglichkeit von Gratislizenzen ein, bei denen eine Nutzung journalistischer Inhalte ohne Gegenleistung erlaubt wird. Dies war mitunter ein Grund, weshalb das 2013 in Deutschland eingeführte Leistungsschutzrecht für Presseverleger wirkungslos blieb: Nach der Weigerung einer Suchmaschine mit Nachrichtenaggregator, Lizenzen für die Nutzung journalistischer Inhalte zu bezahlen, erteilten die journalistischen Medien Gratislizenzen, damit ihre Inhalte weiterhin in den Trefferlisten erscheinen. Auch hinsichtlich der Inhaltsfreiheit ist daher keineswegs gesichert, dass ein individuell zu verwertendes ausschliessliches Recht eine angemessene Vergütung schafft. Die Möglichkeit, Gratislizenzen zu erteilen, würde dem Ziel zuwiderlaufen, eine wirksame Vergütung für die neue digitale Nutzung journalistischer Inhalte zu erreichen.
Der Bundesrat hat sich deshalb für einen durch die Verwertungsgesellschaften kollektiv wahrzunehmenden Vergütungsanspruch ausgesprochen. Dafür kann auf das etablierte System der kollektiven Verwertung durch Verwertungsgesellschaften zurückgegriffen werden.
Auch mit dem gewählten kollektiven Ansatz kann allerdings weder ausgeschlossen noch verhindert werden, dass die Anbieter der Online-Dienste als Folge des Vergütungsanspruchs gewisse Informationsdienste abschalten oder auf die Anzeige von kurzen Text- oder Bildvorschauen (Snippets oder Thumbnails) aus journalistischen Veröffentlichungen verzichten.
¹3 Bericht des Bundesrates vom 17. Dezember 2021 «Revision des Urheberrechtsgesetzes. Überprüfung der Wirksamkeit» in Erfüllung des Postulats 19.3421 WBK-S, S. 27.
1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ¹4 zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ¹5 über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigt.
Da die Vorlage für den Bund nur einen vernachlässigbaren Mehraufwand mit sich bringt (vgl. Kap. 6.1), ist sie in der Finanzplanung nicht enthalten.
¹4 BBl 2024 525
¹5 BBl 2024 1440
2 Vernehmlassungsverfahren
2.1 Vernehmlassungsvorlage
Der Vorentwurf sieht vor, dass grosse Anbieter von Online-Diensten den Medienunternehmen für die Nutzung von Snippets künftig eine Vergütung entrichten müssen. Vergütungspflichtig sind Anbieter von Online-Diensten, die eine durchschnittliche Zahl von Nutzerinnen und Nutzern von mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung pro Jahr aufweisen. Die Verwertung der Rechte an den Medieninhalten erfolgt kollektiv über eine Verwertungsgesellschaft.
2.2 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Das Vernehmlassungsverfahren wurde, nach Durchführung einer Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) ¹6 , am 24. Mai 2023 eröffnet und endete am 15. September 2023. Die Kantone wurden mit Schreiben vom 24. Mai 2023 über die Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens informiert und zur Stellungnahme eingeladen. ¹7 Der Bericht des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens ist auf der Publikationsplattform des Bundesrechts ¹8 und der Website des IGE ¹9 veröffentlicht. Insgesamt gingen 115 Stellungnahmen ein, wobei Antworten von Medienunternehmen, Journalistenvereinigungen und anderen Interessenvertretern der Medienwirtschaft (etwa Gewerkschaften, Werbeagenturen oder Verlegerverbände) den grössten Anteil ausmachen. Die Vernehmlassung zeigt, dass die Einführung eines Leistungsschutzes für Medienunternehmen zwar aus verschiedenen Gründen im Grundsatz umstritten ist. Die konkrete Ausgestaltung der Vorlage und der vorgeschlagene Lösungsansatz werden gleichzeitig tendenziell begrüsst.
¹6 Swiss Economics SE AG (Hrsg.) (2022): Einführung eines rechtlichen Schutzes für journalistische Inhalte im Internet. Schlussbericht. Zürich. Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 2.9.2024).
¹7 Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 2.9.2024).
¹8 Kann abgerufen werden unter:
www.fedlex.admin.ch
> Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023 > EJPD (Stand: 2.9.2024).
¹9 Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 2.9.2024).
2.3 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen. Als Kernargument zugunsten der Regelung wird angeführt, dass Online-Dienste durch das Zugänglichmachen von Teilen ohne individuellen Charakter aus journalistischen Veröffentlichungen auf Kosten der Journalistinnen und Journalisten sowie der Medienunternehmen Gewinn erwirtschaften würden. Entsprechend wird ein Ausgleich in Gestalt eines Leistungsschutzrechts im Urheberrecht als geboten erachtet. Medienunternehmen und Anbieter von Online-Diensten sind Akteure in einem zweiseitigen Markt: Einerseits bieten Medienunternehmen den Konsumentinnen und Konsumenten journalistische Veröffentlichungen an. Andererseits verkaufen sie den Werbetreibenden digitale Werbeflächen. Die Anbieter der Online-Dienste stehen sowohl den Konsumentinnen und Konsumenten als auch den Werbetreibenden gegenüber. Im Gegensatz zu den Medienunternehmen bieten sie den Konsumentinnen und Konsumenten aber keine eigens produzierten Inhalte an, sondern unter anderem Snippets journalistischer Veröffentlichungen. Durch dieses Angebot steigern Online-Dienste ihre Attraktivität auf dem Online-Werbemarkt, wo im Rahmen der RFA ein potenzielles Marktversagen festgestellt wurde. Allerdings sind dafür nicht Snippets verantwortlich. Vielmehr beruht dies auf der technologischen Versiertheit der Internetkonzerne in der Schaltung nutzerspezifischer Werbung oder auf der starken Marktstellung dieser Konzerne. 2⁰ Für den mit der Regelung bezweckten Ausgleich müssen die Auswirkungen auf beiden Marktseiten berücksichtigt werden. Snippets präsentieren sich aus Sicht etlicher Vernehmlassungsteilnehmer als möglicher Anknüpfungspunkt für eine Regelung, selbst wenn mit Bezug auf Snippets selbst kein Marktversagen festzustellen ist. Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden erachtet den Regelungsansatz des Vorentwurfs als geeignet, betont aber, dass eine Anpassung des Urheberrechts nicht ausreicht, um die strukturellen Probleme der Medienbranche zu beheben.
Die Notwendigkeit, das Urheberrecht um einen Leistungsschutz für Medienunternehmen zu ergänzen, wird in der Tendenz zwar anerkannt, jedoch aus unterschiedlichen Gründen kritisch gewürdigt. Das Kernargument des «Ausgleichs» wird mit der Begründung angezweifelt, dass Medienunternehmen von der Reichweite grosser Online-Dienste profitieren würden, etwa durch monetarisierbaren Traffic auf ihren Webseiten. Es bestehe eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Medienunternehmen und Online-Diensten. Die angebliche Gewinnerwirtschaftung auf Kosten der Medienunternehmen wird somit stark angezweifelt. Diese Begründung werde auch durch die RFA gestützt. Es wird weiter befürchtet, dass als Reaktion auf eine allfällige Vergütungspflicht eine Auslistung journalistischer Inhalte aus Suchergebnissen erfolgen könnte und die Vorlage somit negative Auswirkungen auf die Informationsfreiheit hätte. Eine allfällige Auslistung journalistischer Veröffentlichungen beziehungsweise auszugsweiser Vorschauen (Snippets und Thumbnails) aus Suchergebnissen würde die Wirksamkeit des Vergütungsanspruchs in Frage stellen und hätte potenziell negative Auswirkungen auf die Verbreitung demokratierelevanter Informationen in der Bevölkerung. Schliesslich wird auch kritisiert, dass die RFA keine präzisen Angaben zu den zu erwartenden Einnahmen machen konnte und die Eignung der vorgeschlagenen Lösung unklar ist. Diesen Einwänden soll mit einer Review-Klausel Rechnung getragen werden. Befürchtungen werden ferner dahingehend geäussert, dass die neue Regelung Anreize für Sensationsjournalismus schaffen könnte. Diesen Befürchtungen wird insbesondere mit den gewählten Verteilkriterien begegnet. Sie richten sich bewusst nicht nach der Reichweite, sondern einerseits nach dem Aufwand, den die Medienunternehmen für die journalistische Veröffentlichung getätigt haben, und andererseits nach dem Beitrag in der Form einer eigenständigen und regelmässigen Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik, den die journalistischen Veröffentlichungen zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses leisten (vgl. Kap. 4). Damit ist die Vergütung unabhängig von der Anzahl Klicks und fördert entsprechend auch kein «Clickbaiting», bei dem mit reisserischen Inhalten mehr Klicks generiert werden sollen.
Die im Vorentwurf vorgeschlagene Umsetzung stösst auf überwiegend positive Resonanz. Die Stossrichtung und Ausgestaltung der Vorlage ist grundsätzlich anerkannt. Insbesondere die Einführung eines Vergütungsanspruchs der Medienunternehmen (anstelle eines wie in der EU verankerten Verbotsrechts, vgl. Kap. 3), dessen Geltendmachung durch eine Verwertungsgesellschaft erfolgt, sowie der Anspruch auf eine angemessene Beteiligung der Journalistinnen und Journalisten werden begrüsst. Aus rechtswissenschaftlicher Sicht wird die Platzierung des Vergütungsanspruchs im dritten Titel «Verwandte Schutzrechte» des Urheberrechtsgesetzes hinterfragt. Da Medienunternehmen jedoch unter anderem die Redaktion, den Vertrieb oder das Marketing journalistischer Beiträge wahrnehmen, handelt es sich um persönliche und unternehmerische Leistungen, die einen engen Bezug zum Werkschaffen aufweisen. Medienunternehmen vermitteln Werke an das Publikum und erbringen somit Leistungen, die charakteristisch für verwandte Schutzrechte sind (vgl. Kap. 5, Bemerkungen zu Art. 1 Abs. 1 Bst. b). Das Leistungsschutzrecht soll nur für Medienunternehmen mit Sitz in der Schweiz gelten. Der Vorentwurf enthielt einen Gegenrechtsvorbehalt, wonach auch ausländische Medienunternehmen Anspruch auf eine Vergütung hätten, wenn das Land, in dem sie ihren Sitz haben, den schweizerischen Medienunternehmen für vergleichbare Nutzungen ebenfalls einen finanziellen Anspruch gewährt (materielle Reziprozität). Diese Regelung fand in der Vernehmlassung keine Unterstützung 2¹ und wurde deshalb nicht beibehalten. Ein Gegenrechtsvorbehalt wäre zudem nicht vom öffentlichen Interesse am Erhalt einer schweizerischen Medienlandschaft erfasst.
Als nicht mehrheitsfähig erwies sich zurzeit der Vernehmlassung eine Ergänzung der Vorlage um einen Vergütungsanspruch für die Nutzung journalistischer Inhalte durch Anwendungen künstlicher Intelligenz (KI). Auf eine Regulierung der urheberrechtlichen Aspekte von KI wurde daher im vorliegenden Gesetzesentwurf verzichtet. Die Nutzung von KI ist Gegenstand der Motion Gössi «Besserer Schutz des geistigen Eigentums vor KI-Missbrauch», die der Bundesrat zur Annahme empfohlen hat. Mit der Umsetzung der Motion sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, die Nutzung von KI bei der parlamentarischen Beratung des vorliegenden Entwurfs berücksichtigen zu können.
2⁰ Swiss Economics SE AG (Hrsg.) (2022): Einführung eines rechtlichen Schutzes für journalistische Inhalte im Internet. Schlussbericht. Zürich, S. 39 ff. Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 3.9.2024).
2¹ Vgl. dazu den Bericht des IGE vom 26. Juni 2024 über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens, Ziff. 3.2.4. Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 3.9.2024).
2.4 Diverse Anliegen
Die Vernehmlassungsteilnehmenden äussern in ihren Stellungnahmen zahlreiche weitere Anliegen. 2² Insbesondere fordern verschiedene Interessentinnen und Interessenten, dass Massnahmen zur Medienförderung und zur Regulierung grosser Medienunternehmen und Plattformen ergriffen werden. Zudem sollen Änderungen bei der Besteuerung von grossen Online-Diensten vorgenommen werden. Diese Anliegen sind einerseits nicht urheberrechtlicher Natur und andererseits umstritten. Sie wurden deshalb nicht in die Vorlage aufgenommen.
Ebenfalls nicht aufgenommen wurde die Forderung, anstelle eines Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen einen Vergütungsanspruch für Urheberinnen und Urheber von journalistischen Werken einzuführen.
Schliesslich wurde in der Vernehmlassung die Forderung gestellt, den Einleitungssatz von Artikel 19 Absatz 3 URG neu zu fassen: «Für die interne Information oder Dokumentation nach Absatz 1 Buchstabe c sind nicht zulässig:». Mit dieser Anpassung würden alle schulischen Nutzungen von den Einschränkungen in Absatz 3 befreit. Für eine solche Anpassung spricht der Umstand, dass sich die Einschränkungen in Absatz 3 im schulischen Kontext nicht bewährt haben und der geltende gemeinsame Tarif der Verwertungsgesellschaften für die schulische Nutzung (GT 7) über den gesetzlichen Rahmen hinaus weitere Nutzungen erfasst. Gleichzeitig würde die Anpassung der technischen Entwicklung Rechnung tragen und für schulische Zwecke einen Betrieb von Online-Mediatheken ermöglichen. Unter dem heutigen Recht sind lediglich der Verleih physischer Datenträger und ein auszugsweises Zugänglichmachen über das Schulintranet möglich. Gleichzeitig besteht aber die Befürchtung, dass die geforderte Ausdehnung eine überschiessende Wirkung entfaltet. Sie könnte in einer Weise in die Verwertung der fraglichen Werke durch Lehrmittelverlage und Wissenschaftsverlage eingreifen, die mit internationalen Verpflichtungen kaum vereinbar wäre. Ausschlaggebend für eine Nichtaufnahme in die Vorlage war letztlich der Umstand, dass die Anpassung der Schulschranke nicht Teil des Vorentwurfs war. Die Vernehmlassungsteilnehmenden konnten sich nicht dazu äussern. Dies nachzuholen, würde das Geschäft ungebührlich verzögern, weshalb das Anliegen im vorliegenden Rahmen nicht aufgenommen wurde.
2² Vgl. dazu den Bericht des IGE vom 26. Juni 2024 über das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens, Ziff. 3.4. Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 3.9.2024).
3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht
3.1 Europäische Union
Die EU hat 2019 mit dem Schutz von Presseveröffentlichungen im Hinblick auf die Online-Nutzung (Art. 15 der DSM-Richtlinie ²3 ) ein ausschliessliches Recht für Presseverlage geschaffen. Damit hat sie im Bereich der mit dem Urheberrecht verwandten Schutzrechte legiferiert. Den Mitgliedstaaten wurde eine Umsetzungsfrist bis zum 7. Juni 2021 gewährt, um Bestimmungen in Kraft zu setzen, durch welche die Presseverlage mit Sitz in einem Mitgliedstaat die Rechte für die Online-Nutzung ihrer Presseveröffentlichungen durch Online-Dienste erhalten, die in Artikel 2 (Vervielfältigungsrecht) und Artikel 3 Absatz 2 (Recht der öffentlichen Wiedergabe) der Urheberrechtsrichtlinie ²4 genannt sind. Die private oder nicht-kommerzielle Nutzung von Presseveröffentlichungen durch einzelne Nutzerinnen und Nutzer, das Setzen von Hyperlinks und die Zugänglichmachung einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge aus einer Presseveröffentlichung sind von der Regelung ausgenommen. Die Umsetzungsfrist wurde grossmehrheitlich nicht eingehalten. Als letzter Staat setzte Bulgarien die DSM-Richtline im Dezember 2023 um.
Die DSM-Richtlinie sieht vor, die Urheberinnen und Urheber an den aus der Online-Nutzung erzielten Einnahmen der Presseverlage angemessen zu beteiligen. Zur Höhe der Beteiligung und darüber, ob das Recht individuell oder kollektiv wahrzunehmen ist, enthält die Richtlinie keine Vorgaben. Gleiches gilt für den konkreten Umfang der von der Entgeltpflicht ausgenommenen Snippets.
Es überrascht deshalb nicht, dass sich die Art der Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten in diesen Punkten unterscheidet. Zum Beispiel sind nach deutschem Recht ²5 die Urheberinnen und Urheber sowie die Inhaberinnen und Inhaber von Rechten an anderen Schutzgegenständen an den Einnahmen der Presseverleger mindestens zu einem Drittel zu beteiligen. Zum Nachteil der Beteiligungsberechtigten kann nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel oder einem Tarifvertrag beruht. Das deutsche Urheberrechtsgesetz sieht zudem vor, dass dieser Beteiligungsanspruch nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann (zwingende kollektive Verwertung). In Italien wurde die Beteiligung der Urheberinnen und Urheber auf 2-5 Prozent der Vergütung festgelegt, welche die Presseverleger erhalten. ²6 Keine Mindestbeteiligung der Urheberinnen und Urheber sieht das französische Recht vor. ²7
Die Lösung der EU dient zwar als Vorbild, der schweizerische Entwurf setzt aber eigene Akzente. Wie in der EU wird ein Leistungsschutzrecht mit einer Schutzdauer von zwei Jahren geschaffen: Die Medienunternehmen (vgl. zur von der EU abweichenden Begrifflichkeit in Kap. 5 die Bemerkungen zu Art. 1 Abs. 1 Bst. b) erhalten eine Vergütung für ihre Tätigkeit und die Journalistinnen und Journalisten werden an den entsprechenden Einnahmen beteiligt. Im Gegensatz zur EU wird aber kein Verbotsrecht, sondern ein Vergütungsanspruch geschaffen, von dem ausschliesslich Online-Dienste erfasst sind, die jährlich von mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung genutzt werden. ²8 Nach den aktuellen Kennzahlen wären von der Regelung Online-Dienste wie Google, LinkedIn, Tiktok, X (ehemals Twitter), Xing und YouTube erfasst. ²9 Der Bundesrat erachtet diese Abweichung aus mehreren Gründen als sinnvoll: Im Interesse der Informationsfreiheit kann das Zugänglichmachen von Snippets mit einem reinen Vergütungsanspruch nicht verboten werden. Des Weiteren wird durch die kollektive Wahrnehmung des Vergütungsanspruchs durch zugelassene Verwertungsgesellschaften sichergestellt, dass auch kleinere, regional ausgerichtete Medienunternehmen und die Journalistinnen und Journalisten von der Regelung profitieren. Die Anbieter der Online-Dienste haben keine Möglichkeit, Verträge nur mit einzelnen, grossen Medienunternehmen zu schliessen. Gleichzeitig hat dies für die Anbieter den Vorteil, dass sie nur mit der zuständigen Verwertungsgesellschaft in Kontakt treten und nicht mit zahlreichen Medienunternehmen verhandeln müssen, was schliesslich ihre Transaktionskosten senkt. Die Ausgestaltung als Vergütungsanspruch verhindert zudem, dass Medienunternehmen Gratislizenzen für das Zugänglichmachen von Snippets abschliessen, was dem Sinn und Zweck des Schutzes entgegenlaufen würde. Ferner vermeidet die Beschränkung auf Online-Dienste mit einer sehr grossen Nutzerzahl Markteintrittsbarrieren für neue, innovative Dienste. Nicht zuletzt sichern das mit der Ausgestaltung als Vergütungsanspruch einhergehende Inkasso und die anschliessende Verteilung durch eine Verwertungsgesellschaft die Ausscheidung und Verteilung des Anteils der Journalistinnen und Journalisten.
²3 Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG, ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92.
²4 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10.
²5 Gesetz vom 9. Sept. 1965 über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz), BGBl. I S. 1273, das zuletzt durch Art. 25 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858) geändert worden ist.
²6 Legge 22.4.1941, n. 633, Protezione del diritto d’autore e di altri diritti connessi al suo esercizio (041U0633), Art. 43bis.
²7 Code de la propriété intellectuelle du 1.7.1992, Art. L218-4.
²8 https://de.statista.com > Statistik > Internet > Demographie & Nutzung > Internetnutzung in der Schweiz > Anteil der Internetnutzer in der Schweiz bis 2023 (Stand: 15.7.2024)
²9 Kann abgerufen werden unter:
https://gs.statcounter.com
> Search Market Share > Switzerland (Stand: 15.7.2024); https://de.statista.com > Statistik > Internet > Demografie & Nutzung > Internetnutzung in der Schweiz > Anteil der Internetnutzer in der Schweiz bis 2023 (Stand: 15.7.2024); https://de.statista.com > Statistik > Internet > Social Media > Social Media in der Schweiz > Nutzungshäufigkeit von Xing und LinkedIn in der Schweiz 2022 (Stand: 15.7.2024); https://de.statista.com > Statistik > Internet > Social Media > Social Media in der Schweiz > Meistgenutzte Soziale Medien in der Schweiz 2023 (Stand: 15.7.2024);
https://de.statista.com
> Statistik > Internet > Streaming > Video-Streaming in der Schweiz > Umfrage zur Nutzung von Video-Streaming-Plattformen in der Schweiz 2021 bis 2023 (Stand: 15.7.2024).
3.2 Australien, Neuseeland und Kanada
Mit der angemessenen Vergütung der journalistischen Medien befasst sich auch der am 25. Februar 2021 verabschiedete und am 2. März 2021 in Kraft getretene australische «News Media Bargaining Code (NMBC)» 3⁰ . Nach Aussage der australischen Wettbewerbs- und Verbraucherkommission findet der Kodex - und damit beispielsweise die Durchführung eines vorgeschriebenen Schlichtungsverfahrens im Fall einer fehlenden Einigung - auf Facebook und Google keine Anwendung, solange diese weiterhin eigene Vereinbarungen mit genügend journalistischen Medien in Australien treffen. Der NMBC fungiert somit als eine Auffanggesetzgebung, falls die Anbieter von Online-Diensten die Vergütungen nicht privatwirtschaftlich regeln. Eine ausdrückliche Zahlungsverpflichtung enthält der NMBC nicht. Vielmehr müssen die Anbieter der Online-Dienste auf Antrag der Medienunternehmen mit diesen Verhandlungen über die zu leistende Vergütung aufnehmen. Wenn sich die Parteien nicht einigen können, findet ein Schlichtungsverfahren statt. Ausnahmen, etwa für die unentgeltliche Verbreitung einzelner Wörter oder Snippets, sieht der NMBC ebenso wenig vor wie eine Beteiligung der Journalistinnen und Journalisten. Als Reaktion auf den geplanten NMBC verzichtete Facebook in Australien zunächst auf das Verbreiten von News. In der Folge wurden am NMBC Anpassungen vorgenommen, die den Anbietern von Online-Diensten und den Medienunternehmen mehr Flexibilität einräumen. Zwar hatten Google und Facebook mit einer Reihe von Medienunternehmen Vereinbarungen über die Lizenzierung von journalistischen Inhalten getroffen. Allerdings hat Facebook Anfang 2024 gemäss Medienberichten beschlossen, Zahlungen an die Medienunternehmen zu unterbinden und keine neuen Vereinbarungen zu schliessen. Der NMBC diente als Vorlage für ähnliche Regulierungen, etwa in Neuseeland oder Kanada. Der kanadische «Online News Act» 3¹ wurde im Juni 2023 verabschiedet und trat im Dezember 2023 in Kraft. Facebook hat als Reaktion darauf die Nachrichtenangebote auf seinen Plattformen ausgesetzt.
Die australische Lösung setzt auf die Verpflichtung zur Aufnahme von Vertragsverhandlungen; das heisst, kleinere Verlage sind in einer schwächeren Position. Der NMBC sieht zudem keine Beteiligung der Journalistinnen und Journalisten vor. Mit einer Orientierung am australischen Ansatz würden deshalb die Ziele des Bundesrates verfehlt. Zudem löst dieser Ansatz bei den Anbietern der Online-Dienste aufgrund der hohen Transaktionskosten eine starke Abwehrhaltung aus.
3⁰ The Parliament of the Commonwealth of Australia, House of Representatives, Treasury Laws Amendment (News Media and Digital Platforms Mandatory Bargaining Code) Bill 2021 No. 21. Kann abgerufen werden unter: www.legislation.gov.au/Details/C2021A00021 (Stand: 16.7.2024).
3¹ Kann abgerufen werden unter:
https://laws-lois.justice.gc.ca
> Consolidated Acts > S.C. 2023, c. 23 (Stand: 19.7.2024).
3.3 USA
Ende Juni 2022 hat das U.S. Copyright Office in einem Bericht 3² an die Immaterialgüterrechtskommission des Senats zwar empfohlen, von einem leistungsschutzrechtlichen Schutz für Presseverlage abzusehen. Bei genauerer Betrachtung spricht der Bericht jedoch für die Richtigkeit des für den vorliegenden Entwurf gewählten Ansatzes (d. h. einen leistungsschutzrechtlichen Vergütungsanspruch). So hat das U.S. Copyright Office Vorbehalte einzig gegenüber einem leistungsschutzrechtlichen Ausschliesslichkeitsrecht, wie es die EU vorsieht, und lehnt ein solches ab. Ein ausschliessliches Recht würde nur funktionieren, wenn man sich diesem nicht durch Verkürzung der Snippets entziehen kann. Eine derartige rechtliche Ausgestaltung wäre aber mit Blick auf die Informationsfreiheit und auf urheberrechtliche Grundsätze bedenklich. Zudem ist gemäss dem U.S. Copyright Office anzunehmen, dass sich die Medienunternehmen im Interesse der Auffindbarkeit ihrer Inhalte einer Erteilung von Gratislizenzen kaum entziehen könnten. Das U.S. Copyright Office anerkennt aber zugleich Handlungsbedarf und schlägt deshalb vor, Alternativen zu suchen. Eine solche Alternative könnte der derzeit pendente «Journalism Competition and Preservation Act of 2023» 3³ sein, der im Juli 2023 dem Senat vorgelegt wurde. Er sieht unter anderem einen Rahmen für kollektive Verhandlungen zwischen Journalismus-Anbietern und bestimmten Plattformen vor. Diese Überlegungen sind auf einer Linie mit dem vorliegenden Entwurf, dessen Ausgestaltung als reiner Vergütungsanspruch der Informationsfreiheit und dem urheberrechtlichen Interessensausgleich Rechnung trägt.
3² The Register of Copyrights (2022): Copyright Protections for Press Publishers. Kann abgerufen werden unter:
www.copyright.gov
> Law & Policy > Policy Studies > Policy Reports: June 30, 2022 Study on Ancillary Copyright Protections for Publishers (Stand: 19.7.2024).
3³ Kann abgerufen werden unter:
www
.congress.
gov
> Home > Legislation > 118th Congress > S. 1094 (Stand: 22.7.2024).
4 Grundzüge der Vorlage
4.1 Die beantragte Neuregelung
Medienunternehmen sowie Journalistinnen und Journalisten sollen für die Nutzung ihrer Inhalte durch die grossen Online-Dienste eine Vergütung erhalten. Zu diesem Zweck sieht der Entwurf einen Vergütungsanspruch für Medienunternehmen (Leistungsschutzrecht) vor, wenn grosse Online-Dienste Snippets aus journalistischen Veröffentlichungen zugänglich machen. Die Urheberinnen und Urheber der in den journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Werke sind an der Vergütung angemessen zu beteiligen.
Anders als bei ausschliesslichen Rechten wird mit einem Vergütungsanspruch kein Verbot geschaffen. Auf diese Weise kann das Zugänglichmachen von urheberrechtlich nicht geschützten Teilen journalistischer Veröffentlichungen, wie beispielsweise Snippets in Suchanzeigen, nicht verboten werden; das Zugänglichmachen wird aber vergütungspflichtig. Dies sichert die Funktionsfähigkeit der betroffenen Online-Dienste und liegt im Interesse der Informationsfreiheit. Im Gegensatz zur EU (vgl. Kap. 3) ist von der Regelung auch die Verwendung sehr kurzer Textteile aus einer journalistischen Veröffentlichung erfasst. Dies aber nur insoweit, als diese Textteile auch tatsächlich in direktem Zusammenhang mit einer journalistischen Veröffentlichung stehen. So sollen aufgrund der neuen Bestimmung weder sehr kurze Textteile noch einzelne Worte für sich genommen vergütungspflichtig werden, nur weil sie in einer journalistischen Veröffentlichung ebenfalls verwendet werden. Reine Hyperlinks sind hingegen von der Regelung nicht erfasst. Das gilt auch in denjenigen Fällen, in denen Hyperlinks auf eine journalistische Veröffentlichung führen. Da es keine Untergrenze in Bezug auf den Umfang der Snippets gibt, entfällt auch der Anreiz für die Online-Dienste, Snippets in ihren Suchanzeigen oder Vorschauen zu kürzen, damit sie aus dem Anwendungsbereich des Vergütungsanspruchs fallen. Dies liegt einerseits im Informationsinteresse der Öffentlichkeit, weil der Informationsgehalt gekürzter Snippets geringer ist und der Suchaufwand damit potenziell steigt. Andererseits lässt sich so auch eine Diskussion über die vergütungspflichtige Länge der Snippets vermeiden, wie sie etwa in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten geführt wird.
Vergütungspflichtig sind die grossen gewinnorientierten Anbieter von Online-Diensten, die journalistische Veröffentlichungen oder Teile davon gewerbsmässig zugänglich machen. Im Fokus stehen Unternehmen, die kumulativ die folgenden Voraussetzungen erfüllen: Sie verwenden gewerbsmässig journalistische Veröffentlichungen, sind gewinnorientiert und weisen eine bestimmte Grösse auf. Private Nutzerinnen und Nutzer (darunter auch Blogger), nicht-gewinnorientierte Organisationen wie zum Beispiel Wikipedia, öffentliche Gedächtnisinstitutionen oder Bibliotheken werden hingegen nicht belastet. Ebenfalls nicht erfasst sind kleinere Online-Dienste, weil die Regelung nicht zu Innovationshemmnissen und Markteintrittsschranken führen soll.
Vergütungsberechtigt sind Medienunternehmen, etwa Zeitungsverlage oder Nachrichtenportale, deren journalistische Inhalte zugänglich gemacht werden. Die Unternehmensgrösse spielt dabei insofern eine Rolle, als nach dem Willen des Bundesrates auch kleinere Medienunternehmen vom Vergütungsanspruch profitieren sollen. Erfasst sind alle Medienunternehmen mit Sitz in der Schweiz. Medienunternehmen, die ihren Anspruch auf Vergütung gelten machen wollen, müssen zudem erklären, nach anerkannten Regeln der journalistischen Praxis zu arbeiten (z. B. nach dem Journalistenkodex des Schweizerischen Presserats). Diese Vorgabe wird von der Branche mitgetragen und soll eine gewisse Qualität der journalistischen Veröffentlichung sicherstellen.
Abbildung
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An der Vergütung, die Medienunternehmen für die Nutzung ihrer journalistischen Veröffentlichungen erhalten, sind die Journalistinnen und Journalisten als Urheberinnen und Urheber der darin enthaltenen Werke angemessen zu beteiligen. Als Werke gelten neben Artikeln etwa auch Pressefotografien, Grafiken und in die jeweilige Veröffentlichung eingebettete audiovisuelle Sequenzen. Die Urheberinnen und Urheber solcher Beiträge sollen auch dann angemessen beteiligt werden, wenn nicht-individuelle Teile ihrer Werke (Text-, Audio- oder Bildvorschauen bzw. Bildausschnitte wie Snippets und Thumbnails) im Internet zugänglich gemacht werden. Der Beteiligungsanspruch besteht unabhängig von ausschliesslichen Rechten und vertraglichen Abmachungen. Er ist unübertragbar und unverzichtbar. Dadurch soll verhindert werden, dass die Begünstigten z. B. im Rahmen von arbeitsvertraglichen Abmachungen auf ihren Anspruch verzichten.
Während das URG für die Bestimmung der Vergütung grundsätzlich am Nutzungsertrag anknüpft, kann beim vorliegenden Vergütungsanspruch entweder der Aufwand der Medienunternehmen oder der Ertrag der Online-Dienste berücksichtigt werden. Der Vergütungsanspruch ist zudem so ausgestaltet, dass für die grossen Online-Dienste Anreize zur spezifischen Auslistung journalistischer Veröffentlichungen minimiert werden können (vgl. Kap. 3). Dies trägt der Informationsfreiheit Rechnung, die durch eine Einschränkung der Suchanzeigen erheblich eingeschränkt würde.
Der Vergütungsanspruch ist zwingend kollektiv wahrzunehmen und kann nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Das hat mehrere Vorteile. Die grossen Anbieter von Online-Diensten stehen einer einzigen Vertragspartnerin gegenüber. Dadurch können zum einen aufwendige individuelle Verhandlungen mit einer Vielzahl von Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern vermieden werden. Zum anderen wird dem Risiko vorgebeugt, dass die betroffenen Online-Dienste nur mit einzelnen, ausgewählten Medienunternehmen (Gratis-)Lizenzen abschliessen und andere, allenfalls kleinere Medienunternehmen nicht berücksichtigen. Ferner können aufwendige Kartellverfahren zur Frage der Zulässigkeit selektiver Vertragsschlüsse (wie z. B. in Frankreich) vermieden werden. ³4 Die Vergütung wird zudem auf der Grundlage eines Tarifs eingezogen. Der Tarif wird von den Verwertungsgesellschaften aufgestellt. Diese müssen mit den massgebenden Nutzerverbänden über die Ausgestaltung verhandeln. Das Ergebnis ist von der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK) zu genehmigen. Die ESchK kann einen Tarif der Verwertungsgesellschaften auch auf seine Angemessenheit überprüfen und genehmigen, falls die Verhandlungsparteien keine einvernehmliche Lösung finden konnten.
Die Verteilung der eingezogenen Vergütung an die Medienunternehmen richtet sich - anders als bei anderen Vergütungsansprüchen üblich - nicht nach der Reichweite bzw. nach dem Ertrag der einzelnen Werke, sondern einerseits nach dem Aufwand, den die Medienunternehmen für die journalistische Veröffentlichung getätigt haben, und andererseits nach dem Beitrag in der Form einer eigenständigen und regelmässigen Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik, den die journalistischen Veröffentlichungen zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses leisten (Art. 49 a ). In Bezug auf den Aufwand sind die Entgelte der Medienunternehmen an die Journalistinnen und Journalisten bzw. an die anderen Urheberinnen und Urheber besonders relevant. Die Verteilkriterien werden im Verteilungsreglement der zuständigen Verwertungsgesellschaft festgehalten. Dieses muss vom IGE genehmigt werden.
³4 Vgl. Cour d’appel de Paris, Pôle 5 - Chambre 7, Arrêt du 8.10.2020 (no 21, 38 pages), 20/08071 - No Portalis 35L7-V-B7E-CB5Z5. Kann abgerufen werden unter:
www.cours-appel.justice.fr/sites/default/files/2022-05/20-08071%20GOOGLE%20 contre%20ADLC%20%28Mesures%20conservatoires%29.pdf
(Stand 19.9.2024).
4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen
Der Entwurf sieht keine Änderung der Aufgaben des Bundes vor. Das Inkasso und die Verteilung der vorgeschlagenen Vergütung führen die bestehenden Verwertungsgesellschaften durch. Der damit verbundene Mehraufwand der Verwertungsgesellschaften geht vollständig zulasten der Medienunternehmen, da der gesamte Verwaltungsaufwand von der Vergütungssumme gedeckt und vor der Verteilung abgezogen wird.
Verwertungsgesellschaften benötigen für die Ausübung ihrer Tätigkeit eine Bewilligung des IGE. Dieses nimmt als die für das Immaterialgüterrecht zuständige Behörde die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften wahr (zusammen mit der ESchK). Die neue Regelung dürfte einen minimen Mehraufwand sowohl für das IGE als auch für die ESchK zur Folge haben. Allfällige Mehrkosten betreffend die Aufsicht werden vom IGE getragen, da es finanziell vom Bundeshaushalt unabhängig ist. Der ESchK obliegt die Genehmigung des neuen Tarifs zur Entschädigung der Medienunternehmen. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten gehen zulasten der Verwertungsgesellschaften. Für den Bund und die Kantone entsteht somit kein Mehraufwand.
4.3 Umsetzungsfragen
Die Vergütung für das Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen wird von einer zugelassenen Verwertungsgesellschaft auf der Grundlage eines Tarifs eingezogen. Der Tarif wird zwischen den Verwertungsgesellschaften und den massgebenden Nutzerverbänden ausgehandelt und von der ESchK auf seine Angemessenheit geprüft. Weil die Tarife verbindlich sind, ist die Erteilung von Gratislizenzen ausgeschlossen. Gleichzeitig stehen die Verwertungsgesellschaften allen Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern offen. Dadurch wird einerseits gewährleistet, dass eine Vergütung zu bezahlen ist, und andererseits sichergestellt, dass auch die kleineren Medienunternehmen davon profitieren können. An sich werden die Leistungsschutzrechte durch die Swissperform wahrgenommen. Da aber die meisten Medienunternehmen und Medienschaffenden Mitglieder der ProLitteris sind, dürfte es Sinn machen, die Wahrnehmung des Vergütungsanspruchs der ProLitteris zu übertragen.
Die zuständige Verwertungsgesellschaft kann die Beteiligung der Journalistinnen und Journalisten direkt von den Einnahmen abziehen und ihnen zukommen lassen. Die kollektive Verwertung sichert damit den Beteiligungsanspruch der Journalistinnen und Journalisten.
Bei der Verteilung werden die Löhne der Journalistinnen und Journalisten und der Beitrag zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses durch eine eigenständige und regelmässige Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik besonders gewichtet. Dadurch wird sichergestellt, dass demokratierelevante Beiträge, die Medienvielfalt und die journalistische Arbeit höher gewichtet werden als die Beiträge, die bloss Reichweite generieren, Sensationsjournalismus und rein KI-generierte Inhalte (vgl. Ausführungen zu Art. 49 a in Kap. 5).
5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln
Art. 1 Abs. 1 Bst. b
Mit der Schaffung eines Vergütungsanspruchs für Medienunternehmen (Art. 37 a ) wird der Regelungsgegenstand des Gesetzes erweitert. Artikel 1 Absatz 1 wird durch eine neue Kategorie von Schutzberechtigten ergänzt. In Buchstabe b werden neu auch Unternehmen, die journalistische Veröffentlichungen herstellen (Medienunternehmen), aufgeführt. Der Schutz der Urheberinnen und Urheber von Werken der Literatur und Kunst ist bereits in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a verankert, womit die nach Artikel 37 b am Verwertungserlös zu beteiligenden Journalistinnen und Journalisten schon nach geltendem Recht erfasst sind.
Der Begriff des Medienunternehmens deckt Dienstleistende ab, die unter anderem die Redaktion, den Vertrieb oder das Marketing journalistischer Beiträge wahrnehmen. Es handelt sich um persönliche und unternehmerische Leistungen, die einen engen Bezug zum Werkschaffen aufweisen. Medienunternehmen vermitteln Werke an das Publikum und erbringen somit Leistungen, die charakteristisch für verwandte Schutzrechte sind. Anders als bei den bereits im Gesetz verankerten Herstellerinnen und Herstellern von Ton- und Tonbildträgern soll mit den Medienunternehmen (entreprises de médias, imprese mediatiche) eine allgemein verständliche, zeitgemässe und auf Schweizer Sprachverhältnisse angepasste Bezeichnung eingeführt werden. Erlasse sind grundsätzlich nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu redigieren und definitionsbedürftige Begriffe sowie entsprechende Begriffsbestimmungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Gegensatz zum europäischen Umland scheint der Begriff «Presse» hierzulande weniger verankert, um die journalistische Medienlandschaft als solche zu bezeichnen. Eine Übernahme des Ausdrucks «Presseverlage» aus der DSM-Richtline (z. B. Art. 15 Abs. 1) birgt die Gefahr, den Fokus auf klassische Printmedien zu beschränken und Online-Medien in den Hintergrund zu drängen. Die Eingrenzung auf Unternehmen, die journalistische Veröffentlichungen herstellen, bezweckt, auf Gebilde abzustellen, die von Dauer sind und regelmässig publizistische Dienstleistungen anbieten. Medienunternehmen können in verschiedene Rechtsformen gekleidet sein, wobei häufig Kapitalgesellschaften (AG oder GmbH) als Rahmen für die medienunternehmerische Tätigkeit gewählt werden. Daneben kommen andere juristische Personen, wie etwa Vereine, Stiftungen, Genossenschaften oder auch Einzelunternehmen, in Frage.
Als journalistische Veröffentlichung wird eine Zusammenstellung von journalistischen Inhalten definiert, die in der Regel die Information der Öffentlichkeit über (aktuelle) Nachrichten oder andere Themen bezweckt. Typische Beispiele einer journalistischen Veröffentlichung sind Nachrichtenseiten bzw. Webauftritte von Tageszeitungen, Zeitschriften oder Radio- und Fernsehveranstaltern. Nicht erfasst sind Periodika, die für wissenschaftliche oder akademische Zwecke verlegt werden. Zu den journalistischen Veröffentlichungen gezählt werden auch Agenturmeldungen. Journalistische Veröffentlichungen enthalten vorwiegend Textbeiträge, aber auch andere Schutzgegenstände wie Fotografien oder Videos. Mit der Digitalisierung der Medien verschwimmen technische und inhaltliche Komponenten, wodurch sich einzelne Elemente wie Texte, Fotos, Audios, Videos oder Grafiken zu multimedialen Formen verbinden. Diesem Umstand ist dadurch Rechnung zu tragen, dass der Begriff der journalistischen Veröffentlichung nicht nur auf Textbeiträge zu beschränken ist. Filme, die zur Befriedigung von Informationsbedürfnissen dienen, fallen nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 13 a URG und werden entsprechend nicht durch den Gemeinsamen Tarif 14 (Video on Demand) abgegolten (Art. 13 a Abs. 2 Bst. b. Ziff. 1 URG: «andere journalistische Dienst- und Auftragswerke»), weshalb in diesem Bereich etwa kein Risiko von Mehrfachvergütungen bei Einführung eines Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen besteht. Das Urheberrecht schützt Inhalte in ihrer Form und nicht die Inhalte an sich. Die den journalistischen Veröffentlichungen zugrundeliegenden Tatsachen werden nicht vom Gesetzesentwurf erfasst. Für die Verwendung journalistischer Veröffentlichungen gelten zudem die Schranken des Urheberrechts (Art. 19-28 URG), weshalb etwa der Privatgebrauch (Art. 19 Abs. 1 Bst. a URG) nicht beeinträchtigt wird.
Art. 25 Abs. 2
Der französische und der italienische Text werden redaktionell an die deutsche Fassung angepasst.
Art. 28 Abs. 2
Die bestehende Urheberrechtsschranke zur Berichterstattung über aktuelle Ereignisse (Art. 28 Abs. 2 URG) wird dahingehend präzisiert, dass Artikel 37 a vorbehalten bleibt. Damit wird vermieden, dass Artikel 37 a toter Buchstabe wird, weil sich die Anbieter von Online-Diensten beim Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen auf Artikel 28 Absatz 2 URG berufen können. Nutzungen im Rahmen dieser Bestimmung sind bis dato für jedermann vergütungsfrei. Einzige Konsequenz dieses Vorbehalts ist, dass Nutzungen im Rahmen der bestehenden Schranke nach Artikel 28 Absatz 2 URG für grosse Anbieter von Online-Diensten neu vergütungspflichtig sind. Für alle anderen Nutzerinnen und Nutzer, die von der Urheberrechtsschranke zur Berichterstattung über aktuelle Ereignisse Gebrauch machen können, ändert sich nichts.
Die vorliegende Revision bietet die Gelegenheit, die französische und die italienische Fassung an den deutschen Text anzugleichen. Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung.
Art. 35 Abs. 2
Der deutsche Text und der italienische Text werden an die französische Fassung angepasst. Nun ist aus der Formulierung von Absatz 2 klarer, dass es sich um eine Anspruchsnorm handelt.
Art. 37a
Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen: Vergütungsanspruch der Medienunternehmen
Die Medienunternehmen erbringen durch ihre redaktionelle Tätigkeit wichtige Leistungen für die anschliessende Verbreitung der durch sie aufbereiteten Informationen. Diese Leistungen sind mit beträchtlichem Aufwand verbunden und sollen nicht ohne eine entsprechende Gegenleistung von Anbietern von Online-Diensten abgeschöpft werden können. Aus diesem Grund sieht Artikel 37 a einen Vergütungsanspruch für Medienunternehmen vor, wenn Anbieter von Online-Diensten Teile journalistischer Veröffentlichungen öffentlich zugänglich machen.
Die Anbieter von Online-Diensten wirken unter anderem als Vermittler von Informationen mit Nachrichtenbezug. Sie erweitern die Möglichkeiten für die öffentliche Kommunikation und Meinungsbildung, indem sie zum Beispiel mittels Suchmaschinen im Internet vorhandene Informationen auffindbar machen. Gemeinsames Merkmal der Anbieter von Online-Diensten ist, dass sie selber keine journalistischen Inhalte produzieren, jedenfalls nicht regelmässig. Sie erleichtern die Informationssuche, ermöglichen Personen und Organisationen, sich mit ihren eigenen Inhalten an ein potenziell grosses Publikum zu wenden, und vereinfachen den öffentlichen Austausch zwischen Personen und Organisationen. ³5
Im Gegensatz zu einem ausschliesslichen Recht (Verbotsrecht), wie es beispielsweise die EU kennt, können Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber bei der gewählten Vergütungslösung die Nutzung journalistischer Beiträge nicht verbieten. Dies ist im Hinblick auf die Informationsfreiheit von Bedeutung: Ein Medienunternehmen kann Betreibern von Suchmaschinen nicht verbieten, in den Suchresultaten Auszüge aus Zeitungsartikeln zugänglich zu machen, solange die Auszüge nicht individuell sind und damit unter der urheberrechtlichen Schutzschwelle bleiben. Des Weiteren wird mit einem Vergütungsanspruch das Aushandeln individueller Lizenzverträge für die Nutzung journalistischer Veröffentlichungen ausgeschlossen. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass unter Umständen nur grosse Medienunternehmen mit den Anbietern von Online-Diensten Lizenzverträge abschliessen können oder dass den Anbietern von Online-Diensten Gratislizenzen eingeräumt werden. Damit erhalten auch kleine Medienunternehmen eine Vergütung für Nutzungen ihrer Inhalte.
Abs. 1
Einen Vergütungsanspruch haben nach Buchstabe a nur Medienunternehmen mit Sitz in der Schweiz. Eine Gleichbehandlung von in- und ausländischen Medienunternehmen würde ein starkes Ungleichgewicht zulasten der Medienunternehmen mit Sitz in der Schweiz schaffen: Ausländische Medienunternehmen würden vom Schutz in der Schweiz profitieren, während schweizerische Medienunternehmen im Ausland keinen vergleichbaren Anspruch geltend machen könnten. Der in der EU gewährte Schutz von Presseveröffentlichungen ist ebenfalls territorial beschränkt und gilt nur für Presseverlage mit Sitz in einem Mitgliedstaat.
Medienunternehmen übernehmen die Initiative und die redaktionelle Verantwortung für die journalistischen Veröffentlichungen. Sie erbringen wesentliche Leistungen hinsichtlich der Verfügbarkeit verlässlicher Informationen. Vor diesem Hintergrund sieht Buchstabe b vor, dass die Medienunternehmen erklären müssen, nach in der Branche anerkannten Regeln für die journalistische Praxis (z. B. nach dem Journalistenkodex des Schweizerischen Presserats) zu arbeiten, um vergütungsberechtigt zu sein. Adressatinnen und Adressaten dieser Regeln sind zwar primär die Journalistinnen und Journalisten. Allerdings ergeben sich daraus auch Pflichten für die Medienunternehmen hinsichtlich ihrer redaktionellen Arbeit. Diese ist dem Journalistenkodex ³6 unterstellt. Die Erklärung hat gegenüber der mit dem Inkasso und der Verteilung der Vergütung betrauten Verwertungsgesellschaft zu erfolgen. Zweck der Erklärung ist, dass bei journalistischen Veröffentlichungen von der Branche anerkannte Standards eingehalten werden. Den genauen Inhalt der Erklärung festzulegen, wird die Aufgabe der betroffenen Parteien (d. h. der Medienunternehmen, der Anbieter von Online-Diensten und der Verwertungsgesellschaften) sein. Dabei ist auf die Situation kleinerer Medienunternehmen und Redaktionen Rücksicht zu nehmen. Insbesondere Lokal- und Regionalmedien sind häufig auf Beiträge von Nichtberufsjournalistinnen und Nichtberufsjournalisten angewiesen, um der Öffentlichkeit aktuelle und relevante Informationen in Form von Lokalnachrichten zur Verfügung zu stellen.
Auch wenn der Begriff des Medienunternehmens nicht in einem engen Sinn zu verstehen ist, zählt etwa Wikipedia nicht zum Kreis der Begünstigten. Zwar können auch Online-Angebote journalistische Veröffentlichungen darstellen, Wikipedia stellt aber keine journalistischen Veröffentlichungen im Sinn des Urheberrechtsgesetzes her. Gemäss eigenem Verständnis betreibt Wikipedia eine Enzyklopädie und kein Nachrichtenportal. ³7 Demgegenüber stellt das Schwesterprojekt Wikinews zwar journalistische Veröffentlichungen her, hier fehlt es aber an der Voraussetzung «nach in der Branche anerkannten Regeln für die journalistische Praxis zu arbeiten». Gemäss Impressum von Wikinews sind die Benutzerinnen und Benutzer für die von ihnen erstellten Beiträge selbst in vollem Umfang verantwortlich und praktisch jeder Inhalt kann durch jedermann verändert werden. ³8
Abs. 2
Absatz 2 sieht vor, dass nur gewinnorientierte Anbieter von Online-Diensten vergütungspflichtig sind. Damit soll verhindert werden, dass nicht-gewinnorientierte Anbieter von Online-Diensten, die in der Regel auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind und den Werbemarkt kaum beeinflussen, finanziell belastet werden. Von der Vergütungspflicht nicht erfasst sind zum Beispiel Wikipedia oder öffentliche Gedächtnisinstitutionen (etwa Archive, Bibliotheken oder Museen). Die Online-Dienste müssen zudem eine gewisse Reichweite aufweisen. Dadurch soll vermieden werden, dass die Vergütungspflicht zu Markteintrittsschranken für neue Anbieter von Online-Diensten und damit zu Innovationshemmnissen führt. Die Vergütung schulden nur diejenigen Anbieter, deren Online-Dienste eine durchschnittliche Nutzerzahl pro Jahr von mindestens 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung aufweisen. Nicht relevant ist die Anzahl der erfolgten Nutzungen (z. B. Anzahl Suchabfragen). Die Prozentzahl orientiert sich am Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Gesetz über digitale Dienste ³9 . Darin werden den Anbietern digitaler Dienste spezifische Verpflichtungen (etwa Transparenz-, Informations- oder Rechenschaftspflichten) auferlegt, wenn sie eine bestimmte Reichweite aufweisen (mindestens 45 Mio. Nutzerinnen und Nutzer pro Monat). Die Zahl ist bei Veränderungen so anzupassen, dass sie 10 Prozent der Unionsbevölkerung entspricht. 4⁰ Auf die Festlegung einer auf die Schweiz angepassten Bevölkerungszahl wird verzichtet. Vielmehr ist es aus Praktikabilitätsgründen angebracht, direkt auf eine Reichweite von 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung abzustellen.
Nach Absatz 2 ist nur das gewerbsmässige Zugänglichmachen von journalistischen Inhalten von der Regelung erfasst. Das Geschäftsmodell muss dementsprechend den Austausch von Informationen mit Nachrichtenbezug miteinschliessen. Dieser Austausch muss aber nicht Hauptbestandteil des Geschäftsmodells sein. Erfasst sind beispielsweise Nachrichtenaggregatoren, für die das Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen einen wichtigen Bestandteil des Geschäftsmodells bildet. Ebenfalls erfasst sind Suchmaschinen, durch die Informationen mit Nachrichtenbezug gesucht und journalistische Inhalte zugänglich gemacht werden. Nicht darunter fallen hingegen Anbieter von Online-Diensten, die beispielsweise Informationen zu Waren bereitstellen, welche gekauft und verkauft werden sollen (etwa Online-Marktplätze), selbst wenn als Kommentar eine journalistische Veröffentlichung zugänglich gemacht werden könnte. Nicht erfasst werden private oder nicht-gewerbsmässige Nutzungen von journalistischen Veröffentlichungen. Die Nutzerinnen und Nutzer von Online-Diensten sind somit von der vorliegenden Regelung nicht betroffen. Nicht erfasst sind ferner Anbieter von Online-Diensten, die zwar gewerbsmässig, aber nicht gewinnorientiert journalistische Inhalte zugänglich machen. Dazu gehören beispielsweise Wikipedia oder öffentliche Gedächtnisinstitutionen.
In der Regel weisen kurze Textvorschauen oder -auszüge aus journalistischen Veröffentlichungen (sog. Snippets) keinen individuellen Charakter auf. Snippets werden automatisch von Suchmaschinen generiert und sind abhängig vom Suchbegriff. Weisen die verwendeten Teile individuellen Charakter auf, handelt es sich um Werke. Ob diese zugänglich gemacht werden dürfen oder nicht, regelt Artikel 10 URG, der durch die vorliegende Regelung nicht berührt wird.
Buchstabe a bezieht sich folglich auf die Verwendung von Snippets ohne individuellen Charakter. Anders als in der EU ist auch die Nutzung sehr kurzer Auszüge aus journalistischen Veröffentlichungen vergütungspflichtig. Anbieter von Online-Diensten können die Vergütungspflicht nicht umgehen, indem sie die Snippets auf ein Minimum kürzen. Eine Kürzung würde auch dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung entgegenstehen. So wäre bei Suchresultaten mit nur sehr kurzen Snippets das Resultat der gesuchten Informationen unter Umständen gar nicht mehr erkennbar. Ferner vermeidet man eine Diskussion über die Mindestlänge von Snippets, wie sie in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten geführt wurde. Wie in der EU ist das Setzen von reinen Hyperlinks nicht vergütungspflichtig.
Vergütungspflichtig sind Anbieter von Online-Diensten nicht nur dann, wenn sie journalistische Beiträge zusammentragen und Nachrichtenangebote oder -funktionen zur Verfügung stellen (z. B. Google News). Nach Buchstabe b ist die Vergütung auch geschuldet, wenn das Zugänglichmachen das Ergebnis einer Suchabfrage durch die Nutzerinnen und Nutzer ist. Der Anbieter von Online-Diensten kann sich nicht der Vergütung entziehen, indem er geltend macht, er nehme das Zugänglichmachen von Teilen journalistischer Veröffentlichungen nicht selber vor. Das Anzeigen bzw. Zugänglichmachen entsprechender Nachrichten gehört zum Geschäftsmodell des Anbieters von Online-Diensten und ist entsprechend vergütungspflichtig, auch wenn er unter Umständen keinen direkten Einfluss darauf nimmt, welche Beiträge seinen Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden.
Buchstabe c bestimmt, dass die Medienunternehmen auch dann einen Anspruch auf Vergütung haben, wenn die Anbieter von Online-Diensten im Rahmen der Schranke zur Berichterstattung über aktuelle Ereignisse gewerbsmässig kurze Ausschnitte von journalistischen Beiträgen zugänglich machen (vgl. Art. 28 Abs. 2 URG). Dies war bisher vergütungsfrei möglich.
Das Zugänglichmachen von Snippets durch die Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Medien begründet für die Anbieter von Online-Diensten hingegen keine Vergütungspflicht. Dementsprechend ist keine Vergütung geschuldet, wenn Medienunternehmen als Nutzerinnen der sozialen Medien Snippets über ihre Kanäle zugänglich machen. Folgerichtig wird auch die Weiterverbreitung der Snippets durch andere Nutzerinnen und Nutzer der sozialen Medien nicht erfasst. Auch weil das Setzen von reinen Hyperlinks nach Absatz 2 keine Vergütungspflicht begründet, wird das Teilen von Links in sozialen Medien nicht erfasst. Das Gleiche gilt für die Generierung allfälliger «Social Snippets», das heisst Textanrisse, die automatisch beim Einfügen eines Links auf den Plattformen erscheinen. Anbieter von sozialen Medien sind nur für das Zugänglichmachen von Snippets im Rahmen eigener Angebote nach Absatz 2 (z. B. Nachrichtenfunktionen oder -bereiche wie Facebook News, die zurzeit in der Schweiz nicht verfügbar sind) vergütungspflichtig.
Abs. 3
Absatz 3 hält fest, dass der Anspruch auf Vergütung nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann. Es findet somit, wie bei allen Vergütungsansprüchen, eine zwingende kollektive Verwertung statt. In der Praxis wäre eine individuelle Geltendmachung im Hinblick auf die Anzahl Nutzerinnen und Nutzer bzw. Berechtigter kaum zu bewältigen und mangels Verbotsrecht nur schwer durchsetzbar. Entsprechend weicht die Lösung des Entwurfs in diesem Punkt von der EU-Regelung ab, die ein Verbotsrecht mit individueller Geltendmachung vorsieht. Die Pflicht zur Kollektivverwertung soll insbesondere kleineren Medienunternehmen mit einer relativ geringen Verhandlungsmacht ermöglichen, ein Entgelt für die Nutzung ihrer journalistischen Veröffentlichungen zu erhalten. Zudem gewährleistet die Ausscheidung und direkte Weiterleitung der Anteile der Journalistinnen und Journalisten und weiteren Urheberinnen und Urheber (Art. 37 b ) durch die Verwertungsgesellschaft, dass diese angemessen beteiligt werden. Verwertungsgesellschaften können vorliegend auch von Artikel 51 URG Gebrauch machen. Nach Artikel 51 Absatz 1 URG haben Werknutzerinnen und Werknutzer den Verwertungsgesellschaften alle Auskünfte zu erteilen, die diese für die Gestaltung und Anwendung des relevanten Tarifes sowie für die Verteilung des Erlöses benötigen. Die Nutzerinnen und Nutzer, die von Artikel 51 URG anvisiert sind, sind diejenigen, die ein Recht oder eine geschützte Leistung nutzen, die der Verwertungsgesetzgebung nach Artikel 40 URG unterliegt. 4¹ Es handelt sich bei den Artikeln 37 a und 37 b des Entwurfs um zwingend kollektiv wahrzunehmende Ansprüche. Die zuständige Verwertungsgesellschaft kann somit die für sie notwendigen Auskünfte von den Anbietern von Online-Diensten und von den Medienunternehmen einholen. Der mit der Geltendmachung des Anspruchs verbundene Mehraufwand der Verwertungsgesellschaften geht vollständig zulasten der vertretenen Medienunternehmen (vgl. Kap. 4.2). Da die meisten Medienunternehmen sowie die Journalistinnen und Journalisten bereits Mitglieder der ProLitteris sind, dürfte es Sinn machen, ihr die Wahrnehmung des Vergütungsanspruchs zu übertragen (obwohl eigentlich die Swissperform die für Leistungsschutzrechte zuständige Verwertungsgesellschaft ist). Damit könnten die Kosten gering gehalten werden, da weder neue Datenbanken noch neue Verwertungsstrukturen geschaffen werden müssten.
Abs. 4
Die Erklärung, nach in der Branche anerkannten Regeln für die journalistische Praxis zu arbeiten, ist ein einfach handhabbares und pragmatisches Kriterium, um sicherzustellen, dass nur diejenigen Medienunternehmen vergütungsberechtigt sind, die eine gewisse journalistische Qualität aufweisen und die sich insbesondere zur Wahrung der Informationsfreiheit und zur Wahrheitsfindung verpflichten. Falls es zu Regelverstössen kommt, hat die Verwertungsgesellschaft gemäss Absatz 4 die Möglichkeit, Medienunternehmen so lange von der Verteilung ausschliessen, wie das Fehlverhalten andauert. Zu denken ist beispielsweise an wiederholt vom Schweizer Presserat festgestellte Sorgfaltspflichtverstösse. Bei vereinzelten, nicht besonders schwerwiegenden Verstössen gegen die in der Branche anerkannten Regeln steht es der Verwertungsgesellschaft frei, die Vergütung zu kürzen. Zu denken ist beispielsweise an einen einmalig festgestellten Sorgfaltspflichtverstoss, bei dem ein gänzlicher Ausschluss von der Vergütung unverhältnismässig erschiene.
Abs. 5
Vom Vergütungsanspruch für das Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen unberührt bleiben die Urheberrechte und die verwandten Schutzrechte an den in einer journalistischen Veröffentlichung enthaltenen Werken und anderen Schutzobjekten. Für die Verwendung dieser Werke (etwa Zeitungsbeiträge oder Grafiken) oder anderer Schutzobjekte (beispielsweise Fotos ohne individuellen Charakter, vgl. Art. 2 Abs. 3bis URG) ist stets die Zustimmung der Rechteinhaberin oder des Rechteinhabers erforderlich. Ebenso werden andere Vergütungsansprüche, wie die Vergütung für den Eigengebrauch (vgl. Art. 20 Abs. 2 und 3 URG), oder die Urheberpersönlichkeitsrechte nicht tangiert.
³5 Vgl. Bericht des Bundesamts für Kommunikation vom 17. Nov. 2021 «Intermediäre und Kommunikationsplattformen, Auswirkungen auf die öffentliche Kommunikation und Ansätze einer Governance», S. 2. Kann abgerufen werden unter:
www.bakom.admin.ch
> Digitalisierung und Internet > Digitale Kommunikation > Intermediäre und Kommunikationsplattformen (Stand: 4.9.2024).
³6 Vgl. Journalistenkodex des Schweizerischen Presserats, Protokollerklärungen zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten», Ziff. 11. Kann abgerufen werden unter:
www.presserat.ch
> Journalistenkodex > Erklärung (Stand: 19.9.2024).
³7 Kann abgerufen werden unter:
de.wikinews.org
> wiki > Wikipedia:Neuigkeiten (Stand: 21.11.2022).
³8 Kann abgerufen werden unter:
de.wikinews.org
> wiki/Wikinews:Impressum (Stand: 21.11.2022).
³9 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2020 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG, COM(2020) 825 final. Kann abgerufen werden unter:
www.eur-lex.europa.eu
> EUROPA > EUR-Lex-Startseite - 52020PC0825 - DE (Stand: 4.9.2024).
4⁰ Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2020 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG, COM(2020) 825 final, S. 3. Kann abgerufen werden unter:
www.eur-lex.europa.eu
> EUROPA > EUR-Lex-Startseite - 52020PC0825 - DE (Stand: 4.9.2024).
4¹ Brem, Ernst / Salvadé, Vincent / Wild, Gregor (2012): Art. 51. In: Müller, Barbara K. / Oertli, Reinhard (Hrsg.): Urheberrechtsgesetz (URG). 2. Aufl. Bern: Stämpfli Verlag, Art. 51 Rz. 4. Barrelet, Denis / Meier, Dieter (2020): Art. 51. In: Barrelet, Denis / Egloff, Willi (Hrsg.): Das neue Urheberrecht. Kommentar zum Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. 4., vollständig überarb. und ergänzte Aufl. Bern: Stämpfli Verlag, Art. 51 Rz. 3.
Art. 37b
Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen: Beteiligungsanspruch der Urheber und Urheberinnen
Die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten ist für die Medienunternehmen von zentraler Bedeutung; es sind ihre Werke, die in den journalistischen Veröffentlichungen enthalten sind und letztlich als Snippets durch Anbieter von Online-Diensten für Dritte zugänglich gemacht werden. Die Urheberinnen und Urheber der in journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Werke sind daher am Verwertungserlös der Medienunternehmen angemessen zu beteiligen. Die Begriffe «Urheberinnen und Urheber» sowie «Werke» schliessen nicht aus, dass auch andere Personen beteiligt werden, nämlich betreffend alle in den journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Rechte und Leistungen.
Der Beteiligungsanspruch der Urheberinnen und Urheber besteht dann analog zum Vergütungsanspruch für die Medienunternehmen, wenn Teile ohne individuellen Charakter ihrer Werke durch Anbieter von Online-Diensten verwendet werden. Er besteht unabhängig von der Nationalität und dem Sitz oder Wohnsitz der Urheberinnen und Urheber der in journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Werke.
Bei der angemessenen Beteiligung nach Absatz 1 handelt es sich um eine Aufteilung des Verwertungserlöses nach Artikel 37 a zwischen den Medienunternehmen und den Urheberinnen und Urhebern der in den journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Werke. Dies entspricht dem Gedanken von Artikel 49 Absatz 3 URG. Mit Blick auf die gegenwärtige Verteilpraxis der Verwertungsgesellschaft ProLitteris kann von einer mindestens hälftigen Teilung zugunsten der Urheberinnen und Urheber ausgegangen werden.
Gemäss Absatz 2 ist der Beteiligungsanspruch unübertragbar und unverzichtbar. Damit soll sichergestellt werden, dass die Urheberinnen und Urheber ihn nicht im Rahmen von vertraglichen Abmachungen mit den Medienunternehmen abtreten oder darauf verzichten. Der Beteiligungsanspruch kann auch nicht mit dem Gehalt abgegolten werden. Zudem kann er nur durch eine zugelassene Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Diese verteilt die Vergütung anschliessend direkt an die Urheberinnen und Urheber der in den journalistischen Veröffentlichungen enthaltenen Werke.
Art. 39
Entstehen und Erlöschen des
Vergütungsanspruchs für das Zugänglichmachen journalistischer Veröffentlichungen
Der Vergütungsanspruch der Medienunternehmen entsteht mit dem Veröffentlichen der journalistischen Veröffentlichung und erlischt nach zwei Jahren. Die Schutzdauer entspricht derjenigen in der EU. Der Fristenlauf beginnt am 31. Dezember desjenigen Jahres, in dem die journalistische Veröffentlichung veröffentlicht wurde. Wurde beispielsweise eine journalistische Veröffentlichung am 12. Februar 2024 veröffentlicht, dann besteht der Vergütungsanspruch der Medienunternehmen vom 12. Februar 2024 bis und mit dem 31. Dezember 2026.
Art. 40 Abs. 1 Bst. b
Absatz 1 Buchstabe b wird aufgrund der neuen, zwingend kollektiv wahrzunehmenden Ansprüche im Bereich der Online-Rechte (Art. 37 a und 37 b ) erweitert.
Art. 49a
Verteilung des Verwertungserlöses aus dem Zugänglichmachen nach Artikel 37
a
Artikel 49 a sieht vor, dass sich die Verteilung der von der Verwertungsgesellschaft eingenommenen Vergütung nach zwei Kriterien richtet: Erstens ist der Aufwand zu berücksichtigen, den die vom Zugänglichmachen ihrer journalistischen Veröffentlichungen betroffenen Medienunternehmen haben. Zweitens ist der Beitrag zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses durch eine eigenständige und regelmässige Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik massgebend.
Diese neu eingeführte Verteilungsregel weicht bewusst von einer ertrags- bzw. nutzungsbasierten Verteilung (Art. 49 Abs. 1 URG) ab und knüpft somit nicht an die Reichweite eines Beitrags an. Die Anzahl «Klicks» ist für die Verteilung irrelevant, weshalb für Medienunternehmen keine Anreize für Sensationsjournalismus geschaffen werden. Artikel 49 a setzt die Vorgabe des Bundesrates um, dass insbesondere auch kleine und mittlere Medienunternehmen von der Vergütung profitieren sollen.
Durch die Berücksichtigung des Aufwands soll verhindert werden, dass ausschliesslich die grossen Medienunternehmen von der Vergütung profitieren. Diese ziehen regelmässig einen Nutzen aus Kostenvorteilen, die bei grösseren Auflagen durch niedrige bzw. sinkende Kosten pro hergestelltes Produkt entstehen. Der getätigte Aufwand erfasst die Kosten, die bei der Produktion journalistischer Veröffentlichungen anfallen. Dazu gehören insbesondere die Entgelte der Medienunternehmen, die an die Urheberinnen und Urheber der in den journalistischen Veröffentlichungen verwendeten journalistischen Werke entrichtet werden (d. h. Zahlungen an die Journalistinnen und Journalisten). Die entrichteten Entgelte sind die tatsächlich von den Medienunternehmen an Urheberinnen und Urheber geleisteten Zahlungen. Dadurch wird sichergestellt, dass Medienunternehmen nur diejenigen Beträge geltend machen können, die sie auch effektiv getätigt haben. Bei Medienunternehmen, die über mehrere Lokalredaktionen verfügen, ist darauf zu achten, dass gemeinsam anfallende Aufwände nicht mehrfach geltend gemacht werden, sondern dass sie entweder über die Hauptredaktion zusammengefasst oder auf die verschiedenen Lokalredaktionen aufgeteilt werden. Die genauen Kriterien werden im Verteilungsreglement der zuständigen Verwertungsgesellschaft festgehalten.
Die Berichtsanforderungen zur Bewertung des Aufwands sind niederschwellig zu halten. Als Massgabe können beispielsweise jene Angaben dienen, die auch den Jahresrechnungen der Medienunternehmen zu entnehmen sind. Damit soll eine übermässige administrative Belastung der Medienunternehmen verhindert werden.
Das Kriterium des Beitrags an die Erfüllung des Informationsbedürfnisses durch eine eigenständige und regelmässige Berichterstattung über nationale, regionale und kommunale Politik stellt sicher, dass die Verteilung zugunsten von Medienunternehmen ausfällt, die zur demokratischen Meinungsbildung und kulturellen Vielfalt beitragen. Eine eigenständige Berichterstattung durch Medienunternehmen leistet in der Regel einen bedeutsamen Beitrag zur Erfüllung des öffentlichen Informationsbedürfnisses. Zentral ist das eigenständige Bereitstellen relevanter und aktueller Informationen für die Öffentlichkeit, die zum Beispiel zur Meinungsbildung, zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit politischen Themen oder zur Legitimierung politischer Entscheidungen beitragen. Aufgrund der eigenständigen Berichterstattung werden Medienunternehmen, die nicht Teil eines grösseren Medienverbundes sind, privilegiert.
Die Journalistinnen und Journalisten sind angemessen am Verwertungserlös zu beteiligen (vgl. Art. 37 b ). Aufgrund der bisherigen Verteilpraxis ist von einer hälftigen Beteiligung auszugehen. Die Beteiligung wird nicht nach Artikel 49 a an die Medienunternehmen verteilt, sondern von der zuständigen Verwertungsgesellschaft ausgesondert und kann der Verteilsumme zugeteilt werden, die den Journalistinnen und Journalisten aus anderen Tarifen zusteht.
Art. 60a
Vergütung für Medienunternehmen
Artikel 60 a legt die Kriterien für die tarifliche Festlegung der geschuldeten Vergütung (Art. 37 a ) fest. Der Artikel ist eine lex specialis zu Artikel 60 und regelt die Höhe der Vergütung, welche die Anbieter von Online-Diensten für die Verwendung von Snippets bezahlen müssen. Dabei ist der durch die Medienunternehmen bei wirtschaftlicher Verwaltung getätigte Aufwand oder der aus dem Zugänglichmachen der journalistischen Veröffentlichungen erzielte Ertrag zu berücksichtigen ( Abs. 1 ). Soweit es sich bei den grossen Anbietern von Online-Diensten um Betreiber von Suchmaschinen handelt, ist auch die Anzahl der Suchabfragen mit Nachrichtenbezug zu berücksichtigen ( Abs. 2 ).
Aus der Berücksichtigung des Aufwands der Medienunternehmen bei wirtschaftlicher Verwaltung folgt, dass die kostenintensive Herstellung journalistischer Inhalte besonders gewichtet wird. Das Kriterium stellt sicher, dass Medienunternehmen, die für das Informationsbedürfnis wichtige journalistische Veröffentlichungen erstellen, von der Vergütung profitieren können. Zum Aufwand zählen z. B. die Entgelte an die Journalistinnen und Journalisten. Die Anbieter von Online-Diensten leisten so einen Beitrag an die Herstellungskosten der von ihnen zugänglich gemachten journalistischen Inhalte. Die Beschäftigung von Journalistinnen und Journalisten schafft nicht automatisch demokratierelevanten Journalismus. Die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten ist für Qualitätsjournalismus aber eine unverzichtbare Voraussetzung - und deren Lohnkosten im Gegensatz zur Qualität von Journalismus einfach quantifizierbar.
Alternativ ist zur Festsetzung der Vergütung eine Berechnung anhand des zusätzlichen Ertrags der Anbieter von Online-Diensten möglich. Dieser zusätzliche Ertrag ergibt sich aus dem Anzeigen journalistischer Inhalte, was zu einer Steigerung der Attraktivität von Informationsdienstleitungen der Anbieter führt, ohne dass eine Lizenzgebühr entrichtet wird.
Die Berücksichtigung des zusätzlich erzielten Ertrags gewährleistet, dass Anbieter von Online-Diensten einen Teil des Ertrags, den sie dank der Medieninhalte generieren, in Form einer Vergütung abgeben.
Eine Suchabfrage mit Nachrichtenbezug umfasst ein oder mehrere Wörter oder eine Frage, die ein Nutzer in eine Suchmaschine eingibt, um gezielt nach aktuellen Ereignissen, Nachrichten oder Berichterstattungen zu suchen. Diese Abfragen werden direkt von Suchmaschinen erfasst und gespeichert, weshalb ihre Anzahl einfach zu ermitteln ist. Die Anzahl solcher Suchabfragen ist ein entscheidender Indikator für das Informationsbedürfnis der Nutzerinnen und Nutzer und die Relevanz journalistischer Veröffentlichungen. Daher soll sie bei der Berechnung der Vergütung von Medienunternehmen berücksichtigt werden. Das Kriterium der Suchabfragen mit Newscharakter im Interesse der Informationsfreiheit kommt korrigierend zur Anwendung. Die Plattformen sollen keinen Anreiz haben, durch die Einschränkung von Suchanzeigen zu versuchen, die Vergütungshöhe einzuschränken. Erst bei einem völligen Verzicht auf jegliche Anzeige von Snippets aus journalistischen Veröffentlichungen müsste die Plattform keine Vergütungen mehr bezahlen. Ein solches System ist nicht neu. Auch bei der Fotokopiervergütung wird in den meisten Fällen an der Möglichkeit des Kopierens angeknüpft und nicht auf die tatsächliche Kopiermenge abgestützt. Tendenziell dürfte der Tarif auf der Grundlage einer Untersuchung des Nutzerverhaltens aufgestellt werden, wie es auch bei der Fotokopiervergütung der Fall ist.
Art. 83a
Übergangsbestimmung zur Änderung vom …
Die Übergangsbestimmung hält fest, dass die Vergütung nach Artikel 37 a ab Inkrafttreten der Änderung geschuldet ist. Dies entspricht dem intertemporalrechtlichen Grundsatz, dass das neue Recht ab seinem Inkrafttreten auf Sachverhalte, die sich nach dem Inkrafttreten des Erlasses ereignen, anwendbar ist. Der Vergütungsanspruch kann ab Genehmigung des Tarifs durch die ESchK geltend gemacht werden, da gemäss Artikel 74 Absatz 2 Buchstabe a URG die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden gegen Verfügungen der ESchK ausgeschlossen ist. Die Regelung stimmt mit der bisherigen Praxis zum Inkrafttreten neuer Vergütungsansprüche (Art. 83 Abs. 2 URG) überein.
Art. 83b
Neubeurteilung des Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen
Artikel 83 b ist eine Review-Klausel. Der Bundesrat soll nach Ablauf der zweiten Tarifperiode, spätestens aber 10 Jahre nach Inkrafttreten der Bestimmungen zum Leistungsschutzrecht, die Neuregelung auf ihre Wirksamkeit prüfen und der Bundesversammlung Bericht erstatten.
Die vorgeschlagene Neubeurteilung ermöglicht es, die Wirksamkeit des Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen zu untersuchen und einen allfälligen Anpassungsbedarf auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe aufzuzeigen. Bei der Neubeurteilung wird insbesondere geprüft, ob das Leistungsschutzrecht zu den beabsichtigten positiven Auswirkungen auf die schweizerische Nachrichten- und Medienvielfalt geführt hat.
Der massgebende Zeitpunkt für die Beurteilung bemisst sich anhand der tariflichen Festlegung der geschuldeten Vergütung und deren Verteilung an die Medienunternehmen. Eine Neubeurteilung der Regelung kann erst stattfinden, wenn ein rechtskräftig genehmigter Tarif vorliegt und die Vergütungen an die Berechtigten verteilt worden sind. Damit sich die Auswirkungen auf die Medienlandschaft zeigen und die Erhebung aussagekräftig ist, müssen zudem mehrere Verteilungsrunden stattgefunden haben. Aufgrund der fehlenden aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen Verfügungen der ESchK (Art. 74 Abs. 2 Bst. a URG) werden die Vergütungen unabhängig von einem hängigen Tarifbeschwerdeverfahren fällig und die Nutzerinnen und Nutzer müssen die Entschädigung, die ein von der ESchK genehmigter Tarif vorsieht, leisten.
6 Auswirkungen
Die folgenden Ausführungen zu den Auswirkungen beziehen sich auf die RFA und auf die Erfahrungen in der EU. Vereinzelte Auswirkungen in anderen Ländern (etwa Australien oder Kanada) werden in Kapitel 3 erläutert. Sie werden nachfolgend nur am Rande aufgegriffen, da sich die dort gewählten Lösungen zu stark vom vorliegenden Entwurf unterscheiden.
6.1 Auswirkungen auf den Bund
Es sind unerhebliche Auswirkungen auf den Bund zu erwarten. Lediglich bei der Aufsichtstätigkeit über die Verwertungsgesellschaften entsteht für die ESchK und das IGE ein marginaler Mehraufwand. Die ESchK wird periodisch den entsprechenden Tarif genehmigen müssen. Sie stellt die anfallenden Kosten den antragstellenden Verwertungsgesellschaften in Rechnung. Zudem wird sich die vom IGE ausgeübte Aufsicht über die Geschäftsführung der Verwertungsgesellschaften geringfügig erweitern. Allfällige Mehrkosten werden vom IGE getragen.
6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
Die geplanten Neuerungen sollen zum Erhalt einer pluralistischen Medienlandschaft beitragen. Davon sollen sämtliche Gebiete und Sprachregionen der Schweiz profitieren. Die Vorlage sieht vor, dass auch kleinere, regionale Medienunternehmen von einer Vergütung profitieren, falls Teile ihrer journalistischen Veröffentlichungen zugänglich gemacht werden. Da Lokal- und Regionalmedien in der Regel in peripheren Gebieten tätig sind, kommt die geplante Regelung auch Kantonen mit grosser Sprachvielfalt, ländlich geprägten Regionen und Berggebieten zugute.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Auf die Volkswirtschaft sind keine signifikanten Auswirkungen zu erwarten. Auch wenn das kollektive Verhandlungsergebnis im Tarifverfahren (vgl. Kap. 4.1) im mittleren zweistelligen Millionenbereich liegen sollte, wie die RFA bestenfalls annimmt 4² , dürften die volkswirtschaftlichen Impulse in sämtliche Richtungen nur schwach ausgeprägt sein.
Medienunternehmen sowie Urheberinnen und Urheber
Vergütungsberechtigte Medienunternehmen und Urheberinnen und Urheber der journalistischen Werke können künftig mit Mehreinnahmen rechnen. Der Umfang der Einnahmen aus dem neuen Vergütungsanspruch wird zwischen der zuständigen Verwertungsgesellschaft und betroffenen Anbietern von Online-Diensten oder deren Verband ausgehandelt. Der Tarif wird in der Folge von der ESchK (bestehend aus fünf unabhängigen Mitgliedern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Verwertungsgesellschaften und Nutzerverbände) auf seine Angemessenheit hin geprüft (vgl. Kap. 4). Entscheide der ESchK können an das Bundesverwaltungsgericht und in letzter Instanz an das Bundesgericht weitergezogen werden.
Von den geleisteten Vergütungen der Anbieter von Online-Diensten profitieren aufgrund des Beteiligungsanspruchs neben den Medienunternehmen auch die Urheberinnen und Urheber. Dank dem kollektiven Ansatz wird verhindert, dass jedes Medienunternehmen einzeln mit den Anbietern von Online-Diensten verhandeln muss (wie dies in der EU der Fall ist, vgl. Kap. 3). Dies senkt einerseits die Transaktionskosten für alle Betroffenen und erhöht andererseits die Transparenz. Ferner kommt die zwingende Kollektivverwertung insbesondere kleinen Medienunternehmen zugute, die über eine weniger ausgeprägte Verhandlungsmacht verfügen (vgl. Kap. 4.1).
Die RFA hält jedoch fest, dass potenzielle Reaktionen der Online-Dienste in Form einer Beschränkung oder Auslistung von Snippets oder Thumbnails negative finanzielle Auswirkungen auf die Medienunternehmen und die Urheberinnen und Urheber haben könnten. Mit Blick auf die Wirtschaftsfreiheit kann eine Drosselung des Angebots der Online-Dienste oder die Auslistung journalistischer Inhalte nicht ausgeschlossen werden. Derartige Reaktionen scheinen aber aufgrund des insgesamt ausgewogeneren kollektiven Schweizer Regulierungsansatzes weniger wahrscheinlich als etwa in Australien oder Kanada, wo Anbieter von Online-Diensten zu individuellen Verhandlungen mit den Medienunternehmen verpflichtet werden und mit weitaus höheren Transaktionskosten konfrontiert sind (vgl. Kap. 3). Hingegen liegt eine Reduktion durch die Online-Dienste auf reine technische Hyperlinks durchaus im Rahmen des Möglichen - weil die reine Verlinkung journalistischer Veröffentlichungen zugunsten der Informationsfreiheit nicht unter die Vergütungspflicht fallen soll.
Anbieter von Online-Diensten
Die bisherigen öffentlich bekannten Erfahrungen im Zusammenhang mit dem individuellen Verhandlungsansatz der EU (vgl. Kap. 3) zeigen, dass die Anbieter von Online-Diensten im Rahmen von Verhandlungen mit einzelnen, grösseren Medienunternehmen Zahlungen in Aussicht gestellt haben. In den meisten Fällen dürfte über die Einzelheiten der Verträge Stillschweigen vereinbart werden. Somit dürften Gratislizenzen der Medienunternehmen im Austausch für die Nutzung der Angebote der Online-Dienste in der EU möglich bleiben. Mit der vorliegenden Lösung ist die Erteilung von Gratislizenzen hingegen ausgeschlossen, da die von der ESchK genehmigten Tarife verbindlich sind. Zudem kann der Anreiz insbesondere bei Suchmaschinen klein gehalten werden, Snippets von journalistischen Inhalten zu verkürzen oder ganz auszulisten (vgl. zum Verzicht auf die Vorgabe einer Mindestlänge Kap. 4.1). Eine für die Schweiz denkbare Lösung wäre beispielsweise die Vereinbarung einer Pauschalzahlung an die zuständige Verwertungsgesellschaft. Damit könnte der Erfassungsaufwand klein gehalten werden, was im Interesse der Online-Dienste ist und gleichzeitig den Datenschutzbedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer Rechnung trägt. Die RFA ist allerdings der Ansicht, dass Reaktionen wie die Verkürzung von Snippets oder die Auslistung journalistischer Inhalte nicht ganz ausgeschlossen werden können (vgl. oben in diesem Kap. Auswirkungen auf Medienunternehmen sowie Urheberinnen und Urheber). In Spanien hatte 2014 der autonome nationale Regulierungsansatz eines Leistungsschutzrechts für Medienunternehmen bei Nachrichtenaggregatoren im Vorfeld der DSM-Richtline (vgl. Kap. 3) zur Abschaltung von Google-News geführt. Beim vorliegenden Entwurf sind die Hürden höher, weil nicht nur Nachrichtenaggregatoren erfasst werden, sondern auch Suchmaschinen. Google müsste sich deutlich stärker aus dem Markt zurückziehen. Dieser Anreiz besteht kaum, solange Google und andere Online-Dienste aus den Snippets einen wirtschaftlichen Nutzen generieren, der deutlich höher ist als der Betrag, den sie für die Nutzung der Snippets bezahlen müssen.
Ferner kann auch die Gefahr, dass grosse Anbieter von Online-Diensten die Schweiz aufgrund der zu leistenden Zahlungen verlassen, nicht ausgeschlossen werden. Allerdings schafft die Schweiz keine isolierte Regelung, da sie sich am Leistungsschutzrecht der EU orientiert (vgl. Kap. 3). Da der Schweizer Ansatz einfacher durchgesetzt werden kann und auch die Vereinbarung von Gratislizenzen weitestgehend verunmöglicht wird, ist er effektiver. Ob sich daraus ein spürbarer Standortnachteil ergibt, ist fraglich, da auch andere Faktoren - etwa die Streikkultur oder die steuerliche Belastung - einen Einfluss auf die Standortattraktivität haben. Da der Entwurf die Schwelle für die Vergütungspflicht hoch ansetzt (durchschnittliche jährliche Zahl von Nutzerinnen und Nutzern von 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung), werden auch keine Markteintrittsschranken geschaffen.
Konsumentinnen und Konsumenten
Für die Konsumentinnen und Konsumenten dürfte sich unter der Voraussetzung, dass sich die Anbieter der Online-Dienste weder aus dem Schweizer Markt zurückziehen noch mit einer Einschränkung ihres Angebots auf einen allfälligen Vergütungsanspruch reagieren, wenig ändern.
Werbeunternehmen und Werbetreibende
Klassische Werbeunternehmen und Werbetreibende sowie angegliederte Branchen sind grundsätzlich an einem möglichst hohen Internet-Traffic bei den Medienunternehmen interessiert. Da der Entwurf bestrebt ist, Anreize zum Rückzug grosser Anbieter von Online-Diensten aus dem Schweizer Markt bzw. zur Einschränkung ihres Angebots zu minimieren, dürften sich prinzipiell keine negativen Auswirkungen für Werbeunternehmen und Werbetreibende ergeben. Diese dürften sogar indirekt vom Vergütungsanspruch profitieren, weil sie unter anderem auch von Medienunternehmen abhängig sind.
Verwertungsgesellschaften
Die vorliegenden Änderungen sind von den Verwertungsgesellschaften zu vollziehen. Die dafür erforderliche Infrastruktur, die notwendigen Systeme sowie die zwingende Expertise sind bereits vorhanden. Der mit der Umsetzung verbundene operative Mehraufwand der Verwertungsgesellschaften geht vollständig zulasten der vertretenen Medienunternehmen (vgl. Kap. 4.2).
4² Swiss Economics SE AG (Hrsg.) (2022): Einführung eines rechtlichen Schutzes für journalistische Inhalte im Internet. Schlussbericht. Zürich, S. 50. Kann abgerufen werden unter:
www.ige.ch
> Recht und Politik > Immaterialgüterrecht National > Urheberrecht > Leistungsschutz für Medien > Vernehmlassungsverfahren (Stand: 4.9.2024).
6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft
Zu den Auswirkungen auf die Gesellschaft vergleiche Kapitel 1.1.
6.5 Auswirkungen in weiteren Bereichen
In weiteren Bereichen wie z. B. der Umwelt sind keine Auswirkungen zu erwarten; die entsprechenden Fragen wurden daher nicht geprüft.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Die Vorlage stützt sich auf die Artikel 95 und 122 BV, die dem Bund die Gesetzgebungskompetenz über die Ausübung der privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und auf den Gebieten des Zivil- und Zivilprozessrechts verleihen.
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine Auswirkungen auf internationale Verpflichtungen der Schweiz und sind folglich mit ihnen auch vereinbar.
Artikel 3 des Abkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Abkommen) 4³ verpflichtet die Mitglieder, den Staatsangehörigen der anderen Mitglieder eine Behandlung zu gewähren, die diese gegenüber ihren eigenen Staatsangehörigen in Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums nicht benachteiligt. Diese Inländerbehandlung dürfte sich im Bereich der verwandten Schutzrechte nur auf ausübende Künstlerinnen und Künstler, Hersteller von Tonträgern und Sendeunternehmen erstrecken (Art. 14 des TRIPS-Abkommens) und nicht auf Rechte an geistigem Eigentum ausserhalb dieses Anwendungsbereichs. Artikel 3 des TRIPS-Abkommens dürfte deshalb dem vorgesehenen Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen nicht entgegenstehen.
4³ Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum, Anhang 1C des Abkommens vom 15. April 1994 zur Errichtung der Welthandelsorganisation; SR 0.632.20 .
7.3 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
7.4 Datenschutz
Die vorgeschlagenen Änderungen haben keine Auswirkungen auf den Datenschutz.
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (Leistungsschutzrecht für Medienunternehmen)
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