Botschaft zur Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes (Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe)
Botschaft zur Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes (Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe)
vom 28. Mai 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes.
Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, den folgenden parlamentarischen Vorstoss abzuschreiben:
| 2021 | M | 19.4381 | Rahmenbedingungen für emissionsärmere Nutzfahrzeuge (S 11.3.20, KVF-S; N 17.12.20; S 9.3.21) |
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
| 28. Mai 2025 | Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi |
Übersicht
Die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe (LSVA), die in der Schweiz seit 2001 auf alle Fahrten von schweren Motorfahrzeugen zum Waren- und Personentransport erhoben wird, stösst heute an ihre Grenzen. Sie bedarf einer Weiterentwicklung, damit sie weiterhin ihre Ziele erfüllen kann: die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Strasse auf die Schiene, die Deckung der dem Schwerverkehr zurechenbaren Kosten und die Finanzierung von Staatsaufgaben. Elektrisch angetriebene Fahrzeuge werden ab 2029 in das LSVA-System einbezogen. Dies wird für eine Übergangszeit durch die Möglichkeit von Abgaberabatten flankiert.
Ausgangslage
Bereits mit dem Verlagerungsbericht 2019 hat der Bundesrat aufgezeigt, dass eine Anpassung und Weiterentwicklung der LSVA notwendig ist, damit die Ziele der LSVA auch künftig erreicht werden können. Die heutige LSVA gelangt an ihre Grenzen, da sie sich seit ihrer Einführung 2001 nach den Euro-Schadstoffnormen bemisst und elektrisch angetriebene Fahrzeuge damit von der Abgabe ausgeschlossen sind. Diese Tarifberechnung kann den Trend hin zu emissionsärmeren oder gar fossilfreien Antrieben nicht mehr korrekt abbilden. Heute bezahlen knapp 90 Prozent aller auf Schweizer Strassen fahrenden Schwerverkehrsfahrzeuge denselben Abgabesatz, womit die Verlagerungswirkung auf die Schiene nicht gewährleistet werden kann. Daher müssen die heute von der LSVA befreiten batterie- und wasserstoffelektrischen Fahrzeuge in das System eingegliedert werden. Um die Wirkung der LSVA als zentrale Treiberin der Schweizer Verkehrspolitik wiederherzustellen, bedarf es daher einer Neuausrichtung des Tarifsystems.
Inhalt der Vorlage
Die Vorlage sieht vor, dass elektrisch angetriebene Fahrzeuge in die LSVA einbezogen werden. Die Integration dieser Fahrzeuge in die LSVA soll ab 2029 erfolgen. Sie müssen in eine der drei geltenden Abgabekategorien eingestuft werden. Für die Berechnung der Abgabe sind das Gesamtgewicht, die gefahrenen Kilometer und die Euro-Schadstoffnorm ausschlaggebend. Die Vorlage steht im Einklang mit dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse.
Des Weiteren umfasst die Vorlage für eine Übergangsphase eine flankierende Massnahme betreffend die Tarifierung. Diese Massnahme umfasst ein Abgaberabattsystem für elektrisch angetriebene Fahrzeuge für eine befristete Zeit von 2029 bis 2035. Gleichzeitig mit der Unterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die LSVA müssen auch Vorkehrungen für die Tarifierung von Euro-Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren getroffen werden. So ist auch für Fahrzeuge, für die die Euro-VII-Norm gilt, für eine befristete Zeit ein Rabattsystem vorgesehen.
Auch ist eine unmittelbare Verbesserung der Planungssicherheit der Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter vorgesehen. Neu soll der Bundesrat regelmässig festlegen, nach welchen Trennkriterien die Fahrzeuge in die verschiedenen Abgabekategorien für die nachfolgenden sieben Jahren eingeteilt werden.
Botschaft
1 Ausgangslage
1.1 Hintergrund
Am 20. Februar 1994 stimmten Volk und Stände dem neuen Verfassungsartikel 36quater der Bundesverfassung von 1874 zu. Dieser Artikel, heute Artikel 85 der Bundesverfassung (BV) ¹ , sieht eine leistungs- oder verbrauchsabhängige Schwerverkehrsabgabe vor. Dieser Artikel gibt dem Bund die Befugnis, eine solche Abgabe auf dem Gesetzesweg einzuführen. Der Schwerverkehr erbringt einen grossen volkswirtschaftlichen Nutzen. Mit dem oben erwähnten Verfassungsartikel hat der Bund die Möglichkeit, eine Abgabe zu erheben, mit der die Kosten getragen werden, die der Schwerverkehr der Allgemeinheit verursacht, sofern diese nicht bereits durch andere Leistungen oder Abgaben gedeckt sind. Die neue Abgabe ersetzte die 1985 eingeführte und bis dahin erhobene Pauschalabgabe. Gemäss Artikel 21 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung von 1874 konnte die Pauschalabgabe nur bis Ende 2004 erhoben werden.
Am 19. Dezember 1997 ² verabschiedete die Bundesversammlung das Schwerverkehrsabgabegesetz (SVAG), das den Rahmen für die LSVA in der Schweiz bildet. In seiner Botschaft vom 11. September 1996 ³ zu einem Bundesgesetz über die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe schlug der Bundesrat die Einführung einer leistungsabhängigen Abgabe frühestens für das Jahr 2001 vor.
Mit dem neuen Abgabensystem wird der Schwerverkehr stärker dem Verursacherprinzip unterworfen. Es werden nicht nur die Infrastrukturkosten des Schwerverkehrs (Bau, Betrieb und Instandhaltung der Strassen) berücksichtigt, sondern auch seine externen Kosten (ungedeckte Kosten von Gesundheits- und Umweltschäden sowie Unfällen und Stau). Mit der Annahme von Artikel 36sexies der Bundesverfassung von 1874 (heute Art. 84 BV) über den Alpenschutz hatte der Souverän ausserdem seinen Wunsch unterstrichen, den alpenquerenden Gütertransitverkehr auf die Schiene zu verlagern.
1.1.1 Landverkehrsabkommen Schweiz-EU
Die LSVA ist über das Abkommen vom 21. Juni 1999 ⁴ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Güter- und Personenverkehr auf Schiene und Strasse (Landverkehrsabkommen, LVA) international abgesichert.
Das LVA ermöglicht eine koordinierte Verkehrspolitik zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) und anerkennt die schweizerische Politik der Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Als Gegenleistung für die Einführung der LSVA stimmte die Schweiz einer schrittweisen Anhebung der Gewichtslimite für Lastwagen zu. Sie wurde von 28 Tonnen im Jahr 2000 auf 40 Tonnen im Jahr 2005 angehoben. Aus der Sicht der Schweiz war die LSVA für den Abschluss der bilateralen Abkommen mit der EU unerlässlich. Ohne die Annahme der LSVA durch die EU hätten die bilateralen Abkommen über die anderen sechs Dossiers nicht in Kraft treten können.
Die LSVA kompensierte unter anderem die Einführung der 40-Tonnen-Limite für Lastwagen, leistete einen finanziellen Beitrag an die Neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) und trug zur Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs auf die Schiene und damit zum Schutz der Alpen vor den Auswirkungen des Schwerverkehrs bei. Mit dem Abschluss des LVA akzeptierte die EU die schrittweise Einführung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe und generell die Schweizer Verlagerungspolitik des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene.
Vorgaben des Landverkehrsabkommens
In Artikel 40 Absatz 2 LVA ist festgelegt, dass die Tarife für die Abgabe in drei Abgabekategorien auf der Grundlage der Euro-Normen eingeteilt werden. Darüber hinaus ist Artikel 40 Absatz 4 LVA für die Festsetzung der Gebühren massgebend. In dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Gebührensystem darf der gewichtete Durchschnitt der Gebühren für ein Fahrzeug mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von 40 Tonnen, das eine 300 km lange Strecke über den Alpenkamm im Transit durch die Schweiz (Basel-Chiasso) zurücklegt, nicht mehr als 325 Franken betragen. Die Abgabe für die Kategorie mit dem höchsten Verschmutzungsgrad darf den Betrag von 380 Franken nicht übersteigen. Diese beiden Höchstbeträge wurden am 1. Januar 2012 an die Teuerung angepasst. ⁵ Eine zweite Teuerungsanpassung wurde für den 1. Januar 2025 durch den Bundesrat verabschiedet. Darüber hinaus muss die Differenz der Abgaben zwischen den einzelnen Kategorien so gross wie möglich sein, darf aber 15 Prozent der gewichteten durchschnittlichen Abgabe nicht überschreiten (Art. 40 Abs. 2 LVA).
Das Ziel der bilateralen Verhandlungen im Bereich des Landverkehrs bestand darin, die Ablösung des Abkommens vom 2. Mai 1992 ⁶ zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über den Güterverkehr auf Strasse und Schiene (Transitabkommen) im Jahr 2005 vorzubereiten. Insbesondere ging es darum, den Marktzugang der Unternehmen beider Vertragsparteien zum jeweiligen Strassen- und Schienengüterverkehrsmarkt zu regeln und eine koordinierte Verkehrspolitik durch ein schrittweises und abgestimmtes Vorgehen einzuführen. Folglich wurde am 1. Januar 2001 die Gewichtslimite von 28 Tonnen auf 34 Tonnen angehoben. Ferner wurden die im bilateralen LVA vorgesehenen Kontingente für 40-Tonnen-Fahrzeuge sowie für Leicht- und Leerfahrten eingeführt. Diese Kontingente existierten nur vorübergehend und wurden ab 2005 wieder aufgehoben (Art. 8 Abs. 6 LVA). Gemäss den Bestimmungen des LVA standen der EU und der Schweiz jeweils 300 000 Genehmigungen für die Jahre 2001 und 2002 und 400 000 für die Jahre 2003 und 2004 zur Verfügung (Art. 8 Abs. 3 und 4 LVA).
Um die Auswirkungen der Erhöhung der allgemeinen Gewichtslimite zu kompensieren, erhöhte der Gesetzgeber den Höchstsatz der Abgabe auf 3 Rappen pro Tonne und Kilometer (Art. 8 Abs. 1 Bst. b SVAG).
Seit dem 1. Januar 2005 beträgt in der Schweiz die allgemeine Gewichtslimite für Kraftfahrzeuge mit mehr als vier Achsen 40 Tonnen (ausser für den unbegleiteten kombinierten Verkehr [Art. 67 Abs. 1 Bst. a der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 ⁷ ], wo eine Gewichtslimite von 44 Tonnen erlaubt ist).
⁴ SR 0.740.72
⁵ Beschluss Nr. 1/2011 des Gemischten Landverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 10. Juni 2011 zur Gewährung eines Rabatts auf der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe für Fahrzeuge der Emissionsklassen Euro II und III mit einem geprüften Partikelfilterminderungssystem ( AS 2011 4563 ).
⁶ AS 1993 1197
⁷ SR 741.11
1.1.2 Umsetzung und Entwicklung der LSVA
Die praktische Umsetzung der LSVA wird durch die Schwerverkehrsabgabeverordnung vom 27. März 2024 ⁸ (SVAV) geregelt. Sie bestimmt unter anderem den Anwendungsbereich und die Berechnungsmethode sowie die Erhebung der Abgabe für in- und ausländische Fahrzeuge. Die LSVA gilt für alle Fahrten von Fahrzeugen zum Waren- und Personentransport mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen (Art. 1 SVAV).
Höhe der Abgabe
Die Höhe der Abgabe hängt von der Anzahl der gefahrenen Kilometer, dem maximal zulässigen Gesamtgewicht und den Emissionswerten (Euro-Normen) des Fahrzeugs ab. Der LSVA-Betrag ergibt sich aus der Multiplikation dieser drei Elemente:
( LSVA = Fahrzeuggewicht
*
Kilometer
*
Tarifsatz).
Seit dem 1. Januar 2025 beträgt der Tarifsatz zwischen 2,39 und 3,26 Rappen pro Tonnenkilometer (tkm); das ist die Masseinheit für den Güterverkehr, die für die Beförderung einer Tonne Güter durch einen bestimmten Verkehrsträger über eine Entfernung von einem Kilometer steht, abhängig von der jeweiligen Euro-Normklasse (vgl. Tabelle 3). Die Tarifsätze der LSVA haben sich seit ihrer Einführung im Jahr 2001 im Laufe der Jahre verändert (siehe Kapitel 1.1.2.1).
Abgabekategorien
Die LSVA umfasst drei Abgabekategorien (Art. 40 Abs. 2 LVA), in die die Fahrzeuge entsprechend ihrer Euro-Normen eingeteilt werden. Die Tarife der drei Abgabekategorien haben sich im Laufe der Zeit geändert, ebenso wie die Zuteilung der Euro-Normen zu den Abgabekategorien. Bei Einführung der LSVA existierten nur Fahrzeuge, die den Euro-Normen 0 bis III entsprachen. Im Laufe der Jahre kamen neue Fahrzeuge mit neuen Euro-Normen auf den Markt.
1.1.2.1 Entwicklung der Tarife und Euro-Normen
Seit ihrer Einführung im Jahr 2001 hat die LSVA einige Tarifanpassungen erfahren. Im Jahr 2001 waren die Abgabesätze für die drei Kategorien wie folgt:
Tabelle 1
Abgabesätze 2001
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| Abgabekategorien | Tarifsätze |
|---|---|
| Abgabekategorie 1 | 2.00 Rappen |
| Abgabekategorie 2 | 1.68 Rappen |
| Abgabekategorie 3 | 1.42 Rappen |
Anschliessend stiegen die Abgabesätze aufgrund von Anpassungen und einem Teuerungsausgleich im Jahr 2012.
Tabelle 2
Abgabesätze 2012
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| Abgabekategorien | Tarifsätze |
|---|---|
| Abgabekategorie 1 | 3.10 Rappen |
| Abgabekategorie 2 | 2.69 Rappen |
| Abgabekategorie 3 | 2.28 Rappen |
Der Bundesrat hat auf den 1.1.2025 eine Anpassung an die Teuerung um 5 Prozent verabschiedet, um die Schiene gegenüber der Strasse wieder wettbewerbsfähiger zu gestalten. Daraus ergeben sich die folgenden Abgabesätze:
Tabelle 3
Abgabesätze 1.1.2025
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| Abgabekategorien | Tarifsätze |
|---|---|
| Abgabekategorie 1 | 3.26 Rappen |
| Abgabekategorie 2 | 2.82 Rappen |
| Abgabekategorie 3 | 2.39 Rappen |
Im Laufe der Jahre gab es auch Abklassierungen, d.h. Fahrzeuge einer bestimmten Euro-Norm wurden nach einer Entscheidung der Schweiz und des Gemischten Ausschusses, wie in Artikel 51 LVA vorgesehen, in eine weniger günstige Abgabekategorie eingestuft. Die letzte Abklassierung erfolgte im Jahr 2021. ⁹ Tabelle 4 zeigt die Abklassierungen seit 2001. Vor 2021 befanden sich Fahrzeuge mit den Euro-Normen IV und V in Abgabekategorie 2. Im Jahr 2021 wurden sie abklassiert und fanden sich in der teuersten Abgabekategorie 1 wieder.
Tabelle 4
Abklassierungen Euro-Kategorien
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| Rp./tkm | 2001 | 2005 | 2008 | 2009 | 2012 | 2017 | 2021 | 2025 |
|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| Euro 0 | 2.00 | 2.88 | 3.07 | → | 3.10 | → | → | 3.26 |
| Euro I | 1.68 | 2.88 | 3.07 | → | 3.10 | → | → | 3.26 |
| Euro II | 1.42 | 2.52 | 3.07 | → | 3.10 | → | → | 3.26 |
| Euro III | 1.42 | 2.15 | 2.26 | 2.66 | 2.69 | 3.10 | → | 3.26 |
| Euro IV | - | 2.15 | 2.26 | → | 2.28 | 2.69 | 3.10 | 3.26 |
| Euro V | - | 2.15 | 2.26 | → | 2.28 | 2.69 | 3.10 | 3.26 |
| Euro VI | - | - | - | - | 2.05 | 2.28 | → | 2.39 |
Zwischen 2008 und 2009 gab es faktisch nur zwei Abgabekategorien, da die geplante Abklassierung der Euro-Norm III zwar auf den 1. Januar 2008 terminiert war, jedoch als Massnahme zur Entlastung der Branche auf den 1. Januar 2009 verschoben wurde. 1⁰ Sämtlichen Fahrzeugen der Euro-VI-Klasse wurde zwischen den Jahren 2012 und 2017 ein Rabatt von 10 Prozent auf die LSVA gewährt. Dies, um die Verbreitung der Euro-VI-Fahrzeuge besonders zu beschleunigen und folglich die Feinstaubbelastung zu reduzieren. 1¹ In derselben Zeitperiode erhielten Euro-II- und III-Fahrzeuge denselben Rabatt, sofern sie einen Partikelfilter installiert hatten (nicht in Tabelle 3 abgebildet). ¹2
Die europäische Emissionsnorm Euro legt die Höchstgrenzen für den Schadstoffausstoss von den Verbrennungsmotoren (von neuen Personenkraftwagen, leichten Nutzfahrzeugen, Schwerverkehrsfahrzeugen und Motorrädern) fest. Ziel der Norm ist es, die Luftverschmutzung durch den Strassenverkehr zu verringern. Euro-Normen schreiben Grenzwerte für die Emissionen von Stickoxiden (NO
x
), Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoffen (HC) und Partikeln vor.
Die erste Euro-Norm für die Schwerverkehrsfahrzeuge wurde von der Richtlinie 88/77/EWG ¹3 festgelegt, ein Gesetzesakt, der inzwischen nicht mehr in Kraft ist. Heute sind die Euro-Normen in der Verordnung (EG) Nr. 595/2009 ¹4 festgehalten. Die Verordnung EG Nr. 595/2009 wird am 1. Juli 2031 durch die Verordnung (EU) 2024/1257, verabschiedet am 24. April 2024 ¹5 , abgelöst, welche die Euro-VII-Norm eingeführt hat (siehe Kapitel 1.2.5).
Abbildung 1
Transportleistungen in tkm nach Fahrzeugtyp
Quelle:
www.bazg.admin.ch
Abbildung 1 zeigt die Verteilung der Fahrleistungen nach Euro-Norm im Laufe der Jahre. Diese Darstellung ermöglicht es, die Einführung von Euro-Normen in die LSVA-Tarifberechnung seit 2001 nachzuvollziehen und den prozentualen Anteil der Fahrzeuge in jeder Norm festzustellen. Es ist zu erkennen, dass bei Einführung einer neuen Norm die Zahl der Fahrzeuge in dieser Norm bis zur Einführung einer neuen Norm zunimmt. Die Zahl der Fahrzeuge in den älteren bzw. niedrigeren Normen nimmt mit der Zeit immer mehr ab. Heute ist die Euro-VI-Norm dominant, während die anderen Normen kaum noch existieren.
⁹ Beschluss Nr. 3/2020 des Gemischten Landverkehrsausschusses Gemeinschaft/Schweiz vom 16. Dezember 2020 über die in der Schweiz ab dem 1. Juli 2021 geltende Gebührenregelung für Kraftfahrzeuge ( AS 2021 353 ).
1⁰
www.bav.admin.ch
> Publikationen > Medienmitteilungen > LSVA-Erhöhung auf 2008: Einjähriger Aufschub des Klassenwechsels für Euro-3-Lastwagen.
1¹
www.bav.admin.ch
> Publikationen > Medienmitteilungen > Gemischter Landverkehrsausschuss: grünes Licht für die Übernahme der EU-Bestimmungen über Interoperabilität und Sicherheit im Schienenverkehr.
¹2
www.bav.admin.ch
> Publikationen > Medienmitteilungen > Treffen des Gemischten Landverkehrsausschusses: ab 2012 Anpassung der LSVA an die Teuerung und Ermässigung für Partikelfilter.
¹3 Richtlinie 88/77/EWG des Rates vom 3. Dezember 1987 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massnahmen gegen die Emission gasförmiger Schadstoffe und luftverunreinigender Partikel aus Selbstzündungsmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen und die Emission gasförmiger Schadstoffe aus mit Erdgas oder Flüssiggas betriebenen Fremdzündungsmotoren zum Antrieb von Fahrzeugen, ABl. L 36 vom 9.2.1988, S. 33.
¹4
Verordnung (EG) Nr. 595/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren hinsichtlich der Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen (Euro VI) und über den Zugang zu
Fahrzeugreparatur- und Wartungsinformationen, zur Änderung der Verordnung (EG)
Nr. 715/2007 und der Richtlinie 2007/46/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinien 80/1269/EWG, 2005/55/EG und 2005/78/EG, ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr.2019/1242, ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 202.
¹5 Verordnung (EU) 2024/1257 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen und Motoren sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge hinsichtlich ihrer Emissionen und der Dauerhaltbarkeit von Batterien (Euro 7), zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EU) Nr. 582/2011 der Kommission, der Verordnung (EU) 2017/1151 der Kommission, der Verordnung (EU) 2017/2400 der Kommission und der Durchführungsverordnung (EU) 2022/1362 der Kommission, ABl. L, 2024/1257, 8.5.2024.
⁸ SR 641.811
1.1.3 Erhebung der LSVA
Das LSVA-Erhebungssystem wird vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) in Zusammenarbeit mit den kantonalen Strassenverkehrsämtern, dem beauftragten und den zugelassenen NETS-Anbietern (National Electronic Toll Service), den EETS-Anbietern (European Electronic Toll Service) und den Fahrzeughaltenden sowie den Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführern betrieben.
Für alle in der Schweiz zugelassenen Fahrzeuge, die der Abgabe unterstellt sind, muss das bisherige LSVA-Erfassungsgerät bis Ende 2025 durch ein fahrzeugseitiges Erfassungssystem ersetzt werden, das die gefahrene Strecke mittels GNSS-Punkte (globales Navigationssatellitensystem) aufzeichnet. Dies betrifft aktuell insgesamt etwa 55 000 Schwerverkehrsfahrzeuge Ausländische Fahrzeuge können auf freiwilliger Basis mit einem Erfassungssystem ausgestattet werden.
Seit 2021 kann alternativ die LSVA - zusammen mit anderen Mautgebühren in Europa - bei im Ausland immatrikulierten Fahrzeugen über ein zugelassenes EETS-Erfassungsgerät beglichen werden. Dadurch schliessen die Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter nur noch einen Vertrag und erhalten nur noch eine Rechnung. Wer EETS nutzen will, muss mit einem EETS-Anbieter einen Vertrag über die Erhebung der LSVA abschliessen. Die vom entsprechenden Erfassungsgerät aufgezeichneten Daten von Fahrten in der Schweiz werden vom EETS-Anbieter dem BAZG übermittelt, welches für jede Fahrt eine elektronische Veranlagungsverfügung erstellt. Diese wird dem Abgabepflichtigen via EETS-Anbieter zugestellt.
Das bis vor Kurzem in der Schweiz verwendete Erfassungssystem zur Erhebung der Schwerverkehrsabgabe (LSVA II) war seit seiner Einführung im Jahr 2001 praktisch unverändert geblieben. Die in den Motorfahrzeugen eingesetzten Geräte sowie die strassenseitige Infrastruktur kamen an ihr technisches Lebensende und mussten bis Ende 2024 erneuert werden. Ein Weiterbetrieb über dieses Datum hinaus war vertraglich und aus beschaffungsrechtlichen Gründen nicht möglich.
Das Parlament hat am 17. März 2023 ¹6 einer Änderung des SVAG zugestimmt, mit der das neue System LSVA III ermöglicht wurde. Die LSVA III ermöglicht eine einfachere und automatisierte Erhebung der LSVA. Das neue Erhebungssystem ist auf die europäischen Standards abgestimmt und technologisch geöffnet. Die Anbieter von Erfassungsdienstleistungen erhalten die Möglichkeit, nach erfolgreichem Durchlaufen eines Zulassungsverfahrens in der Schweiz ihre Dienstleistungen anzubieten und ihre Erfassungssysteme zur Verfügung zu stellen. Die LSVA basiert nun auf drei Erhebungsdiensten:
-
Europäischer elektronischer Mautdienst (EETS): Standarddienst für in- und ausländische Fahrzeuge, die in verschiedenen Mautgebieten verkehren;
-
Nationaler elektronischer Mautdienst (NETS): Standarddienst für in- und ausländische Fahrzeuge, die nur von der LSVA betroffen sind und den EETS nicht benötigen bzw. keinen EETS-Vertrag eingehen wollen oder können;
-
Nationaler manueller Mautdienst (NMTS): Digitale Lösung für Fahrzeuge ohne EETS- oder NETS-Vertrag.
¹6 BBI 2023 789
¹ SR 101
² SR 641.81
³ BBl 1996 V 521
1.2 Handlungsbedarf und Ziele
Mit der LSVA soll der Schwerverkehr die ihm zurechenbaren Infrastrukturkosten und Kosten zulasten der Allgemeinheit teilweise oder vollständig decken, soweit er für diese nicht bereits durch andere Leistungen oder Abgaben aufkommt (Art. 85 BV). Die LSVA ist auch ein wesentliches Element der schweizerischen Verkehrspolitik. Sie schafft eine Verlagerungswirkung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene und ist somit ein zentrales Instrument zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs in Umsetzung von Artikel 84 BV.
Die Einnahmen aus der LSVA sind zweckgebunden (Art. 85 BV und Art. 19 Abs. 2 SVAG). Der Bund verwendet seinen Anteil an den Einnahmen aus der LSVA (zwei Drittel) primär für die Finanzierung der Bahninfrastruktur. Die Kantone erhalten ein Drittel der Einnahmen und finanzieren damit Verkehrsprojekte (Art. 19 SVAG).
Aktuell sind die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge unbefristet von der LSVA befreit (Art. 2 Abs. 1 Bst. k SVAV). Bereits mit dem Verlagerungsbericht 2019 hat der Bundesrat aufgezeigt, dass eine Anpassung und Weiterentwicklung der LSVA notwendig ist, damit auch künftig ihre Ziele erreicht werden können und weiterhin ein wichtiger Beitrag zu den Verlagerungs- und Umweltzielen der Schweiz geleistet werden kann. ¹7 Im Verlagerungsbericht 2021 hat er Stossrichtungen festgehalten. ¹8 Die vom Bundesrat im Jahr 2021 beschlossene Weiterentwicklung der LSVA hat zum Ziel, in absehbarer Zeit die Bemessung der LSVA nach Euro-Kategorie schrittweise durch eine Ausrichtung nach Schadstoff- und Treibhausgasausstoss ersetzen zu können, die Investitionssicherheit zu gewährleisten, alle Antriebsformen in das LSVA-System zu integrieren und alternative Antriebsformen zu fördern. Nach der im Frühjahr 2024 durchgeführten Vernehmlassung zur Konkretisierung dieser Stossrichtungen (siehe Kapitel 2) legt der Bundesrat nun eine Botschaft zur Revision des SVAG vor.
1.2.1 Entwicklung Transportleistungen
Die nachfolgende Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Güterverkehrsleistung von Strasse und Schiene in Millionen tkm von 2001 bis 2022. Die Güterverkehrsleistung ist in den letzten 20 Jahren leicht angestiegen, wohingegen der Modal Split über die Jahre hinweg mehr oder weniger gleichgeblieben ist.
Güterzüge sowie Last- und Lieferwagen bewegen in der Schweiz jährlich hunderte Millionen Tonnen Güter. Weil Bevölkerung und Wirtschaft wachsen und daher mehr Waren und Güter verbraucht werden, wird auch die Transportleistung weiter zunehmen. Bis 2050 wird die Verkehrsleistung aller Verkehrsträger in allen Szenarien der vom Bund entwickelten Verkehrsperspektiven 2050 von rund 30 Milliarden tkm im Jahr 2025 auf 36-40 Milliarden tkm im Jahr 2050 steigen. ¹9
Nach den Projektionen der Verkehrsperspektiven 2050 werden die Transportleistungen im Binnen-, Import- und Exportverkehr auf der Strasse stärker zunehmen als auf der Schiene, womit ein reales Risiko auf Rückschritte bei der Verlagerung besteht. Beim Transitverkehr wird nur ein Anstieg der Transportleistung auf der Schiene erwartet.
Die vorliegende Botschaft zielt daher darauf ab, mit den Anpassungen des SVAG sicherzustellen, dass auch zukünftig der Anreiz aufrecht erhalten bleibt, mehr Güter auf der Schiene zu transportieren. Das Ausmass der Auswirkung der LSVA auf den schweizweiten Modal Split kann rückblickend nicht konkret quantifiziert werden; wenn man jedoch nur den alpenquerenden Güterverkehr betrachtet, lässt sich ein Einfluss feststellen (siehe Kapitel 1.2.4).
Abbildung 2
Transportleistung Güterverkehr Strasse und Schiene
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle:
www.bfs.admin.ch
¹9
www.are.admin.ch
> Mobilität > Grundlagen und Daten > Verkehrsperspektiven 2050 > Entwicklungen Güterverkehr
1.2.2 Entwicklungen des Markts und der Transportleistungen von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen
Seit etwa zehn Jahren nimmt in der Schweiz die Zahl der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge zu. Als elektrisch angetrieben werden Fahrzeuge verstanden, die batterieelektrisch oder mit Wasserstoffbrennstoffzellen angetriebenen werden. Bis 2020 blieb das Wachstum jedoch moderat. Im Jahr 2022 gab es in der Schweiz 234 elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Lastwagen, Sattelmotorfahrzeuge und Sattelschlepper), die vom Gewicht her der LSVA unterstellt wären, aber derzeit noch von ihr befreit sind (Art. 2 Abs. 1 Bst. k SVAV). Im Vergleich dazu bleiben die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren mit 53 894 Fahrzeugen über die Jahre hinweg auf einem hohen Niveau konstant (nicht abgebildet). Im Jahr 2023 gab es in der Schweiz 598 elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Dies entspricht einem Anstieg von rund 110 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Vergleich dazu gab es 54 257 Dieselfahrzeuge.
Abbildung 3
Anzahl batterieelektrische oder mit Wasserstoffbrennstoffzellen angetriebene, schwere Güterverkehrsfahrzeuge, die in der Schweiz zugelassen sind
0
200
400
600
800
1000
1200
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
Anzahl Fahrzeuge
Batterieelektrisch
Wasserstoffbrennstoffzellen
Quelle:
www.bfs.admin.ch
Neben der Anzahl der neu zugelassenen elektrisch angetriebenen Fahrzeuge ist von Interesse, sich auf die Entwicklung der Transportleistung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in den kommenden Jahren zu konzentrieren. Das Erreichen der Ziele der LSVA und damit die daraus resultierenden Massnahmen zur Weiterentwicklung der Abgabe hängen direkt von der Entwicklung der Verkehrsleistung elektrisch angetriebener Fahrzeuge in den nächsten Jahren ab. Der Marktanteil dieser Fahrzeuge ist daher ein zentrales Element, um die zu ergreifenden Massnahmen bestmöglich zu kalibrieren. Es ist jedoch äusserst schwierig, für die Schweiz die Ausbreitung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in den nächsten Jahren abzuschätzen.
Um ein Bild des Strassengüterverkehrsmarktes sowie des Marktes für Schwerverkehrsfahrzeuge in den nächsten Jahren zu erhalten und den Marktanteil von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen abschätzen zu können, wird ein Überblick über die Ergebnisse verschiedener Studien gegeben. Je nach Studie wird dabei die Transportleistung (tkm oder Fzkm), die Anzahl Neuzulassungen oder der Bestand der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge geschätzt. Da derzeit nur relativ wenige Daten verfügbar sind und die Entwicklung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unsicher ist, sind die Ergebnisse der Studien dispers. Ziel ist es, in den nächsten Abschnitten einen Überblick über die derzeit verfügbaren Schätzungen zu geben, um eine Einschätzung zu gewinnen, in welche Richtung sich elektrisch angetriebene Fahrzeuge in den nächsten Jahren entwickeln können.
Entwicklung elektrisch angetriebener Fahrzeuge
Einige Schätzungen sagen eine bedeutende Entwicklung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen voraus. In den optimistischsten Szenarien ist es nicht auszuschliessen, dass elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Jahr 2050 bis zu 100 Prozent der Flotte ausmachen könnten. Dieselfahrzeuge könnten bis 2050 vollständig vom Markt verschwinden. Gemäss EBP nimmt der Strassengüterverkehr in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums zu. Im Jahr 2030 wird gemäss dieser Studie von 2023 mehr als die Hälfte der Neuzulassungen CO
2
-emissionsfreie Fahrzeuge sein. 2⁰ Im Jahr 2030 würden batterieelektrische Fahrzeuge der Studie zufolge einen Marktanteil von 43 Prozent der Neuzulassungen erreichen. Mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge könnten 2030 einen Marktanteil von 10 Prozent erreichen. Der Marktanteil von Fahrzeugen ohne CO
2
-Emissionen (elektrisch und mit Wasserstoffantrieb) könnte 2040 90 Prozent erreichen.
Eine von Agora Verkehrswende in Zusammenarbeit mit Transport and Environment im Jahr 2022 durchgeführte Studie hat gezeigt, dass es denkbar ist, dass bereits 2035 fast alle Neuzulassungen für den europäischen Schwerverkehr CO
2
-freie Fahrzeuge sind. 2¹ Carbone4 führte im Jahr 2022 eine Studie über die Dekarbonisierung von Schwerverkehrsfahrzeugen in Frankreich durch. 2² Die Flotte, die heute fast vollständig mit herkömmlichen fossilen Brennstoffen betrieben wird, soll bis 2050 durch Alternativen ersetzt werden, die in der Nutzungsphase keine Treibhausgase ausstossen. Von den drei Alternativen, die eine den klimatischen Herausforderungen entsprechende Dekarbonisierung der schweren Nutzfahrzeuge ermöglichen - Biogas (aber nicht Erdgas), batterieelektrische Fahrzeuge und kohlenstoffarme Wasserstoffbrennstoffzellen - scheinen batterieelektrische Fahrzeuge am besten geeignet zu sein, um den Güterverkehr in Städten und Agglomerationen zu dekarbonisieren. Die Gründe sind darin zu sehen, dass einerseits mit Biogas angetriebene Fahrzeuge trotz allem höhere CO
2
-Emissionen und andere externe Kosten verursachen als elektrische Fahrzeuge und andererseits die Ressourcen für klimaneutralen Wasserstoff endlich sind. Die Elektrifizierung wird daher immer mehr zur bevorzugten Option für die Dekarbonisierung des Sektors. Die Fahrzeughersteller im Schwerverkehr prognostizieren, dass etwa 40-50 Prozent ihrer Verkäufe innerhalb von 8 Jahren, also bis 2030, emissionsfreie (hauptsächlich batteriebetriebene) Fahrzeuge sein werden.
Wettbewerbsfähigkeit elektrisch angetriebener Schwerverkehrsfahrzeuge
Eine zentrale Erkenntnis der Studie von Agora Verkehrswende ist, dass batterieelektrische Schwerverkehrsfahrzeuge im Vergleich zu Dieselfahrzeugen bereits im Jahr 2030 in 99,6 Prozent aller Anwendungsfälle in der Gesamtkostenrechnung günstiger sein werden und sie die gleichen Anforderungen an Reichweite, Laufzeit und Nutzlast erfüllen werden. Diese Studie berücksichtigt in ihren Annahmen die hohen CO
2
-Emissionsstandards für Lastwagen, um eine ausreichende Versorgung mit Lastwagen seitens der Hersteller sicherzustellen, sowie Anreize und nationale Politik, die den Erwerb von Elektrofahrzeugen fördern, sowie die in der EU geltenden (zum Zeitpunkt der Studie noch nicht eingeführten) CO
2
-Emissionsabgaben. Diese Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da sich daraus keine direkte Prognose für die Anzahl Neuzulassungen im Jahr 2030 ableiten lässt, sondern lediglich eine Analyse darstellt, in welchen Fällen sich die Investition in batterieelektrische Schwerverkehrsfahrzeuge gegenüber einem Diesel-Lastwagen betriebswirtschaftlich lohnen würde. Nicht miteinbezogen sind externe Einflussfaktoren wie beispielsweise die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur oder ein ausreichendes Angebot an batterieelektrischen Fahrzeugen. Von einem Anteil an Neuzulassungen von batterieelektrischen Schwerverkehrsfahrzeugen im Jahr 2030, der gegen 100 Prozent geht, ist daher nicht auszugehen.
Das International Transport Forum im Jahr 2022 hat eine Studie über die Machbarkeit der Dekarbonisierung des Schwerverkehrssektors hin zu CO
2
-emissionsfreien Technologien durchgeführt. ²3 Die Studie vergleicht die Wettbewerbsfähigkeit und die Kosten von emissionsfreien Fahrzeugen (elektrische Batterien, Wasserstoffbrennstoffzellen sowie ein elektrisches Strassensystem - Electric Road System ERS) mit Dieselfahrzeugen. Die Ergebnisse zeigen, dass emissionsfreie Fahrzeuge je nach Fahrzeuggrösse zwischen 2030 und 2040 generell wettbewerbsfähiger als Dieselfahrzeuge sein werden. Darüber hinaus variieren die Kosten und die Wettbewerbsfähigkeit von emissionsfreien Fahrzeugen je nach Technologie. Batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge und Fahrzeuge, die ein elektrifiziertes Strassennetz nutzen, können in Europa aufgrund ihrer Energieeffizienz und der niedrigen Betriebskosten, die ihre Anschaffungskosten kompensieren, kostenmässig gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wettbewerbsfähig werden.
Entwicklung der Ladeinfrastruktur
Die Entwicklung der Flotte von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen hängt auch stark von der baulichen Entwicklung und der Verfügbarkeit der öffentlichen, aber auch privaten Ladeinfrastruktur ab. Die Entscheidung, ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug anzuschaffen, hängt nicht nur von den Gesamtkosten einschliesslich der LSVA ab, sondern ist in einen gesamtheitlicheren Kontext eingebettet, in dem z. B. Ladeinfrastruktur für elektrisch angetriebene Fahrzeuge verfügbar sein müssen. Für die meisten Transportunternehmen bedeutet der Übergang zu einer emissionsfreien Fahrzeugflotte auch, dass sie in die Installation von Ladeinfrastruktur investieren müssen.
Derzeit werden mehrere Projekte durchgeführt, um den Transportunternehmen die notwendigen Elemente zur Optimierung ihrer Investitionsstrategie in eine umweltfreundlichere Flotte an die Hand zu geben. Ecoplan leitet derzeit das Projekt «Charging Infrastructure Strategy for Battery Electric Truck», dessen Ziel es ist, die ideale individuelle Strategie zu definieren, mit der ein Transportunternehmen seine Investitionen planen kann. Im Rahmen des Projekts werden verschiedene Szenarien für die Realisierung einer Ladeinfrastruktur für elektrisch angetriebenen Fahrzeuge in der Schweiz evaluiert und entwickelt. Die Szenarien werden hinsichtlich verschiedener Aspekte untersucht und beurteilt: Dazu gehören die Ausgestaltung der Ladeinfrastruktur selbst, das dazu benötigte Stromnetz inklusive allfällig notwendigem Netzausbau auf verschiedenen Netzebenen sowie die erforderlichen regulatorischen Rahmenbedingungen. In einer Wirkungsanalyse werden die Szenarien hinsichtlich Kosten und Nutzen unter Einbezug ausgewählter Transportunternehmen sowie der Nutzfahrzeug-, Energie- und Infrastrukturbranche evaluiert. Im Ergebnis werden Empfehlungen zur effizienten und koordinierten Realisierung einer Ladeinfrastruktur für E-LKW in der Schweiz abgeleitet. INFRAS entwickelt seinerseits eine Entscheidungshilfe (Excel-Tool) für Unternehmen zur Ermittlung der optimalen Ladestrategie für die Fahrzeugflotte. Ziel des Projektes ist die Bereitstellung nationaler Elektromobilitätsszenarien für schwere Nutzfahrzeuge, die im «Handbook of Emissions Faktors for Road Transport» (HBEFA) integriert werden. Beide Projekte zielen darauf ab, den Transportunternehmen die notwendigen Instrumente an die Hand zu geben, damit sie sich an der Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs beteiligen können.
Auch die Investitionen in Ladeinfrastruktur sollen gefördert werden. Das vom Parlament verabschiedete Bundesgesetz vom 30. September 2022 ²4 über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG) sieht die Möglichkeit vor, neuartige Technologien und Prozesse zu fördern. Die Ladeinfrastruktur könnte von dieser Förderung profitieren. Diese Massnahme würde auch einen weiteren Schritt in Richtung einer vollständig elektrisch betriebenen Fahrzeugflotte bedeuten.
2⁰
www.ebp.global
> Fokus > Schnell-Ladehubs für E-LKWs in der Schweiz
2¹
www.agora-verkehrswende.de
> Veröffentlichungen > 2022 > Elektro-Lkw schneller auf die Strasse bringen > Studie
2²
www.carbone4.com
> Ressources > Publications > Camion électrique: il est temps d’embrayer sur la logistique urbaine.
²3 ITF (2022), Decarbonising Europe’s Trucks: How to minimise cost uncertainty, International Transport Forum Policy Papers, No 107, OECD Publishing, Paris.
²4 SR 814.310
1.2.3 Deckung der externen Kosten
Der Begriff der externen Kosten bezieht sich auf Kosten, die nicht von denjenigen bezahlt werden, die sie verursachen, sondern von der Allgemeinheit getragen werden müssen (ungedeckte Kosten von Gesundheits- und Umweltschäden, sowie Unfällen und Stau). Im Zusammenhang mit dem Schwerverkehr bezieht sich der Begriff der Allgemeinheit insbesondere auf die öffentliche Hand, die von den Emissionen des Schwerverkehrs Betroffenen und die anderen Strassenverkehrsteilnehmer. So wird beispielsweise der Eigentümer eines Gebäudes aufgrund der starken Lärmbelästigung entweder billigere Mieten einnehmen oder hohe Kosten für die Bekämpfung der Lärmbelästigung aufbringen müssen.
Deckung externer Kosten 1996
Bei der Einführung der LSVA wurden die ungedeckten Kosten des Schwerverkehrs, die früher von der Allgemeinheit getragen wurden, berücksichtigt, insbesondere die externen Kosten in Verbindung mit Unfällen und Umweltschäden.
In der Botschaft des Bundesrats von 1996 wurden die Beträge der damaligen externen Kosten des Schwerverkehrs aufgrund von Unfällen und Umweltbelastungen (Lärm, Gesundheitsschäden, Gebäudeschäden) dargestellt. Ursprünglich war geplant, die Abgabensätze der LSVA schrittweise zu erhöhen, um eine vollständige Deckung der externen Kosten zu erreichen. Der Bundesrat schlug vor, die LSVA in zwei Schritten einzuführen, um eine schrittweise Internalisierung aller externen Kosten zu ermöglichen. Die Tarife wurden auf eine Höhe bemessen, die nicht die gesamten externen Kosten des Schwerverkehrs internalisieren würde. Dies nicht zuletzt, weil die im LVA festgelegten Höchstbeträge dafür zu niedrig sind.
Deckung der externen Kosten heute
Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) berechnet alljährlich Kosten und Nutzen des Verkehrs nach den verschiedenen Verkehrsträgern, inklusive diejenigen des Schwerverkehrs auf der Strasse. ²5
Abbildung 4
Externe Kosten des Schwerverkehrs 2021
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Quelle:
www.are.admin.ch
Für das Jahr 2021 werden 5377 Millionen Franken an Kosten ausgewiesen, wovon 1412 Millionen Franken Infrastrukturkosten sowie 3470 Millionen Franken externe Kosten und 495 Millionen Franken Staukosten (gelten aus Sicht des Schwerverkehrs ebenfalls als extern) sind. Demgegenüber weist das ARE ein Total von 2431 Millionen Franken aus, die vom Schwerverkehr selbst getragen, also gedeckt werden. Von diesen 2431 Millionen Franken stammen 1042 Millionen Franken aus der LSVA, der Rest aus anderen Abgaben wie bspw. der Mineralölsteuer. Es verbleiben 2947 Millionen Franken, die ungedeckt bleiben. Der daraus resultierende Kostendeckungsgrad von ungefähr 45 Prozent für das Jahr 2021 entspricht in etwa dem Niveau der letzten 10 Jahre (zwischen 45 Prozent und 50 Prozent). Das ARE weist diese Berechnungen separat in einem vom Bundesamt für Verkehr (BAV) publizierten Faktenblatt Kostendeckung Schwerverkehr aus. ²6
Die vom ARE angewandte Methodik zur Kostenermittlung beruht massgeblich auf einem Bundesgerichtsentscheid von 2013. ²7 Das Bundesgericht spricht in Erwägung 2.2.1 von einer «umfassenden Kostenanlastung einseitig beim SV (Schwerverkehr)» und davon, dass «Stauzeitkosten Kosten zu Lasten der Allgemeinheit dar[-stellen] und in die Berechnung des Abgabetarifs miteinbezogen werden [dürfen]». Es ist daher folgerichtig, dass das ARE auch die vom Schwerverkehr verursachten Stauzeitkosten in seine Berechnung miteinbezieht.
Abbildung 5
Kostendeckungsgrad des Schwerverkehrs in der Schweiz 2010-2021
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Quelle:
www.bav.admin.ch
Anpassung der Berechnung der externen Kosten
Die Methode zur ex-post-Berechnung der externen Kosten des Schwerverkehrs wird entsprechend dem Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnisse aktualisiert. Der Preis für eine Tonne CO
2
-Äquivalent, ein wichtiger Bestandteil der Berechnung der externen Kosten, wird regelmässig aktualisiert. Es gibt zwei Ansätze, um den Preis einer Tonne CO
2
-Äquivalent zu schätzen. Der erste besteht darin, abzuschätzen, wie viel die Vermeidung der Emission einer Tonne kostet. Diese Vermeidungskosten hängen vom gesetzten Reduktionsziel, dem Zeithorizont und den verfügbaren Technologien zur Dekarbonisierung ab. Die Vermeidungskosten sind umso höher, je ehrgeiziger das Reduktionsziel im Vergleich zum beobachteten Emissionspfad ist, je weniger Zeit zur Verfügung steht, um das Ziel zu erreichen und je schwieriger die Bereiche sind, in denen die Emissionen reduziert werden müssen, um sie zu dekarbonisieren. Der andere Ansatz besteht darin, direkt den Schaden zu schätzen, der durch den Ausstoss einer zusätzlichen Tonne CO
2
verursacht wird. Die "Schadenskosten" hängen entscheidend vom zukünftigen Emissionspfad ab, zu dem diese Tonne hinzugefügt wird. Je mehr man von einem Szenario mit hohen Treibhausgasemissionen ausgeht, desto höher ist das Risiko irreversibler Folgen mit Rückkopplungseffekten.
Die Methode zur Berechnung der externen Kosten wurde 2024 aktualisiert und die externen Kosten des Schwerverkehrs dann revidiert. Mit dem Bericht ²8 zu den externen Effekten des Verkehrs 2021 hat das ARE die CO
2
-Kosten nach oben korrigiert, da diese künftig nach dem Schadenskostenansatz und nicht mehr nach dem Vermeidungskostenansatz berechnet werden. Insgesamt führt die Methodenrevision zu einem Anstieg der externen Kosten des Verkehrs und damit zu einer mathematischen Reduktion des Deckungsgrades der externen Kosten des Schwerverkehrs bei ansonsten gleichen Bedingungen. Die Berechnungsmethode und die Kostendeckung des Schwerverkehrs sind in einem Faktenblatt dargestellt. ²9
Das ARE führt regelmässig, alle 5 Jahre, eine methodische Überprüfung der externen Kosten und Nutzen des Verkehrs durch. Ziel einer Revision ist es, die Berechnungen an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und verfügbaren Datengrundlagen anzupassen, wie es das SVAG vorschreibt. Im aktuellen Expertenbericht aus dem Jahr 2024 wird dargelegt, dass Unsicherheiten über die Schadenskosten von Klimaveränderung bestehen. Entsprechend haben die Autoren nicht nur einen Basiswert, sondern auch eine Bandbreite für den Klimakostenansatz ermittelt. Die nächste methodische Überprüfung ist ab 2027 geplant.
²5
www.are.admin.ch
> Mobilität > Grundlagen und Daten > Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs
²6
www.bav.admin.ch
> Verkehrsmittel > Strassengütervekehr > LSVA
²7 Urteil 2C_1162/2012 des Bundesgerichts vom 8. August 2013
²8
www.are.admin.ch
> Mobilität > Grundlagen und Daten > Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs
²9
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> Verkehrsmittel > Strassengüterverkehr > LSVA
1.2.4 Verlagerungspolitik der Schweiz
Die LSVA ist ein zentrales Instrument, um den Verfassungsauftrag zur Verlagerung des alpenquerenden Verkehrs von der Strasse auf die Schiene in die Praxis umzusetzen (Art. 84 BV). Eines der Ziele der LSVA ist es, durch Durchsetzung der Kostenwahrheit die relativen Preise zwischen Strassen- und Schienengüterverkehr zu korrigieren, so dass der Schienengüterverkehr gegenüber dem Schwerverkehr auf der Strasse an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit gewinnt. Dies fördert die Verlagerung von der Strasse auf die Schiene.
Aus verlagerungspolitischer Sicht ist die LSVA nach wie vor insbesondere aufgrund ihrer Anreizwirkung zur Reduktion der Zahl der alpenquerenden Fahrten verbunden mit einer erhöhten Auslastung und der Vermeidung von Leerfahrten von grosser Bedeutung. Zusätzlich bestehen durch die Differenzierung des LSVA-Abgabetarifs Anreize für eine beschleunigte Modernisierung des Fahrzeugparks.
Der alpenquerende Strassengüterverkehr im Jahr 2023 war gegenüber dem Vorjahr rückläufig. Die Zahl der Fahrten schwerer Güterfahrzeuge durch die Schweizer Alpen nahm 2023 gegenüber 2022 ab: Die Fahrtenzahl betrug 2023 916 000 Fahrten, das sind etwa 12 000 Fahrten bzw. 1,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Fahrtenzahl lag im Jahr 2023 mehr als ein Drittel (-34.7 %) bzw. rund 488 000 Fahrten unter dem Wert des Referenzjahrs 2000, als jährlich noch über 1,4 Millionen schwere Güterfahrzeuge die Schweizer Alpen überquerten. 3⁰
Abbildung 6
Strassenbedingter alpenquerender Güterverkehr in der Schweiz
[Bild bitte in Originalquelle ansehen]
Quelle: BAV
Zwischen 2000 und 2006 ging die Zahl der alpenquerenden Fahrten um insgesamt 15,9 Prozent zurück, anschliessend wurde bis 2008 wiederum ein Anstieg um 8 Prozent verzeichnet. Seit 2008 ist ein kontinuierlicher und teils deutlicher Rückgang der Fahrten festzustellen, nur unterbrochen durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009. Seit 2016 liegt die Zahl der Fahrten konstant unter einer Million pro Jahr. Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie führten dazu, dass im Jahr 2020 nur noch 863 000 Schwere Güterfahrzeuge (SGF) die Schweizer Alpen überquerten. Seit 2020 ist erstmals seit 2009/2010 wieder ein Anstieg der alpenquerenden Fahrten zu beobachten; so war 2021 die Fahrtenzahl - infolge der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 - 5,3 Prozent höher als im Vorjahr. 3¹ 2024 betrug die Fahrtenzahl 960 000.
Es sind daher weiterhin Massnahmen zu ergreifen, um die Verlagerungspolitik der Schweiz weiter zu fördern und das Ziel von 650 000 SGF, die die Schweiz durchqueren, zu erreichen. Obwohl die LSVA bereits einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der alpenquerenden Fahrten geleistet hat, muss ihre Weiterentwicklung dies auch zukünftig gewährleisten und ermöglichen, die Anzahl der alpenquerenden SGF durch die Schweiz weiter zu reduzieren.
Durch die derzeitig vollständige Befreiung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen verschlechtert sich schrittweise das Preisverhältnis zwischen Schiene und Strasse zulasten des Schienengüterverkehrs. Dies reduziert die Anreizwirkung der LSVA zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs und schwächt auch die Wettbewerbsposition des Schienengüterverkehrs im Binnen-, Import- und Exportverkehr.
3⁰
www.bav.admin.ch
> Verkehrsmittel > Eisenbahn > Güterverkehr > Verlagerung > Berichte und Zahlen - BAV
3¹
www.bav.admin.ch
> Verkehrsmittel > Eisenbahn > Güterverkehr > Verlagerung > Verlagerungsbericht
1.2.5 Abklassierung von Euro-Normen kommt an seine Grenzen
Das gegenwärtige LSVA-System basiert auf der Gegebenheit und Annahme, dass immer neue Euro-Normen - mit strengeren Abgasnormen und somit geringerer Schadstoffbelastung - auf den Markt kommen. Dies ermöglicht es, ältere Euro-Normen abzuklassieren, also in eine teurere Abgabekategorie zu verschieben. Den Fahrzeughaltenden wird anhand einer grösseren tariflichen Belastung der älteren Euro-Normen ein Anreiz geschaffen, in Fahrzeuge mit neuerer Euro-Norm zu investieren. Die LSVA senkt somit die externe Kostenbelastung des Schwerverkehrs auf zweierlei Art und Weise: mittels der Verlagerung auf die Schiene, aber auch mittels der Bevorzugung schadstoffärmerer Fahrzeugmodelle.
Mit der Verordnung (EU) 2024/1257 wurde die neue Euro-VII-Norm eingeführt, die Personenkraftwagen, leichte und schwere Nutzfahrzeuge umfasst. Sie schafft leicht verschärfte Regeln für Fahrzeugemissionen. Es werden angemessenere Vorschriften für Emissionen, aber auch für andere umweltschädliche Faktoren angestrebt und gleichzeitig weitere Themen wie Reifenabrieb und Lebensdauer von Batterien angegangen. Die Verordnung (EU) 2024/1257 sieht in Artikel 21 je nach Fahrzeugtyp ein anderes Umsetzungsdatum vor. Nichtsdestotrotz wird die Euro-VII-Norm voraussichtlich 2029 für alle neu zugelassenen Fahrzeuge verpflichtend.
Mit der Einführung der neuen Euro-VII-Norm soll, wie üblich, die ältere Euro-VI-Norm in eine niedrigere Abgabekategorie abklassiert werden (siehe Kapitel 1.1.2.1). Es ist dabei aber festzuhalten, dass Unterschiede in den Anforderungen bezüglich der Emissionen von Euro-VII-Fahrzeugen gegenüber denjenigen von Euro-VI-Fahrzeugen gering sind. Ein günstigerer LSVA-Tarif für Euro-VII-Fahrzeuge ist daher nur für eine befristete Zeit sachlich begründbar. Zudem ist die Entwicklung von Euro-VII-Fahrzeugen ungewiss. Es ist möglich, dass die Euro-VII-Fahrzeuge sich nicht im Markt etablieren und stattdessen von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen übersprungen werden. Je mehr elektrisch angetriebene Fahrzeuge auf dem Markt sind, desto schlechter deckt das bisherige LSVA-System die Entwicklungen in der Fahrzeugflotte ab. Das Deklassierungssystem stösst also insofern an seine Grenzen, als dass die Fahrzeuge der Zukunft nicht mehr sinnvoll nach Euro-Normen differenzierbar sind.
1.2.6 Revision der Eurovignetten-Richtlinie in der Europäischen Union
Die Europäische Union beschloss 2017, die Richtlinie 1999/62/EG 3² (im Folgenden wird von Eurovignetten-Richtlinie gesprochen) zu überarbeiten, um eine einheitliche Abgabe auf einer gemeinsamen Grundlage für alle Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Das zentrale Element der Eurovignetten-Richtlinie ist die Klassifizierung der Abgabe für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge nach den CO
2
-Emissionen der Fahrzeuge. Neben den externen Kosten und der zurückgelegten Strecke ist der CO
2
-Ausstoss ausschlaggebend für die Höhe der Abgabe, die die Mitgliedstaaten erheben können. Während Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb in den Euro-Normen zurzeit nicht abgedeckt sind, werden sie zukünftig mit der Umstellung auf den CO
2
-Ausstoss als Bemessungsgrundlage ebenfalls erfasst sein. So wurde am 24. Februar 2022 die Richtlinie (EU) 2022/362 3³ verabschiedet, die unter anderem die Eurovignetten-Richtlinie ändert und als Grundlage für die Mautregelung auf europäischer Ebene dient.
Die Revision der Eurovignette-Richtline wirft Fragen für das Abgabesystem in der Schweiz auf. Bei der Weiterentwicklung der LSVA sind die Entwicklungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen, wobei das im LVA festgelegte einheitliche LSVA-System zu gewährleisten ist. Die Auswirkungen der Eurovignette und der Revision der LSVA werden in Kapitel 3.3 ausführlich dargestellt.
3² Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benützung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge, ABl. L 187 vom 20. Juli 1999, S. 42; zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2022/362, ABl. L 69 vom 4.3.2022, S. 1.
3³ Richtlinie (EU) 2022/362 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Februar 2022 zur Änderung der Richtlinien 1999/62/EG, 1999/37/EG und (EU) 2019/520 hinsichtlich der Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch Fahrzeuge, Fassung gemäss ABl. L 69 vom 4.3.2022, S. 1.
1.2.7 Dekarbonisierung des schweren Güterverkehrs
Der Verkehrssektor ist für etwa 25 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, von denen 71 Prozent auf den Binnenverkehr zurückzuführen sind. ³4 In der EU sind schwere Nutzfahrzeuge für 26 Prozent der CO
2
-Emissionen des Strassenverkehrs verantwortlich ³5 , obwohl sie nur 2 Prozent der Fahrzeuge auf den Strassen ausmachen. ³6 Um die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, sollen schwere Nutzfahrzeuge vollständig dekarbonisiert werden. Mit der Verordnung (EU) 2024/1610 ³7 wurden die bestehenden EU-Emissionsvorschriften für schwere Nutzfahrzeuge geändert und verschärft. Die geänderten Vorschriften werden die CO
2
-Emissionen des Strassenverkehrs weiter senken und neue Ziele für 2030, 2035 und 2040 einführen. Die Lastwagen müssen bis 2040 90 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als 2019 ausstossen. Die strengeren Normen für CO
2
-Emissionen werden dazu beitragen, den Anteil emissionsfreier Fahrzeuge an der Flotte schwerer Fahrzeuge in der gesamten EU zu erhöhen, und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Innovation und die Wettbewerbsfähigkeiten des Sektors erhalten und verbessert werden.
³4 Jaramillo, P., S. Kahn Ribeiro, P. Newman, S. Dhar, O.E. Diemuodeke, T. Kajino, D.S. Lee, S.B. Nugroho, X. Ou, A. Hammer -Strømman, J. Whitehead, 2022: Transport. In IPCC, 2022: Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate: Cambridge University Press, Cambridge, UK and New York, NY, USA.
³5 UNFCCC (2019). GHG data from UNFCCC.
³6 ACEA (2022). Report - Vehicles in use, Europe 2022.
³7 Verordnung (EU) 2024/1610 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2024 zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1242 im Hinblick auf die Verschärfung der CO
2
-Emissionsnormen für neue schwere Nutzfahrzeuge und die Einbeziehung von Meldepflichten, zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/858 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2018/956, Fassung gemäss ABl. L, 2024/1610, 6.6.2024.
1.2.8 Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur
Mit der fortschreitenden Verbreitung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen nähme in Zukunft die Zahl der Fahrzeuge, die von der LSVA vollständig befreit wären, nach und nach zu. Die LSVA-Einnahmen würden so kontinuierlich zurückgehen. Eine fortwährende Befreiung elektrisch angetriebener Fahrzeuge nach 2031 würde nach ersten Schätzungen bis 2035 zu Mindereinnahmen in Höhe von mehreren Hunderten Millionen Franken führen. Damit verbunden würde der Beitrag der LSVA an den Bahninfrastrukturfonds (BIF) deutlich schrumpfen. Die finanziellen Auswirkungen der Vorlage werden in Kapitel 6.1.1 dargestellt.
1.2.9 Gewährleistung der Planungssicherheit für Fahrzeughaltende
Die Transportbranche hat in der Vergangenheit oft und berechtigterweise die Kritik angeführt, dass tarifliche Veränderungen an der LSVA die Planungssicherheit beeinträchtigen. Ausgehend von einer Lebensdauer eines Fahrzeugs von sieben Jahren war es bei der Beschaffung in den meisten Fällen nicht vorhersehbar, die gesamten zukünftig anfallenden Betriebskosten des Fahrzeugs zu bemessen. Die Abklassierung von Fahrzeugen einer Euro-Norm in eine teurere Abgabekategorie wurde seitens des Bundes stattdessen mit einer Vorlaufzeit von ein bis drei Jahren (z.B. im Rahmen des zweijährlich erscheinenden Verlagerungsberichts) angekündigt.
Heute ist auf Verordnungsstufe (Art. 8 Abs. 3 SVAV) festgehalten, dass Fahrzeuge, die der günstigsten Abgabekategorie zugeordnet werden, mindestens sieben Jahre in dieser Kategorie eingestuft bleiben. Die Frist beginnt zu dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die jeweilige Emissionsklasse für die erste Inverkehrsetzung von Neufahrzeugen gemäss den Anhängen 2 und 5 Verordnung vom 19. Juni 1995 ³8 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge sowie der Verordnung vom 19. Juni 1995 ³9 über technische Anforderungen an Transportmotorwagen und deren Anhänger obligatorisch wird. Diese Regelung ist mit einer ungenügenden Planungssicherheit verbunden. Erstens kommt besagte Bestimmung immer nur einem Teil aller Fahrzeuge zugute, da sie sich auf Fahrzeuge beschränkt, die neu zugelassen werden. Fahrzeuge, die sich bereits in einer teureren Abgabekategorie befinden, sind durch die Bestimmung in keiner Weise geschützt. Zweitens lässt sich die bisherige Bestimmung nur unbefriedigend mit der technologischen Entwicklung im Schwerverkehr vereinen. Der Wortlaut der Bestimmung ist auf eine Situation ausgelegt, bei der neuzugelassene Fahrzeugtypen üblicherweise der günstigsten Abgabekategorie zugeordnet werden und einen entsprechenden Schutz vor Abklassierungen verdient haben. Mit den immer konkurrenzfähiger werdenden elektrisch angetriebenen Fahrzeugen sind jedoch auch Situationen denkbar, in denen ein neuzugelassenes Fahrzeug nicht in der günstigsten Abgabekategorie eingereiht wird, beispielsweise weil es über einen konventionellen Antrieb verfügt und gegenüber anderen Schwerverkehrsfahrzeugen eine deutlich schlechtere externe Kostenbilanz ausweist. In einer solchen Situation ist es nicht zielführend, wenn Fahrzeuge, die der günstigsten Abgabekategorie zugeteilt werden, garantiert während mindestens sieben Jahren in dieser Abgabekategorie bleiben. Die Lenkungswirkung der LSVA hin zu emissionsärmeren Antrieben wäre stark eingeschränkt.
³8 SR 741.41
³9 SR 741.412
¹7
www.bav.admin.ch
> Publikationen > Berichte und Studien > Verlagerungsbericht 2019
¹8
www.bav.admin.ch
> Publikationen > Berichte und Studien > Verlagerungsbericht 2021
1.3 Gewählte Lösung
In seinem Beschluss vom 24. November 2021 über den Verlagerungsbericht 2021 beauftragte der Bundesrat das UVEK, bis 2023 eine Vernehmlassungsvorlage zur Neugestaltung des LSVA-Systems vorzulegen. 4⁰ Die neu gestaltete LSVA sollte sich an der revidierten Eurovignetten-Richtlinie und insbesondere an deren Einbezug der CO
2
-Emissionen bei der Berechnung der Abgabe orientieren (siehe Kapitel 3.3). Dies im Wissen, dass dadurch eine Anpassung einiger Bestimmungen des LVA erforderlich werden könnte. Um dies unabhängig von den Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU im Rahmen des Paketansatzes anzugehen, hat das UVEK in der Zwischenzeit entschieden, die Vorlage so auszugestalten, dass die Änderungen sowohl ohne Anpassung des LVA als auch nach einer allfälligen künftigen Änderung des LVA umgesetzt werden können. Kapitel 3.3 beschreibt die Auswirkungen auf das revidierte SVAG und seine Übereinstimmung mit den internationalen Bestimmungen für beide Szenarien, mit und ohne Revision des LVA.
Konkret ermöglicht diese Vorlage eine Weiterentwicklung der LSVA, namentlich die Unterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die LSVA. Eine Anpassung des LVA ist nicht erforderlich.
Aus verkehrspolitischer Sicht ist die Grundausrichtung der LSVA beizubehalten. Das verfassungsmässige Ziel der LSVA als Instrument der verursachergerechten Kostenanlastung und zur Verlagerung des Schwerverkehrs soll gestärkt werden. Damit bleibt auch die Finanzierungsfunktion der LSVA weiterhin erhalten. Die maximale Abgabenhöhe ist durch den Artikel 40 Absatz 4 des LVA vorgegeben (maximal 325 Franken für eine Fahrt von Basel nach Chiasso bei durchschnittlicher Tarifhöhe, plus Teuerung). Der Schwerverkehr als Ganzes wird somit nicht verteuert. Auch die Möglichkeit, über die Abgabendifferenzierung Anreize für den Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge zu setzen, soll beibehalten werden. Die Weiterentwicklung der LSVA orientiert sich somit weiterhin an einer leistungsbasierten Abgabenerhebung (Verkehrsleistung in Kilometern und massgebendes Gewicht).
Mit vorliegender Botschaft sollen die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge der LSVA-Pflicht unterstellt werden. Die Befreiung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (Art. 2 Abs. 1 Buchstabe k SVAV) soll im Rahmen der Verordnungsanpassungen zu dieser Vorlage aufgehoben werden.
Die Botschaft und die geplanten Massnahmen stehen im Einklang mit dem LVA. Die Botschaft enthält die Massnahmen, die innerhalb der bestehenden Vorgaben des LVA umgesetzt werden können. Alle Massnahmen der Botschaft, die im Kapitel 4.1 vorgestellt sind, werden voraussichtlich gleichzeitig am 1. Januar 2029 umgesetzt. Dafür müsste die Revision des SVAG am 1.1.2029 in Kraft treten.
Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen
Wie in Kapitel 1 gezeigt, werden elektrisch angetriebene Fahrzeuge in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Aufgrund der doch beträchtlichen externen Kosten ist es sachlich nicht gerechtfertigt, diese Fahrzeuge weiterhin von der LSVA-Pflicht zu befreien und daher notwendig, dass alle am Fahrzeugmarkt etablierten Antriebsarten zukünftig der LSVA unterstellt sind, um die von ihnen verursachten externen Kosten besser internalisieren zu können. Als Zeitpunkt für die Integration in das System der weiterentwickelten LSVA elektrisch angetriebener Fahrzeuge ist der 1. Januar 2029 vorgesehen.
Neuklassifizierung der Fahrzeugtypen
Mit der Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und der gleichzeitig verpflichtend werdenden Euro-VII-Norm 2029 ist eine Abklassierung von Euro-VI-Fahrzeugen zu diesem Zeitpunkt unumgänglich. Da elektrisch angetriebene Fahrzeuge die saubersten Fahrzeuge sind, ist es konsequent, dass sie in die günstigste Abgabekategorie fallen. Euro-VI-Fahrzeuge, die mehr externe Kosten verursachen, müssen in die zweitgünstigste Abgabekategorie abklassiert werden. Bezüglich die ebenfalls neuen Euro-VII-Fahrzeuge muss eine Speziallösung gefunden werden. Sie sind zwar sauberer als Euro-VI-Fahrzeuge, können jedoch nicht mit den elektrisch angetriebenen Fahrzeugen mithalten. Aufgrund des Gleichheitsgebots dürfen sie daher nicht denselben Tarif bezahlen, wie diese beiden anderen Fahrzeugtypen. Der Bundesrat schlägt daher vor, dass sie zwar gemeinsam mit den Euro-VI-Fahrzeugen in die mittlere Abgabekategorie platziert werden, dort aber einen auf sieben Jahre befristeten Rabatt erhalten, was zur Folge hat, dass Euro-VII-Fahrzeuge einen Tarif bezahlen, der zwischen den Tarifen für Euro-Euro-VI- und elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu liegen kommt.
Differenzierung der Fahrzeuge in den Abgabekategorien
Solange das LVA nicht geändert wird und dieses die Referenz auf Euro-Normen enthält, müssen die Fahrzeuge nach ihrer Euro-Norm unterschieden werden. Bis das LVA folglich CO
2
-Emissionen als Differenzierungskriterium zur Kategorisierung von Fahrzeugen in Abgabekategorien zulässt, sieht der Vorschlag des Bundesrates vor, weiterhin die Euro-Normen als Differenzierungskriterium zu verwenden. Dies gilt auch für die voraussichtlich 2029 auf den Markt kommenden Euro-VII-Fahrzeuge. Die Voraussetzungen für eine Differenzierung nach CO
2
-Emissionen und die dafür notwendigen Anpassungen sind in Kapitel 3.3 dargestellt. Die Auswirkungen auf die Revision des SVAG sind ebenfalls enthalten.
Befristete flankierende Massnahmen nach Ablauf der LSVA-Befreiung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen
Die Unterstellung elektrisch angetriebener Fahrzeuge unter die LSVA-Pflicht stellt grundsätzlich eine Verringerung des Anreizes zur Nutzung von Fahrzeugen ohne CO
2
-Emissionen dar. Um diesen Effekt zu entschärfen, sieht die Botschaft eine flankierende Massnahme vor. Ohne eine zeitlich begrenzte Übergangsphase mit flankierender Massnahme besteht das Risiko, dass die durch die bisher durch die Abgabebefreiung erhoffte Förderung elektrisch angetriebener Fahrzeuge künftig gefährdet wird. Dies trifft auch deshalb zu, weil die Anschaffungskosten von elektrisch angetriebenen gegenüber denen mit Diesel angetriebenen Fahrzeugen deutlich höher sind.
Im Sinne eines Anreizes für den Übergang zu einer fossilfreien Flotte sollen für in- und ausländische Fahrzeugtypen, die bislang von der LSVA befreit waren (elektrisch angetriebene Bestandes- und Neufahrzeuge) zeitlich begrenzte Rabatte gelten. Konkret sollen Fahrzeuge, die neu der LSVA-Pflicht unterstehen, von einem befristeten prozentualen und degressiven Rabatt auf dem LSVA-Tarif profitieren können. Die Rabatte sind von 2029 bis spätestens Ende 2035 befristet.
Mittels der Anreizwirkung der Rabatte können längerfristig schwerverkehrsbedingte externe Kosten verringert werden. Da das Rabattsystem einen Anreiz für den Einsatz von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen im Güterverkehr darstellt, wird sich die Verbreitung von emissionsfreien elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und dadurch die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs beschleunigen. Die noch bis 2029 dauernde Befreiung der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge hat eine Anreizwirkung, zu Fahrzeugen mit diesen Antrieben zu wechseln. Diese Fahrzeuge können aber, wie bereits ausführlich dargelegt wurde, nicht länger von der LSVA befreit bleiben. Deswegen ist eine Übergangsphase, wie sie durch das hier beschriebene Rabattsystem geschaffen wird, notwendig. Sie sorgt dafür, dass die Förderung elektrisch angetriebener Fahrzeuge nicht gefährdet wird.
Die Beurteilung der Rabatte aus verfassungsmässiger Sicht und im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem LVA (insbesondere mit dem Verbot der Diskriminierung nach Art. 1 Abs. 3, Art. 32, Art. 38 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 LVA) sowie dem Begriff der staatlichen Beihilfe gemäss Art. 38 Abs. 6 LVA wird in Kapitel 7.2 behandelt.
Gewährleistung der Planungssicherheit
Um eine optimale Wirkung der LSVA zu erzielen, müsste die Möglichkeit bestehen, ein Fahrzeug jedes Jahr abklassieren zu können und es in diejenige Kategorie einzuordnen, die diesen externen Kosten entspricht. Unter gleichzeitiger Berücksichtigung einer bestmöglichen Planungssicherheit der Fahrzeughaltenden ist dies jedoch schwer umsetzbar. Es ist daher wichtig, eine Regelung zu finden, die dem Erreichen des Ziels und der Wirkung der LSVA nicht entgegensteht und gleichzeitig der Planungssicherheit der LKW-Halter Rechnung trägt.
Die Botschaft sieht vor, die Rahmenbedingungen zugunsten der Planungssicherheit zu verbessern. Konkret ist vorgesehen, die Verteilungskriterien, nach denen die Abgabekategorien definiert werden, beziehungsweise die vorzunehmenden Abklassierungen sieben Jahre im Voraus festzulegen. Der Bundesrat soll nur in Ausnahmefällen davon abweichen. Dies ermöglicht den Fahrzeughaltenden, die zukünftigen durch die LSVA verursachten Kosten besser in ihre Kostenplanung einzubeziehen.
Dauerhafte Befreiung von sog. Bourgeois-Fahrzeugen
Leichte Nutzfahrzeuge, die das maximal zulässige Gesamtgewicht von 3500 kg nur wegen des emissionsfreien Antriebs (Batterie oder Wasserstoff) um maximal 750 kg überschreiten, wären grundsätzlich LSVA-pflichtig. Sie sollen dauerhaft von der LSVA befreit werden. Damit wird die vom Parlament angenommene Motion 18.3420 Bourgeois «Kompensierung des Gewichts elektrischer Batterien bei Lieferwagen der 3,5-Tonnen-Kategorie» auch bei der Schwerverkehrsabgabe umgesetzt. Die gesetzlichen Grundlagen werden dabei so angepasst, dass das Gewicht des emissionsfreien Antriebs kompensiert wird. Konsequenterweise sind sie damit auch von der LSVA-Pflicht auszunehmen.
4⁰
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1.4 Weiterentwicklung der LSVA mit oder ohne Änderung des LVA
Die vorliegende Revision des SVAG sieht nur Änderungen vor, die nicht mit dem LVA im Widerspruch stehen. Sie wäre jedoch mit einer allfällig künftigen Anpassung des LVA kompatibel. Eine solche Anpassung gäbe dem Bundesrat daher die Möglichkeit, die nachfolgend genannten Punkte auf Verordnungsebene umzusetzen, um so eine differenzierte Tarifierung entsprechend der tatsächlich ausgestossenen CO
2
-Emissionen zu ermöglichen. Die Wechselwirkung zwischen der Revision des SVAG und des LVA (mit oder ohne Anpassung des Textes des LVA) wird in Kapitel 3.3 ausführlich erläutert.
Differenzierung nach CO
2
-Emissionen
Mit der Differenzierung der LSVA nach CO
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-Emissionen würde ein schrittweiser Wechsel von der Orientierung der Abgabenhöhe an den Luftschadstoffemissionen hin zu einer Bemessung der Abgabe nach CO
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-Emissionen angestrebt. Das Ziel wäre der Übergang von der heutigen tariflichen Differenzierung gemäss Euro-Abgasnormen zu einer vorwiegend an Treibhausgasemissionen und Energieeffizienz orientierten Abgabenerhebung. Das heisst, dass das heute für die Tarifierung massgebende Ziel der Luftreinhaltung sukzessive durch das Ziel der Treibhausgasreduktion ergänzt oder abgelöst werden soll. Mit der erwarteten technologischen Entwicklung ist die Tarifberechnung nach Euro-Schadstoffnormen für die LSVA nicht mehr zielführend. Mit dem Wechsel von der Bemessung der Luftschadstoffe zu einer zusätzlich möglichen Orientierung an den CO
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-Emissionen könnten so die Verlagerungswirkung weiter gestärkt werden.
Anders als bei den Euro-Normen, die direkt in Tarifkategorien abgebildet werden konnten, müssen aufgrund der kontinuierlichen Datenstruktur von CO
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-Emissionen Kategoriengrenzen definiert werden, die einerseits objektiv nachvollziehbar sind und als fair wahrgenommen werden, andererseits die Verlagerungswirkung der LSVA nicht beeinträchtigen, indem beispielsweise die Emissions-Spannweite innerhalb einer Kategorie zu gross ist. Eine Orientierung an den mit der Änderung vom 15. März 2024 4¹ des CO
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-Gesetzes für die Zeit nach 2024 beschlossenen CO
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-Flottenzielen für schwere Fahrzeuge ist dabei naheliegend. Da sich die Bezugswerte, die die EU-Kommission den Mitgliedstaaten vorschlägt, auf die CO
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-Emissionsreduktionsziele der EU beziehen, besteht im vorliegenden Vorschlag auch ein inhaltlicher Anknüpfungspunkt zu der Vorgehensweise der EU.
Ausbau von drei zu fünf Abgabekategorien
Der Vorteil eines Systems mit mehr als drei Emissionsklassen bestünde darin, dass die Fahrzeuge weniger schnell in die teuerste Abgabekategorie abklassiert werden können. Ein Fahrzeug, das in eine Abgabekategorie eingestuft wird, bleibt dies nicht für seine gesamte Lebensdauer. Bei einem System mit fünf Abgabekategorien wird ein Fahrzeug in der Regel mit mehreren Schritten in die teuerste Abgabekategorie abklassiert.
Mit der langfristig vorgesehenen Differenzierung nach CO
2
-Emissionen wird es mehr Spielraum für Differenzierungen zwischen den Fahrzeugtypen geben. Gemäss der European Automobile Manufacturers’ Association unterscheiden sich die CO
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-Emissionen in Gramm pro tkm um bis das Vierfache je nach LKW-Subgruppe, wobei sich diese Zahlen auf Antriebe mit Verbrennungsmotoren beschränken. 4² Um eine ausreichende Differenzierung zwischen allein diesen Fahrzeugtypen zu erreichen und eine wirkungsvolle Lenkungswirkung hin zu CO
2
-ärmeren Technologien zu erreichen, sind mindestens drei Abgabekategorien nötig. Bleiben aber noch fossilfreie Antriebe, also elektrisch angetriebene Schwerverkehrsfahrzeuge, die im Verkehr überhaupt keine CO
2
-Emissionen erzeugen und daher eine eigene, günstigere Abgabenkategorie benötigen. Auch wenn diese Fahrzeuge kein CO
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ausstossen, sind sie dennoch an der Entstehung externer Kosten beteiligt, die nicht mit den Emissionen zusammenhängen (Lärm, Verschlechterung der Infrastruktur, Gesundheit usw.). Fahrzeuge mit anderen alternativen Antrieben, die mit Biogas, LNG oder CNG betrieben werden, könnten in Abhängigkeit ihrer CO
2
-Emissionswerte in den Abgabekategorien platziert werden. Dabei soll bezüglich Emissionswerte auf die Motoreneffizienz des Fahrzeugs und nicht etwa auf die Treibstoffqualität abgestellt werden. Die Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb (Euro 0 bis VI) würden je nach Emissionswerten ebenfalls in die verschiedenen Abgabekategorien eingeteilt.
4¹ BBl 2024 686
4²
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> Publications > CO
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emissions > CO
2
emissions from heavy-duty vehicles: preliminary CO
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baseline (Q3-Q4 2019)
1.5 Verworfene Varianten
Die folgenden Massnahmen wurden geprüft und vom Bundesrat in der Botschaft nicht berücksichtigt.
Konkretisierung der Differenzierungskriterien
Der Bundesrat verzichtet darauf, die bestehenden Bestimmungen von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c E-SVAG im Sinne einer Differenzierung der Fahrzeuge nach verbrauchs- und emissionsabhängigen Kriterien auf Stufe SVAG zu konkretisieren. Die Konkretisierung soll stattdessen wie bisher im Rahmen der Verordnung umgesetzt werden.
Modernisierung der Bestimmung der Kostendeckung
Der Bundesrat verzichtet auf eine Änderung des geltenden Artikel 7 SVAG betreffend Kostendeckung. Die heutige Formulierung hält fest, dass der Ertrag der Schwerverkehrsabgabe die Infrastrukturkosten und die von der Allgemeinheit zu tragenden Kosten nicht übersteigen darf. Dies hat sich bewährt und ist so auch in Artikel 85 Absatz 1 BV festgehalten. Für den Bundesrat verleibt dadurch Spielraum, bei der Festlegung der Abgabenhöhe die Wirtschaftsverträglichkeit der LSVA zu berücksichtigen.
Beibehaltung der heutigen Systematik der LSVA - Status Quo
Der Bundesrat verwirft die Variante, auf eine Anpassung der Systematik der LSVA grundsätzlich zu verzichten. Die LSVA würde sich dann weiterhin allein an den Euro-Abgasnormen orientieren. Neue, zukünftige Euro-Normen würden dann wie bisher in das System integriert. Ohne ihre Unterstellung unter die Abgabepflicht blieben die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge von der LSVA vollständig befreit. Mit ihrer fortschreitenden Verbreitung nähme die Zahl der Fahrzeuge, die von der LSVA vollständig befreit wären, nach und nach zu. Die LSVA-Einnahmen würden kontinuierlich zurückgehen. Eine fortwährende Befreiung elektrisch angetriebener Fahrzeuge würde nach ersten Schätzungen bis 2035 zu Mindereinnahmen in Höhe von mehreren Hunderten Millionen Franken führen. Damit verbunden würde auch der Deckungsgrad der Kosten des Schwerverkehrs zulasten der Allgemeinheit und der Beitrag der LSVA an den BIF deutlich schrumpfen. Zudem verschlechterte sich das Preisverhältnis zwischen Schiene und Strasse zulasten des Schienengüterverkehrs. Dies würde in der Folge die Anreizwirkung der LSVA zur Verlagerung des alpenquerenden Schwerverkehrs reduzieren und wäre verfassungswidrig.
Angleichung an die Eurovignetten-Richtlinie
Der Bundesrat verzichtet darauf, den Inhalt der Eurovignetten-Richtlinie eins zu eins zu übernehmen. Das Schweizer Gebührensystem ist völkerrechtlich eigenständig im LVA geregelt. Die Schweiz ist daher nicht verpflichtet, die Bestimmungen der Eurovignetten-Richtlinie umzusetzen. Der Bundesrat bevorzugt eine Annäherung an die Richtlinie (siehe auch Kapitel 3), ohne die optionalen Elemente vollständig zu übernehmen. So sieht er namentlich nicht vor, nach Strassentyp und Tageszeit differenzierte Gebühren (Staugebühren) zu erheben. Die LSVA wird auf dem gesamten schweizerischen Strassennetz erhoben und darf nicht nach Strassentypen differenzieren. Eine allfällige Differenzierung würde zu einer Priorisierung bestimmter Strassen und zu einer komplizierten Anwendung führen.
Zwei verschiedene LSVA-Systeme
Der Bundesrat verzichtet darauf, eine Revision des SVAG auf der Grundlage der Eurovignetten-Richtlinie also mit einer Differenzierung der Abgabekategorien auf der Grundlage der CO
2
-Emissionen, in Kraft zu setzen, ohne eine Änderung des LVA vorzunehmen. Da das LVA eine Differenzierung nach CO
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-Emissionen nicht zulässt, würde eine solche Differenzierung in der nationalen Gesetzgebung implizit zu zwei LSVA-Systemen führen.
Die Weiterentwicklung der LSVA könnte denn auch so erfolgen, dass im rein nationalen Verkehr ein anderes System als im internationalen Verkehr zur Anwendung käme. Eine Weiterentwicklung für den nationalen Verkehr müsste so keine Rücksicht auf das Landverkehrsabkommen nehmen. Das LVA käme jedoch vollumfänglich für den grenzüberschreitenden Schwerverkehr zur Anwendung.
Dies hätte zur Folge, dass zwei verschiedene Rechtsgrundlagen gleichzeitig und parallel in Kraft sind. Tatsächlich gälte das revidierte SVAG für den inländischen/nationalen Güterverkehr, d.h. aufgrund des Kabotageverbots (Art. 14 LVA) nur für Schweizer Transportunternehmen und ihre Verkehre in der Schweiz. Das LVA hingegen, in seiner aktuellen und unveränderten Fassung, gälte aufgrund seines Geltungsbereichs für den internationalen, grenzüberschreitenden Verkehr (inkl. Transitverkehr), d.h. nicht nur für Transportunternehmen aus der EU, sondern auch für Schweizer Transportunternehmen, die grenzüberschreitenden Güterverkehr durchführen. Somit könnten theoretisch die beiden Rechtsgrundlagen nebeneinander bestehen. Es würde so zu keiner Diskriminierung von Transportunternehmen aus der EU kommen, weil der Anwendungsbereich der beiden Texte unterschiedlich ist.
Dieses Vorgehen verlangt jedoch zwei Systeme zur Erhebung der Abgabe. Das erste, das durch das revidierte SVAG geregelt ist, dessen Erhebung auf den CO
2
-Emissionen beruht. Das zweite, das auf dem unveränderten LVA basiert, dessen Erhebung auf den Euro-Normen basiert. Diese beiden Erhebungssysteme würden sich in der Anzahl der Abgabekategorien und in den Tarifen der Abgabekategorien unterscheiden. Die Umsetzung der beiden Systeme wäre komplex und würde einen grossen Verwaltungsaufwand bei Erhebung und Vollstreckung der LSVA mit sich bringen. Auch für die Transportunternehmen wäre dies eine höhere Belastung, verbunden mit einer gewissen Rechtsunsicherheit. Sie müssten zwei verschiedene Systeme berücksichtigen, je nachdem, ob ihre Fahrzeuge im Inland- und/oder im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden. Als Beispiel: Ein Transportunternehmen, das einen Gütertransport von Zürich nach Basel betreibt, müsste die Regelungen des revidierten SVAG befolgen. Das gleiche Transportunternehmen, das einen Transport der gleichen Ware von Zürich nach Freiburg im Breisgau durchführen würde, müsste eine andere Regelung befolgen, nämlich die des LVA. Dies würde nicht die gleichen Tarife garantieren. Auf der Ebene der Erhebung ist auch folgendes Beispiel eines Schweizer Transportunternehmens, das eine Fahrt von Zürich nach Freiburg im Breisgau plant, aber einen Zwischenstopp in Basel einlegt, denkbar. Der Teil der Fahrt zwischen Zürich und Basel würde unter das revidierte SVAG fallen und der Teil zwischen Basel und Freiburg im Breisgau unter das LVA. Im Falle eines Lastwagens, der einen Teil seiner Ladung international und den anderen Teil der Ladung national transportiert, wäre die Angelegenheit nochmals komplizierter. Dies würde grosse Unsicherheiten erzeugen und ist nicht durchführbar.
Dieses Vorgehen könnte v. a. Diskriminierungen im Sinne von Artikel 38 LVA schaffen, welche von der EU negativ aufgenommen werden. Die EU könnte Massnahmen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts gemäss Artikel 50 LVA ergreifen. Diese Variante fällt daher ausser Betracht.
Befreiung oder Reduktion der LSVA-Abgabepflicht für Fahrzeuge, die mit Biogas/CNG/LNG/E-Fuels oder Hybrid betrieben werden
Der Bundesrat verzichtet darauf, den Kreis der von der LSVA-Pflicht befreiten Antriebsarten oder Antriebsarten, die von flankierenden Massnahmen profitieren würden, weiter auszudehnen. Die Befreiung von elektrisch und mit Wasserstoff angetriebenen Lastwagen hat Auswirkungen auf die Ziele der LSVA (Verlagerungseffekt, Deckung der externen Kosten), aber auch auf die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. In den nächsten Jahren werden neue Fahrzeuge auf den Markt kommen, die mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb ausgestattet sind. Dadurch wird die Anzahl der von der LSVA befreiten Fahrzeuge steigen, was wiederum den Verlagerungseffekt mindert, da der Strassengüterverkehr sich relativ betrachtet gegenüber der Schiene verbilligt. Die Deckung der externen Kosten wird sich ebenfalls verringern, da elektrisch angetriebene Fahrzeuge ebenfalls externe Kosten verursachen. Insgesamt würden sich die Einnahmen aus der LSVA reduzieren. Die Befreiung von Fahrzeugen, die mit Biogas, LNG, CNG oder E-Fuels angetrieben werden, würde diese Effekte zusätzlich verstärken. Zudem ist die Erhebungslogik der LSVA seit Etablierung auf die verwendete Antriebstechnologie und nicht auf den eingesetzten Treibstoff ausgerichtet. Um den Einsatz von Biogas, CNG, LNG oder E-Fuels und den damit verbundenen, etwaigen umweltpolitischen Einsparungen entsprechend zu entlöhnen, müsste zukünftig erhoben werden können, welcher Treibstoff von jedem LSVA-pflichtigen Fahrzeug eingesetzt wird. Umsetzungstechnisch wäre dies jedoch ausgesprochen aufwendig und geradezu unmöglich, wenn der administrative Aufwand in einem verhältnismässigen Rahmen bleiben soll. Regulatorisch wäre es daher zielführender, die Rahmenbedingungen und eine allfällige Förderung von umweltpolitisch vorteilhaften Antriebsstoffen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu Abgaben auf Kraftstoffe zu behandeln.
Miteinbezug von Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen
Im Güterverkehr eingesetzte Fahrzeuge, die bis 3,5 Tonnen schwer sind, werden üblicherweise als Lieferwagen bezeichnet. Sie sind aufgrund ihres geringeren Gewichtes heute nicht LSVA-pflichtig. Da sie trotzdem beträchtliche externe Kosten generieren und zu unerwünschtem Ausweichverhalten führen können, wäre die Einführung einer leistungsabhängigen Abgabe auf diese Fahrzeuge naheliegend. Mit der Mo. 20.4509 Wicki «Gleich lange Spiesse im Strassengüterverkehr» hat das Parlament eine entsprechende Regelung jedoch in der Abstimmung vom 30. September 2021 abgelehnt, u.a. da eine Ausnahmeregelung für das Gewerbe zu kompliziert erschien. Daher verzichtet der Bundesrat auf die Aufnahme der Fragestellungen rund um Güterverkehrsfahrzeuge bis 3,5 Tonnen im Rahmen dieser Vorlage.
Einführung einer Alpentransitabgabe ATA
Die Einführung einer Alpentransitabgabe (ATA) würde bedeuten, auf jede Fahrt eines Lastwagens durch die Alpen eine pauschale Abgabe zu erheben. Im internationalen Recht bestünde dafür auch die rechtliche Basis zur Verfügung (Art. 40 Abs. 5 LVA). Entsprechend machte der Bundesrat 2007 in der Botschaft vom 8. Juni 2007 4³ zur Güterverkehrsvorlage einen Vorschlag zur Umsetzung der ATA in nationales Recht. Dieser wurde aber vom Parlament verworfen. Zuletzt hat der Bundesrat in seiner Antwort auf die Interpellation 19.3771 Grossen «Einführung einer Alpentransitabgabe. Schweizer Verlagerungspolitik mit einem alpenweiten Instrument ergänzen» sowie in seiner Antwort auf das Postulat 24.3392 KVF-N «Alpentransitabgabe als Verlagerungsinstrument prüfen» zu dieser Frage Stellung genommen. Der Bundesrat hat dort seine ablehnende Haltung gegenüber der Einführung einer ATA mit der unverhältnismässigen Mehrbelastung des Tessins und des fehlenden Spielraums in der Tarifsetzung aufgrund der maximal für die Durchschnittsfahrt belastbaren 325 Franken begründet. Die Einführung einer ATA würde die Entwicklungsmöglichkeiten bei der LSVA unnötig einschränken. Aus Sicht des Bundesrats ist der Fokus deshalb auf eine zielgerichtete und ausgewogene Weiterentwicklung der LSVA zu richten. Aufgrund derselben Argumentation lehnt der Bundesrat die Einführung einer ATA auch zum heutigen Zeitpunkt ab.
Erhöhte Tarifsätze auf tkm in urbanen Gebieten
Der Bundesrat verzichtet darauf, in der vorliegenden Vernehmlassungsvorlage eine Differenzierung der LSVA nach Regionen vorzuschlagen. Während die praktische Umsetzung einer Differenzierung nach Verkehrssektoren aus technischer Sicht denkbar ist, würde die Erhöhung der LSVA-Preise für bestimmte insbesondere städtische Gebiete, einzelne Branchenakteure oder Regionen diskriminieren. Bei einer teureren Abgabe für städtische Regionen könnte die Lenkungswirkung der Abgabe diese Effekte nicht entfalten, da vor allem der Strassenverkehr in städtischen Regionen unter anderem mit der Zustellung der letzten Meile beschäftigt ist. Eine Verlagerung auf die Schiene ist schlichtweg nicht möglich. Daher erscheinen erhöhte Tarifsätze in urbanen Gebieten aktuell politisch nicht opportun.
Zudem werden bei der Umverteilung der LSVA-Einnahmen an die Kantone die besondere Belastung von Berg- und Randgebieten bei der Berechnung der Anteile berücksichtigt. Dies ermöglicht bereits eine Umverteilung der Einnahmen entsprechend den Besonderheiten der Regionen.
Investitionsbeiträge für die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge
Der Bundesrat verzichtet darauf, den Schweizer Fahrzeughalterinnen und -haltern, Investitionsbeiträge an den Kauf von elektrisch angetriebenen Lastwagen zu gewähren. Obwohl einige Transporteure nicht über die nötigen flüssigen Mittel verfügen, um in elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu investieren, sind die Investitionsbeiträge im Vergleich zum Anschaffungspreis eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs immer noch zu niedrig, so dass die Transporteure keinen ausreichenden Nutzen daraus ziehen können. Damit erscheinen die für die Umsetzung der Investitionsbeiträge anfallenden Kosten unverhältnismässig teuer.
4³ BBl 2007 4377
1.6 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates
Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 4⁴ zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ⁴5 über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigt.
4⁴ BBl 2024 525
⁴5 BBl 2024 1440
1.7 Erledigung parlamentarischer Vorstösse
Mit der vorliegenden Botschaft wird das Anliegen der Motion 19.4381 «Rahmenbedingungen für emissionsärmere Nutzfahrzeuge» der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF-S) erfüllt, die verlangt, dass der Bundesrat Lösungen vorschlägt, wie Nutzfahrzeuge mit Antriebsarten ohne fossile Brennstoffe von einer Reduktion der LSVA profitieren können - dies eventuell parallel zu einer Erhöhung der Abgabe für besonders umweltbelastende Nutzfahrzeuge. Die vorliegende Botschaft adressiert die Motion insofern, dass die vorgeschlagenen Rabatte für elektrisch angetriebene Fahrzeuge die Möglichkeit schaffen, dass diejenigen Fahrzeuge, die aufgrund ihrer Antriebstechnologie im Betrieb tiefere Emissionen verursachen, entsprechend einen tieferen Tarif zahlen müssen.
In der Motion KFV-S 19.4381 wird gefordert, dass (Plug-in-)Hybridfahrzeuge für die elektrisch zurückgelegten Kilometer von der LSVA befreit werden sollen. Hybridfahrzeuge ohne Plug-in-Funktionalität nutzen ihren elektrischen Antrieb fast ausschliesslich als Anfahrhilfe und legen kaum elektrische Kilometer zurück. Plug-in-Hybridfahrzeuge sind hingegen aufgrund der weitaus einfacheren Lademöglichkeit besser geeignet, elektrisch angetrieben unterwegs zu sein. Analysen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) haben aber ergeben, dass 2023 im Schwerverkehr keinerlei Plug-in-Hybridfahrzeuge in der Schweiz zugelassen waren. Auch reguläre Hybridfahrzeuge gab es nur 18. Da die Umsetzung einer LSVA-Reduktion für solche Fahrzeuge zudem beträchtliche Vollzugsmassnahmen bedürfte, verzichtet der Bundesrat aus Gründen der Verhältnismässigkeit darauf, diesen spezifischen Aspekt der Motion umzusetzen. Er beantragt in der Folge, die Motion mit dieser Botschaft zur Weiterentwicklung der LSVA zu erledigen.
2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren
In seinem Beschluss von 2021 legte der Bundesrat die Stossrichtungen der Weiterentwicklung der LSVA fest. Er beauftragte damit das UVEK, ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Der Bundesrat hat daraufhin an seiner Sitzung vom 14. Februar 2024 das Vernehmlassungsverfahren zur Teilrevision des SVAG eröffnet. Die Unterlagen zur Vernehmlassungsverfahren stehen auf der Website der Bundeskanzlei zur Verfügung. Die Vernehmlassung dauerte vom 14. Februar 2024 bis 23. Mai 2024. Die eingegangenen Stellungnahmen können ebenfalls auf der Website der Bundeskanzlei eingesehen werden. ⁴6
2.1 Vernehmlassungsvorlage
Die Vernehmlassungsvorlage sah vor, elektrisch angetriebene Fahrzeuge in die LSVA einzubeziehen und sie der Abgabepflicht zu unterstellen. Die Integration dieser Fahrzeuge in die LSVA sollte ab 2031 erfolgen. Für die Berechnung der Abgabe sollten das Gewicht, die Entfernung und die Euro-Norm ausschlaggebend bleiben.
Des Weiteren umfasste die Vorlage eine Reihe flankierender Massnahmen betreffend die Tarifierung, die insbesondere die Übergangsphase nach der Integration von batterie- und wasserstoffelektrischen schweren Motorfahrzeugen des Güterverkehrs betreffen. Diese Massnahmen umfassten entweder ein Abgaberabattsystem (Variante 1) für elektrisch angetriebene Fahrzeuge für eine befristete Zeit von fünf Jahren nach dem Ende der Befreiung oder die Möglichkeit von Investitionsbeiträgen für die Neubeschaffung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen (Variante 2). Der Bundesrat gab hinsichtlich dieser Massnahmen eine Variantenwahl in die Vernehmlassung: Entweder sollte nur ein Rabattsystem für alle in- und ausländischen Fahrzeughalter etabliert werden oder eine Wahlmöglichkeit zwischen beiden Massnahmen für inländische Fahrzeughalter bestehen.
Auch wurde eine unmittelbare Verbesserung der Planungssicherheit der Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter vorgesehen. Neu sollte der Bundesrat regelmässig festlegen, nach welchen Kriterien die Fahrzeuge in die verschiedenen Abgabekategorien für die nachfolgenden sieben Jahren eingeteilt würden.
2.2 Ergebnisse aus der Vernehmlassung
Zur Stellungnahme eingeladen waren die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft und weitere interessierte Kreise. Insgesamt sind 87 Stellungnahmen eingegangen.
2.3 Einschätzungen der Ergebnisse aus der Vernehmlassung
Die Vorlage wurde mehrheitlich begrüsst. Die umstrittensten Punkte der Stellungnahmen der Vernehmlassung betrafen den Zeitpunkt der Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in das LSVA-System und damit verbunden die Abklassierung von Euro-VI-Fahrzeugen von der günstigsten in die zweitgünstigste Abgabekategorie. Sinn und Zweck der Investitionsbeiträge wurde ebenfalls kritisiert. Keine der vernehmlassten Varianten konnte eine deutliche Mehrheit aller Teilnehmenden hinter sich versammeln. Die Vernehmlassungsteilnehmenden waren insbesondere der Ansicht, dass die Investitionsbeiträge, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage vorgestellt wurden, nicht sinnvoll seien, da sie zu niedrig und schlecht konzipiert seien. Die flankierenden Massnahmen, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage dargestellt wurden, könnten nach Ansicht der Teilnehmenden zu einem Risiko der Marktkonsolidierung führen, insbesondere wenn ausschliesslich ein Rabattsystem, aber keine Investitionsbeiträge umgesetzt würden.
Ein Teil der Kantone und einige Umweltverbände sprachen sich gegen den 1. Januar 2031 als Zeitpunkt für die Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen aus. Sie waren der Ansicht, dass ihre Integration in das LSVA-System früher erfolgen sollte, damit die Ziele der LSVA erreicht werden können. Einige Teilnehmende waren der Ansicht, dass die Integration dieser Fahrzeuge dynamisch erfolgen sollte, in dem Sinn, dass der Grad der Verbreitung dieser Fahrzeuge berücksichtigt werden sollte. Lediglich ein Drittel der Teilnehmer war hingegen der Ansicht, dass 2031 ein angemessenes Gleichgewicht zwischen der Planung auf Seiten der Transportunternehmen und der Erreichung der Ziele der LSVA ermöglicht.
Unter Berücksichtigung der Auswirkungen aller vorgeschlagenen Massnahmen und der in der Vernehmlassung geäusserten Stellungnahmen, ist der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass die Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ab 2029 erfolgen soll. Damit wird ein guter Kompromiss erzielt, zwischen dem ursprünglich in der Vernehmlassungsvorlage genannten Datum, um der Branche genügend Zeit für den Übergang zu elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu geben, und der Forderung eines Teils der Interessengruppen, das Datum für die Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen vorzuverlegen. Die Investitionsbeiträge werden verworfen, da sie in dem finanziellen Ausmass, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage dargestellt wurde, faktisch keine entscheidende Anschubfinanzierung für die Entscheidung zur Anschaffung eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs bringen und somit keinen ausreichenden Nutzen für die Branche darstellen würden. Um dennoch einen Anreiz für den elektrischen Übergang zu schaffen, sieht der Bundesrat degressive Rabatte für elektrisch angetriebene Fahrzeuge ab der Steuerpflicht für elektrisch angetriebene Fahrzeuge (2029) bis 2035 vor. Die in der Vernehmlassung kontrovers diskutierte Abklassierung der Euro-VI-Fahrzeuge wird ab 2029 bei der Integration der neuen Euro-Norm VII erfolgen.
In der Vernehmlassung wurde von einigen Teilnehmenden zudem der Wunsch vorgebracht, batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge zwischen 3,5 und 4,25 Tonnen, die nur aufgrund des Gewichts der Batterie die Schwelle von 3,5 Tonnen überschreiten (sogenannte Bourgeois-Fahrzeuge), dauerhaft von der LSVA zu befreien. Die Vorlage wurde entsprechend angepasst (siehe auch Kapitel 4.1.5).
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www.fedlex.admin.ch
> Vernehmlassungen > Abgeschlossen > 2024 > UVEK > Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, LSVA (Teilrevision des Schwerverkehrsabgabegesetzes, SVAG)
3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht
Die Harmonisierung des Schweizer Rechts mit dem Recht der EU ist wichtig, um eine koordinierte Verkehrspolitik zu gewährleisten, die technische Hindernisse beseitigt, den grenzüberschreitenden Güterverkehr flüssiger gestaltet und den gegenseitigen Zugang zum jeweiligen Markt für Strassentransportunternehmen sicherstellt. Dies stellt darüber hinaus eines der zentralen Ziele des LVA dar (Art. 30).
Die Eurovignetten-Richtlinie regelt die Gebühren für den Schwerverkehr in der EU. Die Schweiz sieht nicht vor, die Eurovignetten-Richtlinie vollständig umzusetzen, da die Schweiz ihr eigenes im LVA abgesichertes Abgabensystem entwickeln kann, ohne die Eurovignette-Richtlinie vollumfänglich übernehmen zu müssen. Die Abgabe muss daher im Rahmen der Weiterentwicklung der LSVA nicht grundlegend erneuert werden. Die Schweiz will ihr durch das LVA garantiertes einheitliches Abgabensystem beibehalten, um umfassendere verkehrspolitische Ziele zu verfolgen.
3.1 Entwicklung der Mautregelung in der EU
3.1.1 Eurovignetten-Richtlinie
In der EU wird die Strassennutzung und deren Bepreisung von jedem Mitgliedsland unabhängig geregelt. Die Mitgliedstaaten können frei entscheiden, ob sie eine Gebühr für schwere Nutzfahrzeuge für die Benutzung bestimmter Verkehrswege auf ihrem Gebiet erheben wollen. Wenn die Mitgliedstaaten sich dafür entscheiden, eine solche Gebühr zu erheben, dann müssen sie die in der Eurovignetten-Richtlinie festgelegten Grundsätze befolgen. Damit sorgt die Eurovignetten-Richtlinie im gesamten transeuropäischen Netz für distanzabhängige Gebühren (Mautgebühren).
Alte Eurovignetten-Richtlinie
Die Eurovignetten-Richtlinie, in ihrer ursprünglich verabschiedeten Fassung, legte hinsichtlich der Gebührenerhebung eine Differenzierung nach Tageszeit fest und liess den Mitgliedstaaten viele Freiheiten bei der Ausgestaltung. Das Ergebnis war eine grosse Uneinheitlichkeit der Gebühren für den Schwerverkehr innerhalb der EU. Das Verursacherprinzip für alle Verkehrsteilnehmer wurde nicht eingehalten und nicht alle Mitgliedstaaten wendeten eine Differenzierung der Gebühren nach Euro-Klassen an. Darüber hinaus führte die Differenzierung der Gebühren nach Tageszeit nicht zu einer effizienten Kostendeckung.
Revision der Eurovignetten-Richtlinie und deren Stossrichtungen
Am 24. Februar 2022 hat die EU mit der Richtlinie (EU) 2022/362 wesentliche Änderungen an der Eurovignetten-Richtlinie vorgenommen. Ziel der revidierten Eurovignette-Richtlinie ist es, den Schwerverkehr durch eine Besteuerung, die auf der Grundlage der CO
2
-Emissionen differenziert, nachhaltiger zu gestalten. Die Bepreisung der Strassennutzung soll - ebenso wie andere Instrumente zur Senkung der CO
2
-Emissionen - Anreize für eine Erneuerung der Fahrzeugflotte mit saubereren Fahrzeugen bieten. Die Änderungen sollen auch dazu beitragen, das System der Strassenbenutzungsgebühren in der gesamten EU zu harmonisieren. Die generierten Einnahmen sollen zur Finanzierung einer nachhaltigen Infrastruktur und eines nachhaltigen Verkehrs beitragen.
Die Eurovignetten-Richtlinie gibt heute einen detaillierten Rechtsrahmen für die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Strassen durch schwere Nutzfahrzeuge in der EU vor. Die Anpassungen bauen auf der Strategie der Kommission für emissionsarme Mobilität von 2016 auf. Sie wurden auch durch den European Green Deal der EU von 2019 und die Strategie der Kommission für nachhaltige und intelligente Mobilität von 2020 gestärkt. ⁴7
Das zentrale Element der Revision der Eurovignetten-Richtline ist die Klassifizierung schwerer Nutzfahrzeuge nach ihren CO
2
-Emissionen. Neben der Berücksichtigung der externen Kosten und der zurückgelegten Strecke ist der CO
2
-Ausstoss ausschlaggebend für die Höhe der Abgabe, welche die Mitgliedstaaten erheben können. Die Anpassungen der Eurovignetten-Richtlinie sollen auch Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen verhindern. In der Richtlinie sind ebenso die für schwere Nutzfahrzeuge geltenden Mindestsätze der Kraftfahrzeugsteuern sowie ausführliche Vorschriften für die Erhebung von Infrastrukturgebühren, darunter auch die Differenzierung von Gebühren nach der Umweltverträglichkeit von Fahrzeugen, festgelegt.
Da durch Erneuerungen die Nutzfahrzeugflotten immer sauberer werden - was insgesamt eine erwünschte Entwicklung ist -, wird die Differenzierung der Abgaben auf der bisherigen Grundlage (Euro-Klassen) mittelfristig an Wirksamkeit verlieren. Die EU hat es aufgrund der steigenden CO
2
-Emissionen des Strassenschwerverkehrs deshalb für notwendig erachtet, eine Differenzierung der Infrastruktur- und Nutzungsgebühren nach der CO
2
-Emissionsklasse im
transeuropäischen Kernverkehrsnetz
einzuführen. Vor der Änderung der Eurovignetten-Richtlinie wurde die Abgabe für die Infrastruktur hauptsächlich in Abhängigkeit von der Dauer der Infrastrukturnutzung und der Euro-Emissionsklasse des Fahrzeugs berechnet. Das Ziel der Revision der Eurovignette-Richtline ist es, eine Reduktion der CO
2
-Emissionen durch technische Verbesserungen im gesamten Strassenschwerverkehr zu erreichen.
Die Mitgliedstaaten teilen jeden Fahrzeugtyp in eine der fünf vorgesehenen Klassen ein, basierend auf dem CO
2
-Ausstoss, dem Gewicht und der Anzahl der Achsen und dem Datum der Erstzulassung des Fahrzeugs. Diese vier Kennwerte ermöglichen die Berechnung und den Vergleich des Referenzwerts, der Emissionskurve und des spezifischen Emissionswerts des Fahrzeugs. Den Staaten ist es auch gestattet, die Gebühren für emissionsfreie oder emissionsarme schwere Nutzfahrzeuge zu ermässigen. Elektrische und wasserstoffbetriebene schwere Motorfahrzeuge können zudem bis Ende 2025 vollständig von der Mautgebühr befreit werden.
Zusätzlich zur Infrastrukturabgabe haben die EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, eine Gebühr für externe Kosten einzuführen, welche die Kosten der CO
2
-Emissionen widerspiegelt, sowie eine Staugebühr, welche die tatsächlichen Kosten widerspiegelt, die direkt und indirekt von jedem Fahrzeug den anderen Verkehrsteilnehmern und der Gesellschaft als Ganzes auferlegt werden. Eine Abgabe für externe Kosten der Luftverschmutzung wird für schwere Nutzfahrzeuge nach vier Jahren nach Einführung der Mautgebühren eingeführt.
Die Erhebung der Abgaben soll über ein elektronisches System erfolgen. Die Mitgliedstaaten entscheiden nach wie vor selbst, ob sie eine Abgabe einführen wollen oder nicht. Sie konnten wählen, ob sie die Vorschriften sofort oder bis spätestens März 2030 anwenden wollen. Ab 2030 dürfen die Mitgliedstaaten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine pauschalen Benutzungsgebühren mehr erheben. Darüber hinaus muss ab 2026 eine Abgabe für Kleintransporter und Minibusse auf der Grundlage des CO
2
-Ausstosses eingeführt werden, wenn dies technisch machbar ist.
⁴7
www.europarl.europa.eu
> Other Websites > Thinktank > Revision of the Eurovignette Directive
3.1.2 Umsetzung in den Mitgliedstaaten
Die Mitgliedstaaten hatten bis März 2024 Zeit die neue Eurovignetten-Richtlinie vollständig in nationales Recht umzusetzen. Die Fristen für die Umsetzung der neuen Eurovignetten-Richtlinie sind je nach den derzeit in einigen Ländern geltenden Gebührensystemen unterschiedlich. Beispielsweise erheben Deutschland und Österreich bereits eine Gebühr auf der Grundlage von CO
2
-Emissionen.
Deutschland
Auf Grundlage der revidierten Eurovignetten-Richtlinie hat Deutschland eine Gebühr auf Basis der CO
2
-Emissionen von Fahrzeugen in die Berechnung seiner Mautgebühren implementiert. ⁴8 Ein auf CO
2
-Emissionen basierendes System gilt seit dem 1. Dezember 2023 für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen und am 1. Juli 2024 wurde die Maut für Fahrzeuge ab 3,5 eingeführt. ⁴9 In die Berechnung der deutschen Mautgebühr fliessen zwei wesentliche Änderungen ein. Neben einer Änderung des Fahrzeuggewichts, das bei der Berechnung berücksichtigt wird (technisch zulässige Gesamtmasse), enthält das neue Mautsystem mit der CO
2
-Emissionsklasse des Fahrzeugs eine neue Komponente. Für die Mautberechnung hat Deutschland ein Online-Berechnungstool veröffentlicht, mit dem Fahrzeughaltende berechnen können, in welche Gebührenklasse ihre Fahrzeuge fallen. 5⁰ In Deutschland wird die Maut getrennt nach Lärm, Luftverschmutzung, Kosten für die Infrastruktur und CO
2
-Emissionen erhoben. Zudem werden emissionsfreie Fahrzeuge bis Ende 2025 von einer CO
2
-Abgabe befreit.
Österreich
In Österreich wird die Maut auf Autobahnen und Bundesstrassen erhoben. Das CO
2
-System wurde per 1. Januar 2024 eingeführt. Elektrofahrzeuge werden nicht befreit. Wie in Deutschland haben auch die österreichischen Behörden einen Online-Rechner veröffentlicht, der die Einstufung von Fahrzeugen in die entsprechende Gebührenklasse ermöglicht. 5¹ Die Höhe der Lkw-Maut hängt vom CO
2
-Ausstoss des Fahrzeugs ab. Bestand die Lkw-Maut bisher aus den Infrastrukturkosten und den Kosten für verkehrsbedingte Lärmbelastung und Luftverschmutzung, kommt nun der CO
2
-Ausstoss als dritte Komponente hinzu. Der CO
2
-Anteil an der Lkw-Maut wird stufenweise über drei Jahre angehoben. Für die meisten Lkws wird 2024 die Maut um etwa 7,4 Prozent angehoben. Ab 2025 wird es auch zu Inflationsanpassungen kommen, wie aus einer Mitteilung des zuständigen Bundesministeriums hervorgeht. 5²
⁴8
www.recht.bund.de
> Bundesgesetzblatt Teil I > Drittes Gesetz zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften
⁴9
www.bundesregierung.de
> Für mehr Klimaschutz im Güterverkehr
5⁰
www.toll-collect.de
> Bezahlen > Mauttarife > Tarifrechner
5¹
www.go-maut.at
> Go-Maut bezahlen > Tarife Go-Maut > Mautkalkulator
5²
www.bmk.gv.at
> Service > Presse > Pressemeldungen Bundesministerin > 2023 > LKW-Maut wird um Kosten für klimaschädliche CO
2
-Emissionen erweitert
3.2 Haltung der EU zur Vorlage
Im Sinne von Artikel 52 Absatz 2 LVA wurde die Europäische Kommission regelmässig im Gemischten Landverkehrsausschuss Schweiz-EU über die vorliegende Vorlage informiert, und sie wurde im Rahmen von Expertenaustauschen (Groupe juridique) vertieft diskutiert.
Am 17. April 2023 fand eine Groupe juridique Schweiz-EU statt, in der die Schweiz der Europäischen Kommission die Grundzüge der Weiterentwicklung der LSVA vorstellte. Die Europäische Kommission hat das Vorhaben zur Weiterentwicklung der LSVA in der Schweiz zur Kenntnis genommen. Sie begrüsste den Willen der Schweiz, sich an der Eurovignetten-Richtlinie zu orientieren. Sie hielt fest, dass die Schweiz völkerrechtlich verpflichtet ist, die Bestimmungen des LVA einzuhalten und empfahl der Schweiz ausdrücklich, dafür zu sorgen, dass die in der Botschaft vorgeschlagenen Massnahmen mit dem LVA in Einklang stehen. Die Kommission ist sich bewusst, dass die Eurovignetten-Richtlinie nicht vollständig übernommen wird und dass die Schweiz ihr eigenes Abgabesystem anwendet.
Beide Parteien haben am Gemischten Landverkehrsausschusses vom 20. Juni 2023 festgestellt, dass die Integration der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge und die Abklassierung der Euro-VI-Fahrzeuge durch einen Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses erfolgen könnten. Damit würde auch ein Angleich an die geltende Eurovignetten-Richtlinie stattfinden, gemäss welcher auch elektrisch angetriebene Fahrzeuge (gemäss Strecke, Gewicht und CO
2
) bepreist werden sollen. Die in Artikel 38 und Artikel 40 LVA enthaltenen Vorgaben würden weiterhin eingehalten werden.
Die Ausgestaltung der Vorlage wurde im zweiten Halbjahr 2023 konkretisiert. Die Schweiz hat vor dem Start des Vernehmlassungsverfahrens die Europäische Kommission am Gemischten Landverkehrsausschuss vom 8. Dezember 2023 über den konkretisierten Stand informiert. Während der Vernehmlassung hat ein Austausch auf Expertenstufe über die Details der Vernehmlassungsvorlage stattgefunden. Am Gemischten Landverkehrsausschuss vom 14. Juni 2024 hat die Schweizer Delegation die EU über die ersten Ergebnisse der Vernehmlassung informiert. Die Schweiz brachte ihren Wunsch zum Ausdruck, der EU die Gelegenheit zu geben, sich zu der Vernehmlassungsvorlage zu äussern. Am 4. Dezember 2024 informierte die Schweiz die Europäische Kommission erneut über den aktuellen Stand der Vorlage.
Rückmeldung der EU zur Vernehmlassungsvorlage
Anlässlich der Sitzung des Gemischten Landverkehrsausschusses vom 20. Juni 2023 ersuchte die Schweizer Delegation die Delegation der Europäischen Kommission um eine schriftliche Stellungnahme zu den flankierenden Massnahmen der Vernehmlassungsvorlage zur Teilrevision des SVAG. Grund dafür war, dass das Rabattsystem und die damals noch enthaltenen Investitionsbeiträge als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 38 Absatz 6 des LVA interpretiert werden könnten.
Am 1. September 2023 hat die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme schriftlich mitgeteilt, dass beide flankierenden Massnahmen, wie sie in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen waren, nicht als staatliche Beihilfen gemäss Artikel 38 Absatz 6 LVA zu sehen und mit dem geltenden Rechtsrahmen vereinbar seien. Es müsse dabei aber insbesondere gewährleistet sein, dass das Rabattsystem sowohl für in- als auch für ausländische Fahrzeuge gilt sowie nichtdiskriminierend, angemessen und transparent ausgestaltet ist (Art. 38 Abs. 1 LVA) und den freien Verkehr nicht behindert (Art. 38 Abs. 4 LVA). Ebenso seien aus ihrer Sicht in der konkreten Ausgestaltung der Rabatte auf Verordnungsstufe die vergleichbaren Vorgaben in der EU zu berücksichtigen (Art. 7 ga der Eurovignetten-Richtlinie). Eine finale Beurteilung behält sich die Europäische Kommission daher vor, weil die konkret vorgesehenen Rabattniveaus in der Schweiz noch nicht festgelegt sind.
Am 14. Juni 2024 hat die Schweiz im Rahmen des Gemischten Landverkehrsausschusses der Europäischen Kommission die Gelegenheit geboten, formell zum Vernehmlassungsvorlage Stellung zu nehmen. Die Dienststellen der Europäischen Kommission lehnen die Vernehmlassungsvorlage nicht ab und haben sich nicht gegen die Weiterentwicklung der LSVA ausgesprochen. Zudem hat die Europäische Kommission anerkannt, dass sich die LSVA mithilfe der Vorlage in Richtung der Eurovignetten-Richtlinie bewege.
3.3 Abstimmung zwischen SVAG und LVA: Zwei Situationen
Das SVAG regelt die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe für Transportunternehmen, die im schweizerischen Zollgebiet tätig sind. Das LVA wiederum ist für Transporteure im grenzüberschreitenden Strassenverkehr durch die Schweiz sowie für Fahrten in die und aus der Schweiz anwendbar. Die beiden rechtlichen Grundlagen müssen miteinander vereinbar sein.
Für die Umsetzung der in Kapitel 4 dieser Vorlage vorgestellten Massnahmen ist keine Revision des LVA notwendig. Im Rahmen der geltenden Bestimmungen des LVA sind die Integration der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge, die neue Euro-VII-Norm, die Differenzierung der Fahrzeuge in den Abgabekategorien nach Euro-Normen sowie die Rabatte für elektrisch angetriebene Fahrzeuge und für Euro-VII-Fahrzeuge ohne Revision der Bestimmungen des LVA möglich. Es ist jedoch ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses gemäss dem in Kapitel 4.1.6 beschriebenen Verfahren notwendig. Mit den vorgeschlagenen Änderungen bewegt sich die LSVA inhaltlich in Richtung der Eurovignetten-Richtlinie.
Für eine weitergehende Entwicklung der LSVA (eine Differenzierung der Fahrzeuge nach CO
2
-Emissionen) ist eine Anpassung des LVA erforderlich. Konkret sind Änderungen an Artikel 40 des LVA erforderlich, namentlich die Definition und die Anzahl der Abgabekategorien sowie die Abschaffung des Unterschieds zwischen den Abgabekategorien, der so gross wie möglich sein sollte, aber nicht mehr als 15 Prozent des gewichteten Durchschnitts der Abgaben betragen darf. Diese Elemente waren Gegenstand der Verhandlungen mit der EU im Rahmen des Paketansatzes.
Die vorliegende Vorlage ist so ausgestaltet, dass sie auch mit einem allfällig künftig angepassten LVA kompatibel bleibt. Damit soll vermieden werden, dass bei einer zeitnahen Änderung der Bestimmungen des LVA die vorliegende Revision der LSVA obsolet wird und erneute Anpassungen des SVAG nötig werden.
Konkret müssen zwei Szenarien berücksichtigt werden. Ein erstes Szenario, in dem der Text des LVA in seiner derzeitigen Fassung in Kraft bleibt. In diesem Fall ist das revidierte SVAG anwendbar, da die Bestimmungen des Kapitels 4 mit dem derzeitigen Wortlaut des Abkommens vereinbar sind. Im zweiten Fall, d.h. bei einer erfolgten Änderung des LVA, kann das revidierte SVAG weiterhin Anwendung finden. Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Bestimmungen stehen nicht im Widerspruch zu den Zielen, welche die Schweiz und die EU im Falle einer Änderung des Abkommens verfolgen.
Zusammenfassend und zur Klarstellung: Das Differenzierungskriterium der Fahrzeuge in den Abgabekategorien kann wie bisher auf Verordnungsebene konkretisiert werden. Das SVAG legt fest, dass die LSVA auf der Grundlage von Emissionen und Verbrauch berechnet wird, was das derzeit verwendete Differenzierungskriterium (Euro-Normen) abdeckt, und zwar ohne Revision des LVA. Das Differenzierungskriterium könnte auf die CO
2
-Emissionen ausgeweitet werden, sofern eine Änderung am Artikel 40 des LVA vorgenommen wird.
4 Grundzüge der Vorlage
4.1 Die beantragte Neuregelung: Einbezug elektrisch angetriebener Fahrzeuge
Mit den in dieser Vorlage vorgeschlagenen Anpassungen sollen die Rahmenbedingungen für die Integration der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge in das LSVA-Abgabesystem ab Jahr 2029 festgelegt werden. Elektrisch angetriebene Fahrzeuge sollen der LSVA-Pflicht unterstellt werden. Für ihre Einteilung in eine der bestehenden Abgabekategorien gelten dabei die Regeln wie nach geltendem Recht. Da elektrisch angetriebene Fahrzeuge lokal keine Schadstoffemissionen generieren, erzeugen sie im Vergleich zu fossil angetriebenen Fahrzeugen tiefere externe Kosten. Es ist folglich angezeigt, elektrisch angetriebene Fahrzeuge in die günstigste Abgabekategorie einzuteilen. Die sich darin momentan befindlichen Euro-VI-Fahrzeuge werden zum selben Zeitpunkt (2029) in die Abgabekategorie 2 abklassiert, wofür ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses gemäss dem in Kapitel 4.1.6 beschriebenen Verfahren notwendig sein wird. Zeitgleich werden auch Euro-VII-Fahrzeuge in das System integriert und ebenfalls in die mittlere Abgabekategorie eingestuft. Da Euro-VI- und Euro-VII-Fahrzeuge damit in die gleiche Abgabekategorie fallen werden, kann der Bundesrat ab dann auch einen befristeten Rabatt für Euro-VII-Fahrzeuge vorsehen.
Des Weiteren umfasst die Vorlage eine flankierende Massnahme, die die Übergangsphase nach der Integration der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge in die LSVA ab dem Jahr 2029 betrifft. Diese Massnahme umfasst ein Rabattsystem für in- und ausländische elektrisch angetriebene Fahrzeuge für eine befristete Zeit von maximal sieben Jahren. Auch ist eine unmittelbare Verbesserung der Planungssicherheit der Fahrzeughaltenden vorgesehen. Neu soll der Bundesrat regelmässig und sieben Jahre im Voraus aufs’ Neue festlegen, nach welchen Trennkriterien die Fahrzeuge in die verschiedenen Abgabekategorien eingeteilt werden. Leichte Nutzfahrzeuge, die das maximal zulässige Gesamtgewicht von 3500 kg nur wegen des emissionsfreien Antriebs (Batterie oder Wasserstoff) um maximal 750 kg überschreiten, bleiben dauerhaft von der LSVA befreit werden.
Das LVA bildet weiterhin den übergeordneten Rahmen, der die Umsetzung des LSVA-Systems in der Schweiz regelt. Das SVAG muss daher jeweils vor dem Hintergrund des LVA betrachtet werden. Die Revision des SVAG ermöglicht, im nationalen Gesetz Verweise auf die völkerrechtlichen Verträge (Art. 8 Abs. 2 und Art. 8 a Abs. 2 E-SVAG verweisen auf völkerrechtliche Verträge und Art. 8 b Abs. 4 E-SVAG verweist auf Art. 40 LVA) einzuführen und so eine einfachere Lesbarkeit des SVAG zu ermöglichen und Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Wie in Kapitel 3.3 dargelegt, ist die Revision des SVAG mit dem aktuellen Text des LVA vereinbar. Im Falle einer Revision des LVA im Sinne von Kapitel 3.3 würde das revidierte SVAG weiterhin gelten.
4.1.1 Integration elektrisch angetriebener Fahrzeuge in die LSVA
Wie in Ziffer 1.2 aufgezeigt wurde, bestehen zahlreiche Gründe, elektrisch angetriebene Fahrzeuge der LSVA-Pflicht zu unterstellen. Die Abgabekategorie der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge definiert sich dadurch, dass sich die in ihr befindlichen Fahrzeuge aufgrund ihres emissionsfreien Antriebs nicht unmittelbar einer Euro-Norm zuordnen lassen. Deswegen soll diese Kategorie vereinfacht «ohne Euro-Norm» genannt werden. Fahrzeuge, die mit Biogas, CNG oder LNG angetrieben werden, gehören nicht in diese Kategorie, da sich die Logik der LSVA nach dem Antriebstyp, nicht nach dem Treibstofftyp richtet. Zudem produziert diese Art Fahrzeuge lokal Schadstoffemissionen.
Kategorie «ohne Euro-Norm»
Artikel 40 Absatz 2 des LVA verankert Euro-Normen als Grundlage für die Gebührenkategorien der LSVA:
«2. Die Gebühren sind in drei Kategorien von Emissionsnormen (Euro ) abgestuft (…).»
Diese Bestimmung wird so ausgelegt, dass jene schweren Nutzfahrzeuge, die heute keiner Euro-Emissionsnorm entsprechen, als neue Fahrzeuggruppe («ohne Euro-Norm») zusammengenommen und als solche neben Euro 0 bis VI in das LSVA-System integriert werden können. Die Integration elektrisch angetriebener Fahrzeuge in die LSVA würde nach einem Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses gemäss dem in Kapitel 4.1.6 beschriebenen Verfahren. erfolgen. Die Vereinbarkeit der Integration elektrisch angetriebener Fahrzeuge in die LSVA mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz wird in Kapitel 7.2 im Detail diskutiert.
Die neu der Abgabepflicht unterstellten Fahrzeuge «ohne Euro-Norm» sollen in die günstigste der drei Abgabekategorien eingeteilt werden. Auch dies erfordert einen Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses.
Auswirkungen auf Euro VI und Euro VII
Die Fahrzeuge mit Euro-Norm I bis V verbleiben auch künftig in der teuersten Abgabekategorie. Hingegen werden Euro-VI-Fahrzeuge, welche sich seit 2012 in der günstigsten Abgabekategorie befinden, mit dem Einbezug der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge 2029, in die mittlere Abgabekategorie abklassiert werden. Gleichzeitig wird die Euro-VII-Norm für neu zugelassene Fahrzeuge verpflichtend. Euro-VII-Fahrzeuge sind zwar sauberer als Euro-VI-Fahrzeuge, können jedoch nicht mit den elektrisch angetriebenen Fahrzeugen mithalten. Aufgrund des Gleichheitsgebots dürfen sie daher nicht denselben Tarif bezahlen, wie diese beiden anderen Fahrzeugtypen. Der Bundesrat schlägt daher vor, dass sie zwar gemeinsam mit den Euro-VI-Fahrzeugen in die mittlere Abgabekategorie platziert werden, dort aber einen auf maximal sieben Jahre befristeten Rabatt erhalten, was zur Folge hat, dass Euro-VII-Fahrzeuge einen Tarif bezahlen, der zwischen den Tarifen für Euro-VI- und elektrisch angetriebene Fahrzeuge liegt.
4.1.2 Rabattsystem für die Euro-VII-Fahrzeuge
In der EU wird aufgrund der Verordnung (EU) 2024/1257 eine neue Euro-VII-Emissionsnorm eingeführt, welche ebenfalls in das LSVA-System integriert werden soll. Die Verordnung sieht je nach Fahrzeugtyp unterschiedliche Zeitpunkte des Inkrafttretens der Euro-VII-Norm vor. Gemäss Artikel 21 dieser Verordnung gilt die Euro-VII-Norm für schwere Nutzfahrzeuge ab dem 29. Mai 2029. Daher soll die Euro-VII-Norm ab 2029 in das LSVA-System integriert werden. Die neue Euro-VII-Norm enthält keine strengeren Schadstoff-Grenzwerte, soll aber neu Feinstaub (z.B. von Reifenabrieb oder Bremsen) mitberücksichtigen. Die Verordnung (EU) 2024/1257 muss noch ins Schweizer Recht umgesetzt und in den Anhang 1 des LVA aufgenommen werden, um der Euro-VII-Fahrzeugklassifizierung zu entsprechen.
Euro-VII-Fahrzeuge werden in die zweitgünstigste Abgabekategorie eingestuft. Somit fallen sie in die gleiche Abgabekategorie wie Euro-VI-Fahrzeuge. Da der Unterschied bezüglich Emissionsanforderungen zwischen den beiden Normen nur klein ist, kann der Bundesrat den Euro-VII-Fahrzeugen gegenüber den Euro-VI-Fahrzeugen nur einen befristeten tariflichen Vorteil gewähren. Dieser Rabatt auf die LSVA-Tarife von Euro-VII-Fahrzeugen soll während maximal sieben Jahren möglich sein. Der Rabatt muss jenem Prozentsatz entsprechen, mit dem der Tarif für die Euro-VII-Fahrzeuge auf denselben Tarif gesenkt wird, der bezahlt werden müsste, wenn sie in die günstigste Abgabekategorie eingestuft wären. Damit liegen die Tarife von Euro-VII-Fahrzeugen zwischen denen von Euro-VI-Fahrzeugen und denen von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, die ihrerseits ebenfalls von einem Rabattsystem profitieren werden. Die Einführung eines Rabatts auf LSVA-Tarife bedingt einen Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses gemäss dem in Kapitel 4.1.6 beschriebenen Verfahren.
4.1.3 Gewährleistung der Planungssicherheit für Fahrzeughaltende
Mit dieser Vorlage soll die Planungssicherheit der Transportunternehmen des Güterverkehrs gewährleistet bleiben und verbessert werden (siehe Kapitel 1.2.9). Der Bundesrat soll dazu regelmässig und jeweils sieben Jahre im Voraus kommunizieren, mit welchen allfälligen Änderungen der die einzelnen Abgabekategorien definierenden Kriterien die Betroffenen zu rechnen haben. Damit ist nicht gemeint, dass der Bundesrat jedes Jahr sieben nachfolgende Jahre neu festlegt. Er muss es aber jeweils sieben Jahre im Voraus ankündigen, wenn eine Änderung zu erwarten ist.
Der Bundesrat kommuniziert hierfür die einzelnen Kriterien, nach denen die Abgabekategorien künftig definiert werden. Der Bundesrat wird dafür nicht eine Liste aller Fahrzeugmodelle und deren Zuweisung in eine Kategorie veröffentlichen. Ebenso wenig wird auch nicht der Mechanismus der Einteilung definiert. Er gibt vielmehr bekannt, welche Anpassungen er an der Definition der Abgabekategorien bzw. an der die einzelnen Kategorien definierenden Kriterien für das siebte Jahr in der Zukunft (t+7) vornehmen will. Die Planung der diesem siebten Jahr vorangehenden sechs Jahre bleibt unverändert (t+1 bis t+6). Der Bundesrat hat die Definition der Abgabekategorien für die Jahre t+1 bis t+6 bereits laufend in den sechs vorangegangenen Jahren vorgenommen. So kann gewährleistet werden, dass zu jedem Zeitpunkt transparent festgelegt ist, für welchen Fahrzeugtyp und in welchem Jahr mit welcher Abgabekategorie zu rechnen ist.
Mit der die einzelnen Abgabekategorien definierenden Kriterien sind aktuell primär die jeweils je Abgabekategorie massgebenden Euro-Normen gemeint. Führen technologische Entwicklungen von grosser Tragweite dazu, dass die vom Bundesrat festgelegte Definition der Abgabekategorien nicht mehr gerechtfertigt ist, so kann er im Ausnahmefall vor Ablauf der sieben Jahre Anpassungen vornehmen.
Mit diesem Vorgehen wissen die Fahrzeughaltenden, wie sich die Definition der Abgabekategorien in den nächsten sieben Jahren entwickeln werden und in welche der Abgabekategorien die am Markt erhältlichen Fahrzeuge eingeteilt werden. Mit dieser Information sind sie in der Lage, ihre Investitionsentscheide zu fällen. Damit ist die Planungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet und im Vergleich zu heute verbessert. Dies weil der Bundesrat jede Änderung der eine Abgabekategorie definierenden Kriterien mit einer Vorlaufzeit von sieben Jahren mittels Verordnungsanpassung mitzuteilen hat.
4.1.4 Übergangsphase mit flankierenden Massnahmen
Die Vorlage sieht für die Jahre nach dem per 2029 erfolgten Ende der Befreiung elektrisch angetriebener Fahrzeuge der Abgabepflicht eine Massnahme vor, um weiterhin die Verbreitung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zu fördern. Damit ist eine Übergangsphase zwischen der Befreiung und der Vollbesteuerung elektrisch angetriebener Fahrzeuge vorgesehen. Ohne eine solche Übergangsphase besteht das Risiko, dass die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs zu stark gefährdet wird. Mit Blick auf die Bestimmungen des LVA ist wichtig, dass diese Fördermassnahme nicht dazu führt, dass im Ausland zugelassene Fahrzeuge gegenüber in der Schweiz zugelassenen Fahrzeuge diskriminiert werden (Art. 1 Abs. 3, Art. 32, Art. 38 Abs. 1 und Art. 52 LVA).
Um den Übergang zu einer elektrischen und umweltfreundlicheren Güterverkehrsflotte zu fördern, kann der Bundesrat für die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge vorübergehend ein Rabattsystem einführen. Dieses Rabattsystem richtet sich an alle in der Schweiz und im Ausland zugelassenen Fahrzeuge, die aufgrund von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe k SVAV vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen von der LSVA befreit waren und neuerdings die Schwerverkehrsabgabe entrichten müssen. Ebenso steht das Rabattsystem sämtlichen elektrisch angetriebenen Fahrzeugen offen, welche ab Inkrafttreten dieser Vorlage gekauft werden. Diese Massnahme zielt erstens darauf ab, die schnellere Entwicklung einer umweltfreundlicheren Flotte zu fördern. Zweitens trägt die Investition in Fahrzeuge, die keine Emissionen ausstossen, zur Senkung der externen Kosten von CO
2
-Emissionen bei und unterstützt damit das Verfassungsziel der LSVA.
Mit dem Rabattsystem sollen elektrisch angetriebene Fahrzeuge einen prozentualen Rabatt auf den Tarif der Abgabekategorie erhalten, in der sie eingestuft sind. Diese Rabatte können für die Jahre 2029-2035 gewährt werden. Während der Förderperiode ist eine stufenweise Abnahme des Rabatts angedacht.
Die zeitliche Befristung des Rabattsystems ist notwendig, da sonst die Gefahr besteht, dass der Strassengüterverkehr gegenüber dem Schienengüterverkehr dauerhaft bevorteilt wird. In diesem Fall könnte das in der Verfassung verankerte Ziel der Verkehrsverlagerung und auch das der Kostendeckung gefährdet werden. Darüber hinaus darf das Rabattsystem nicht zu Marktverzerrungen führen. Zwar sind die Investitionskosten für elektrisch angetriebene Fahrzeuge höher als für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, aber mit zunehmender Verbreitung werden die Investitionen für solche Fahrzeuge stetig günstiger.
Die Umsetzung ist relativ einfach. Auf den Tarif der Abgabekategorie, in der sich die für den Rabatt in Frage kommenden Fahrzeuge befinden, wird ein Rabatt angewendet. Der Bundesrat legt die Umsetzung der Massnahme fest und kann auch die Marktsituation bewerten und beschliessen, die Rabatte für elektrisch angetriebene Fahrzeuge auszusetzen, wenn die Förderung im Namen der Dekarbonisierung nicht mehr gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen muss dann aber auch der Rabatt für Euro-VII-Fahrzeuge aufgehoben werden, da die beiden Fahrzeugtypen sonst denselben Tarif bezahlen.
Die Einführung eines Rabatts auf LSVA-Tarife bedingt einen Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses gemäss dem in Kapitel 4.1.6 beschriebenen Verfahren.
4.1.5 Dauerhafte Befreiung von sog. Bourgeois-Fahrzeugen
Leichte Nutzfahrzeuge, die das maximal zulässige Gesamtgewicht von 3500 kg nur wegen des emissionsfreien Antriebs (Batterie oder Wasserstoff) um maximal 750 kg überschreiten, wären grundsätzlich LSVA-pflichtig. Sie sollen dauerhaft von der LSVA befreit werden. Damit wird die vom Parlament angenommene Motion 18.3420 Bourgeois «Kompensierung des Gewichts elektrischer Batterien bei Lieferwagen der 3,5-Tonnen-Kategorie» auch im SVAG umgesetzt. Die rechtlichen Grundlagen werden dabei so angepasst, dass das Gewicht des emissionsfreien Antriebs kompensiert wird. Konsequenterweise sind sie damit auch von der LSVA-Pflicht auszunehmen. Die Befreiung von Bourgeois-Fahrzeugen erfordert keine Anpassung am SVAG. Sie werden in der Revision der SVAV in den Katalog von ausgenommenen Fahrzeugtypen in Artikel 2 Absatz 1 SVAV aufgenommen.
4.1.6 Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses
Zur Umsetzung der in den Kapiteln 4.1, 4.1.1, 4.1.2 und 4.1.4 dargestellten Massnahmen ist ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses erforderlich. Dabei ist folgendes Verfahren vorgesehen: Das Verfahren zur Festlegung der Abgabekategorien für elektrisch angetriebene Fahrzeuge und Euro-VII-Fahrzeuge erfolgt zweistufig. Zunächst ist ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses erforderlich (Art. 40 Abs. 2 und 6 i.V.m. Art. 51 Abs. 2 LVA) und anschliessend eine Anpassung der SVAV. Die Umsetzung des Rabattsystems für elektrisch angetriebene Fahrzeuge und die Abklassierung der Euro-Normen erfolgen nach dem gleichen Verfahren.
4.2 Anpassungen an der pauschalen Schwerverkehrsabgabe
Mit der zunehmenden Diffusion von Fahrzeugen, die elektrisch angetrieben sind und gleichzeitig aufgrund ihrer Eigenheiten nicht der leistungsabhängigen, sondern der pauschalen Schwerverkehrsabgabe (PSVA) unterstehen, prüft der Bundesrat auch mögliche Lösungen, um der Tatsache, dass solche Fahrzeuge weniger externe Kosten verursachen, Rechnung zu tragen. Betroffen sind dabei vor allem Gesellschaftswagen und Gelenkbusse, wobei Artikel 3 SVAV die von der PSVA betroffenen Fahrzeuge abschliessend auflistet. Der Bundesrat schlägt die Einführung einer PSVA für elektrisch angetriebene Fahrzeuge vor. Dies erfolgt durch das Einführen von neuen Abgabekategorien gemäss Artikel 3 Absatz 1 SVAV, jedoch mit jeweils tieferem Abgabesatz für das elektrisch angetriebene Äquivalent einer Fahrzeugart. Eine Anpassung des SVAG ist dafür nicht notwendig. Artikel 9 SVAG steht einer pauschalen Abgabeerhebung für elektrisch angetriebene Fahrzeuge nicht entgegen, selbst, wenn diese grundsätzlich auch leistungsabhängig besteuert werden können. Der bestehende Artikel 9 SVAG sieht auch jetzt schon eine Delegation der Regelung der Einzelheiten und die Ausgestaltung der Pauschalierung an den Bundesrat vor. Die Konkretisierung erfolgt somit im Rahmen der Anpassung der Ausführungsbestimmungen.
4.3 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen
Mit den vorgeschlagenen Massnahmen erhält der Bund verschiedene neue Aufgaben:
-
Der Bundesrat evaluiert die Einteilung der Fahrzeuge in die Abgabekategorien und die Bemessung der Abgaben neu. Er kommuniziert sieben Jahre im Voraus anhand dieser Evaluationen allfällig geplante Veränderungen an den Abgaben und an der die Abgabekategorie definierenden Kriterien.
-
Der Bundesrat kann für einen Zeitraum von maximal sieben Jahren (2029-2035) nach ihrer Einführung in die LSVA einen Rabatt für elektrisch angetriebene Fahrzeuge gewähren. Zudem kann er für denselben Zeitraum einen Rabatt auf den Tarif von Euro-VII-Fahrzeugen gewähren. Er prüft die Auswirkungen dieser Rabatte auf die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs.
-
Der Bundesrat kann die Höhe der PSVA an die Teuerung anpassen.
-
Alle weiteren Massnahmen und Anpassungen stellen keine neuen Massnahmen dar. Vielmehr werden verschiedene bestehende Aufgaben oder Anreizinstrumente fortgeführt, modifiziert oder ausgeweitet.
Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben sind bei den für die Umsetzung der neuen Aufgaben zuständigen BAV und BAZG zusätzliche Ressourcen erforderlich, die im Kapitel 6.1.2 weiter ausgeführt werden. Die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung der in der Botschaft vorgeschlagenen Massnahmen werden in Kapitel 6.1.1 dargestellt.
4.4 Umsetzungsfragen
Die vorgeschlagenen Änderungen der LSVA erfordern Anpassungen auf Gesetzesstufe (SVAG). Die diversen Änderungen erfordern nachgelagert Anpassungen auf Verordnungsstufe. Dies umfasst unter anderem folgende Aspekte:
-
Neudefinition einer bestehenden Abgabekategorie für Fahrzeuge ohne Euro-Norm;
-
Festlegung der einzelnen Tarife der Abgabekategorien;
-
Festlegung der Anzahl Abgabekategorien;
-
Konkretisierung der Massnahmen der finanziellen Förderung elektrisch betriebener Fahrzeuge, spezifisch des Rabattsystems;
-
Konkretisierung der Rabatte für die Euro-VII;
-
Konkretisierung der regelmässig stattzufindenden Prüfung, ob die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmung zur Festlegung des Tarifs die Deckung der externen Kosten erfüllt;
-
Konkretisierung der Befreiung von der LSVA der leichten elektrischen Motorfahrzeuge, die das maximal zulässige Gesamtgewicht von 3500 kg nur wegen des emissionsfreien Antriebs (Batterie oder Wasserstoff) um maximal 750 kg überschreiten;
-
Konkretisierung der für die Planungssicherheit der Unternehmen erforderliche Informationen;
-
Konkretisierung der PSVA für die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge;
-
Festlegung des Mindestbetrags für die Rückerstattung der LSVA bei Neuzuteilung eines Fahrzeugs zu einer Abgabekategorie, wenn die abgabepflichtige Person nachträglich nachweist, zu welcher Abgabekategorie ihr Fahrzeug gehört.
5 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln
Titel
Der Titel soll mit demjenigen der SVAV harmonisiert werden. Da das SVAG nicht allein die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe als Regelungsinhalt hat, sondern auch Bestimmungen zur pauschal erhobenen Schwerverkehrsabgabe vorsieht, ist neu eine offenere Formulierung des Erlasstitels wünschenswert.
Art. 1 Abs. 1 und 2 Einleitungssatz
Mit der Änderung der Formulierung des Zweckartikels soll der Begriff der Abgabe im SVAG neu generell die Schwerverkehrsabgabe abdecken und nicht mehr wie bis anhin spezifisch die LSVA. Bislang wurde die Begriffsverwendung im Gesetz nicht immer konsequent verfolgt. Dies führt nun dazu, dass an einzelnen Orten des Gesetzes klargestellt werden muss, ob es die Schwerverkehrsabgabe gesamthaft betrifft oder es nur spezifisch für die leistungsabhängige Abgabe gilt. Weiter wird der überholte Begriff der Wegekosten durch den allgemein verständlicheren und inzwischen weitläufig und insbesondere in der französischen und italienischen Sprachversion des SVAG bereits verwendeten Begriff der Infrastrukturkosten ersetzt. Schliesslich wird inhaltlich klargestellt, dass auch im Bereich der Kosten zulasten der Allgemeinheit nur diejenigen Kosten gedeckt werden sollen, die dem Schwerverkehr zurechenbar sind.
Absatz 2 wird in der französischen Fassung angepasst, um sie gegenüber der deutschen Fassung des Gesetzes zu verbessern. Diese Änderung betrifft nur die französische Fassung des Gesetzes.
Art. 4 Abs. 2 dritter und vierter Satz
Absatz 2 wird insofern ergänzt, dass der Bundesrat zukünftig die Kompetenz haben soll, die PSVA an die Teuerung anzupassen. Während eine Tariferhöhung innerhalb der gesetzlichen Grenze von 5000 Franken bereits aufgrund des Kostendeckungsprinzips möglich ist, braucht es für die Anpassung des gesetzlich verankerten Höchstbetrages eine ausdrückliche Kompetenzdelegation an den Bundesrat. Der Teuerungsmechanismus ist so zu verstehen, dass der Höchstbetrag der PSVA um einen Prozentsatz, der der ermittelten Teuerungsrate über einen bestimmten Zeitraum entspricht, angehoben werden kann. Dies, um dem Umstand Rechnung tragen zu können, dass die externen Kosten des Schwerverkehrs mit der Teuerung steigen. Die konkrete Umsetzung wird in der Verordnung geregelt.
Art. 6
Grundsatz
Dieser Artikel regelt die Grundsätze für die Berechnung der Abgabe, sowohl für die LSVA als auch für die PSVA. Die LSVA bemisst sich schon nach heutigem Recht nicht nur aufgrund des Gesamtgewichts und der gefahrenen Distanz, sondern auch anhand von Emissionen oder Verbrauch. Letztgenannte Kriterien waren bisher in Absatz 3 verankert. Deren Verschiebung in Absatz 1 hat zur Folge, dass die Berücksichtigung von Emissionen und Verbrauch neu zwingend und nicht mehr nur fakultativ sein soll. Zudem soll wie bisher auf Verordnungsstufe konkretisiert werden, was unter Emissionen und Verbrauch fällt. Es könnten dies zum Beispiel die Schadstoffemissionen, die CO
2
-Emissionen oder die Energieeffizienz des Fahrzeugs sein.
Absatz 2 unterscheidet sich inhaltlich nicht vom geltenden Recht. Nur der Begriff Abgabe wird gestrichen, da er sowohl für die LSVA als auch für die PSVA gelten kann (vgl. Erläuterungen zu Art. 1 Abs. 1). Absatz 2 betrifft ebenfalls nur die LSVA, das ergibt sich aber aus der Struktur des Artikels. Absatz 3 legt den Grundsatz für die Berechnung der PSVA fest. Dies ist keine Abweichung vom geltenden Recht, sondern lediglich eine Ausformulierung dessen, wie die PSVA schon seit Inkrafttreten des SVAG erhoben wird.
Art. 7 Abs. 1
Es handelt sich hierbei lediglich um eine begriffliche Anpassung, indem in diesem Absatz neu ebenfalls von «Infrastrukturkosten» die Rede ist (vgl. Erläuterung zu Artikel 1 Abs. 1).
Art. 8
Abgabekategorien für die LSVA
Der bestehende Artikel 8 wird im Rahmen dieser Vorlage grundlegend überarbeitet. Der bisherige Regelungsinhalt wird in separate Bestimmungen (Art. 8, 8 a und 8 b ) aufgeteilt. Absatz 1 hält als Grundsatz für die Erhebung die Bildung von Abgabekategorien fest.
Absatz 2 regelt, dass der Bundesrat bei der Festlegung und Definition der Abgabekategorien die Bestimmungen völkerrechtlicher Verträge berücksichtigen muss. Bezüglich der Anzahl Abgabekategorien ist der Bundesrat aktuell an die Vorgaben des LVA gebunden. Dieses sieht in Artikel 40 derzeit drei Kategorien vor. Der Bundesrat berücksichtigt zudem das Erfordernis der Planungssicherheit der Unternehmen. Er möchte damit den Unternehmen bei Investitionen in ihre Fahrzeuge insofern Rechnung tragen, dass er frühzeitig bekanntgibt, nach welchen Kriterien die Abgabekategorien definiert werden, was den Unternehmen schliesslich Auskunft darüber gibt, in welche Abgabekategorie die verwendeten Fahrzeuge fallen und welches die massgebenden Tarife sind. Wie er dies macht, ist in Kapitel 4.1.3 beschrieben und in der Verordnung festgehalten.
Art. 8a
Tarife der LSVA
Artikel 8 a entspricht zu einem grossen Teil dem bisherigen Artikel 8, der die Tarife der LSVA zum Gegenstand hat.
Die Vorgaben, welche der Bundesrat bei der Festlegung der Tarife zu berücksichtigen hat, sind in Absatz 2 geregelt. Insbesondere die Vorgaben völkerrechtlicher Verträge sind zu berücksichtigen. Der bisherige Artikel 8 Absatz 1 wird dabei durch einen generellen Verweis auf die völkerrechtlichen Verträge betreffend Tarifvorgaben sowie Höchstbeträge abgelöst. Der bisherige Absatz 1 Buchstabe a ist veraltet, da das höchstzulässige Gesamtgewicht 2005 auf 40 Tonnen erhöht wurde und damit ohnehin nur noch der bisherige Buchstabe b zur Anwendung kommt. Weiter war die im bisherigen Buchstaben b geregelte Angabe in Rappen pro tkm im Zusammenhang mit dem bisherigen Buchstaben c irreführend, da sie entgegen der Regelungsabsicht von Buchstabe c den Eindruck vermittelte, ein Tarif von mehr als 3 Rappen pro tkm sei unzulässig. Der bisherige Buchstabe c wird aufgrund der künftig verbindlichen Berücksichtigung der ausgestossenen Emissionen und des Verbrauchs (vgl. Art. 6 Abs. 1) ebenfalls hinfällig. Die Vorgaben an die Tarifgestaltung ergeben sich heute direkt aus Artikel 40 Absatz 4 LVA. Das LVA wurde jedoch erst nach Inkrafttreten des SVAG abgeschlossen und blieb bis anhin im Wortlaut des SVAG unberücksichtigt. Eine eigenständige (Neu-)Formulierung der vom LVA vorgegebenen Regelungen bietet keinen nennenswerten Mehrwert, sodass lediglich auf die völkerrechtlichen Verträge (namentlich das LVA) verwiesen wird. Damit wird insbesondere sichergestellt, dass der Inhalt des SVAG nicht den Vorgaben, welches das LVA an die Ausgestaltung der LSVA stellt, widerspricht. Weiter wird dadurch ermöglicht, dass die vollständige Weiterentwicklung, wie vom Bundesrat im Jahr 2021 definiert, erreicht werden kann.
Diese Anpassung hat materiell keinerlei Änderung an der Berechnung der Tarife zur Folge. Die Auflistung des zweiten Absatzes entspricht grundsätzlich dem geltenden Recht (Art. 8 Abs. 3). Die bisherige Formulierung «Bei der Einführung der Abgabe und den Erhöhungen des Tarifs berücksichtigt der Bundesrat» wird jedoch abgelöst, da die LSVA inzwischen vollständig eingeführt worden ist und sich der Kriterienkatalog nunmehr einzig auf die Festlegung der Tarife bezieht, also auch bei einer allfälligen Senkung massgebend ist. In der französischen Fassung wird die Formulierung einiger Kriterien angepasst, damit sie inhaltlich der deutschen Fassung angeglichen ist. Der bisherige geltende Absatz 2, der dem Bundesrat die Befugnis gibt, die Tarife der Abgabekategorien an die Inflation anzupassen, wird weiterhin aufgeführt. Auch bezüglich der Teuerung hat der Bundesrat das LVA, also primär Artikel 42 LVA, zu berücksichtigen. Die Schweiz kann gestützt auf Artikel 42 Absatz 1 LVA die in Artikel 40 Absatz 4 LVA definierten Höchstbeträge als um die Inflationsrate verteuert betrachten, sofern sie das in Artikel 42 Absatz 1 LVA definierte Vorgehen berücksichtigt.
Art. 8b
Reduzierter Tarif der LSVA
Dieser Artikel regelt die Massnahme, welche die Unterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die Schwerverkehrsabgabepflicht begleiten und die wirtschaftlichen Folgen des Endes der Befreiung von der Abgabepflicht abfedern soll. Gleichzeitig soll sie dazu beitragen, dass im Schwerverkehr möglichst emissionsarme Fahrzeuge eingesetzt werden. Damit soll einerseits dem Umweltschutz Rechnung getragen werden und andererseits mittelfristig auch das Kostendeckungsprinzip der Schwerverkehrsabgabe noch konsequenter umgesetzt werden (vgl. Kapitel 1.2.3).
Absatz 1 gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, im Rahmen der LSVA per 2029 ein Rabattsystem in Form eines reduzierten Tarifs für elektrisch angetriebene Fahrzeuge einzuführen, um deren Marktdurchdringung gezielt zu fördern. Vom reduzierten Tarif sollen elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Sinne von Absatz 3 profitieren. Als elektrisch angetriebene Fahrzeuge sind Fahrzeuge zu verstehen, die mit einer rein elektrischen Bordbatterie angetrieben werden, sowie Brennstoffzellenfahrzeuge, bei denen der aus einem elektrochemischen Prozess resultierende elektrische Antrieb mit Wasserstoff als Treibstoff versorgt wird.
Die Möglichkeit der Einführung eines reduzierten Tarifs gemäss Absatz 1 ist zeitlich befristet. Das Rabattsystem wird so ausgestaltet, dass auf dem für die Abgabekategorie der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge massgebenden Tarif eine prozentuale Reduktion vorgenommen wird. Die maximalen Prozentsätze geben dabei den Rahmen vor und legen insbesondere fest, dass der reduzierte Tarif über seine gesamte Geltungsdauer gesehen degressiv auszugestalten ist. Massgebend, wie hoch die jährliche Reduktion ist, ist dabei insbesondere der Anteil der neu in Verkehr gesetzten elektrisch angetriebenen Fahrzeuge. Weiter kann namentlich auch der Marktanteil dieser Fahrzeuge berücksichtigt werden. Je höher die Marktdurchdringung elektrisch angetriebener Fahrzeuge ist, desto tiefer hat der Bundesrat die prozentuale Ermässigung festzulegen.
Absatz 4 gibt dem Bundesrat darüber hinaus die Möglichkeit, einen Rabatt für Fahrzeuge sowohl von ausländischen als auch Schweizer Fahrzeughaltenden zu gewähren, die die Euro-VII-Emissionsgrenzwerte der Verordnung (EU) 2024/1257 erfüllen. Dazu legt er auf Verordnungsstufe fest, welche Fassung der EU-Verordnung (oder einer allfälligen Nachfolgeverordnung) für die Definition massgebend ist. Die Rabatte können dabei unabhängig davon gewährt werden, ob das entsprechende EU-Recht bis zur Einführung des Euro-VII-Rabatts ins Schweizer Recht übernommen und in Anhang 1 LVA aufgenommen worden ist. Der Prozentsatz für den Rabatt wird für die gesamte Geltungsdauer des Euro-VII-Rabatts maximal auf 15 Prozent des gewichteten Durchschnitts der Abgabe gemäss Artikel 40 LVA festgelegt. Der ermässigte Tarif der Abgabekategorie für Euro-VII-Fahrzeuge entspricht somit de facto dem Tarif der günstigsten Abgabekategorie, d.h. der Abgabekategorie der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge ohne die Tarifreduktion. Euro-VII-Fahrzeuge erhalten somit denselben Tarif, den sie erhalten hätten, wenn sie in die günstigste Abgabekategorie eingestuft worden wären (zu den Gründen dieser Massnahme vgl. insbesondere Kapitel 4.1.2). Der Zeitraum, in dem der reduzierte Tarif für Euro-VII-Fahrzeuge gilt, wird direkt an den Zeitraum des reduzierten Tarifs für elektrisch angetriebene Fahrzeuge gekoppelt. Dadurch wird sichergestellt, dass Euro-VII-Fahrzeuge keinen tieferen ermässigten Tarif erhalten als den ermässigten Tarif der günstigsten Abgabekategorie.
Gemäss Absatz 5 evaluiert der Bundesrat regelmässig die Wirkung des reduzierten Tarifs. Ist der Markt nach Einführung des reduzierten Tarifs für elektrisch angetriebene Fahrzeuge so weit fortgeschritten, dass auch eine minimale Tarifreduktion nicht mehr gerechtfertigt ist, so kann der Bundesrat den Rabatt für elektrisch angetriebene Fahrzeuge vor Ende 2035 auch ganz aufheben. Als Folge dessen ist es zwingend, dass auch der reduzierte Tarif für Euro-VII-Fahrzeuge aufgehoben wird, da ansonsten bei Weiterbestehen der Tarifreduktion der Euro-VII-Fahrzeuge diese den gleichen Tarif bezahlen würden wie die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge.
Art. 8c
Zuteilung zur Abgabekategorie
In dieser Bestimmung wird geregelt, zu welchem Zeitpunkt und durch wen der Nachweis für die Zuteilung der einzelnen Fahrzeuge in eine der Abgabekategorien zu erbringen ist. Die Konsequenzen eines fehlenden Nachweises werden in Absatz 3 dargelegt. Absatz 4 regelt sodann den Fall, dass der Nachweis erst nach dem massgebenden Zeitpunkt gemäss Absatz 1 erbracht werden kann. Befindet sich das Fahrzeug nach dem Nachweis in einer Kategorie mit tieferem Tarif, hat der Fahrzeughalter einen Anspruch auf eine Rückerstattung. Die Besteuerungsgrundsätze gemäss Artikel 127 Absatz 2 BV sowie das Verursacherprinzip erfordern, dass eine abgabepflichtige Person nicht mehr zahlen muss, als sie effektiv verursacht, und nicht mehr bzw. weniger zahlen muss als eine abgabepflichtige Person in der gleichen Situation. Da mit dem erst später erfolgten Nachweis und der allfälligen Rückerstattung jedoch ein erheblicher Verwaltungsaufwand verursacht wird, ist mit der Gewährung der Rückerstattung gleichzeitig auch eine Bearbeitungsgebühr vorzusehen. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Rückerstattung, insbesondere das Verfahren für die Vorlage des Nachweises sowie dessen Überprüfung. Für unrechtmässig erwirkte Rückerstattungsansprüche sind die Strafbestimmungen des 6. Abschnittes (Art. 20 ff. SVAG) anwendbar. Für den Vollzug ist das BAZG zuständig. Um unverhältnismässigem administrativen Aufwand vorzubeugen, soll der Bundesrat einen Mindestbetrag für die Rückforderung festlegen können.
6 Auswirkungen
6.1 Auswirkungen auf den Bund
6.1.1 Finanzielle Auswirkungen
Zwei Drittel der Nettoeinnahmen aus der LSVA gehen an den Bund. Das Parlament bestimmt, wieviel davon als Einlage in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) verwendet werden. Um die vom Schwerverkehr verursachten Kosten zu decken, soll die Vorlage die derzeitigen Einnahmen aus der LSVA längerfristig sichern. Es ist nicht möglich, einnahmenseitig die Auswirkungen der Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in das LSVA-System genau zu beziffern, da dies massgeblich von der Verbreitung der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge abhängt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die gesamte Flotte an Schwerverkehrsfahrzeugen in absehbarer Zeit durch eine elektrisch angetriebene Fahrzeugflotte ersetzt wird, ist jedoch gering. Die Investitionskosten für neue Fahrzeuge sind aktuell beträchtlich. Ebenso muss auch die notwendige Ladeinfrastruktur noch geschaffen werden. Die Einrichtung von Ladeinfrastrukturen für Lastwagen im gesamten Strassennetz und in privaten Logistikanlagen wird Zeit und hohe Investitionen erfordern. Im Vergleich zum Status quo trägt diese Vorlage massgeblich dazu bei, die Einnahmen aus der LSVA und in der Folge die Einlage in den BIF sogar zu erhöhen.
In welchem Ausmass sich die LSVA-Einnahmen entwickeln, ist in erster Linie von der Verbreitungsgeschwindigkeit von elektrisch angetriebenen Lastwagen abhängig, über welche aktuell noch sehr wenig Gewissheit besteht. Je schneller sich elektrisch angetriebene Lastwagen verbreiten, desto grösser der negative Einnahmeneffekt der flankierenden Massnahmen, und desto kleiner auch der positive Einnahmeneffekt der Abklassierung der Euro-VI-Fahrzeuge.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die LSVA-Einnahmen bis 2029 aufgrund der Zunahme an den bis dann noch befreiten elektrisch angetriebenen Fahrzeuge leicht sinken werden. Da diese Fahrzeuge per 1.1.2029 abgabepflichtig werden und gleichzeitig Euro-VI-Fahrzeuge in die mittlere Abgabekategorie abklassiert werden, werden zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem Stand 2025 jährlich mehrere hundert Millionen Franken an Mehreinnahmen resultieren. Wenn im Nachfolgenden (Abbildung 7) von «Mindereinnahmen» gesprochen wird, bezieht sich der Betrag auf diejenigen LSVA-Einnahmen, die aufgrund der für die elektrisch angetriebenen und die Euro-VII-Fahrzeuge vorgesehenen Rabatte nicht eingenommen werden können.
Das UVEK hat basierend auf diversen Studien und eigenen Erkenntnissen Berechnungen zu verschiedenen Einnahmenentwicklungen erstellt. Die Verkehrsleistung elektrisch angetriebener Lastwagen wird 2030 im Spektrum zwischen 5 Prozent und 30 Prozent der gesamten Verkehrsleistung des Schwerverkehrs liegen. Diese Spannweite ist anhand eines konservativen und eines optimistischen Szenarios dargestellt. Diese beiden Szenarien sind mitnichten die beiden wahrscheinlichsten Ausgänge, sondern bilden lediglich die Eckpunkte der möglichen Ergebnisse ab. Das konservative Szenario basiert auf einer Extrapolation des bisherigen Wachstums an elektrisch angetriebenen Fahrzeugen bei gleichbleibendem Policy-Umfeld. Die Auswirkungen dieser Vorlage sind darin nicht abgebildet. Das optimistische Szenario bildet eine Verbreitungsgeschwindigkeit ab, die sich aus Total-Cost-of-Ownership-Berechnungen theoretisch ergeben könnte. Es beinhaltet aber keine Restriktionen hinsichtlich der Investitionsfähigkeit von Transporteuren, der Verfügbarkeit genügender Fahrzeuge auf dem Markt oder einer ausreichenden Ladeinfrastruktur.
Ähnlich wie bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen ist auch bei Euro-VII-Fahrzeugen die Entwicklung und Verbreitung ungewiss. Die Euro-VII-Norm weist gegenüber der Euro-VI-Norm keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Emission von Luftschadstoffen auf. Es ist daher nicht einfach, die Zunahme der Euro-VII-Norm und die Abnahme der Euro-VI-Norm abzuschätzen. Das UVEK hat auf der Grundlage früherer Erfahrungen bei der Einführung neuer Euro-Normen den Anteil der Euro-VII-Fahrzeuge anhand von zwei Fällen geschätzt. Im ersten Fall wird angenommen, dass sich die Euro-VII-Fahrzeuge nur langsam ausbreiten und viele Euro-VI-Fahrzeuge bis 2036 weiterhin eingesetzt werden. Im zweiten Fall wird angenommen, dass sich die Euro-VII-Fahrzeuge schneller ausbreiten und die Euro-VI-Fahrzeuge rasch ersetzen werden.
Minderreinnahmen Rabatte
Die kumulierten Mindereinnahmen aufgrund des vorgeschlagenen Rabatts für Euro-VII-Fahrzeuge im Zeitraum von 2029 bis 2035 betragen je nach Annahme der Verbreitungsgeschwindigkeit zwischen 150 und 700 Millionen Franken (Abbildung 7). Die grosse Bandbreite an Zahlen ergibt sich daraus, das zum heutigen Zeitpunkt unklar ist, wie stark ein Rabatt auf Euro-VII-Fahrzeuge deren Verbreitungsgeschwindigkeit und auch die der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge beeinflusst. Sollte sich eine beträchtliche Anzahl an Fahrzeughaltern für Euro-VII-Fahrzeuge statt für elektrisch angetriebene Fahrzeuge entscheiden, fallen die Kosten für einen Rabatt für Euro-VII-Fahrzeuge entsprechend hoch aus.
Im Gegenzug verursacht der Rabatt für elektrisch angetriebene Fahrzeuge in dieser Situation weniger Minderreinnahmen, etwa 400 Millionen Franken. Umgekehrt verursacht er in einer Situation, in der sich elektrisch angetriebene Fahrzeuge sehr schnell verbreiten bis zu 1,8 Milliarden Franken an Minderreinnahmen.
Abbildung 7
Kumulierte Mindereinnahmen gemäss Szenarien
-
2’000’000’000
-
1’800’000’000
-
1’600’000’000
-
1’400’000’000
-
1’200’000’000
-
1’000’000’000
-
800’000’000
-
600’000’000
-
400’000’000
-
200’000’000
0
Rabatte EURO VII (15%)
Rabatte
e-/h-LKW
in CHF
Konservatives Szenario e-/h-LKW -
Langsamer Verlauf EURO VII
Konservatives Szenario e-/h-LKW -
Schneller Verlauf EURO VII
Optimistisches Szenario e-/h-LKW
Quelle: BAV
Entwicklung Gesamteinnahmen
Zwischen 2029 und 2036 werden die elektrisch angetriebenen Fahrzeuge zunehmend stärker besteuert, was kombiniert mit einem moderaten allgemeinen Verkehrswachstum ab 2036 zu geschätzten LSVA-Gesamteinnahmen zwischen 2 und 2,1 Milliarden Franken pro Jahr führt (siehe Abbildung 8). Spätestens per 1. Januar 2036 werden alle in dieser Vorlage enthaltenen Fördermassnahmen auslaufen. Der dann noch bestehende Unterschied zwischen konservativem und optimistischem Szenario ergibt sich aus den unterschiedlich zusammengesetzten Fahrzeugflotten.
Abbildung 8
LSVA-Einnahmen von 2025 bis 2036
1’500’000’000
1’600’000’000
1’700’000’000
1’800’000’000
1’900’000’000
2’000’000’000
2’100’000’000
2’200’000’000
2025
2026
2027
2028
2029
2030
2031
2032
2033
2034
2035
2036
in CHF
Konservatives Szenario - langsamer Verlauf EURO VII
Konservatives Szenario - schneller Verlauf EURO VII
Optimistisches Szenario
Quelle: BAV
6.1.2 Personelle Ressourcen
In der Umsetzungsphase des neuen Systems entsteht ein Zusatzaufwand. Dieser soll durch Fortschritte im Rahmen der Automatisierung und der Digitalisierung aufgefangen werden. Für Aufgaben, die nicht automatisiert und digitalisiert werden können, werden zusätzliche personelle Ressourcen notwendig sein. Diese Ressourcen werden innerhalb der zuständigen Verwaltungseinheiten kompensiert. Dies betrifft insbesondere ASTRA und BAZG, welche für das Hinterlegen der für den Vollzug benötigten Daten in den Verkehrszulassungssystemen respektive für den Vollzug der LSVA zuständig sind.
Die konzeptionelle Weiterentwicklung der LSVA und die zukünftige Kategorisierung der Fahrzeuge sowie die Abstimmung mit EU-Entwicklungen werden zukünftig als dauerhafte Aufgabe durch das BAV wahrgenommen. Für die technische Umsetzung ist das BAZG federführend.
6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
Da die Kantone ein Drittel des Reinertrags der LSVA erhalten, sind die Konsequenzen für die Kantone mit denen des Bundes weitgehend deckungsgleich (vgl. Kapitel 6.1.1). Zudem stellt die Weiterentwicklung der LSVA die Verlagerungswirkung von der Strasse auf die Schiene sicher. Die betroffenen Gebiete werden damit vom Schwerverkehr wie bisher entlastet.
Ein Teil der Erlöse aus der LSVA geht an Kantone, die durch ihre geographische Lage und Begebenheit besonders stark belastet sind. Daher ist es für diese Regionen von besonderer Wichtigkeit, dass die Erlöse aus der LSVA im bestehenden Rahmen erhalten bleiben. Die Vorlage trägt massgeblich dazu bei, dass ein teilweiser, durch die vermehrte Verbreitung elektrisch angetriebener Fahrzeuge entstehender Ertragsausfall, ab 2029 verhindert werden kann.
6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft
Die mit dieser Vorlage unterbreiteten Anpassungen unterstützen die für eine mit den Umweltzielen der Schweiz im Einklang stehende erforderliche Transformation der Schweizer Transportwirtschaft. Die Massnahmen sind so ausgestaltet, dass die Transportwirtschaft weiterhin effizient und leistungsfähig ist. Die Möglichkeiten zur Arbeitsteilung bei produzierendem Gewerbe und Dienstleistungen und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit werden nicht behindert oder erschwert. Durch die Förderung von Investitionen in CO
2
-emissionsfreie Fahrzeuge wird gleichzeitig der Ausstoss an Treibhausgasemissionen durch den Schwerverkehr reduziert und so eine nachhaltige Entwicklung der Transportwirtschaft gefördert.
Umweltpolitische Massnahmen, insbesondere solche zur Elektrifizierung des Verkehrs, haben auch einen positiven Effekt auf den Ausstoss von Luftschadstoffen. In der Schweiz verursacht die Luftverschmutzung Schäden in Milliardenhöhe, da sie die Gesundheit, die Biodiversität, Gebäude, Ernten und Wälder beeinträchtigt. Die durch Luftverschmutzung verursachten Gesundheitsschäden belaufen sich auf rund 9.5 Milliarden Franken. 5³
Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen zielen darauf ab, die Erneuerung der Flotte mit CO
2
-emissionsfreien Fahrzeugen zu beschleunigen. Dies führt zu einem Verzicht auf fossile Energieträger und damit zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen. Für die direkt betroffenen Akteure kann dies kurz- bis mittelfristig zu zusätzlichen Kosten führen, beispielweise in Form von Investitionskosten in fossilfreie Fahrzeuge und/oder in Ladeinfrastrukturen. In Zukunft werden Güter, die grosse Mengen an Treibhausgasen verursachen, fossile Brenn- und Treibstoffe sowie ineffiziente Fahrzeuge weniger nachgefragt sein. Dieser Nachfragerückgang kann zu Einnahmeverlusten in den betroffenen Branchen und zu strukturellen Veränderungen führen, ohne jedoch die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen.
Um eine Erneuerung der Fahrzeugflotte zu beschleunigen, ist es wichtig, dass Investitionen in Ladestationen getätigt werden. Die Förderung der Ladeinfrastruktur trägt dazu bei, die Verbreitung der Elektromobilität zu beschleunigen. Die Inverkehrsetzung von Elektrofahrzeugen wird langfristig die Einnahmen aus der Mineralölsteuer verringern. Dieser Rückgang der Einnahmen wirkt sich negativ auf die Einnahmen der Spezialfinanzierung Strassenverkehr und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds sowie auf den allgemeinen Bundeshaushalt aus. Um dieser Situation entgegenzuwirken, arbeitet der Bundesrat jedoch parallel zu dieser Vorlage an der Einführung einer Abgabe auf Elektrofahrzeuge. 5⁴
6.3.1 Auswirkungen auf den Wettbewerb
Mit der Vorlage wird der Wettbewerb gefördert, da die Integration elektrisch angetriebener Fahrzeuge in die LSVA für mehr (externe) Kostenwahrheit auf dem Markt sorgt. Damit kann das Funktionieren des Markts und des freien Wettbewerbs besser gewährleistet werden. Dies trifft sowohl auf den inter- als auch auf den intramodalen Wettbewerb in der Transportbranche zu. Das vorgeschlagene Rabattsystem ist für alle inländischen Marktteilnehmer in gleicher Weise zugänglich, sodass es hierdurch zu keiner Marktverzerrung innerhalb des Transportmarkts kommt.
6.3.2 Auswirkungen auf Unternehmen / KMU
Für Fahrzeughaltende und Transportunternehmen hat die Vorlage klare Auswirkungen auf deren betriebswirtschaftliche Überlegungen, insbesondere hinsichtlich Fahrzeugbeschaffungen und -einsatz. Die Rabatte ermöglichen einen günstigeren Übergang zu einer dekarbonisierten Fahrzeugflotte. Das Ziel ist es, den Wechsel zu nachhaltigen und umweltfreundlichen Fahrzeugen zu fördern. Diese Massnahmen sind so ausgestaltet, dass sie ohne Einfluss auf die Marktstruktur in der Transportwirtschaft sind. Es erfolgt keine Bevorzugung grösserer Unternehmen gegenüber KMU oder umgekehrt. Die Massnahmen stehen allen Schweizer Marktteilnehmenden gleichermassen zur Verfügung.
Einige Fahrzeuge, die sich derzeit in einer bestimmten Kategorie befinden, könnten sich in einer weniger günstigen Abgabekategorie wiederfinden. Die Marktteilnehmenden haben bis zum Inkrafttreten des Gesetzes Zeit, um Massnahmen zu ergreifen. Die in der Vorlage vorgeschlagenen Massnahmen bieten den Fahrzeughaltenden Planungssicherheit, da sie ab Umsetzungszeitpunkt stets sieben Jahre in Voraus wissen werden, in welcher Abgabekategorie sich ein Fahrzeug befinden wird. Die Vorlage beinhaltet jedoch keine zusätzliche generelle steuerliche Belastung. Die Tarifobergrenzen sind im LVA festgehalten und bleiben mit dieser Vorlage unberührt.
5³
www.are.admin.ch
> Mobilität > Grundlagen und Daten > Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs
5⁴
www.astra.admin.ch
> Themen > Strassenfinanzierung > Abgabe auf Elektrofahrzeuge
6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft
Die Vorlage soll eine bessere Internalisierung aller externen Kosten ermöglichen. Daher liegt der Mehrwert dieser Vorlage vor allem darin, dass sämtliche vom Schwerverkehr verursachten externen Kosten besser an die Verursacher alloziert werden.
Die hier vorgeschlagenen Massnahmen sind so konzipiert, dass sich für die Gesellschaft ein Übergang zu einer nachhaltigeren und dekarbonisierten Verkehrswirtschaft ergibt. Die Transportunternehmen werden die zusätzliche LSVA-Belastung womöglich auf ihre Kunden abwälzen. Die Konsumenten würden somit einen Teil der Abgabenlast tragen. Inwieweit dieser Effekt eintritt, ist ungewiss.
6.5 Auswirkungen auf die Umwelt
6.5.1 Auswirkungen auf die CO
2
-, Lärm- und Schadstoff-Emissionen
Das neue LSVA-Regime wird den Beitrag der LSVA an die umweltpolitischen Bemühungen der Schweiz steigern. Der Verkehrssektor in der Schweiz war 2022 für den Ausstoss von 13,7 Millionen Tonnen CO
2
-Äquivalenten verantwortlich, wobei die Schweiz insgesamt 41,6 Millionen Tonnen CO
2
-Äquivalente emittierte. Davon fielen 2,92 Millionen Tonnen CO
2
-Äquivalente auf den Güterverkehr mit Lastwagen und Lieferwagen. 5⁵ Damit kann der Schwerverkehr massgeblich zur Erreichung der Umweltziele der Schweiz beitragen. Die Weiterentwicklung der LSVA wiederum schafft entscheidende Anreize, dass die Dekarbonisierung des Schwerverkehrs so rasch wie möglich voranschreitet. Die Lärmemissionen des Schwerverkehrs hängen nebst der Fahrleistung von der Geschwindigkeit, der Anzahl Achsen, des Gewichts, der Bereifung sowie der Antriebsart eines Fahrzeugs ab. Bei schweren Strassengüterverkehrsfahrzeugen dominiert bei konstanten Geschwindigkeiten bis rund 45 km/h (bei Lieferwagen rund 30 km/h) das Antriebsgeräusch, bei höheren Tempi das Rollgeräusch. Ein elektrifizierter Güterverkehr würde also in urbanen Gebieten mit tiefen Geschwindigkeiten und Stop-and-go-Verkehr zu einer spürbaren Lärmminderung führen, auf Autobahnen hingegen wäre keine Lärmreduktion zu erwarten. Bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen entfallen zudem die bei der Verbrennung von Treibstoff entstehenden Luftschadstoffe. Die Elektrifizierung des Güterverkehrs trägt entsprechend auch zur Verbesserung der Luftqualität bei.
5⁵
www.bafu.admin.ch
> Themen > Thema Klima > Daten, Indikatoren und Karten > Daten > Treibhausgasinventar
6.5.2 Auswirkungen auf den Energieverbrauch
Durch die Anreize zu energieeffizienteren elektrischen Antrieben führt die Vorlage insgesamt zu einer Reduktion des Energieverbrauchs. Der Stromverbrauch im Strassengüterverkehr wird dabei aufgrund der Elektrifizierung ansteigen, je nach Technologiemix auch aufgrund des Einsatzes von synthetischen Treibstoffen. Der Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung bleibt deshalb zentral, ebenso der Einsatz von intelligenter Technologie (Vehicle-to-grid) zur Netzstabilisierung und effizienten Dimensionierung des Ausbaus.
Gleichzeitig wird der Verbrauch von Dieselkraftstoff sinken, da der Verkauf dieser Fahrzeuge zurückgeht. Da der Stromverbrauch steigt, aber der Dieselverbrauch sinkt, dürften unter dem Strich Energieeinsparungen resultieren. Dafür wird insgesamt die Gesamtenergieeffizienz verbessert.
Die gesamte E-Mobilität muss durch ein sicheres Energieangebot abgedeckt werden. E-Fahrzeuge können dabei helfen, Stromverbrauchsspitzenzeiten zu entschärfen, in dem sie in Zeiten aufgeladen werden, in denen mehr Strom produziert, als verbraucht wird.
6.6 Andere Auswirkungen
Die Lenkungswirkung hin zu ökologischeren Antriebstechnologien bringt auch starke Anreize für innovative Technologien. Dies kann auch der Schweizer Wirtschaft neue Marktpotenziale in diesen Bereichen erschliessen.
7 Rechtliche Aspekte
7.1 Verfassungsmässigkeit
Verfassungskonformität der Vorlage
Diese Vorlage adressiert die heute bestehende verfassungswidrige Ungleichbehandlung nach (Art. 8 BV) von mit der Abgabe belasteten schweren Motorfahrzeugen und Fahrzeugen zum Gütertransport, die ein Gewicht unter 3.5 Tonnen aufweisen, nicht. Die Ungleichbehandlung ergibt sich direkt aus der Verfassung (Art. 85 BV), wonach nur auf dem Schwerverkehr eine leistungs- oder verbrauchsabhängige Abgabe erhoben werden kann. Für Fahrzeuge unter 3.5 Tonnen Gesamtgewicht ist die Benützung der öffentlichen Strassen mit Ausnahme der Abgabe für die Benützung der Nationalstrassen (Art. 85 a BV) gemäss Artikel 82 Absatz 3 BV gebührenfrei. Diese Fahrzeuge unterstehen damit nicht der LSVA, müssen aber im Gegensatz zum Schwerverkehr eine Autobahnvignette bezahlen. Aus den in Kapitel 1.5 dargelegten Gründen werden diese Fahrzeuge auch zukünftig nicht der LSVA unterliegen, weshalb sie in dieser vorliegenden Botschaft nicht weiter behandelt werden.
Verfassungskonformität des Rabattsystem
Die Bundesverfassung gibt dem Bund mit Artikel 85 BV die Möglichkeit, die vom Schwerverkehr verursachten Kosten mittels Schwerverkehrsabgabe decken zu können. Das verfassungsmässige Ziel liegt in der Verwirklichung des Verursacherprinzips und der Kostendeckung.
Das vorgeschlagene Rabattsystem (siehe Kapitel 4.1.4) dient der schrittweisen Unterstellung elektrisch angetriebener Fahrzeuge unter die Schwerverkehrsabgabepflicht. Mit einem befristeten Rabattsystem für elektrisch angetriebene Fahrzeuge wird während der Geltungsdauer des Rabattsystems jedoch auch in Kauf genommen, dass die Einnahmen aufgrund der reduzierten Tarife nicht so hoch ausfallen, wie es mit dem Ende der Befreiung und einer Vollunterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die Abgabepflicht grundsätzlich möglich wäre. Mit dieser Massnahme wird jedoch das Ziel verfolgt, die Verbreitung elektrisch angetriebener Fahrzeuge weiter zu beschleunigen. Dies um mittelfristig die durch CO
2
-Emissionen des Schwerverkehrs generierten externen Kosten zu reduzieren. Der elektrisch angetriebene Schwerverkehr wird dadurch um einen Teil der von ihm verursachten externen Kosten finanziell bewusst entlastet. Im Gegenzug wird ein finanzieller Anreiz für den Schwerverkehr geschaffen, als Verursacher die CO
2
-basierten externen Kosten zu senken und damit - insbesondere nach Ablauf des Rabattsystems - den Anteil der ungedeckten Kosten weiter zu reduzieren. Es handelt sich folglich nicht um eine (nachträgliche) Kostendeckung wie bis anhin, sondern übergangsmässig um eine vorverlagerte Reduktion der externen Kosten. Je weniger externe Kosten durch die Verwendung elektrisch angetriebener Fahrzeuge bereits entstehen, desto weniger müssen anschliessend gedeckt werden. Das Rabattsystem ist unter diesem Aspekt mit dem dargelegten Ziel der Kostendeckung und damit dem verfassungsmässigen Zweck der LSVA vereinbar.
Steuern und Abgaben müssen den Grundsätzen gemäss Artikel 127 Absatz 2 BV genügen. Das Gleiche hat auch bei der Einführung eines Rabattsystems zu gelten. Sind für die Abgabekategorie der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge zusätzliche Rabatte vorgesehen, für die Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren hingegen nicht, so stellt dies eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichmässigkeit der Besteuerung dar. Dieser ergibt sich insbesondere auch aus dem allgemeinen Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV). Eine Verletzung dieses Grundsatzes durch eine befristete Steuererleichterung lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn das mit dem Rabattsystem verfolgte Förderziel gleichrangig mit dem primären Zweck der Abgabe verankert ist. Dies selbst dann, wenn es lediglich eine Übergangsmassnahme darstellt. Das vorliegende Rabattsystem für elektrisch angetriebene Fahrzeuge verfolgt das Ziel eines schnellen Wechsels auf einen möglichst CO
2
-emissionsfreien Schwerverkehr im Sinne des Umweltschutzes gemäss Artikel 74 BV. Das mit diesem Rabattsystem angestrebte Förderziel ist somit gleichrangig mit dem von der LSVA verfolgten Zweck in der Verfassung verankert.
Darüber hinaus muss das Rabattsystem sachlich notwendig und geeignet sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen und das öffentliche Interesse am verfolgten Förderziel höher gewertet werden als der Grundsatz der Gleichmässigkeit der Besteuerung. Dass das Rabattsystem geeignet, aber auch notwendig ist, um das angestrebte Ziel des Umweltschutzes zu erreichen, wurde bereits eingehend dargelegt (Kapitel 4.1). Bisher sind elektrisch angetriebene Fahrzeuge komplett von der LSVA befreit. In Zukunft werden diese Fahrzeuge wohl einen erheblichen Teil der Flotte ausmachen. Daher ist es notwendig, auch diese Fahrzeuge in die LSVA einzubeziehen und der Abgabepflicht zu unterstellen. Um den bisher durch die Befreiung aufgebauten Anreizeffekt nicht zu gefährden, ist es sinnvoll, einen Rabatt über einen befristeten Zeitraum zu gewähren, um den Übergang zu einer Flotte ohne CO
2
-Emissionen zu fördern und die Neuunterstellung übergangsmässig abzumildern. Eine schnelle Marktdurchdringung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen und die damit verbundene Senkung der CO
2
-Emissionen selbst, aber auch der dadurch verursachten externen Kosten, ist als Beitrag für den Umweltschutz von Bedeutung (Kapitel 1.2). Das öffentliche Interesse an diesem Beitrag ist hoch zu werten, sodass sich diese Steuererleichterung als eine zeitlich begrenzte und verhältnismässig geringe Abweichung vom Grundsatz der Gleichmässigkeit der Besteuerung rechtfertigen lässt.
Die LSVA verfolgt eine Lenkungswirkung und ist eine der zentralen Massnahmen zur Erreichung des Verlagerungsziels (Art. 84 Abs. 2 BV). Auch dieser Umstand muss mitberücksichtigt werden. Es ist nicht absehbar, dass der Schwerverkehr aufgrund der Einführung des befristeten Rabattsystems von der Schiene zurück auf die Strasse wechseln wird und sich damit negativ auf die Verlagerungspolitik auswirkt. Sollte ein solcher Effekt bestehen, würde er nicht erst während der Zeit des befristeten Rabattsystems und der damit verbundenen stufenweisen Unterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die LSVA-Pflicht, sondern bereits heute während der Zeit der Totalbefreiung eintreten. Das Verlagerungsziel betrifft gemäss Artikel 84 Absatz 2 BV primär den Transitverkehr von Grenze zu Grenze bzw. gemäss Ausführungsgesetz zu Artikel 84 BV, dem Güterverkehrsverlagerungsgesetz vom 19. Dezember 2008 ⁵6 , den alpenquerenden Verkehr. Die Rabatte nehmen bei den Gesamtkosten eines Strassentransports mit grosser Distanz nur eine untergeordnete Rolle ein. Im Bereich der Feinerschliessung und Nahzustellung ist eine weitere Verlagerung von der Strasse auf die Schiene zudem nur beschränkt möglich. Da die LSVA allerdings für das gesamte Strassennetz erhoben wird und nur ein Teil verlagerungstechnisch von Bedeutung ist, steht das Rabattsystem dem Verlagerungsziel insgesamt nicht entgegen.
⁵6 SR 740.1
7.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Mit dem Abschluss der Bilateralen I konnte die Schweiz ihr eigenes Mautsystem für den Schwerverkehr - die LSVA - im LVA verankern (Kapitel 1.1.1). Die Transportdienstleistungen zwischen der Schweiz und der EU werden insbesondere durch das LVA geregelt. Die mit der vorliegenden Botschaft beantragten Rechtsanpassungen stehen im Einklang mit dem geltenden LVA.
Seit der Verabschiedung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Mai 1992 ⁵7 über Klimaänderungen (UNFCCC) treffen sich Ländervertreterinnen und -vertreter aus aller Welt regelmässig mit dem Ziel, den Klimawandel in Grenzen zu halten. Die Verabschiedung der UNFCCC ist ein Meilenstein für ein koordiniertes Vorgehen auf internationaler Ebene. Ziel der UNFCCC ist, die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, auf welchem eine gefährliche Störung des Klimasystems verhindert wird. Die UNFCCC ist heute von 195 Staaten und der Europäischen Union ratifiziert worden und hat universelle Gültigkeit. Jährlich finden Zusammenkünfte der Vertragsstaaten der Klimakonvention statt.
Die Schweiz hat sich unter dem Klimaübereinkommen vom 12. Dezember 2015 ⁵8 dazu verpflichtet, ihre Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 50 Prozent zu reduzieren (Nationally Determined Contribution). Das Übereinkommen von Paris hat zum Ziel, die durchschnittliche globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen, wobei ein maximaler Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius angestrebt wird. Folglich muss die Schweiz, um ihre Verpflichtungen einzuhalten, ihre Treibhausgasemissionen konsequent senken. Wenn sie ihre internationalen Verpflichtungen einhalten will, muss die Schweiz bis 2050 vollständig dekarbonisiert werden. 2020 beliefen sich die CO
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-Emissionen des Verkehrs auf insgesamt 13,4 Millionen Tonnen (ohne den internationalen Flugverkehr). Dies entsprach 39 Prozent der CO
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-Emissionen der Schweiz. ⁵9 Durch den Einbezug aller Fahrzeuge, die externe Kosten für die Gesellschaft verursachen, in das LSVA-System wird ein grosser Teil dieser externen Kosten internalisiert. Die zukünftige Berücksichtigung der CO
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-Emissionen bei der Berechnung der Abgabe in der LSVA wird ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Durch die befristet vorgesehene Bevorzugung elektrisch angetriebener Fahrzeuge gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird die Weiterentwicklung der LSVA zur Erneuerung der LKW-Flotte beitragen. In der Tat werden Transportunternehmen ein Interesse daran haben, in elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu investieren, wenn sie eine niedrigere Abgabe zahlen wollen. Die Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor wird folglich dazu beitragen, die Verpflichtungen zu erfüllen, die die Schweiz bei der Verabschiedung des Klimaübereinkommens von Paris eingegangen ist.
Darüber hinaus ist die Schweiz gemäss dem Übereinkommen vom 13. November 1979 6⁰ über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung und insbesondere als Vertragspartei des Göteborger Protokolls internationale Verpflichtungen eingegangen 6¹ . Die Schweiz ist zudem Mitglied der Koalition für Klima und saubere Luft zum Abbau kurzlebiger Klimaschadstoffe. Da die Anpassung der LSVA die Transportunternehmen dazu motiviert, in elektrisch angetriebene Fahrzeuge zu investieren, wird die Vorlage zur Verringerung der kurzlebigen klimawirksamen Stoffe beitragen.
Zusammenhang des Rabattsystems mit europäischen Entwicklungen und Kompatibilität zum LVA
Das geplante Rabattsystem gilt sowohl für Fahrzeughalterinnen und -halter aus der Schweiz als auch aus der EU. Es wurde sichergestellt, dass es mit dem im LVA verankerten Grundsatz der Nichtdiskriminierung, wonach jede (direkte oder indirekte) Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Beförderers oder des Zulassungsorts des Fahrzeugs oder des Ursprungs und/oder des Bestimmungsorts der Beförderung verboten ist (Art. 1 Abs. 3, Art. 32, 38 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 LVA), vereinbar ist.
Das Rabattsystem muss auch unter dem Blickwinkel von Artikel 38 Absatz 6 LVA analysiert werden. Dieser besagt, dass Unternehmen, insbesondere Transportunternehmen, denen durch die vorgesehenen Gebühren wirtschaftliche Folgen hinsichtlich der Transportkosten entstehen, weder direkte noch indirekte staatliche Hilfen gewährt werden dürfen. Das Rabattsystem könnte als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 38 Absatz 6 LVA, also als Massnahme, die darauf abzielt, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Anstiegs der Transportkosten in Verbindung mit der angepassten LSVA für die Transportunternehmen abzumildern, angesehen werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn das Rabattsystem sämtlichen Halterinnen und Haltern elektrisch angetriebener Fahrzeuge zugänglich sein wird und somit keine selektive Begünstigung einzelner abgabepflichtiger Personen vorgesehen ist. Es ist davon auszugehen, dass das Verbot staatlicher Beihilfen grundsätzlich ausnahmslos gilt. 6² Im Rahmen der Abklärungen mit der EU hat sich die Schweiz nach deren Verständnis von staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 38 Absatz 6 LVA und wie sie das Rabattsystem unter diesem Aspekt beurteilt, erkundigt. Die Dienststelle der Europäischen Kommission hat daraufhin festgehalten, dass das Rabattsystem nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 38 Absatz 6 LVA zu verstehen sei. Gemäss der Dienststelle der Europäischen Kommission ist Artikel 38 Absatz 6 LVA im Zusammenhang mit Artikel 37 und Artikel 38 Absatz 1 LVA zu lesen. Diese halten fest, dass die Vertragsparteien im Einklang mit den Zielen des LVA im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und nach ihren jeweiligen Verfahren die schrittweise Einführung von Gebührensystemen anstreben. Diese sind darauf ausgerichtet, den Strassenfahrzeugen wie auch den anderen Verkehrsträgern die von ihnen verursachten Kosten anzulasten (Art. 37) und sollen auf den in Artikel 32 des LVA festgelegten Grundsätzen, insbesondere der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismässigkeit und der Transparenz, beruhen (Art. 38 Abs. 1). Das Rabattsystem hat weder das Ziel noch die Wirkung, bestimmte Verkehrsunternehmen oder bestimmte Fahrzeughersteller zu begünstigen. Vielmehr stellt der reduzierte Tarif ein neues Abgabensystem dar, welches für alle Verkehrsunternehmen und Fahrzeughaltenden gilt, die Nullemissionsfahrzeuge einsetzen und in der Schweiz oder in den EU-Mitgliedstaaten zugelassen sind.
Unter Berücksichtigung all dieser Elemente ist die Einführung eines besonderen Gebührensystems für emissionsfreie Fahrzeuge nicht als staatliche Beihilfe, die unter Artikel 38 Absatz 6 LVA fällt und daher im Sinne des LVA verboten wäre, anzusehen.
Zusammenhang der Einführung einer neuen Kategorie «ohne Euro-Norm» für elektrisch angetriebenen Fahrzeuge mit europäischen Entwicklungen und Kompatibilität zum aktuellen LVA (ohne LVA-Revision)
Elektrisch angetriebene Fahrzeuge sollen mit dieser Vorlage in die LSVA integriert werden. In Kapitel 1.2 wird erläutert, warum diese Fahrzeuge der Abgabe untergestellt werden müssen.
Artikel 40 Absatz 2 LVA besagt, dass die Gebühren in drei Kategorien von Emissionsnormen (Euro) abgestuft sind. Fahrzeuge sind somit nach ihrer Euro-Norm in die Kategorien einzuteilen. Elektrisch angetriebene Fahrzeuge haben per Definition keine Euro-Norm, da sie keine Luftschadstoffe ausstossen. Der Wortlaut des LVA sieht daher die Integration von Fahrzeugen, die keine Luftschadstoffe ausstossen, nicht ausdrücklich vor.
Dass die Unterstellung von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen unter die LSVA-Abgabepflicht im LVA nicht explizit vorgesehen ist, lässt sich insbesondere damit begründen, dass die technische Entwicklung im Bereich elektrisch angetriebener Fahrzeuge und deren zahlenmässige Zunahme, insbesondere im Schwerverkehr zum Zeitpunkt der Entstehung des LVA noch nicht absehbar war.
Der Wortlaut von Artikel 40 Absatz 2 LVA kann jedoch auch in dem Sinne ausgelegt werden, dass es möglich ist, eine Abgabekategorie zu schaffen, die diejenigen Fahrzeuge umfasst, die keine Euro-Norm erfüllen. Eine solche Kategorie «ohne Euro-Norm» würde dann zur günstigsten der drei derzeit bestehenden Abgabekategorien, was sich durch die deutlich tieferen externen Kosten dieser Fahrzeuge (Kapitel 4.1.1) rechtfertigen lässt.
Diese Auslegung stützt sich einerseits auf die neu geschaffene Abgabekategorie 5 (emissionsfreie Fahrzeuge) der Eurovignetten-Richtlinie, welche CO
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-emissionsfreie schwere Nutzfahrzeuge umfasst. Es findet folglich eine Annäherung an die Rechtslage der EU statt. Sie stützt sich andererseits auf das in Artikel 37 LVA verankerte und von der Gebührenregelung verfolgte Ziel, dem Schwerverkehr die von ihm verursachten Kosten anzulasten. Obwohl elektrisch angetriebene Fahrzeuge weniger externe Kosten verursachen als konventionelle Fahrzeuge, sind sie dennoch als Verursacher von Kosten zu Lasten der Allgemeinheit zu sehen. Ihre Integration in die LSVA zielt deshalb primär darauf ab, die von ihnen verursachten Kosten zulasten der Allgemeinheit ebenfalls zu internalisieren.
Die Integration elektrisch angetriebener Fahrzeuge entspricht darüber hinaus der Absicht der EU, das Verursacherprinzip, das mit der Eurovignetten-Richtlinie verankert ist, enger umzusetzen. Diese Vorlage zielt unter anderem darauf ab, das Schweizer Recht mit dem EU-Recht im Hinblick auf die Dekarbonisierung des Strassenverkehrs zu harmonisieren und damit die in der Präambel verankerte Leitidee des LVA weiter umzusetzen. Gemäss Präambel, aber auch Artikel 1 Absatz 1 zielt das LVA darauf ab, eine abgestimmte Verkehrspolitik zu entwickeln, die den Anliegen von Umweltschutz und Effizienz der Verkehrssysteme insbesondere im Alpenraum Rechnung trägt und die die Nutzung umweltfreundlicherer Güter- und Personenverkehrsmittel fördert. Gemäss Artikel 30 Absatz 1 des LVA vereinbaren die Vertragsparteien, soweit erforderlich, eine abgestimmte Politik im Verkehrsbereich zu entwickeln. Die Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen zielt somit auf eines der grundlegenden Ziele der LVA ab, das darin besteht, so weit wie möglich eine koordinierte Verkehrspolitik anzustreben, die die Effizienz der Verkehrssysteme mit dem Schutz der Umwelt verbindet.
Aufgrund dieser Gründe lassen sich aus Sicht der Schweiz elektrisch angetriebene Fahrzeuge mittels einer neuen Kategorie «ohne Euro-Norm» in die LSVA integrieren, auch ohne dass dafür Anpassungen des LVA - jedoch ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses - notwendig wären.
Um die Integration von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen in das LSVA-System zu verankern, ist in jedem Fall ein Beschluss des Gemischten Landverkehrsausschusses vorgesehen.
⁵7 SR 0.814.01
⁵8 SR 0.814.012
⁵9
www.bfs.admin.ch
> Statistiken finden > Mobilität und Verkehr > Verkehrsunfälle und Umweltauswirkungen > Umweltauswirkungen
6⁰ SR 0.814.32
6¹ SR 0.814.327
6² BBl 1999 6128 , 6275
7.3 Erlassform
Nach Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in der Form von Bundesgesetzen zu erlassen. Dies ist mit dieser Botschaft gewährleistet.
7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
7.5 Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz
Mit dieser Botschaft werden sowohl das Subsidiaritätsprinzip als auch das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz eingehalten.
7.6 Einhaltung der Grundsätze des SuG
Gemäss Artikel 3 Absatz 1 des Bundesgesetzes über Finanzhilfen und Abgeltungen vom 5. Oktober 1990 6³ (SuG) sind Finanzhilfen geldwerte Vorteile, die Empfängern ausserhalb der Bundesverwaltung gewährt werden, um die Erfüllung einer vom Empfänger gewählten Aufgabe zu fördern oder zu erhalten. Geldwerte Vorteile sind insbesondere nichtrückzahlbare Geldleistungen. Die in dieser Botschaft vorgeschlagenen Rabatte für elektrisch angetriebenen Fahrzeuge fallen nicht unter den Begriff der Finanzhilfen. Es besteht daher kein Bezug zu den entsprechenden Vorgaben des SuG.
6³ SR 616.1
7.7 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen
Das Gesetz enthält insofern Delegationsnormen zum Erlass von Verordnungsrecht, als der Bundesrat als Verordnungsgeber innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens Verordnungsrecht erlassen darf. Diese Delegation ist erforderlich, weil sie Regelungen betrifft, deren Konkretisierungsgrad die Gesetzesebene überschreiten würde. Aufgrund der vorgegebenen Leitlinien in den Gesetzesartikeln ist die Rechtsetzungsermächtigung des Gesetzes hinreichend konkretisiert. Folgende Delegationen sind in den neuen Gesetzesbestimmungen vorgesehen:
-
Anpassung des Höchstbetrages der PSVA an die Teuerung (Art. 4 Abs. 2 E-SVAG).
-
Festlegung der Kategorien für elektrisch angetriebene Fahrzeuge, die der PSVA unterliegen (Art. 4 Abs. 2 E-SVAG).
-
Festlegung der Abgabekategorien für die LSVA (Art. 8 Abs. 1 E-SVAG).
-
Festlegung der Tarife für die Abgabekategorien (Art. 8 a Abs. 1 E-SVAG).
-
Anpassung der Maximalbeträge der LSVA an die Teuerung (Art. 8 a Abs. 2 E-SVAG).
-
Einführung Rabattsystem auf die Abgabesätze von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen während einem Zeitraum von maximal sieben Jahren (Art. 8 b Abs. 1 E-SVAG).
-
Festlegung der Höhe des Rabatts für elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Art. 8 b Abs. 2 E-SVAG).
-
Einführung Rabatte für Fahrzeuge der EURO VII Kategorie während Geltungsdauer des Rabattsystems für elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Art. 8 b Abs 4 E-SVAG).
-
Prüfung der Wirkung der Tarifreduktion für elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Art. 8 b Abs. 5 E-SVAG).
-
Festlegung eines Mindestbetrags bei der Rückerstattung der Abgabe nach dem Erbringen des Einteilungsnachweises im Nachhinein (Art. 8 c Abs. 4 E-SVAG).
7.8 Datenschutz
Diese Vorlage hat keinen Bezug zu den datenschutzrechtlichen Vorgaben.
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes (Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe)
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