BBl 2025 2095
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes

Botschaft zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes
vom 20. Juni 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes ¹ .
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
20. Juni 2025 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Im Bereich der indirekten Wohnraumförderung des Bundes sollen verbesserte Rechtsgrundlagen für ein neues Kostenmietmodell und die damit verbundene Mietzinskontrolle geschaffen werden.
Ausgangslage
Gemäss Artikel 108 der Bundesverfassung soll der Bund den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus fördern. Mit dem Wohnraumförderungsgesetz wird dies umgesetzt. Bei vom Bund geförderten Wohnungen sind die Mietzinse nach den Kosten festzulegen. Ein neues Kostenmietmodell soll die Mietzinsgestaltung vereinfachen und für mehr Transparenz sorgen.
Das Wohnraumförderungsgesetz wurde im Oktober 2003 in Kraft gesetzt; es sah eine direkte und eine indirekte Förderung des preisgünstigen Wohnraums vor. Aufgrund finanzieller Engpässe wurde die direkte Förderung 2003 sistiert und seither nicht wieder aufgenommen. Der Bund beschloss, sich auf die indirekte Förderung zu konzentrieren, d. h. auf die Förderung der Tätigkeit von Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Die verfügbaren finanziellen Mittel wurden daher in zinsgünstige Darlehen sowie in Bürgschaften oder Rückbürgschaften gelenkt mit dem Ziel, preisgünstigen Wohnraum, namentlich für Mietwohnungen, zu schaffen. Insgesamt hat der gemeinnützige Wohnungsbau, der nur zum Teil vom Bund sowie von einzelnen Kantonen gefördert wird, schweizweit einen Anteil von knapp 8 Prozent der Mietwohnungen. Vorwiegend in städtischen Gebieten spielt er jedoch eine bedeutende Rolle. Mit der indirekten Förderung des Bundes wurden bisher rund 67 000 Wohnungen gefördert.
Inhalt der Vorlage
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung zielt auf die Einführung eines neuen Kostenmietmodells ab. Eine Projektgruppe, initiiert vom Bundesamt für Wohnungswesen und den Dachorganisationen der gemeinnützigen Wohnbauträger, hat ein Modell entwickelt, das die bisherigen komplexen Berechnungsregeln für indirekt geförderte Wohnräume vereinfacht und für mehr Transparenz sorgt. Das neue Modell basiert auf den tatsächlichen Aufwendungen für die Finanzierung und auf pauschalisierten Betriebskosten, die an den Gebäudeversicherungswert gekoppelt sind. Es soll den gemeinnützigen Wohnbauträgern ermöglichen, ihre Mietzinse eigenverantwortlich und transparent zu gestalten. Zudem soll es bei Mietzinsanfechtungen zur Anwendung gelangen. Um die Förderbestimmungen des Bundes optimal auf das neue Kostenmietmodell auszurichten, soll mit dieser Vorlage auf Gesetzesstufe eine Rechtsgrundlage für das Modell geschaffen und gleichzeitig die Grundlage für die zugehörige Mietzinskontrolle angepasst werden. Das neue Kostenmietmodell selbst wird auf Verordnungsstufe geregelt und dort abschliessend definiert werden.
Botschaft
¹ BBl 2025 2096

1 Ausgangslage

1.1 Handlungsbedarf in der aktuellen Wohnraumförderung des Bundes

Gemäss Artikel 108 der Bundesverfassung (BV) ² fördert der Bund den Wohnungsbau, den Erwerb von Wohnungs- und Hauseigentum, das dem Eigenbedarf Privater dient, sowie die Tätigkeit von Trägern und Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Diesem Auftrag ist der Bund mit dem Erlass des Wohnraumförderungsgesetzes vom 21. März 2003 ³ (WFG) nachgekommen.
Bei der Inkraftsetzung des WFG am 1. Oktober 2003 bestand die Absicht darin, hauptsächlich eine direkte und in deutlich kleinerem Umfang eine indirekte Bundesförderung zu betreiben. Direkte Förderung bedeutet insbesondere, dass Darlehen für preisgünstige Miet- und Eigentumsobjekte direkt vom Bund an Anspruchsberechtigte ausgerichtet werden (Art. 12 und 24 WFG).
Im Rahmen des Entlastungsprogramms 2003 hat das Parlament beschlossen, die direkte Förderung bis Ende 2008 auszusetzen und die Mittel für die direkte Förderung (die den grössten Teil der Gesamtmittel für die Wohnraumförderung ausmachen sollten) zu kürzen. ⁴ In der Folge wurden direkte Darlehen nie vergeben. Im Februar 2007 beschloss der Bundesrat, die Mittel für die Wohnraumförderung ab 2009 wieder aufzustocken, sich aber künftig auf die indirekte Förderung zu beschränken.
Die indirekte Förderung der gemeinnützigen Wohnbauträger beinhaltet im Wesentlichen die folgenden drei Instrumente (Art. 34-37 WFG):
-
Der Bund stellt Gelder für einen Fonds de roulement zur Verfügung, der von den Dachorganisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus - «Wohnbaugenossenschaften Schweiz» und «Wohnen Schweiz» - treuhänderisch verwaltet wird. Aus diesem Fonds werden den Mitgliedern zinsgünstige Darlehen für die Erstellung, die Erneuerung und den Erwerb von preisgünstigen Mietobjekten gewährt.
-
Der Bund verbürgt die Anleihen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW). Mit den langfristig am Kapitalmarkt aufgenommenen Mitteln gewährt die EGW ihren Mitgliedern Darlehen zu günstigen Zinskonditionen zur Finanzierung des preisgünstigen Wohnungsbaus.
-
Der Bund leistet Rückbürgschaften für Bürgschaften der Hypothekar-Bürgschaftsgenossenschaft schweizerischer Bau- und Wohnbaugenossenschaften (hbg). Dadurch wird eine geringere Zinsbelastung ermöglicht, was die Finanzierung von preisgünstigen Mietwohnungen erleichtert.
Seither wurden mehrmals zusätzliche Mittel für den Fonds de roulement gesprochen, letztmals 250 Millionen Franken über zehn Jahre im Rahmen des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnungen», die am 9. Februar 2020 von Volk und Ständen abgelehnt wurde. Zudem hat der Bundesrat am 29. Januar 2025 eine Aufstockung um 150 Millionen Franken über 5 Jahre (ab 2030) vorgeschlagen, um den Herausforderungen der Zuwanderung zu begegnen.
Das Kapital des Fonds de roulement beträgt Ende 2024 gut 625 Millionen Franken. Zwischen 2003 und 2024 wurden im Durchschnitt jährlich Darlehen in der Höhe von 46 Millionen Franken vergeben und insgesamt rund 29 000 Wohnungen gefördert. Bei EGW-Darlehen beträgt das verbürgte Anleihevolumen per Ende 2024 gut 4 Milliarden Franken, und es profitieren davon rund 38 000 Wohnungen. Seit Inkrafttreten des WFG musste der Bund noch nie eine EGW-Bürgschaft honorieren. Ausserdem verbürgt der Bund gut 11 Millionen Franken Bürgschaften der hbg.
In einer gesamtschweizerischen Perspektive hat der gemeinnützige Wohnungsbau einen beschränkten Marktanteil. Knapp 8 Prozent der Mietwohnungen, das entspricht rund 190 000 Wohnungen, sind im Eigentum gemeinnütziger Bauträger. Rund ein Drittel dieser Wohnungen wird indirekt durch den Bund gefördert. Einen höheren Stellenwert hat das Segment in Städten (z. B. in Zürich, Basel und Luzern). Gerade an urbanen Lagen mit hohem Preisniveau schaffen gemeinnützige Bauträger preisgünstigen Wohnraum für wirtschaftlich weniger leistungsfähige Personen; der Mietzins liegt nicht selten 20-30 Prozent unter dem Marktniveau. Dazu orientieren sich die gemeinnützigen Wohnbauträger in aller Regel an einer Kostenmiete und verzichten auf die Erzielung einer eigentlichen Rendite. Bei indirekter Förderhilfe in Form von Fonds de roulement-Darlehen sind sie verpflichtet, die Kostenmiete nach WFG anzuwenden.
Für den Bund ist es zur Erfüllung seines Verfassungsauftrages zielführend, die gemeinnützigen Wohnbauträger durch die Stärkung der Kostenmiete bei der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum zu unterstützen. Für die indirekte Förderung soll die Anwendung der Kostenmiete daher mit einem neuen Modell vereinfacht, aktualisiert und explizit im Recht verankert werden.
Die Berechnung der Kostenmiete leitet sich zurzeit aus den Bestimmungen zur direkten Förderung ab (Art. 8-11 der Wohnraumförderungsverordnung vom 26. November 2003 ⁵ [WFV]). Da die Förderungsvoraussetzungen der indirekten Hilfe nicht deckungsgleich sind, sind diese Berechnungsregeln nicht vollständig passend. Zudem sind die Vorgaben teilweise überholt, und die Berechnung sowie die Erhebung der Grundlagen gestalten sich aufwendig. Die Komplexität bzw. Unklarheiten lassen sich besonders mit der ursprünglichen Konzeption des Gesetzes erklären. Aus gesetzgeberischer Warte wurde dem Umstand, dass erst nach Inkraftsetzung die Verlagerung des Förderschwerpunkts von den direkten zu den indirekten Hilfen erfolgte, bis heute nicht genügend Rechnung getragen. Die Unklarheiten lassen sich nicht ausschliesslich auf Verordnungsstufe beheben. Selbst wenn die Einzelheiten zum neuen Kostenmietmodell in die WFV und allenfalls eine zusätzliche Amtsverordnung integriert werden können, sind auch klare Rechtsgrundlagen im WFG zu schaffen.
² SR 101
³ SR 842
⁴ BBl 2003 5615 S. 5687 f.; AS 2004 1633 S. 1645.
⁵ SR 842.1

1.2 Das neue Kostenmietmodell

1.2.1 Entwicklung des Modells

Aufgrund von Branchenbedürfnissen hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) in Zusammenarbeit mit den beiden Dachorganisationen eine Projektgruppe zusammengestellt, die im November 2020 ihre Arbeiten aufnahm. Das übergeordnete Ziel bestand in der Entwicklung eines neuen Kostenmietmodells, um so die bisher komplexe Berechnungsweise der Kostenmiete mit dem neuen Modell wesentlich zu vereinfachen - dies auch, um das Vertrauen von gemeinnützigen Wohnbauträgern in die eigenverantwortliche Mietzinsgestaltung zu steigern und diese über die Dachverbände besser beraten zu können.
Zur Entwicklung des neuen Modells hat die Projektgruppe im Sommer 2021 die Kostenstrukturen von gemeinnützigen Wohnbauträgern ermittelt, die über indirekte Förderhilfen des Bundes verfügen. Eine wesentliche Erkenntnis aus dieser einfachen Erhebung war, dass es grosse Unterschiede bei der Verbuchung der Betriebskosten für Liegenschaften gibt und diese Kosten nur in ihrem Gesamttotal miteinander verglichen werden können. Darum soll das neue Kostenmietmodell eine Pauschale für sämtliche Betriebskosten und nicht für die einzelnen Unterpositionen enthalten.
Die Projektgruppe hat im Anschluss daran eine Vorversion des aktuellen Kostenmietmodells erarbeitet und zwischen August 2022-Februar 2023 eine Umfrage durchgeführt. Das neue Modell wurde mehrheitlich positiv beurteilt und aufgrund der Rückmeldungen gezielt angepasst.
Im Januar 2024 hat das BWO zudem eine Studie bei der Wüest Partner AG in Auftrag gegeben. ⁶ Ziel war es, besser abschätzen zu können, wie sich die Kostenmiete nach dem neuen Modell im Vergleich zu den Mietzinsen für konventionelle Wohnungen verhält bzw. ob sie preisgünstig ist. Es sollte, mit anderen Worten, geklärt werden, ob das neue Modell den verfassungsmässigen und gesetzlichen Vorgaben des WFG genügt. Das Ergebnis ist positiv: Die nach diesem Modell berechneten Kostenmieten liegen insbesondere in städtischen Gebieten deutlich unter den Marktmieten, und zwar sowohl unter den Angebotsmieten als auch unter den Bestandsmieten.
⁶ www.bwo.admin.ch > Wohnungspolitik > Studien und Publikationen «Wohnungspolitik»

1.2.2 Geltungs-/Anwendungsbereich

Das neue Kostenmietmodell soll bei sämtlichen Instrumenten des Bundes, die im Bereich der indirekten Förderhilfe zur Geltung gelangen (Art. 35-38 WFG), Anwendung finden.
Die Anwendung des neuen Modells ist für die Mietzinskontrollen des BWO vorgesehen (Art. 54 WFG). Das vorliegende Modell, das auf eine Vereinfachung der Berechnung abzielt, unterliegt naturgemäss gewissen Verallgemeinerungen. Entsprechend erlaubt es dem BWO in besonderem Masse, nach der Verfahrenseröffnung eine rasche und grobe Überprüfung der angefochtenen Mietzinse vorzunehmen und den Parteien einen Einigungsvorschlag zu unterbreiten. Besonders im Hinblick auf den Erlass einer Verfügung soll es für das BWO aber möglich bleiben, vom Modell abzusehen und eine Berechnung anhand der tatsächlichen Kosten vorzunehmen. Das Verhältnis zwischen dem neuen Kostenmietmodell und einer Berechnung nach den tatsächlichen Kosten wird in der Verordnung spezifiziert.
Darüber hinaus kann das Modell ausserhalb von Mietzinskontrollen genutzt und von gemeinnützigen Wohnbauträgern zur Festlegung und periodischen Überprüfung ihrer Mietzinsen herangezogen werden.

1.2.3 Bestandteile des Modells

Das neue Kostenmietmodell wird auf Verordnungsstufe (WFV) umgesetzt. Dazu wird noch ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen sein. Das Modell kann deshalb noch Änderungen erfahren. Nach aktuellem Stand setzt es sich aus den folgenden Bestandteilen zusammen:
Tabelle vergrössern
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Finanzierungskosten
Fremdkapitalzinsen Tatsächliche Kosten
Eigenkapitalzinsen Eigenkapital x Referenzzinssatz oder Anteilscheinkapital x (Referenzzinssatz + 1,50 Prozentpunkte)
Baurechtszins Tatsächliche Kosten
Betriebskostenpauschale Ca. 2,75 %-3,50 % des Gebäude-versicherungswertes
Den ersten Bestandteil des neuen Modells bilden die Finanzierungskosten, worunter die Zinskosten für das Fremd- und Eigenkapital der geförderten Liegenschaft verstanden werden. Beim Fremdkapital sind die tatsächlichen Zinskosten zu berücksichtigen (z. B. für Hypotheken). Das Eigenkapital hingegen wird grundsätzlich kalkulatorisch mit dem hypothekarischen Referenzzinssatz für Mietverhältnisse verzinst (Art. 12 a der Verordnung vom 9. Mai 1990 ⁷ über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen [VMWG]). Durch die Verzinsung des gesamten Eigenkapitals wird ein gewisser Schutz vor inflationsbedingten Wertverlusten gewährleistet und dem gemeinnützigen Wohnbauträger eine «marge de manœuvre» (z. B. für die Weiterentwicklung der Genossenschaft) eingeräumt. Zudem ist eine alternative Berechnung zulässig: Wenn der Wohnbauträger das Anteilscheinkapital effektiv verzinst oder eine Dividende ausschüttet, können diese tatsächlichen Zinskosten berücksichtigt werden. Die Verzinsung darf in diesem Fall den um 1,50 Prozentpunkte erhöhten Referenzzinssatz nicht übersteigen. Als Obergrenze gilt zudem das in Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 ⁸ über die Stempelabgaben festgelegte Höchstmass von zurzeit 6 Prozent (vgl. auch Art. 37 Abs. 1 Bst. b WFV).
Den zweiten Bestandteil des Modells stellen die Baurechtszinsen dar. Wie bei den Zinskosten für das Fremdkapital werden auch hier die tatsächlichen Kosten berücksichtigt.
Den dritten und letzten Modellbestandteil bilden die Betriebskosten. Diese werden nicht anhand der tatsächlichen Kosten für den Betrieb der Liegenschaft berechnet, sondern pauschal, d.h. mit dem Gebäudeversicherungswert als Basis und einer Quote von ca. 2,75-3,50 Prozent. Die Kriterien für die Ermittlung des im Einzelfall geltenden Prozentsatzes werden auf Verordnungsebene genauer geregelt. Die Höhe der Betriebsquote wurde aufgrund der Berechnungen des BWO festgelegt und durch die Studie von Wüest Partner gestützt.
⁷ SR 221.213.11
⁸ SR 641.10

1.2.4 Rechtliche Umsetzung

Für eine klare rechtliche Umsetzung des neuen Kostenmietmodells bei der indirekten Förderung ist eine Grundlage auf Gesetzesstufe notwendig. Die konkrete Ausgestaltung des Mietzinsmodells ist anschliessend auf Verordnungsstufe zu regeln. Zugleich gilt es, die Zuständigkeit des BWO für die Mietzinskontrolle klarer festzuhalten. Deren Rechtsgrundlage lässt in ihrem derzeitigen Wortlaut einige Fragen offen; die Kompetenz des BWO für die Mietzinskontrolle von indirekt geförderten Wohnungen wurde gerichtlich jedoch noch nie abgelehnt und in Anfechtungsverfahren von den gemeinnützigen Wohnbauträgern praktisch nie beanstandet.

1.3 Geprüfte Alternativen

Die Projektgruppe hat verschiedene Modelle geprüft. Für die Umsetzung aller Varianten wäre eine gesetzliche Abstützung nötig. Die vorliegende Modellvariante verfolgt einen ähnlichen Ansatz wie das Kostenmietmodell der Stadt Zürich ⁹ , das schon seit längerem - mit in der Regel guten Erfahrungen - angewendet wird.
⁹ AS Stadt Zürich 841.150

1.4 Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 1⁰ zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 1¹ angekündigt. Die Anpassung des WFG ist dennoch angezeigt. Mit dem Grundsatz der Kostenmiete und den zugehörigen Kontrollkompetenzen sind zentrale Bestimmungen zur indirekten Förderhilfe des Bundes betroffen.
1⁰ BBl 2024 525
1¹ BBl 2024 1440

2 Grundzüge der Vorlage

Zur bestmöglichen Eingliederung des neuen Kostenmietmodells in die Wohnraumförderbestimmungen des Bundes umfasst die Vorlage die folgenden drei Massnahmen:
-
Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die kostenbasierte Festlegung der Mietzinse bei Wohnräumen, die nach dem 4. Gesetzesabschnitt gefördert werden (neuer Art. 38 a WFG).
-
Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die staatliche Mietzinskontrolle von Wohnräumen, die nach dem 4. Gesetzesabschnitt gefördert werden (modifizierter Abs. 1 zu Art. 54 WFG).
-
Schaffung einer Rechtsgrundlage für einen möglichen Kontrollverzicht des Bundes bei Wohnräumen, die durch den Bund und einen Kanton oder eine Gemeinde gefördert werden (neuer Art. 54 a WFG).
Zudem soll die Revision genutzt werden, um Artikel 43 WFG an die aktuell geltenden Begrifflichkeiten anzupassen.

3 Vernehmlassungsverfahren

Die ursprüngliche Vorlage zu den Artikeln 38 a und 54 Absatz 1 WFG wurde vom 20. September-20. Dezember 2024 in die Vernehmlassung gegeben. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen im Bereich der indirekten Wohnraumförderung wurden von den 38 Vernehmlassungsteilnehmenden sehr positiv aufgenommen. ¹2 Die grosse Mehrheit ist von den beiden Massnahmen zur Kostenmiete und staatlichen Mietzinskontrolle überzeugt, wobei das Resultat bei den Kantonen am deutlichsten ausfällt.
Im Detail gab es einen wesentlichen Änderungsvorschlag. In neun Stellungnahmen wurde eine Klärung der Situation gefordert, wenn dieselbe Wohnung sowohl mit Bundeshilfen als auch mit kantonalen oder kommunalen Hilfen gefördert wird. Drei Kantone mit eigenen Fördersystemen sprachen sich in derartigen Situationen für den Vorrang des kantonalen Rechts und damit auch der kantonalen Mietzinskontrollen und Berechnungsweisen aus. Auch der Schweizerische Städteverband hat in diesem Sinne Stellung genommen. Als Argumente wurden die bessere Ausrichtung der Kantonsregelungen auf die örtlichen Besonderheiten, eine weitere Erhöhung der Verfahrensökonomie innerhalb der staatlichen Fördersysteme und die Stärkung der Rechtssicherheit vorgebracht.
Diesem Anliegen wird mit der Einführung des neuen Artikels 54 a WFG und der Möglichkeit, dass der Bund auf seine Mietzinskontrolle nach seinem Kostenmietmodell unter Umständen verzichten kann, Rechnung getragen. Ein eigentlicher Vorrang des kantonalen Rechts wäre aufgrund der parallelen Verfassungskompetenz jedoch nicht sachgerecht.
¹2 Die Vernehmlassungsunterlagen sind abrufbar unter
www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2024 > WBF

4 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 38a
Kostenmiete
Mit diesem neuen Artikel soll spezifisch für die indirekte Förderung nach dem 4. Gesetzesabschnitt eine klare Rechtsgrundlage für die Anwendung der Kostenmiete und mithin des neuen Modells geschaffen werden. Angesprochen sind sämtliche Instrumente dieser Förderung, soweit durch ihren Einsatz die Erstellung oder der Erwerb von preisgünstigen Mietwohnungen unterstützt wird (Art. 35-38 WFG). Entsprechend sind insbesondere Wohnräume von gemeinnützigen Wohnbauträgern betroffen, die ein Darlehen aus dem Fonds de roulement erhalten haben oder die mit Hilfe einer Anleihe der EGW teilfinanziert wurden. Als gemeinnützig gelten Bauträger, die die Voraussetzungen von Artikel 37 WFV erfüllen und nach ihren Statuten insbesondere die Bereitstellung von preisgünstigen Wohnungen bezwecken, die Ausschüttung von Dividenden beschränken, die Ausrichtung von Tantiemen verbieten sowie einen allfälligen Liquidationsüberschuss einem gleichgelagerten Zweck zuführen.
Obschon die Anwendung der Kostenmiete der allgemeinen Praxis entspricht, musste sie bei indirekten Förderhilfen bisher aus dem WFG und der Charta der gemeinnützigen Wohnbauträger ¹3 abgeleitet werden. Ohne Gesetzesänderung bliebe die Kostenmiete rechtlich ungenügend abgestützt; vor allem liesse sich das neue Modell nicht effektiv einsetzen.
Mit dem ersten Absatz dieser neuen Bestimmung soll bekräftigt werden, dass sich die Mietzinsgestaltung bei indirekt geförderten Wohnräumen nach den Vorgaben des WFG an den Kosten zu orientieren hat. Die Anwendung der obligationenrechtlichen Bestimmungen zur Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse ist mehrheitlich ausgeschlossen. Einzig Artikel 269 des Obligationenrechts (OR) ¹4 zum übersetzten Ertrag bleibt in Bezug auf die Mietzinsgestaltung derartiger Wohnungen grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. Art. 253 b Abs. 3 OR i.V.m. Art. 2 Abs. 2 VMWG). Die Berücksichtigung von Artikel 269 OR ist dabei in einem übergeordneten Sinne zu verstehen. ¹5 Sie soll lediglich die kosten- und nicht die marktbezogene Ausrichtung der Mietzinsgestaltung zementieren und damit einen zentralen Bestandteil des verfassungsmässigen Missbrauchsschutzes im Mietwesen (Art. 109 Abs. 1 BV) auch für den staatlich geförderten Bereich vorgeben. Hingegen ist damit nicht gemeint, dass gemeinnützige Wohnbauträger oder das BWO die Mietzinse von indirekt durch den Bund geförderten Wohnungen - nebst den öffentlich-rechtlichen Vorgaben des WFG - zusätzlich nach den obligationenrechtlichen Vorgaben zum übersetzten Ertrag zu berechnen haben. Eine solche doppelte Mietzinsberechnung (und -kontrolle) würde weder der Rechtssicherheit dienen noch dem Gebot der Verfahrensökonomie entsprechen.
Mit der gewählten Formulierung wird die Eigenverantwortung der gemeinnützigen Wohnbauträger bei der Mietzinsgestaltung betont. Es ist die primäre Aufgabe dieser Organisationen, die Mietzinse nach den Kosten zu berechnen. Während der Dauer der Förderung erfolgt die Mietzinskontrolle durch das BWO in erster Linie auf Antrag der Mieterschaft (Art. 54 Abs. 2 WFG). Die Anwendung der Kostenmiete erstreckt sich insbesondere auf den geförderten Wohnraum. Normalerweise werden aber ohnehin sämtliche Wohnräume einer Überbauung gefördert, weshalb die Kostenmiete meist für die ganze Liegenschaft zu beachten ist. Nach Artikel 253 a Absatz 1 OR gilt sie zudem für mitvermietete Nebensachen wie Garagenplätze, Bastelräume und Kellerabteile, auch wenn diese für die Darlehensbemessung nicht berücksichtigt werden und nicht direkt gefördert werden.
Demgegenüber ist die Anwendung der Kostenmiete nach WFG in verschiedenen Konstellationen ausgeschlossen. Zum einen gilt dies bei Geschäftsräumen innerhalb von Liegenschaften mit gefördertem Wohnraum. Das WFG sieht für Geschäftsräume keine Förderung vor. Die dortige Anwendung der Kostenmiete nach WFG würde denn auch Artikel 253 b Absatz 3 OR widersprechen. Zum anderen geht es um besonderen Wohnraum, der die Kriterien nicht erfüllt und für den entsprechend keine indirekten Hilfen zugesichert werden (z. B. übermässig grosse Attikawohnungen). Für die Mietzinsfestlegung der ausgenommenen Räume gelten nach 253 b Absatz 3 OR die obligationenrechtlichen Bestimmungen zur Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse, und es sind die zivilgerichtlichen Instanzen zuständig. Dasselbe gilt für Sachen wie beispielsweise Garagenplätze, Bastelräume oder Kellerabteile, die unabhängig von einem Mietverhältnis für einen geförderten Wohnraum an Dritte vermietet werden.
Mit dem zweiten Absatz wird dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, die Einzelheiten zur Umsetzung der Kostenmiete nach WFG bei der indirekten Förderhilfe zu bestimmen. Mit dieser Delegationsnorm wird die Basis geschaffen, um das neue Mietzinsmodell auf Verordnungsstufe einzuführen und zu definieren. Dabei geht es um die Festlegung der anrechenbaren Liegenschaftskosten und Pauschalsätze. Gleichzeitig sollen aber auch weitere Modalitäten geregelt werden, die in einem nahen Zusammenhang mit der Kostenmiete bzw. dem Modell stehen, so etwa die materiellen und formellen Anforderungen an Mietzinsanpassungen im Laufe der Förderhilfe. Der Begriff Liegenschaftskosten wird verwendet, weil in der Buchhaltung von Wohnbauträgern in der Regel die Kosten pro Liegenschaft und nicht pro Wohnraum ausgewiesen werden. Zu den Liegenschaftskosten im weiteren Sinne sind auch bestimmte und in der Regel geringfügige Kosten der Organisation des Wohnbauträgers zu zählen (z. B. die Aufwendungen für die Durchführung einer Genossenschaftsversammlung). Diese Zurechnung erfolgt aufgrund des sehr engen Zusammenhangs zwischen dem eigentlichen Betrieb der Liegenschaft und dem dahinterstehenden Wohnbauträger als Gesellschaftsform.
¹3 www.bwo.admin.ch > Wohnraumförderung > Bundeshilfen seit 2003 (WFG) > Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus > Dokumente
¹4 SR 220
¹5
David Lachat
, Rendement des immeubles subventionnés: un arrêt qui agite la Genève immobilière, in: Regards de Marathoniens sur le droit suisse, Mélanges publiés à l’occasion du 20e «Marathon du droit», Genève 2015, p. 165 s.
Art. 43
Bereitstellung der Mittel
Der Artikel regelt, wie die Instrumente der Wohnraumförderung (zinslose und zinsgünstige Darlehen, Bürgschaften und Rückbürgschaften sowie Kapitalbeteiligungen) finanziell gesteuert werden. Gemäss geltendem Recht spricht die Bundesversammlung für alle Instrumente zeitlich befristete Verpflichtungskredite.
Ein Verpflichtungskredit nach Artikel 21 des Finanzhaushaltgesetzes vom 7. Oktober 2005 ¹6 (FHG) ist notwendig, wenn eine finanzielle Verpflichtung eingegangen werden soll, die über das laufende Voranschlagsjahr hinaus wirkt. Der Verpflichtungskredit legt den Höchstbetrag fest, bis zu dem der Bundesrat für einen bestimmten Zweck finanzielle Verpflichtungen eingehen kann. Er ist unbeschränkt, sofern der Bundesbeschluss über den Verpflichtungskredit keine zeitliche Beschränkung vorsieht. Verpflichtungskredite sind gemäss Artikel 21 Absatz 4 Buchstabe e FHG insbesondere für die Übernahme von Bürgschaften und sonstigen Gewährleistungen notwendig. Hier können die Verpflichtungen und die allfälligen Zahlungen des Bundes Jahre auseinander liegen.
Wenn der Bund ein Darlehen gewährt, so stellt dies zwar im betreffenden Voranschlagsjahr eine schuldenbremswirksame Ausgabe dar, für die ein Voranschlagskredit nach Artikel 20 Absatz 1 der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 ¹7 notwendig ist. Aber es ist finanzhaushaltrechtlich kein mehrjähriger Verpflichtungskredit erforderlich, denn es entsteht lediglich für den Darlehensempfänger die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäss den Konditionen des Darlehensvertrags. Ein Verpflichtungskredit ist somit nicht das angemessene Instrument zur mehrjährigen Steuerung der Darlehensvergabe. Angebracht ist vielmehr ein Zahlungsrahmen nach Artikel 20 FHG. Dies ist ein von der Bundesversammlung für mehrere Jahre festgesetzter Höchstbetrag der Voranschlagskredite für bestimmte Ausgaben. Zahlungsrahmen können unter anderem festgesetzt werden, wenn der Bund über einen Ermessensspielraum verfügt und gleichzeitig eine gewisse Ausgabensteuerung gewährleistet werden soll.
Mit der Revision von Artikel 43 WFG wird festgelegt, dass die Bundesversammlung künftig für Darlehen - namentlich die Einlagen in den Fonds de roulement zur Wohnbauförderung nach Artikel 34 Buchstabe c WFG - Zahlungsrahmen anstelle von Verpflichtungskrediten beschliessen kann. Hingegen braucht es für Bürgschaften und Rückbürgschaften, insbesondere für die Garantien des Bundes für die Anleihen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger, weiterhin entsprechende Verpflichtungskredite der Bundesversammlung.
Kapitalbeteiligungen nach Artikel 34 Buchstabe d WFG wiederum stehen nicht im Vordergrund der Wohnraumförderung des Bundes. So sind aktuell keine neuen Kapitalbeteiligungen geplant; u. a. weil die parallele Förderung von gemeinnützigen Wohnbauträgern über Kapitalbeteiligungen und Darlehen des Bundes aus Corporate-Governance-Sicht nicht optimal ist. Sollte sich in Zukunft dennoch die Notwendigkeit einer Wiederaufnahme dieses Instruments abzeichnen, soll sich die Bundesversammlung wie bisher dazu äussern können. Im Fall einer neuen Kapitalbeteiligungsstrategie wird dies über einen mehrjährigen Zahlungsrahmen mit einer Höchstgrenze für die geplanten Beteiligungen erfolgen.
Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen stellen keine Zahlungskredite dar; sie müssen zusätzlich für alle Instrumente der Wohnraumförderung von der Bundesversammlung im Rahmen des Voranschlags beschlossen werden.
¹6 SR 611.0
¹7 SR 611.01
Art. 54 Abs. 1
Mit einer Ergänzung von Artikel 54 Absatz 1 WFG soll explizit klargestellt werden, dass das BWO auch die Mietzinse von Wohnraum kontrolliert, die nach dem 4. Gesetzesabschnitt indirekt gefördert werden (Art. 35-38 WFG; vgl. zu den Ausnahmen Art. 54 a WFG).
Mit der Kontrolle des BWO wird sichergestellt, dass die Kostenmiete und insbesondere auch das neue Mietzinsmodell durch die Organisationen des gemeinnützigen Wohnungsbaus korrekt angewendet wird. Gleichzeitig erfolgt damit eine Harmonisierung der Kontrolltätigkeit durch das BWO, indem diese für sämtlichen Wohnraum, unabhängig von der Art der indirekten Förderung, gleich gehandhabt wird. Bisher wurde die Kontrolle aus den Bestimmungen zur direkten Förderung abgeleitet und hauptsächlich auf Liegenschaften mit Darlehen aus dem Fonds de roulement ausgerichtet. Bei Wohnraum mit EGW-Finanzierungen oder solchen mit vom Bund rückverbürgten hbg-Bürgschaften oder Kapitalbeteiligungen erfolgte bisher keine staatliche Kontrolle bzw. es wurde nur kontrolliert, soweit eine besondere Vereinbarung mit dem BWO abgeschlossen wurde.
Die Wahrnehmung der Mietzinskontrolle durch das BWO erscheint sachgerecht und sinnvoll. Als unabhängige Verwaltungseinheit, die mit dem Vollzug des WFG betraut ist, verfügt das BWO über die dafür notwendigen Fachkenntnisse und über jahrelange Erfahrung. Die Beurteilung der Mietzinse von nach dem 4. Gesetzesabschnitt gefördertem Wohnraum erfolgt im Weiteren nach den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des WFG und der WFV. Die Kontrolle des BWO ist übergeordnet auf die Sicherstellung von preisgünstigem Wohnraum ausgerichtet (vgl. Art. 33 Abs. 1 WFG). Für die Beurteilung massgebend ist die Kostenmiete, wie sie nach Artikel 38 a WFG und den zugehörigen Verordnungsbestimmungen festgelegt wird. Gemäss Artikel 54 Absätze 2 und 3 WFG ist die Kontrolle des BWO kostenlos, und sie erfolgt primär aufgrund eines jederzeit möglichen Antrags durch die Mietparteien. In diesen Fällen versucht das BWO zunächst, unter den Parteien eine Einigung herbeizuführen. Kommt keine Einigung zustande, erlässt das BWO eine Verfügung, wogegen Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht werden kann. Damit ist eine wirksame Mietzinskontrolle auf dem Verwaltungs(gerichts)weg gewährleistet, die auf rechtsstaatlichen Prinzipien beruht und die Interessen der Mietparteien im Auge behält. Die Anwendung der privatrechtlichen Bestimmungen des Obligationenrechts zur Anfechtung missbräuchlicher Mietzinse ist hingegen ausgeschlossen, wenn wie vorliegend die Wohnräume durch die öffentliche Hand gefördert und die Mietzinse durch eine Behörde kontrolliert werden. Entsprechend sind die Schlichtungsbehörden in Mietsachen und die Zivilgerichte nicht zuständig für die Beurteilung der Mietzinse von nach dem WFG-geförderten Wohnraum (Art. 253 b Abs. 3 OR; vgl. auch BGer 2C.102/2023 E. 5.5 sowie die Ausführungen zu Art. 38 a WFG). Eine zweispurige Kontrolle der Mietzinsen nach unterschiedlichen Kriterien und sich daraus ergebende Widersprüche wird damit vermieden.
Bisher hat das BWO keine Hinweise darauf, dass das erwähnte Ziel der Sicherstellung von preisgünstigem Wohnraum gefährdet wäre. Darum führt das BWO derzeit keine amtliche Mietzinskontrolle durch und ist der Ansicht, dass die Überprüfung im Rahmen von konkreten Mietzinsanfechtungen durch die Mieterschaft genügt. Die Vereinfachung der Berechnung der Kostenmiete sollte die Handhabung zusätzlich erleichtern. Falls das BWO in Zukunft zum Schluss kommt, dass trotz Förderung keine preisgünstigen Mietzinse angeboten werden, müsste die Durchführung amtlicher Kontrollen zur Sicherstellung des Förderzwecks geprüft werden, die grundsätzlich auf Basis von Artikel 54 Absatz 1 möglich wären.
Gleich wie bei der Anwendung der Kostenmiete (vgl. oben Art. 38 a WFG) erstreckt sich die Mietzinskontrolle bei der indirekten Förderung auf den geförderten Wohnraum sowie die mitvermieteten Nebensachen. Ausgeschlossen ist die Kontrolle hingegen dort, wo die Kostenmiete nicht zur Anwendung gelangt, beispielsweise bei Geschäftsräumen oder bei besonderen Wohnräumen, welche die Förderkriterien nicht erfüllen und für die deshalb keine indirekte Förderung zugesichert wurde.
Art. 54a
Kontrollverzicht
Bund und Kantone verfügen im Bereich der Wohnraumförderung über parallele Kompetenzen (Art. 108 Abs. 1 BV). Demnach können grundsätzlich alle Gemeinwesen eine eigene Mietzinskontrolle nach ihren eigenen Vorgaben durchführen, wenn sie selbst eine Förderung betreiben. Die in der Vernehmlassung vorgebrachten Argumente und insbesondere eine weitere Erhöhung der Verfahrensökonomie haben den Bundesrat bewogen, im Rahmen des WFG zu einer besseren Koordination von Situationen mit mehrfacher Förderung beizutragen.
Nach seiner Ansicht lässt sich dies rechtlich mit einem neuen Artikel 54 a WFG umsetzen, der in Absatz 1 den Verzicht des Bundes auf seine Mietzinskontrolle nach seinem Kostenmietmodell vorsieht, wenn dieselbe Wohnung sowohl mit Bundeshilfen als auch mit kantonalen oder kommunalen Hilfen gefördert wird. Der Verzicht bedingt weiter, dass ein Kanton oder eine Gemeinde eine eigene Kontrolle durchführt und die dortige Berechnungsweise resultatmässig zu vergleichbaren Mietzinsen führt.
Die Vergleichbarkeit der Mietzinse drängt sich mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns und insbesondere aufgrund des Gleichheitsgebots auf. Letzteres verlangt, dass Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird (vgl. statt vieler BGE 138 I 225, 230 E. 3.6.1).
Es kann beispielweise vorkommen, dass benachbarte Liegenschaften einzig vom Bund oder mehrfach vom Bund und anderen Gemeinwesen gefördert werden. Die Mietzinse dieser Nachbarliegenschaften sollten nicht zu stark voneinander abweichen. Aus verfahrensökonomischen Gründen erscheint es aber als tolerierbar, wenn die kantonale Berechnungsmethode von den Mietzinsvorgaben des Bundes um nicht mehr als 10 Prozent abweicht. Grössere Überschreitungen der bundesrechtlichen Mietzinsvorgaben sind mit dem Gleichheitsgebot nicht vereinbar, und der Bund dürfte auf seine Kontrolle in solchen Fällen nicht verzichten. Sofern die abstrakt festgestellte Vergleichbarkeit aufgrund einer angemessenen Anzahl geförderter Liegenschaft gewährleistet ist, kann das BWO generell auf Mietzinskontrollen bei Liegenschaften verzichten, die von anderen Gemeinwesen gefördert und kontrolliert werden. Für die Durchführung der Mietzinsvergleiche ist das BWO auf die Mithilfe des betroffenen Gemeinwesens angewiesen. In aller Regel genügen die Angaben zu 15-20 geförderten Liegenschaften für den abstrakten Vergleich. Die Vergleichbarkeit ist zudem periodisch zu überprüfen.
Der Absatz 1 ist als Kann-Formulierung ausgestaltet, weil Situationen eintreten können, in denen ein Verzicht auf die Kontrolle durch den Bund als nicht angemessen erscheint, obschon die Voraussetzungen dazu grundsätzlich erfüllt sind. Es könnte beispielsweise sein, dass ein Kanton oder eine Gemeinde selbst eine doppelte Kontrolle bevorzugt und den Bund ersucht, nicht zu verzichten. Zudem ist wie erwähnt eine Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Gemeinwesen notwendig, falls diese nicht oder nicht mehr gegeben ist, sollte es dem Bund freistehen, eine eigenständige Mietzinsüberprüfung (wieder) durchzuführen.
Der Verzicht auf die Kontrolle ist im Übrigen nicht nur bei der indirekten Förderung, sondern konsequenterweise ebenso bei einer direkten Förderung möglich, auch wenn aktuell keine direkte Förderung praktiziert wird.
Aus Transparenzgründen empfiehlt es sich ferner, das WBF im Artikel 54 a Absatz 2 WFG zu ermächtigen, in einer Departementsverordnung diejenigen Kantone und Gemeinden zu bestimmen, deren Mietzinsvorgaben als vergleichbar gelten. Die genauen Anforderungen an die Vergleichbarkeit werden in einer Richtlinie präzisiert.

5 Auswirkungen

5.1 Auswirkungen auf den Bund

Im Zusammenhang mit der indirekten Förderung des Bundes führt die Vorlage im Teilbereich der Mietzinsgestaltung zu mehr Transparenz und einer Vereinfachung. Ein starker Anstieg der Fördergesuche ist jedoch nicht zu erwarten; die Attraktivität der indirekten Förderhilfe hängt primär von anderen Faktoren ab, wie etwa der allgemeinen Marktentwicklung, den Darlehenskonditionen oder den baulichen Anforderungen.
Mit der Einführung eines vereinfachten Kostenmietmodells dürfte die Kontrolle der Mietzinse einerseits effizienter werden. Kommunikative Massnahmen wie ein Merkblatt oder ein einfaches Online-Tool (Mietzinsrechner) könnten gar gewisse Anfechtungen verhindern. Zudem dürfte der Bund durch den Verzicht auf Kontrollen in Kantonen mit vergleichbaren Ansätzen entlastet werden (vgl. Art. 54 a WFG) Die Ausweitung der Kontrolle auf sämtlichen indirekt geförderten Wohnraum führt andererseits dazu, dass sich die Zahl der Wohnungen, die der Mietzinskontrolle des BWO unterstehen, ungefähr verdoppelt. Damit steigt das Potenzial für Mietzinsanfechtungen deutlich. Wieweit sich der Effizienzgewinn und das erhöhte Anfechtungspotenzial gegenseitig kompensieren, ist schwierig abzuschätzen. Mit einem zusätzlichen Personalbedarf wird nicht gerechnet.

5.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Der gemeinnützige Wohnungsbau spielt bei der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum eine bedeutende Rolle, namentlich in besonders angespannten Wohnungsmärkten wie in den urbanen Zentren oder in touristischen Berggemeinden. Die Vorlage hat jedoch keine erheblichen Auswirkungen auf die Kantone, Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete. Möglicherweise kommt es bei den kantonalen Gerichtsinstanzen zu einer leichten Entlastung, weil inskünftig das BWO für gewisse Mietzinsanfechtungen bei indirekt gefördertem Wohnraum zuständig ist. Da es sich bei der Wohnraumförderung um eine parallele Kompetenz von Bund und Kantonen handelt, bleibt es den Kantonen freigestellt, eine eigene und auf ihre örtlichen Bedürfnisse zugeschnittene Fördergesetzgebung zu entwickeln, was einige auch bereits getan haben.

5.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, Gesellschaft und die Umwelt

Gesamtschweizerisch hat der gemeinnützige Wohnungsbau einen beschränkten Marktanteil; knapp 8 Prozent der Mietwohnungen befinden sich im Eigentum gemeinnütziger Bauträger. Die Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum trägt aber zum sozialen Zusammenhalt bei und ist auch für die wirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung. Bei der Einführung des neuen Kostenmietmodells für die indirekte Förderung stehen die Vereinfachung, Rechtssicherheit und Transparenz im Vordergrund. Die Auswirkungen auf Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt bleiben damit gering.

1 Rechtliche Aspekte

. Verfassungsmässigkeit

Ein in der Verfassung verankertes Sozialziel ist es, das Grundbedürfnis des Wohnens gesamtschweizerisch sicherzustellen. Im Sinne eines Handlungsauftrages hat der Bund dafür zu sorgen, dass Wohnungssuchende für sich und für ihre Familien eine angemessene Wohnung zu tragbaren Bedingungen finden können (Art. 41 Abs. 1 Bst. e BV). In der Bundesverfassung wird diesem Ziel unter anderem mit der Kompetenz des Bundes zur Förderung des Wohnungsbaus und Wohnungseigentums Rechnung getragen (Art. 108 Abs. 1 BV). Diese Förderungskompetenz stellt für den Bund einen verpflichtenden Auftrag dar, dem er mit dem Erlass des WFG nachgekommen ist.

. Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Schweiz ist an keine internationale Verpflichtung gebunden, die ihren Handlungsspielraum auf dem Gebiet der innerstaatlichen Wohnraumförderung einschränkt. Die Gesetzesanpassung ist somit in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Normen, welche für die Schweiz verbindlich sind.

. Erlassform

Die Vorlage enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Der Erlass untersteht dem fakultativen Referendum.

. Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Gemäss Artikel 38 a Absatz 2 WFG wird der Bundesrat befugt, die Einzelheiten zur Umsetzung der Kostenmiete bei der indirekten Förderhilfe zu bestimmen (vgl. oben). Im Übrigen werden mit der Vorlage keine Rechtsetzungskompetenzen an den Bundesrat delegiert.

. Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) zu unterstellen.

. Datenschutz

Unter dem Gesichtspunkt der Bearbeitung von Personendaten hat die vorliegende Anpassung des WFG keine Auswirkungen.
Bundesrecht
Botschaft zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes
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