BBl 2025 3017
CH - Bundesblatt

Botschaft zur Änderung des Heilmittelgesetzes

Botschaft zur Änderung des Heilmittelgesetzes
vom 3. September 2025
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren
Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf einer Änderung des Heilmittelgesetzes.
Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben:
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2019 M 18.3512 Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit (S 18.9.18, Stöckli; N 7.3.19)
2020 M 19.4119 Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie. Medikationsfehler durch E-Health reduzieren (S 12.12.19, Stöckli; N 23.9.20)
2022 M 20.3209 Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit (S 30.5.22, Müller; N 28.11.22)
2023 M 20.3770 Einführung eines E-Rezepts (N 1.6.22, Sauter; S 30.5.23)
2023 M 21.3294 Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten (S 2.3.23, Stöckli; N 14.9.23)
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
3. September 2025 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Karin Keller-Sutter Der Bundeskanzler: Viktor Rossi
Übersicht
Das Ziel der vorliegenden Revision des Heilmittelgesetzes ist es, die Qualität der Versorgung und die Sicherheit der Medikation zu verbessern, indem Arzneimittel für neuartige Therapien im Heilmittelgesetz spezifisch und umfassend geregelt werden, die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben und die Tierarzneimittel-Regulierung an diejenige der Europäischen Union angepasst wird.
Ausgangslage
Das seit 2002 geltende Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz) gewährleistet den Schutz der Gesundheit durch qualitativ hochwertige, sichere und wirksame Heilmittel. Die vorliegende Revision umfasst drei Hauptbereiche: die spezifische und neue Regelung der Arzneimittel für neuartige Therapien, die Digitalisierung des Medikationsprozesses sowie eine Angleichung der Tierarzneimittel-Regulierung an die Bestimmungen der Europäischen Union (EU). Diese Änderungen sollen im Allgemeinen die Arzneimittelsicherheit und im Besonderen die Sicherheit der Medikation verbessern, indem neue Technologien in der Human- und Veterinärmedizin implementiert werden. In diesem Kontext werden zudem auch das Transplantationsgesetz sowie andere Gesetze angepasst. Die vorliegende Revision führt zu keiner Veränderung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen.
Inhalt der Vorlage
Unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Fortschritte und der neuen Technologien im Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien wird ein spezifischer und umfassender rechtlicher Rahmen für komplexe, innovative Therapien geschaffen. Die entsprechenden Regelungen zu diesen Produkten werden aus dem Transplantationsgesetz in das Heilmittelgesetz überführt, was mehr Klarheit und Sicherheit für die Rechtsunterworfenen schafft.
In den letzten Jahren wurden mehrere Motionen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen an den Bundesrat überwiesen. Diese fordern die Verwendung des elektronischen Rezepts, die Einführung eines elektronischen Medikationsplans sowie die Nutzung elektronischer Systeme zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen, um die Patientensicherheit insbesondere im Bereich der Pädiatrie zu erhöhen. Diese Massnahmen tragen zur Erreichung der in der Gesundheit2030 und im Masterplan des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie definierten Ziele bei.
Im Bereich der Tierarzneimittel sollen durch die Angleichung an die EU-Regelung Handelshemmnisse abgebaut und der Zugang zu neuen Therapien erleichtert werden. Darüber hinaus werden Massnahmen zur Bekämpfung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe festgelegt.
Schliesslich werden einzelne Anpassungen vorgenommen, die sich in der Vollzugspraxis als notwendig herausgestellt haben.
Botschaft

1 Ausgangslage

Das Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000 ¹ über Arzneimittel und Medizinprodukte (HMG) soll zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Es soll Konsumentinnen und Konsumenten von Heilmitteln vor Täuschung schützen und dazu beitragen, dass die in Verkehr gebrachten Heilmittel ihrem Zweck entsprechend und massvoll verwendet werden.
Das HMG ist am 1. Januar 2002 in Kraft getreten. Im Arzneimittelbereich wurde es aufgrund der unterschiedlichen Dringlichkeit in zwei Etappen revidiert:
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Mit der vorgezogenen Revision des HMG (1. Etappe) wurden die rechtlichen Grundlagen geschaffen, damit die Gesundheitsfachpersonen die Versorgung ihrer Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln besser sicherstellen können. Die Gesetzesänderung ist zusammen mit dem Ausführungsrecht am 1. Oktober 2010 in Kraft getreten.
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Mit den Änderungen des HMG im Rahmen der 2. Etappe wurden der Zugang zu Arzneimitteln und die Rahmenbedingungen für die Forschung und Industrie verbessert. Sie sind mit dem entsprechenden Ausführungsrecht am 1. Januar 2019 bzw. 2020 in Kraft getreten.
Eine weitere umfassende Revision des HMG ist im Rahmen der Angleichung des Schweizer Medizinprodukterechts an die Verordnungen (EU) 2017/745 (Medical Device Regulation MDR ² ) und (EU) 2017/746 (In Vitro Diagnostic Regulation IVDR ³ ) erfolgt. Sie ist am 26. Mai 2021 in Kraft getreten. Mit dieser Anpassung sollten in der Schweiz die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten und damit der Schutz der Patientinnen und Patienten analog der EU erhöht werden.
Parlament und Bundesrat haben nun erneut Handlungsbedarf geortet. So sollen die bestehenden Regelungen des HMG in Abstimmung mit dem Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 2004 ⁴ über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen (Transplantationsgesetz) mit Bestimmungen zu Arzneimitteln für neuartige Therapien ergänzt werden. Zudem soll die Sicherheit der Medikation von Patientinnen und Patienten bei der Ausstellung von Verschreibungen und im gesamten Medikationsprozess durch einen verstärkten Einsatz digitaler Instrumente verbessert werden. Schliesslich soll im Tierarzneimittelbereich weitestmöglich Äquivalenz zum neuen Tierarzneimittelrecht der EU, der Verordnung (EU) 2019/6 ⁵ , geschaffen werden, um Handelshemmnisse zu verhindern und der Entwicklung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe vorzubeugen. Mit den Bestimmungen zu Arzneimitteln für neuartige Therapien wird der Marktzugang zu neuartigen Therapien in der Veterinärmedizin gewährleistet. Diese Punkte sollen im Rahmen der vorliegenden Revisionsvorlage angegangen werden. Bei dieser Gelegenheit sollen zudem einzelne punktuelle Anpassungen vorgenommen werden, die sich in der Vollzugspraxis als notwendig herausgestellt haben.
Die mit der vorliegenden Änderung des HMG vorgesehenen Massnahmen berücksichtigen wissenschaftliche Fortschritte und neue Technologien, fördern die Digitalisierung wichtiger Prozesse im Gesundheitswesen und erhöhen damit die Qualität der Versorgung und die Sicherheit der Medikation. Damit tragen sie zur Umsetzung der bundesrätlichen Strategie Gesundheit2030 ⁶ sowie des Masterplans des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie bei.

1.1 Handlungsbedarf und Ziele

1.1.1 Arzneimittel für neuartige Therapien

Wissenschaftliches Umfeld
Neue wissenschaftliche Fortschritte in der Biomedizin haben zur Entwicklung verschiedener Therapieoptionen geführt, welche unter dem Begriff «Arzneimittel für neuartige Therapien» (Advanced Therapy Medicinal Products [ATMP]) zusammengefasst werden. Die Kategorie der Arzneimittel für neuartige Therapien bildet jedoch keine homogene Einheit; vielmehr unterscheiden sich die jeweiligen Produkte in Bezug sowohl auf ihre Wirkungsweise als auch auf ihre Biologie mitunter sehr stark voneinander. Arzneimittel für neuartige Therapien enthalten oder bestehen häufig aus lebenden Zellen oder Geweben, die biotechnologisch aufgearbeitet werden. Sie zeichnen sich insofern durch eine hohe Komplexität hinsichtlich ihrer Herstellung und Anwendung aus. Die verwendeten Zellen bzw. das verwendete Gewebe werden oft einer Patientin oder einem Patienten entnommen, im Labor bearbeitet und anschliessend derselben Person wieder verabreicht. Eine weitere Gruppe von Arzneimitteln besteht aus oder enthält spezifische Nukleinsäuren, welche für die Wirksamkeit entscheidend sind.
Die Entwicklung von Arzneimitteln für neuartige Therapien ist durch einen stark experimentellen Charakter gekennzeichnet und hat ihren Ursprung oftmals im akademischen Forschungsumfeld. Arzneimittel für neuartige Therapien werden häufig zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen entwickelt und in der Folge patientenspezifisch oder in kleinen Mengen hergestellt. Für die meisten klassischen Pharma-Grossunternehmen sind diese Produkte deshalb lange Zeit eher von geringem Interesse gewesen. Arzneimittel für neuartige Therapien werden gegenwärtig nach wie vor meist in kleinen und mittleren Biotechnologie-Unternehmen entwickelt, die häufig als Spin-Off universitärer Forschungseinrichtungen gegründet wurden.
Bei all ihren Unterschieden haben Arzneimittel für neuartige Therapien eines gemeinsam, nämlich ihre Neuartigkeit und die daraus resultierende Erkenntnis, dass für sie deshalb zwar besondere, zugleich aber möglichst einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen gelten müssen. Mit der Neuartigkeit dieser Präparate gehen insbesondere Besonderheiten in ihrer Entwicklung, Herstellung, Zulassung und Überwachung einher. So können beispielsweise bei der Entwicklung von Arzneimitteln für neuartige Therapien für Anwendungsgebiete mit hohem medizinischem Bedarf, aber sehr kleiner Patientenzahl, die notwendigen Studien meist nur mit wenigen Patientinnen und Patienten durchgeführt werden, was die geforderten klinischen Nachweise erschwert und entsprechende Anpassungen bei den Studiendesigns erforderlich macht. Zuweilen kann die Zulassung in solchen Fällen nur befristet erteilt werden, d. h. sie wird mit besonderen Auflagen verknüpft, welche die Zulassungsinhaberin verpflichten, weitere Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten nach der Zulassung zu erheben und nachzureichen ( conditional approval ). Im Weiteren ist der insbesondere bei bestimmten zellbasierten Therapieansätzen meist mehrstufige Herstellungsprozess häufig noch komplexer und aufwendiger als bei anderen Biopharmazeutika (zum einen muss der Gentransfer-Vektor hergestellt werden, zum anderen müssen geeignete Zellen ex vivo durch Gentransfer verändert werden). Da zum Zeitpunkt der Zulassung eines Arzneimittels für neuartige Therapien zumeist nur wenige Erkenntnisse zum tatsächlichen patientenrelevanten Nutzen und zu den Langzeitwirkungen vorliegen, kommt ferner auch der Pharmakovigilanz in diesem Therapiebereich eine besondere Bedeutung zu, d. h. mithilfe geeigneter Massnahmen muss sichergestellt werden, dass die langfristigen Behandlungs- und Sicherheitsdaten dokumentiert und ausgewertet werden (z. B. Registerpflicht). Alleine schon an diesen Beispielen wird deutlich, dass die Besonderheiten dieser Klasse von Arzneimitteln Anpassungen an den bestehenden Regularien für «klassische» Arzneimittel erforderlich machen. Eine Klärung der besonderen regulatorischen Rahmenbedingungen für Arzneimittel für neuartige Therapien erweist sich deshalb mittlerweile als unumgänglich, zumal zwar bisher nur wenige Präparate zugelassen wurden, die Zahl dieser Produkte in der klinischen Entwicklung seit Jahren jedoch kontinuierlich zunimmt.
Diese wissenschaftlichen Entwicklungen mit entsprechender Nachfrage der Zulassungsinhaberinnen haben auch dazu geführt, dass das Schweizerische Heilmittelinstitut (Swissmedic) per 1. Januar 2022 eine eigene Abteilung « Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP)» erstellt hat, welche u. a. verantwortlich ist für die regulatorische und wissenschaftliche Betreuung der Arzneimittel für neuartige Therapien im Humanbereich. Nebst der Tätigkeit im Bereich der Zulassungen fördert die Abteilung die Forschung und Entwicklung in diesem Gebiet und bietet wissenschaftliche und verfahrenstechnische Beratungen ( Scientific Advice/Pre-Submission Meetings ) an. ⁷
Im Tierarzneimittelbereich sind spezifische Bestimmungen für Arzneimittel für neuartige Therapien insofern speziell von Relevanz, als auch die innovativen Tierarzneimittel ( novel therapy veterinary medicinal products) gemäss der Verordnung (EU) 2019/6 sowie aktuell bekannte Entwicklungen berücksichtigt werden sollen.
Dies entspricht materiell auch der Interpellation 22.4461 Müller Leo «Advanced Therapie Medicinal Products für Tiere. Innovation nicht verhindern» vom 15. Dezember 2022. In dieser Interpellation wird die Wichtigkeit der Schaffung heilmittelrechtlicher Grundlagen für die Zulassung von neuen Therapieformen für den Veterinärbereich in der Schweiz betont. Aufgrund des laufenden Entwicklungsfortschritts von Arzneimitteln für neuartige Therapien ist auch im Veterinärbereich mit weiteren innovativen Behandlungsansätzen zu rechnen. Die Schaffung der heilmittelrechtlichen Grundlagen für neuartige Therapien im Veterinärbereich wird sowohl aus gesundheitspolitischer Sicht wie auch aus Sicht des Innovationsstandortes als essenziell betrachtet. Der Bundesrat hält in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2023 fest, dass im Rahmen der vorliegenden Änderung des HMG der Begriff Arzneimittel für neuartige Therapien neu eingeführt und definiert werden soll.
Aktuelle rechtliche Einordnung
Abgesehen vom oben skizzierten wissenschaftlichen Fortschritt und dem daraus resultierenden Handlungsbedarf ergibt sich letzterer vor allem auch aus der aktuellen Gesetzeslage, welche nachstehend dargestellt wird.
Arzneimittel für neuartige Therapien sind in der Schweiz - anders als in der EU (vgl. Ziff. 3.1) - weder einer einheitlichen gesetzlichen Regelung unterstellt noch als eigenständige Arzneimittelkategorie etabliert. Vielmehr hängt die regulatorische Handhabung eines in der EU als Arzneimittel für neuartige Therapien qualifizierten Präparates grundsätzlich davon ab, ob es nach der schweizerischen Gesetzgebung als «Gentherapieprodukt» oder als «Transplantatprodukt» qualifiziert wird. Der Begriff «Gentherapieprodukt» ist in der schweizerischen Gesetzgebung nicht definiert. Der Begriff «Gentherapie» wird nur in Artikel 22 Absatz 1 der Verordnung vom 20. September 2013 ⁸ über klinische Versuche (KlinV) umschrieben als «Einbringen genetischer Information in somatische Zellen» . Diese regulatorische Lücke führt mitunter zu Interpretationsproblemen und Missverständnissen, wenn es um die Qualifikation nukleinsäurebasierter Impfstoffe (z. B. mRNA Covid-19 Vakzin) oder von synthetisch hergestellten Oligonukleotiden (z. B. siRNA) geht, welche aus wissenschaftlicher Sicht nicht als Gentherapien eingestuft werden.
Bei der klassischen Gentherapie werden spezifische rekombinant hergestellte Nukleinsäuresequenzen in bestimmte Zellen eingeschleust, in der Absicht, eine therapeutische Wirkung zu erzielen. In der einschlägigen Swissmedic-Richtlinie ⁹ wurde die Begriffsdefinition aus dem EU-Recht übernommen und in der regulatorischen Vollzugspraxis von Swissmedic entsprechend angewandt. Es hat sich in den letzten 20 Jahren gezeigt, dass die Schweiz grundsätzlich dieselben regulatorischen Anforderungen für Gentherapieprodukte kennt wie die EU. Mit der neu formulierten Begriffsdefinition für Arzneimittel für neuartige Therapien im Heilmittelgesetz wird sich daran auch in Zukunft nichts ändern.
Bei Gentherapieprodukten wird zwischen in vivo und ex vivo Methoden unterschieden: Bei der in vivo Gentherapie werden die zu transferierenden therapeutischen Nukleinsäuren mittels Vektoren direkt in den Körper der Patientinnen und Patienten eingebracht, während bei der ex vivo Gentherapie die therapeutischen Nukleinsäuren in vitro in Zellen oder Gewebe transferiert werden, bevor diese in den Körper der Patientinnen und Patienten eingebracht werden. Da deren Herstellung eine «substanzielle Bearbeitung» im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d der Transplantationsverordnung vom 16. März 2007 1⁰ darstellt, werden Produkte der ex vivo Gentherapie in der Schweiz auch als Transplantatprodukte qualifiziert. Je nachdem, ob es sich bei den verwendeten Zellen um Körperzellen oder Keimzellen handelt, spricht man von somatischer Gentherapie oder von Keimbahntherapie. Letztere ist in der Schweiz verfassungsrechtlich verboten (Art. 119 Abs. 2 Bst. a der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV] 1¹ ).
In Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c HMG wurde die somatische Gentherapie integral dem HMG unterstellt. Dies bedeutet, dass sowohl in Bezug auf deren Herstellung wie auch auf deren Zulassung und Marktüberwachung für Gentherapeutika, d. h. Produkte der in vivo Gentherapie , genau dieselben gesetzlichen Vorgaben wie für alle übrigen Arzneimittel gelten. Der Gesetzgeber hat zwar dem Bundesrat im zweiten Halbsatz der genannten Bestimmung die Befugnis eingeräumt, besondere Bestimmungen für eine Präparatekategorie zu erlassen, um neuen therapeutischen Möglichkeiten gerecht zu werden, die möglicherweise zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Heilmittelgesetzes noch nicht bekannt waren. Allerdings hat der Bundesrat von dieser Befugnis in den mehr als 20 Jahren seit dem Inkrafttreten des HMG keinen Gebrauch gemacht. Insofern besteht gegenwärtig insbesondere in Bezug auf den Umgang mit Gentherapeutika in der Schweiz für die Berücksichtigung der Besonderheiten dieser neuartigen Therapieoptionen grundsätzlich nur sehr wenig Handlungsspielraum. Es hat sich allerdings gezeigt, dass die im Rahmen der somatischen Gentherapie angewendeten Nukleinsäureprodukte bereits durch den Begriff der «Arzneimittel» bzw. neu «Arzneimittel für neuartige Therapien» erfasst werden.
Transplantatprodukte sind Produkte auf der Basis von Geweben oder Zellen (inklusive Stammzellen), die substanziell bearbeitet wurden, oder die bei der empfangenden Person eine andere Funktion ausüben sollen als bei der spendenden Person (Art. 2 Abs. 1 Bst. c der Transplantationsverordnung). Die Herstellung von Transplantatprodukten ist in vielerlei Hinsicht mit derjenigen von gewissen biologischen Arzneimitteln (insbesondere von Blut und Blutprodukten) vergleichbar, weshalb es sich rechtfertigt, den Umgang mit Transplantatprodukten den gleichen Kontrollmechanismen wie dem Umgang mit solchen Arzneimitteln zu unterstellen. Aus diesem Grunde wurden Transplantatprodukte in Artikel 49 des Transplantationsgesetzes «sinngemäss» den Arzneimitteln gleichgestellt, d. h. nebst den Bestimmungen der Transplantationsgesetzgebung sind sie einer Vielzahl von Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung unterworfen. Insbesondere müssen Betriebe, welche Transplantatprodukte herstellen oder vermitteln, über eine Betriebsbewilligung von der Swissmedic verfügen und Transplantatprodukte müssen von der Swissmedic zugelassen werden, bevor sie in Verkehr gebracht oder an Patientinnen und Patienten angewendet werden. Was mit der «sinngemässen» Anwendbarkeit des HMG auf Transplantatprodukte konkret gemeint sein soll, ergibt sich nicht aus den Gesetzesmaterialien. In der Vollzugspraxis hat sich allerdings gezeigt, dass die Besonderheiten der Transplantatprodukte bei der Umsetzung der heilmittelrechtlichen Anforderungen punktuell Anpassungen notwendig machen. Dies gilt insbesondere für deren Zulassung, d. h. Art und Umfang der erforderlichen analytischen, nichtklinischen und klinischen Daten für den Nachweis von Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit sollten jeweils unter Berücksichtigung der spezifischen biologischen und funktionellen Eigenschaften dieser Produkte festgelegt werden. Die vom Gesetzgeber in Artikel 49 des Transplantationsgesetzes vorgesehene «sinngemässe» Anwendbarkeit der Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung ist grundsätzlich zu begrüssen. Sie gewährt der Swissmedic maximale Flexibilität bei der Aufsicht über die verschiedenen Aspekte des Umgangs mit Transplantatprodukten, um sicherzustellen, dass dieser in angemessener Weise erfolgt. Jedoch besteht gleichzeitig die Herausforderung, dass diese Flexibilität die Rechtssicherheit beeinträchtigen kann. Dies liegt daran, dass es für diejenigen, die von den gesetzlichen Vorschriften betroffen sind, nicht immer klar ist, in welchen Fällen und in welchem Masse von den gesetzlichen Anforderungen für klassische Arzneimittel abgewichen werden kann. Zwar sind im Rahmen der laufenden Revision des Transplantationsgesetzes ¹2 punktuelle Verbesserungen vorgesehen; mit diesen soll aber bewusst kein umfassender und transparenter Rechtsrahmen in Bezug auf Arzneimittel für neuartige Therapien abgebildet werden (s. hierzu auch die Ausführungen in Ziff. 4.1.1). Somit kann als Gesamtfazit festgehalten werden, dass die vorliegende Revision Rechtsicherheit in den Rahmenbedingungen herbeizuführen vermag.
Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass auf Bundesebene aktuell keine gesetzlichen Regelungen für Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier bestehen und die betreffenden Produkte durch die Swissmedic derzeit nicht zugelassen werden können.
⁷ www.swissmedic.ch > Humanarzneimittel > Besondere Arzneimittelgruppen > Advanced Therapy Medicinal Products
(Stand: 5. Juni 2025)
⁸ SR 810.305
⁹ Merkblatt «Anforderungen Zulassung TpP GT GVO», online abrufbar unter:
www.swissmedic.ch > Services und Listen > Dokumente und Formulare >
Advanced Therapy Medicinal Products , Transplantate und Verfahren > Zulassung TpP/GT/GVO > Formale Anforderungen
(Stand: 5. Juni 2025).
1⁰ SR 810.211
1¹ SR 101
¹2 BBl 2023 2294

1.1.2 Schrittweise Digitalisierung im Bereich Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Heilmitteln

Die am 6. Dezember 2019 vom Bundesrat verabschiedete gesundheitspolitische Strategie des Bundesrats 2020-2030 ¹3 setzt neue Schwerpunkte in der Gesundheitspolitik, wobei eine der dringlichsten Herausforderungen den technologischen und digitalen Wandel betrifft. Die Digitalisierung als Teil des technologischen Wandels wird die Entwicklung des Gesundheitswesens in den kommenden Jahren nachhaltig beeinflussen. Sie spielt im Gesundheitswesen eine zentrale Rolle und muss weiter verstärkt werden. Die Politik hat deshalb mit verschiedenen parlamentarischen Vorstössen den Bundesrat beauftragt, die Digitalisierung auch in der Medikationssicherheit voranzutreiben (s. Ziff. 1.4). Mit der Umsetzung dieser Vorstösse soll ein Beitrag zur Förderung der Digitalisierung im Gesundheitswesen geleistet und zur Zielerreichung der bundesrätlichen Strategie 2020-2030 beigetragen werden.
So soll die elektronische Erstellung von zwei behandlungsrelevanten Dokumenten (elektronische Verschreibung und Medikationsplan) zur Pflicht erklärt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Dokumente den Patientinnen und Patienten zur Verfügung zu stellen. Das elektronische Patientendossier (EPD) stellt für die Datensammlung und -übermittlung eine geeignete Lösung dar.
Exkurs zum EPD: Das EPD dient einerseits der Patientin oder dem Patienten als Sammlung ihrer oder seiner wichtigsten medizinischen Daten, auf die sie oder er jederzeit Zugriff hat. Andererseits verbessert das EPD den Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsfachpersonen. Das EPD ist kein Primärsystem zur Dokumentation des medizinischen Handelns wie ein Klinikinformationssystem oder ein Praxisinformationssystem, sondern ein Sekundärsystem, in dem jene Informationen abgelegt werden, welche für die Weiterbehandlung bei anderen Gesundheitsfachpersonen relevant sind. Mit der Einführung der «eMedikation» im EPD sollen einheitlich strukturierte Daten, sogenannte Austauschformate, rund um den Medikationsprozess für alle Patientinnen und Patienten und Gesundheitsfachpersonen entlang der Behandlungskette verfügbar sein. Austauschformate ermöglichen den einfachen, medienbruchfreien Datenaustausch zwischen verschiedenen Informationssystemen der Gesundheitsfachpersonen. Entlang der Behandlungskette können z. B. Ärztinnen und Ärzte den Medikationsplan der Patientin oder des Patienten im EPD abrufen, sofern sie von letzteren den Zugriff erhalten, und nach der Konsultation den aktualisierten Medikationsplan wieder im EPD ablegen.
Für den Medikationsplan wurde per 1. Juni 2023 das Austauschformat «Medication Card document» eingeführt (Anhang 4 zur Verordnung des EDI vom 22. März 2017 ¹4 über das elektronische Patientendossier). Ein Jahr später, wurden die rechtlichen Grundlagen für das Austauschformat «Medication Prescription document» für die elektronische Verschreibung eingeführt ¹5 . Die Verwendung dieser Austauschformate bringt verschiedene Vorteile für alle Beteiligten beim Austausch von Medikationsinformationen. Es ist ein erster, aber wichtiger Schritt, um den nationalen Austausch von Medikationsinformationen zu standardisieren und eine Grundlage für die Interoperabilität mittels strukturierter Daten der Medikation zu schaffen. Mit der Festlegung eines gemeinsamen Standards wird garantiert, dass alle Beteiligten, einschliesslich Patientinnen und Patienten, Zugang zu einheitlichen Informationen erhalten, was einen Beitrag zur Patientensicherheit darstellt. ¹6
Die Anforderungen und Pflichten für die Nutzung des EPD sind nicht Teil der vorliegenden Revision des HMG, sondern werden über das Bundesgesetzes vom 19. Juni 2015 ¹7 über das elektronische Patientendossier (EPDG) definiert. Mit der parallellaufenden umfassenden Revision des EPDG sollen zusätzlich verschiedene Massnahmen umgesetzt werden, welche die Verbreitung und den Nutzen des EPD fördern.
Schliesslich soll als weiteres Instrument zur Reduktion von Medikationsfehlern in der Pädiatrie künftig der Einsatz von elektronischen Systemen zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in Spitälern im Rahmen der Verschreibung, Abgabe und Anwendung zur Pflicht erklärt werden.
Elektronische Verschreibungen für Heilmittel
Die Motion Müller Damian 20.3209 «Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit» vom 4. Mai 2020 beauftragt den Bundesrat damit, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit Verschreibungen für Heilmittel elektronisch im Rahmen eines elektronischen Medikationsprozesses ausgestellt und digital übertragen werden können. Verschreibungen für Heilmittel können bereits heute freiwillig elektronisch im Rahmen eines elektronischen Medikationsprozesses ausgestellt und digital übertragen werden. Die dafür notwendigen gesetzlichen Grundlagen bestehen im Heilmittelrecht bereits. Sollen jedoch die Verschreibungen nur noch elektronisch ausgestellt werden, so bedingt dies eine entsprechende Verpflichtung der Ärztinnen und Ärzte, wie dies auch in der Motion Sauter 20.3770 «Einführung eines E-Rezepts» vom 18. Juni 2020 gefordert wird. Gemäss dieser Motion sollen Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet werden, Verschreibungen für Heilmittel digital auszustellen, um eine medienbruchfreie Übertragung sowie die Lesbarkeit sicherzustellen, Fehlerquellen zu reduzieren, Fälschungen sowie nicht erlaubte Mehrfacheinlösungen auszuschliessen und damit die Patientensicherheit zu erhöhen.
In Erfüllung der Motion Müller Damian 20.3209 «Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit», unter Berücksichtigung der gemäss der Motion Sauter 20.3770 «Einführung eines E-Rezepts» geforderten entsprechenden zusätzlichen Verpflichtung, sollen mit der vorliegenden Änderung die rechtlichen Grundlagen entsprechend angepasst werden. Auf Verordnungsstufe werden die Anforderungen an die für die Erstellung und Einlösung von Verschreibungen verwendeten Systeme definiert.
Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit
Mit der Motion Stöckli 18.3512 «Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit» vom 13. Juni 2018 wird der Bundesrat damit beauftragt, dem Parlament eine Rechtsgrundlage zu unterbreiten, die für die Patientinnen und Patienten ein Anrecht schafft, einen elektronischen oder gedruckten Medikationsplan zu erhalten, sofern sie drei oder mehr Arzneimittel gleichzeitig einnehmen.
In der Begründung zur Motion wird als Ziel die Erhöhung der Patientensicherheit aufgeführt, indem bei Patientinnen und Patienten mit einer Polymedikation (gleichzeitige Einnahme von mehreren systemisch wirkenden Arzneimitteln) mögliche Interaktionen und daraus resultierende Nebenwirkungen zwischen unterschiedlichen Arzneimitteln durch einen Medikationsplan besser überwacht und generell Medikationsfehler vermieden werden können.
Am 14. September 2023 wurde die Motion Stöckli 21.3294 «Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patien tensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten» vom 18. März 2021 an den Bundesrat überwiesen. Die Motion befasst sich mit denselben Zielen, jedoch fordert diese mehr Details und zusätzliche Verpflichtungen für die Erstellung und Bewirtschaftung des Medikationsplans. Gesundheitsfachpersonen, die Arzneimittel der Abgabekategorie A bis D mit dem Potenzial für Risiken und unerwünschte Arzneimittelwirkungen abgeben oder anwenden, sollen verpflichtet werden, einen Medikationsabgleich durchzuführen, diesen zu dokumentieren sowie einen Medikationsplan zu erstellen oder zu aktualisieren. Damit wird das Anrecht auf einen Medikationsplan, das in der Motion Stöckli 18.3512 «Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit» gefordert wird, obsolet. Die neu geforderten Pflichten sollen im Rahmen der vorliegenden Revision umgesetzt werden.
Aktuell erstellen vor allem die Spitex, Hausärztinnen und Hausärzte sowie medizinische Fachpersonen während eines Spitalaufenthaltes Medikationspläne. Die FMH hat dazu die geltenden Vorgaben für Ärztinnen und Ärzte beim Einsatz eines Medikationsplans festgehalten. ¹8 Allerdings fehlen ein einheitliches Format, ein standardisierter Prozess und die Verteilung von Verantwortlichkeiten. Dies führt dazu, dass Medikationspläne heute oft nicht vollständig sind. Mit der neuen Vorlage sollen diese Probleme angegangen werden. Neu sollen nebst Ärztinnen und Ärzten zusätzlich weitere Personen, welche Arzneimittel abgeben und anwenden können, in die Pflicht miteinbezogen werden, Medikationspläne zu erstellen. Die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sollen ausschliesslich elektronisch erfolgen. Auf Verordnungsebene werden die Anforderungen an die für die Erstellung und Aktualisierung der Medikationspläne verwendeten Systeme in Bezug auf die Interoperabilität definiert.
Zudem fordert die Motion, dass bei Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels ein Medikationsabgleich durchgeführt und dieser dokumentiert werden soll. Dieser Abgleich dient der Vermeidung von Medikationsfehlern wie z. B. Doppelverordnungen, Dosierungsfehler oder Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln. Der Medikationsabgleich wurde bereits als weitere Massnahme zur Erhöhung der Patientensicherheit, insbesondere an den Schnittstellen im Gesundheitswesen (ambulant zu stationär), in verschiedenen Spitälern der Schweiz eingeführt. ¹9
Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie
Die Medikation bei Kindern stellt eine grosse Herausforderung im Praxisalltag dar. Es gibt nur wenige spezifisch für Kinder zugelassene Arzneimittel. Dementsprechend werden Arzneimittel in der Pädiatrie regelmässig im Off-Label-Use (Arzneimittel ohne entsprechende Zulassung für die Anwendung im pädiatrischen Bereich) eingesetzt. Gemäss einer Beobachtungsstudie, die in einer Schweizer Kinderklinik durchgeführt wurde, entsprach die Hälfte von Verschreibungen nicht den Zulassungsbedingungen. 2⁰ Um die Medikationssicherheit zu erhöhen, wurde 2018 neben Anreizen für eine vermehrte Zulassung kindergerechter Arzneimittel auch eine gesetzliche Grundlage im HMG geschaffen, die den Betrieb einer nationalen Datenbank mit schweizweit harmonisierten Dosierungsempfehlungen für den Arzneimitteleinsatz in der Pädiatrie ermöglicht.
Auch weiterhin gehören Dosierungsfehler zur häufigsten Ursache unter den Medikationsfehlern. Dies hängt auch mit der Komplexität der individuellen Dosierungsberechnung zusammen, welche von Parametern wie Alter, Gewicht und Körperoberfläche abhängen.
Die Motion Stöckli 19.4119 «Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie. Medikationsfehler durch E-Health reduzieren» vom 24. September 2019 beauftragt den Bundesrat, Massnahmen zu ergreifen, welche die Anwendungssicherheit von Kinderarzneimitteln erhöhen. So soll der Bundesrat zur Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie den Einsatz E-Health-gestützter klinischer Entscheidungsunterstützungstools zur Vermeidung von Dosierungsfehlern mindestens im stationären Bereich und in öffentlichen Apotheken als verbindlich erklären (Ziffer 1), sowie die dadurch entstehenden Kosten in den Tarifen berücksichtigen (Ziffer 2). Der Bundesrat erklärte sich bereits in seiner Stellungnahme vom 13. November 2019 zum einen bereit, Ziffer 1 der Motion schrittweise umzusetzen. Im Rahmen der vorliegenden Revision soll eine Verpflichtung für den stationären Bereich erfolgen. Zum anderen hielt der Bundesrat in seiner Stellungnahme fest, dass allfällige Zusatzkosten durch die Umsetzung der Motion in den Tarifen berücksichtigt werden können, sofern diese zur Leistungserbringung notwendig sind; er erachtet daher eine Anpassung des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 2¹ über die Krankenversicherung (KVG) als nicht erforderlich.
Bereits heute werden elektronische Systeme zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen (sog. « Clinical Decision Support System », nachstehend «CDSS») in der Pädiatrie angewendet, welche beispielsweise online abgerufen werden können 2² . Laut der FDA werden CDSS als Systeme definiert, die Gesundheitsfachpersonen, Patientinnen und Patienten Wissen sowie individuelle Informationen bereitstellen. Diese Daten können intelligent gefiltert und zu geeigneten Zeitpunkten präsentiert werden, um die Gesundheit und die Qualität der Versorgung gezielt zu verbessern. ²3 In internationalen wissenschaftlichen Publikationen zu Verbesserungsmassnahmen in der Pädiatrie wird die Implementierung eines CDSS im Rahmen der Verschreibung stets als eines der wichtigsten Instrumente genannt. ²4
Damit Medikationsfehler in der Pädiatrie - und damit die Morbidität und Mortalität aufgrund von vermeidbaren Ereignissen - reduziert werden können, soll der Einsatz von CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen, in Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen, grundsätzlich als verpflichtend erklärt werden.
¹3 Online abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Politik & Gesetze > Nationale Gesundheitspolitik > Gesundheitspolitische Strategien > Gesundheit2030 > Übersicht
¹4 SR 816.111 ; AS 2023 221
¹5 SR 816.111 ; AS 2024 194
¹6 eHealth Suisse (2022): Einführung Medikationsplan im EPD - Prozesse im Alltag. Online abrufbar unter:
www.e-health-suisse.ch > Koordination > Informationen > Umsetzungshilfen
(Stand: 23. Januar 2025).
¹7 SR 816.1
¹8 FMH (2023): Rechtliche Fragen zum Medikationsplan. Online abrufbar unter:
www.fmh.ch > Themen > E-Health > Standards und Interoperabilität
(Stand: 1. November 2023)
¹9 https://patientensicherheit.ch > Nationale Programme > Abgeschlossene nationale
Programme > Sichere Medikation an Schnittstellen
(Stand: 1. November 2023)
2⁰ https://smw.ch/index.php/smw/article/view/590/587
(Stand: 3. März 2025)
2¹ SR 832.10
2² https://link.springer.com/article/10.1007/s00431-021-04261-2
(Stand: 22. Januar 2025)
²3 www.fda.gov/media/109618/download (Stand: 22. Januar 2025)
²4 Conn RL et al. BMJ open 2019; 9: e028680. (PMID: 31401597); Fortescue EB et al. Pedirics 2003; 111 (4): 722-9. (PMID: 12671103). & American Academy of Pediatrics, Committee on pediatric emergency medicine. Pediatrics 2018; 141(3): e20174066. (PMID: 30352389).

1.1.3 Tierarzneimittel: Weitgehende Äquivalenz zum EU-Recht

Mit der Angleichung des Schweizer Tierarzneimittelrechts an das neue Tierarzneimittelrecht der EU sollen insbesondere neue Handelshemmnisse verhindert sowie der Marktzugang zu neuartigen Therapien in der Veterinärmedizin gewährleistet werden.
Die EU hat ihre Regulierung im Bereich der Tierarzneimittel überarbeitet und modernisiert. Am 27. Januar 2019 sind die zwei folgenden neuen Verordnungen in Kraft getreten, welche die bisherigen EU-Richtlinien ersetzen:
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Verordnung (EU) 2019/6 ²5 betreffend Tierarzneimittel;
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Verordnung (EU) 2019/4 ²6 betreffend Arzneifuttermittel.
Diese sind in allen EU-Ländern seit dem 28. Januar 2022 anwendbar. Die EU hat damit für alle Mitgliedstaaten direkt anwendbare harmonisierte Vorschriften erlassen, insbesondere bezüglich Zulassung, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe und Anwendung von Tierarzneimitteln. Des Weiteren wurde in der EU eine Zulassungs- und Marktüberwachungsdatenbank geschaffen. Inhaltliche und prozessuale Aspekte werden durch verschiedene Durchführungsrechtsakte und delegierte Rechtsakte geregelt. Die neuen Bestimmungen sind für die Schweiz mit Blick auf die Versorgungssicherheit, das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen (vgl. Anhang 11 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft vom 21. Juni 1999 ²7 über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen [Landwirtschaftsabkommen CH-EU]) und handelspolitische Überlegungen relevant.
Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit mit Tierarzneimitteln in der Schweiz und zur Beibehaltung der Exportfähigkeit für Tiere und Tierprodukte in die EU sind Anpassungen im Schweizer Recht notwendig. Aufgrund der Komplexität der neuen EU-Verordnungen wird der Anpassungsbedarf des Schweizer Rechts in mehreren Etappen durchgeführt:
Mit einem vorgezogenen dringlichen Revisionspaket wurden auf Verordnungsstufe diejenigen Anpassungen vorgenommen, welche den vordringlichen Handlungsbedarf abdeckten. Betroffen waren insbesondere die Bereiche Arzneimittelzulassung (Variations), Bewilligung (Gute Vertriebspraxis) und Marktüberwachung (Signalmanagement). Die Anpassungen sind am 28. Januar 2022 − zeitgleich mit den Bestimmungen der EU − in Kraft getreten.
In einem zweiten Schritt wurde mit der Änderung der Verordnung vom 18. August 2004 ²8 über die Tierarzneimittel (Tierarzneimittelverordnung, TAMV) der Einsatz von bestimmten Antibiotika in der Veterinärmedizin verboten oder eingeschränkt, die für die Anwendung in der Humanmedizin vorbehalten sein sollen (in Kraft getreten am 1. April 2023).
Mit der vorliegenden Gesetzesänderung sollen nun die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für weitere Anpassungen an das neue Tierarzneimittelrecht der EU geschaffen werden. Dies entspricht auch der Stellungnahme des Bundesrates vom 22. Mai 2019 zur Interpellation 19.3206 Müller-Altermatt Stefan «Versorgungs- und Rechtssicherheit im Bereich der Tierarznei» vom 21. März 2019.
Die Neuerungen im Tierarzneimittelrecht der EU sind für die Schweiz in folgender Hinsicht relevant:
Import von Tierarzneimitteln aus der EU: Die Schweiz ist auf eine Versorgung mit Tierarzneimitteln aus dem europäischen Markt angewiesen: Mehr als 80 % der in der Schweiz zugelassenen Tierarzneimittel werden in der EU hergestellt. Deshalb ist es wichtig, dass die schweizerische Tierarzneimittel-Regulierung möglichst äquivalent zu derjenigen der EU ist und die Zulassungsinhaberinnen für eine Schweizer Zulassung möglichst keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen müssen (möglichst kein Swiss Finish ). Entsprechend sollen damit unnötige Marktrückzüge oder Preiserhöhungen von Tierarzneimitteln in der Schweiz im Vergleich zur EU vermieden werden.
Reduktion von Resistenzen: Es hat sich gezeigt, dass Resistenzen nicht nur gegen Antibiotika ein Problem sind, sondern vermehrt auch gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe. So umfasst die neue Verordnung (EU) 2019/6 nicht nur Pflichten und Massnahmen in Bezug auf antibiotische Wirkstoffe, sondern umfassendere in Bezug auf antimikrobielle Wirkstoffe. Der Begriff «antimikrobieller Wirkstoff» wird definiert als jeder zur Therapie oder Abwehr von Infektionen oder Infektionskrankheiten eingesetzte Stoff mit unmittelbarer Wirkung auf Mikroorganismen, einschliesslich Antibiotika, Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika. Massnahmen zur Verringerung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe müssen global angegangen werden, damit sie die gewünschte Wirkung haben.
Handelspolitische Bedeutung: Da die Verordnung (EU) 2019/6 ein Einfuhrverbot für Tiere aus Drittstaaten vorsieht, welche mit bestimmten für die Anwendung beim Menschen reservierten antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt worden sind (respektive für Produkte von solchen Tieren) und die Anwendung von Tierarzneimitteln im Landwirtschaftsabkommen CH-EU nicht geregelt ist, gilt die Schweiz in diesem Bereich gegenüber der EU als Drittstaat. Die EU regelt für Einfuhren, dass für Unternehmen in Drittstaaten das Verbot von für die Anwendung beim Menschen reservierten antimikrobiellen Wirkstoffen sinngemäss gilt, sofern dies in Bezug auf Tiere oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus diesen Drittstaaten in die Union ausgeführt werden, von Belang ist. Zur Vermeidung von Handelshemmnissen mit der EU muss die Schweiz sicherstellen, dass die genannten Anforderungen erfüllt werden. Entsprechende Einfuhrregulierungen der EU für Tiere und Tierprodukte aus Drittstaaten müssen berücksichtigt werden, wenn sichergestellt werden soll, dass die Schweiz weiterhin Tiere und Tierprodukte in die EU ausführen kann - dies sowohl bei der inländischen Produktion als auch bei der Einfuhr von Tieren und Tierprodukten aus Drittstaaten. Die Verwendung von Antibiotika oder ähnlichen Stoffen zur Leistungsförderung ist in der Schweiz bereits im Landwirtschaftsgesetz vom 29. April 1998 ²9 (LwG) geregelt; die Anwendung von antimikrobiellen Wirkstoffen, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen, in der TAMV. Zudem wurden Regelungen zur Einfuhr von Tieren und Tierprodukten aus Drittstaaten erarbeitet. Sonderregelungen mit Exporteinschränkungen in die EU wären kaum praktikabel.
Aufwandreduktion für Zulassungsinhaberinnen: Die unbegrenzte Zulassungsdauer für Tierarzneimittel soll künftig auch in der Schweiz gelten, ausser es handelt sich um eine befristete Zulassung nach Artikel 9 a oder der Schutz der Gesundheit von Tier, Mensch oder Umwelt erfordert eine zeitlich limitierte Zulassung. Durch eine Angleichung der Zulassungsdauer für Tierarzneimittel in der Schweiz an diejenige in der EU kann ein Swiss Finish vermieden und administrativer Aufwand vermindert werden.
²5 Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG, ABl. L 4 vom 7. Januar 2019, S. 43.
²6 Verordnung (EU) 2019/4 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Arzneifuttermitteln, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/167/EWG des Rates; ABl. L 4 vom 7. Januar 2019, S. 1.
²7 SR 0.916.026.81
²8 SR 812.212.27
²9 SR 910.1

1.1.4 Notwendigkeit der Revision anderer Gesetze

Fortpflanzungsmedizingesetz
Der Vorbehalt des Stammzellenforschungsgesetzes vom 19. Dezember 2003 3⁰ über die Forschung an embryonalen Stammzellen (StFG) im Bundesgesetz über die medizinisch unterstütze Fortpflanzung vom 18. Dezember 1998 3¹ (Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG) in Bezug auf die Konservierung von Embryonen in vitro muss infolge der Regelung der Verwendung von embryonalen Stammzellen ausschliesslich als Arzneimittel für neuartige Therapien durch den Vorbehalt des HMG ergänzt werden.
Transplantationsgesetz
Das Transplantationsgesetz regelt den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen zu Transplantationszwecken. Unter diese Regelung fallen zurzeit auch die Transplantatprodukte. Produkte, die bis anhin als Transplantatprodukte im Transplantationsgesetz geregelt werden, sollen mit der vorliegenden Änderung des HMG neu als Arzneimittel für neuartige Therapien definiert werden. Im geltenden Transplantationsgesetz wird für Transplantatprodukte auf Bestimmungen des HMG verwiesen. Dies hat in der Praxis zu Unklarheiten geführt. Vor diesem Hintergrund wurden die Anwendbarkeit des Transplantationsgesetzes sowie die Verweise auf das HMG für Transplantatprodukte insgesamt überprüft und wo nötig Anpassungen vorgenommen (vgl. Art. 2 a der Änderung vom 29. September 2023 3² des Transplantationsgesetzes [nTransplantationsgesetz 2023]).
Wie bereits in der Botschaft vom 15. Februar 2023 zur Änderung des Transplantationsgesetzes 3³ festgehalten, ist eine Überführung der Transplantatprodukte ins HMG geprüft worden. Ergebnis davon ist, dass nun − analog dem EU-Recht − eine Regulierung für Arzneimittel für neuartige Therapien geschaffen werden soll. Neu sollen Transplantatprodukte als Teil der Arzneimittel für neuartige Therapien gelten und ausschliesslich im HMG geregelt werden. Sämtliche Regelungen zu Transplantatprodukten müssen deshalb aus dem Transplantationsgesetz gestrichen werden; der Geltungsbereich des Transplantationsgesetzes wird mithin reduziert. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen dabei neben dem geltenden Transplantationsgesetz auch die Änderung vom 1. Oktober 2021 ³4 des Transplantationsgesetzes (nTransplantationsgesetz 2021) sowie das nTransplantationsgesetz 2023.
Bei embryonalen Stammzellen und embryonalen Geweben und Zellen handelt es sich immer um Transplantatprodukte respektive in Zukunft um Arzneimittel für neuartige Therapien (s. Erläuterungen zum neuen 6 b . Abschnitt HMG). Es werden deshalb auch sämtliche Bestimmungen zu Embryonen im weitesten Sinne (d. h. embryonale Gewebe und Zellen, überzählige Embryonen und Stammzellen aus solchen) aus dem Transplantationsgesetz gestrichen und ins HMG überführt. Bei tierischen Geweben und Zellen wird es sich meistens ebenfalls um Arzneimittel für neuartige Therapien handeln. Es soll jedoch weiterhin die Möglichkeit bestehen, Xenotransplantationen in der Transplantationsgesetzgebung zu regeln. Die genaue Abgrenzung wird erst auf Verordnungsstufe vorgenommen (s. Erläuterungen zum neuen 6 c . Abschnitt HMG).
Stammzellenforschungsgesetz
Mit der Überführung der Transplantatprodukte ins HMG und der Regelung der Verwendung von embryonalen Stammzellen und embryonalen Geweben und Zellen ausschliesslich als Arzneimittel für neuartige Therapien muss das StFG entsprechend angepasst werden. Die Ausnahme vom Geltungsbereich bei klinischen Versuchen bezieht sich nicht mehr auf Transplantationszwecke, sondern auf die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien. Für die Bewilligung von klinischen Versuchen mit einem Arzneimittel für neuartige Therapien, für dessen Herstellung Stammzellen aus überzähligen Embryonen gewonnen wurden, wird nun neu auf das HMG verwiesen.
3⁰ SR 810.31
3¹ SR 810.11
3² BBl 2023 2294
3³ BBl 2023 721
³4 BBl 2021 2328 (Am 1. Oktober 2021 vom Parlament verabschiedet und am 15. Mai 2022 vom Stimmvolk angenommen [ BBl 2022 2010 ]. Inkrafttreten frühestens im 2025 geplant).

1.2 Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Arzneimittel für neuartige Therapien: Geprüft wurde im Rahmen der Vorarbeiten, ob die Bestimmungen zu den Transplantatprodukten (künftig eine Teilmenge der Arzneimittel für neuartige Therapien) weiterhin im Transplantationsgesetz belassen werden sollen (mithin: Beibehaltung des Status Quo ). Analog zur Regulierung in der EU, welche zwar nicht tel quel nachvollzogen wird (s. hierzu insbesondere die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies), und aufgrund des Umstands, dass Transplantatprodukte eher mit Arzneimitteln vergleichbar sind als mit Transplantaten bzw. diese wie Arzneimittel angewendet und nicht transplantiert werden, soll die vorgeschlagene Einordnung im HMG vorgenommen werden. Damit soll ein einheitlicher, transparenter und rechtssicherer regulatorischer Rahmen für Arzneimittel für neuartige Therapien geschaffen werden. Auch die im Rahmen der Revision des Transplantationsgesetzes vorgenommenen Präzisierungen in Bezug auf Transplantatprodukte bzw. deren Verhältnis zur Heilmittelgesetzgebung (vgl. Art. 2 a nTransplantationsgesetz 2023) vermögen nicht für jene Transparenz zu sorgen, wie sie mit der vorliegenden Revision herbeiführt werden soll. Aktuell bestehen zudem keine gesetzlichen Regelungen für Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier und die betreffenden Produkte können durch die Swissmedic derzeit nicht zugelassen werden.
Elektronische Verschreibung und Medikationsplan: Geprüft wurde als Alternative, die aktuellen Regelungen beizubehalten.
Die gesetzlichen Grundlagen für eine elektronische Verschreibung sowie die Anforderungen an die elektronische Signatur bestehen bereits heute für die fakultative elektronische Verschreibung. Das Ziel der Motion Müller Damian 20.3209 «Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit» und der Motion Sauter 20.3770 «Einführung eines E-Rezepts» ist es u. a. auch, missbräuchliche Mehrfacheinlösungen einer Verschreibung zu verhindern. Damit dies verhindert werden kann, müssen strengere Anforderungen an die Verschreibungen eingeführt werden. Der elektronische Weg bietet dafür sicherere Möglichkeiten.
Bereits heute bestehen ärztliche Sorgfalts-, Aufklärungs- und Dokumentationspflichten. Jedoch geht das neue Obligatorium betreffend Erstellung bzw. Aktualisierung eines elektronischen Medikationsplans über bestehende Sorgfalts- bzw. Dokumentationspflichten hinaus, welche kein solches Obligatorium vorsehen. Zudem sollen mit dieser Regelung auch weitere Gesundheitsfachpersonen, welche Arzneimittel abgeben oder anwenden, in die Pflicht einbezogen werden. Alle Gesundheitsfachpersonen entlang der Behandlungskette sollen die Medikation prüfen; die interprofessionelle Zusammenarbeit wird damit gefördert. Weiter wurde geprüft, ob ein Medikationsplan nur über das EPD zur Verfügung gestellt werden sollte. Mit der umfassenden Revision des EPDG werden allerdings nur die Leistungserbringer nach Artikel 35 Absatz 2 KVG verpflichtet. Der Medikationsplan soll aber, wie erwähnt, von allen Gesundheitsfachpersonen entlang der Behandlungskette erstellt und aktualisiert werden können. Daher soll die Verfügbarkeit des Medikationsplans auch ausserhalb des EPD gewährleistet werden. Durch die Motion Stöckli 21.3294 «Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten» wurde auch geprüft, ob die Pflicht zur Erstellung eines Medikationsplans bereits bei der Einnahme von einem Arzneimittel oder erst bei der Einnahme von mindestens drei systemisch wirkenden Arzneimitteln über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen gelten soll (vgl. Motion Stöckli 18.3512 «Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit» ). Verschiedene Abklärungen haben ergeben, dass die Vollständigkeit des Medikationsplans bei mehreren involvierten Gesundheitsfachpersonen grundsätzlich nur sichergestellt ist, wenn bereits die Einnahme des ersten Arzneimittels dokumentiert ist. Dies macht aber nur bei bestimmten Patientinnen und Patienten Sinn. Einen Medikationsplan für jede Patientin und jeden Patienten, selbst bei einem Einkauf eines Over-the-counter -Arzneimittels in der Apotheke, ist nicht zielführend und bedeutet für die Gesundheitsfachpersonen einen erheblichen administrativen Aufwand. Deshalb soll der Bundesrat die Pflicht zur Erstellung eines Medikationsplans abhängig machen von der Medikation mit einer bestimmten Anzahl Arzneimittel in einem bestimmten Zeitraum.
Überprüfung der Angemessenheit der Arzneimittel-Therapie: Zudem fordert der Motion Stöckli 21.3294 «Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten», dass die Angemessenheit der Arzneimittel-Therapie durch die Fachpersonen regelmässig zu überprüfen und zu dokumentieren sind. Eine medizinische Behandlung ist in der Regel von einem Vertrauensverhältnis zwischen den Ärztinnen und Ärzten auf der einen und den Patientinnen und Patienten auf der anderen Seite geprägt. Rechtlich handelt es sich bei diesem Verhältnis um einen Auftrag, der den entsprechenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, fünfter Teil: Obligationenrecht (OR) ³5 untersteht. Im Rahmen eines solchen Auftrags verpflichten sich die Ärztinnen und Ärzte, ihre Patientinnen und Patienten aufgrund deren Angaben zu untersuchen, nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaften zu behandeln, Arzneimittel abzugeben und Therapien zu verordnen. Die Ärztinnen und Ärzte müssen die Patientinnen und Patienten aufklären: Sie müssen den Befund offen mitteilen, diesen mit den Patientinnen und Patienten besprechen, mögliche Behandlungen und Alternativen aufzeigen und die Patientin oder den Patienten über das weitere Vorgehen mitentscheiden lassen. Die berufsspezifische Sorgfaltspflicht, der fachärztliche Standard, die evidenzbasierte Medizin sowie individuelle Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten sind somit zentrale Elemente bei der Bewertung der Angemessenheit einer Therapie. Wird nun aber die regelmässige Überprüfung der Angemessenheit der abgegebenen Arzneimittel gefordert, müsste jede Gesundheitsfachperson Zugriff auf die gesamte Patientenakte mit Anamnese, klinischem Befund, Röntgenbilder etc. haben. So müsste z. B. eine Apothekerin oder ein Apotheker zusätzlich die Nebendiagnosen und Laborwerte einer Patientin oder eines Patienten kennen, damit alle Kontraindikationen berücksichtigt werden oder Dosierungen angepasst werden können. Ärztinnen und Ärzte dürfen persönliche Daten oder Informationen nicht ohne Einwilligung der Patientin oder des Patienten weitergeben. Selbst wenn die Zustimmung erteilt und die Daten weitergegeben werden, gibt es keine Garantie, dass sie von allen Gesundheitsfachpersonen richtig interpretiert werden.
CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen: Es wurde geprüft, ob eine freiwillige Nutzung durch die Einrichtungen eine Alternative zur Verpflichtung sein könnte. Im Rahmen der Befragungen mit Primärsystemanbietern wurde festgestellt, dass bereits viele von ihnen einen Dosierungsrechner basierend auf harmonisierte Dosierungsempfehlungen anbieten. Es ist jedoch unklar, ob und wie regelmässig die Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen, diese Softwares tatsächlich verwenden. Bei einer freiwilligen Nutzung ist davon auszugehen, dass es häufiger zu Medikationsfehlern kommt als bei einem verpflichtenden Einsatz entsprechender Softwares. Daher handelt es sich bei der freiwilligen Nutzung nicht um eine vergleichbare Handlungsalternative.
Tierarzneimittel: Im Bereich der Tierarzneimittel gibt es keine Alternativen zu den vorgeschlagenen Änderungen, da bei Abweichungen vom EU-Recht keine Äquivalenz erreicht wird und somit Handelshemmnisse entstehen. Zudem kann die Versorgung mit Tierarzneimitteln aufgrund zusätzlicher Schweizer Hürden im Bereich der Zulassungen leiden. Auch Massnahmen zur Verringerung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe müssen global angegangen werden, damit sie die gewünschte Wirkung haben. Die vorliegende Revision schafft die Grundlagen, um eine weitgehende Äquivalenz mit den Regelungen in der EU zu erreichen. Mit der Umsetzung sollen Handelshemmnisse verringert und administrativer Aufwand für die Tierarzneimittelindustrie und Swissmedic reduziert werden.
³5 SR 220

1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 24. Januar 2024 ³6 zur Legislaturplanung 2023-2027 noch im Bundesbeschluss vom 6. Juni 2024 ³7 über die Legislaturplanung 2023-2027 angekündigt. Trotzdem wurde der Vorentwurf bereits in der genannten Legislatur ausgearbeitet, zumal die Räte mit der Annahme der unten in 1.4 aufgeführten Motionen dem Bundesrat Aufträge zur Änderung des Heilmittelgesetzes erteilt haben.
Die Vorlage leistet zudem einen Beitrag zur Zielerreichung der gesundheitspolitischen Strategie des Bundesrates 2020-2030, insbesondere im Handlungsfeld «Technologischer und Digitaler Wandel». Mit der Umsetzung dieser Vorstösse soll ein Beitrag zur Zielerreichung der bundesrätlichen Strategie 2020-2030 geleistet werden.
³6 BBl 2024 525
³7 BBl 2024 1440

1.4 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit den Änderungen des HMG können folgende parlamentarische Vorstösse als erledigt abgeschrieben werden (zum Inhalt der Vorstösse siehe Ausführungen unter Ziff. 1.1.2):
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Motion Stöckli 18.3512 « Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit» vom 13. Juni 2018 (S 18.9.2018, N 7.3.2019) ;
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Motion Stöckli 19.4119 «Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie - Medikationsfehler durch E-Health reduzieren» vom 24. September 2019 (S 12.12.2019, N 23.9.2020) ;
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Motion Müller Damian 20.3209 «Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit» vom 4. Mai 2020 (S 30.05.2022, N 28.11.2022) ;
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Motion Sauter 20.3770 «Einführung eines E-Rezepts» vom 18. Juni 2020 (N 1.6.2022, S 30.5.2023) ;
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Motion Stöckli 21.3294 «Erstellen und Bewirtschaften von Medikations plänen zur Erhöhung der Med ikationsqualität und Patientensicherheit von poly morbiden Patientinnen und Patienten» vom 18. März 2021 (S 02.03.2023, N 14.09.2023) .
¹ SR 812.21
² Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates, ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1.
³ Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission, ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176.
⁴ SR 810.21
⁵ Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG, ABl. L 4 vom 7. Januar 2019, S. 43.
⁶ Online abrufbar unter: www.bag.admin.ch > Politik & Gesetze > Nationale Gesundheitspolitik > Gesundheitspolitische Strategien > Gesundheit2030 > Übersicht

2 Vorverfahren, insbesondere Vernehmlassungsverfahren

2.1 Zusammenfassung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Am 8. Dezember 2023 hat der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren eröffnet, das bis zum 22. März 2024 dauerte. ³8 Die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete, die Dachverbände der Wirtschaft sowie weitere Organisationen wurden zur Stellungnahme eingeladen.
Es gingen 181 Stellungnahmen ein, davon 84 von Organisationen und Personen, die nicht direkt zur Stellungnahme aufgefordert worden waren. Die hauptsächlichen Tendenzen der Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen.

2.1.1 Arzneimittel für neuartige Therapien und einzelne punktuelle Anpassungen im Zusammenhang mit der Zulassung

Die Vorlage zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien wird mehrheitlich begrüsst.
Die Mehrheit der Kantone begrüsst die Kompetenzdelegation an den Bundesrat, wonach bestimmte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, die hinsichtlich ihrer Funktionsweise und Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind, dem HMG unterstellt werden können (vgl. Art 2 Abs. 3). Einige Kantone sowie einzelne Pharmaverbände befürchten aufgrund der offenen Formulierung eine gewisse Rechtsunsicherheit, und fordern daher eine Schärfung der Begrifflichkeiten.
Diverse Organisationen regen an, bei der Begriffsumschreibung für Orphan Drugs (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. adecies) auf das Attribut «wichtig» zu verzichten.
Einige Vernehmlassungsteilnehmende, insbesondere die grossen Pharmaverbände sowie einige Spitalverbände und einzelne Patientenorganisationen, begrüssen grundsätzlich die neue Legaldefinition für Arzneimittel für neuartige Therapien. Kritisiert wird jedoch, dass sich die Definition der Arzneimittel für neuartige Therapien (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies) teilweise von jener der EU unterscheidet, was insbesondere den Zugang zu innovativen Therapien verlangsamen kann und höhere regulatorische Anforderungen für bestimmte Produkte mit sich bringt, weshalb auf einen Swiss Finish verzichtet werden soll (insbesondere durch die Einführung der neuen Unterkategorie der «Nukleinsäureprodukte»).
Die grossen Pharmaverbände halten fest, dass die Regelung von Artikel 9 a zwar nicht Gegenstand der Vorlage sei, beantragen aber die Aufnahme einer Präzisierung hinsichtlich des massgeblichen Zeitpunkts für die Erfüllung der gesetzlichen Kriterien unter Absatz 1 Buchstabe c (Zeitpunkt der Gesuchseinreichung), weil die diesbezügliche Praxis der Swissmedic (Zeitpunkt des Zulassungsentscheids) zu Planungsunsicherheiten für die betroffenen Gesuchstellerinnen führe.
Der aufgrund der Überführung der in der Transplantationsgesetzgebung neu geschaffenen Regelung über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für Spitäler zur Anwendung von nicht zugelassenen Transplantatprodukten ( Hospital Exemption ) im HMG neu aufgenommene Artikel 9 c wurde kontrovers beurteilt. Während die vorgeschlagenen Voraussetzungen für einige Vernehmlassungsteilnehmende zu restriktiv sind, möchten andere stärkere Einschränkungen. Es wird zudem auf die Notwendigkeit einer engen Einbindung von Expertinnen und Experten aus den Universitätskliniken bei der Erarbeitung des Ausführungsrechts hingewiesen. Vor diesem Hintergrund hat der Verband Universitäre Medizin Schweiz (Unimedsuisse) eine als «White Paper» betitelte, ausführliche Stellungnahme eingereicht, in welchem die Erwartungen der Universitätsspitäler an die künftige Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen für diese neue Ausnahmebestimmung formuliert sind.
Einige Vernehmlassungsteilnehmende weisen darauf hin, dass die Formulierung von Artikel 9 d (Zulassung für das Gewinnungs- oder Herstellungsverfahren zur Anwendung nicht standardisierbarer Arzneimittel) eine innovationshemmende Wirkung mit sich bringt.
Die Ergänzungen in Artikel 11 hinsichtlich der Anforderungen an Zulassungsgesuche werden von den Pharmaverbänden auch zum Anlass genommen, die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Nutzung von Real-world-Daten (RWD) und der aus diesen Daten generierten Evidenz (Real-world-Evidenz, RWE) im Rahmen der Zulassungsverfahren zu beantragen.
Einige Pharmaverbände geben an, dass Artikel 11 Absatz 2ter in Widerspruch zu den Artikeln 59 a und 59 b steht, da gemäss Artikel 11 Absatz 2ter Swissmedic einen Plan verlangen könne, mithin nicht müsse, während die Artikel 59 a und 59 b einen Plan als verpflichtend vorsehen.
Im Rahmen des neu vorgesehen Artikels 23 b wurde teilweise vorgebracht, dass dieser die Therapiefreiheit der Ärzteschaft einschränkt.
Die Hälfte der Kantone ersucht um eine Prüfung dahingehend, ob aus Gründen des Gesundheitsschutzes besondere Anforderungen an die Aus-, Weiter- oder Fortbildung von Gesundheitsfachpersonen, die Arzneimittel für neuartige Therapien anwenden, im HMG definiert werden müssen.
Einige Kantone und Organisationen schlagen vor, die Widerspruchslösung (analog zum Transplantationsgesetz im Falle einer Transplantation) auch für die Entnahme und Verwendung von Organen, Geweben oder Zellen von verstorbenen Personen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien einzuführen (vgl. die vorgesehene Zustimmungslösung in Art. 41 a Abs. 1).
Viele Organisationen begrüssen die Einführung der systematischen Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen (vgl. Art. 59 a ), verlangen aber teilweise eine weitergehende Regulierung auf Gesetzesstufe, wie beispielsweise Angaben zur Form und weiteren Modalitäten oder dass die Evaluation dieser Daten transparent publiziert wird. Einige Kantone sowie auch Pharmaverbände monieren, dass die vorgesehene Regelung nicht zweckmässig ist, da die Zulassungsinhaberinnen keinen direkten Kontakt mit den Patientinnen und Patienten haben. Daher stellen sie die Umsetzbarkeit sowie die Praxistauglichkeit dieses Artikels in Frage und fordern eine sinnvolle Aufteilung der Zuständigkeiten bei der Meldepflicht. Insbesondere von verschiedenen Forschungsinstitutionen sowie dem schweizerischen Wissenschaftsrat wird ein zentrales Register gefordert, um krankheitsspezifische Abfragen der Arzneimittel für neuartige Therapien, die internationale Vernetzung sowie die Weiterverwendung dieser Daten zu erlauben.
Die Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst die vorgeschlagene Regelung zur Rückverfolgbarkeit in Zusammenhang mit Arzneimitteln für neuartige Therapien (vgl. Art. 59 b ).
Die Vernehmlassungsteilnehmenden begrüssen mehrheitlich die vorgesehene Aufbewahrungspflicht der Aufzeichnungen (vgl. Art. 59 c ) nach den Artikeln 59 a und 59 b , äussern sich hingegen unterschiedlich betreffend die Dauer dieser Verpflichtung (die Forderungen liegen zwischen 20 und 50 Jahren).

2.1.2 Digitalisierung im Bereich der Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Heilmitteln

Die Vorlage wird in Bezug auf die Digitalisierung generell begrüsst, es werden jedoch konkrete Überarbeitungen und Änderungen gefordert.
Elektronische Verschreibung
Alle Kantone, die grossen Pharmaverbände sowie medizinische Fachgesellschaften begrüssen die Pflicht zur Erstellung einer elektronischen Verschreibung und deren elektronische Einlösung. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es noch wenige Anbieter für solche Lösungen gibt und eine sehr heterogene Landschaft von Primärsystemen für Medizinalpersonen existiert. Um diesen Prozess zu erleichtern, sollten angemessene Übergangsfristen eingeräumt werden. Auch wird von der Branche gefordert, dass die Anforderungen an elektronische Verschreibungen auf bereits etablierten, weit verbreiteten oder internationalen Standards basieren und mit den bestehenden Systemen der Leistungserbringer kompatibel sein sollen. Viele Vernehmlassungsteilnehmende betonen zudem die Notwendigkeit einer zwingenden Integration der elektronischen Verschreibung in das EPD. So ist eine Koordination bzw. Kompatibilität mit dem EPD unabdingbar. Jedoch sind viele der Meinung, dass das EPD momentan noch nicht ausreichend verbreitet sei.
Viele Vernehmlassungsteilnehmende, darunter einige Kantone, wünschen sich weiterhin die Möglichkeit, in Ausnahmefällen Verschreibungen auf Papier auszustellen.
Die tarifarische Vergütung wird von den meisten Organisationen gefordert.
Einige Kantone und Spitalverbände sprechen sich für eine parallele Einführung der Pflicht zur elektronischen Verschreibung auch für Betäubungsmittel aus, während die Pharmaverbände die Vorlage mit einer gestaffelten Umsetzung unterstützen.
Eine Minderheit spricht sich für die freiwillige Nutzung der elektronischen Verschreibung aus.
Medikationsplan und -abgleich
Die Einführung eines obligatorischen Medikationsplans wird mehrheitlich begrüsst und die Integration in das EPD wird als wesentlich erachtet, um die effiziente Nutzung zu ermöglichen. Gleichzeitig werden jedoch Herausforderungen und Bedenken angesprochen, wie der zusätzliche Arbeitsaufwand für Gesundheitsfachpersonen bei der Erstellung und laufenden Aktualisierung der Medikationspläne. Einige Kantone sowie die Pharmaverbände sind der Meinung, dass die Pflicht zur Erstellung eines Medikationsplans ab Einnahme eines Arzneimittels zu weit gehe, da der administrative Aufwand dabei zu gross sei. Stattdessen wird vorgeschlagen, diese Pflicht erst ab der Einnahme von drei oder mehr Arzneimitteln einzuführen, da der Medikationsplan insbesondere für Patientinnen und Patienten mit komplexeren Medikationen wesentlich sei. Zudem werden einige Umsetzungsfragen zu den Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der Gesundheitsfachpersonen gestellt.
Viele Vernehmlassungsteilnehmende betonen die Notwendigkeit einer zentralen technischen Plattform, um Medikationspläne effizient zu verwalten und sie nahtlos den an der Behandlung beteiligten Gesundheitsfachpersonen zu übermitteln. Die verschiedenen Systeme müssen dabei interoperabel sein. Viele Kantone und Pharmaverbände vertreten die Ansicht, dass der Medikationsplan idealerweise ins EPD integriert werden sollte. Sie weisen jedoch gleichzeitig darauf hin, dass das EPD derzeit nicht flächendeckend genutzt wird und für Personen ohne EPD zusätzlich eine alternative technische Lösung erforderlich wäre. Bei der Festlegung der Standards sollten, wie bei der elektronischen Verschreibung, bestehende Standards berücksichtigt werden. Es wird gefordert, die Vorlage eng mit den Entwicklungen des EPD sowie dem Programm DigiSanté abzustimmen.
Die medizinischen Fachgesellschaften sowie die Pharmaverbände fordern, dass die digitalen Dienstleistungen tarifarisch abgebildet werden müssen. Insbesondere verlangen sie, dass die Aufwände im Zusammenhang mit dem Medikationsplan kostendeckend vergütet werden.
Schliesslich wird die Einführung der Pflicht zum Medikationsplan insbesondere von medizinischen Fachgesellschaften abgelehnt. Die meisten begründen die Ablehnung mit der fehlenden technischen Infrastruktur und den vielen offenen Fragen. Insbesondere lehnen sie Haftungsverschärfungen ab, die für Ärztinnen und Ärzte zusätzliche Belastungen bedeuten könnten. Sie betrachten den Medikationsplan eher als ergänzendes Informationsmittel, ohne dass dadurch weitergehende Verantwortlichkeiten im Rahmen der Sorgfaltspflichten für Ärztinnen und Ärzte entstehen.
CDSS
Die Einführung eines Obligatoriums zur Nutzung eines CDSS gemäss Vernehmlassungsvorlage wird von der Mehrheit der Kantone, vier Parteien sowie der Pharmaverbände grundsätzlich begrüsst. Einige Kantone sowie ein Grossteil der Pharmaverbände betonen, dass sie jedoch insbesondere in ambulanten Bereichen einen erheblichen Nutzen bringen könnten.
Die Pharmaverbände beantragt, die Verpflichtung überall dort einzuführen, wo der Off-Label-Use -Anteil überwiegt, insbesondere in der Geriatrie, Palliativmedizin und bei Schwangeren. Sie erachten es auch als wichtig, dass das CDSS für alle Abgabekategorien der Arzneimittel für verpflichtend erklärt werden.
Weiter fordern einige Organisationen, dass sich die Dosierungsempfehlungen nicht nur auf harmonisierte Dosierungsempfehlungen stützen sollten, sondern auch Empfehlungen nach aktuellem Stand der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften berücksichtigt werden dürfen. Einige Kantone fordern zudem ausdrücklich, dass diese auf den Dosierungsempfehlungen beruhen, die über Artikel 67 a schweizweit harmonisiert werden. Den Kantonen ist es wichtig, dass diese Referenzdatenbank vom Bund betreut und aktualisiert wird.
Einige Vernehmlassungsteilnehmende äussern Bedenken, dass die Pflicht bei jeder Anwendung unverhältnismässig sei und zu unnötigem Mehraufwand, zusätzlichen Kosten sowie zu Verpflichtungen von nicht dafür ausgebildeten Personen führen würde. Daher wurde gefordert, dass das Pflegepersonal von dieser Pflicht ausgenommen werden sollte, da die rechtlichen Grundlagen für die Kompetenzen und Pflichten von Pflegefachpersonen in diesem Bereich fehlen.
Einige Organisationen fordern, dass der Einsatz eines CDSS in den Tarifen berücksichtigt wird. Sie betonen, dass Investitionskosten für die Anschaffung der Tools, Schulung des Personals sowie laufende Betriebskosten anfallen werden. Deshalb sollte auch Ziffer 2 der Motion Stöckli 19.4119 «Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie. Medikationsfehler durch E-Health reduzieren» umgesetzt werden. Andere fordern zudem, dass der Bund ein CDSS durch Dritte entwickeln und betreiben lassen sollte, falls solche in der Schweiz nicht verfügbar sind.
Fast die Hälfte der Organisationen, die sich zu CDSS geäussert haben, darunter einige Kantone und medizinische Fachgesellschaften, lehnt das Obligatorium zur Nutzung eines CDSS ab. Sie argumentieren, dass eine solche Verpflichtung zu weit gehe, die Therapiefreiheit einschränke, den Dokumentationsaufwand vergrössere und ein falsches Gefühl der Sicherheit vermittle. Stattdessen fordern sie die Erarbeitung eines Leitfadens, um die Nutzung eines CDSS zu regeln.

2.1.3 Tierarzneimittel

Die Harmonisierung mit den Vorschriften der EU wird im Hinblick auf die Versorgungssicherheit mit Tierarzneimitteln und zur Verhinderung von Handelshemmnissen von den Vernehmlassungsteilnehmenden als wichtig erachtet und grossmehrheitlich begrüsst.
Die Legaldefinition nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies HMG wird grossmehrheitlich begrüsst, da die Regelung es künftig erlaubt, Tierarzneimittel im Bereich der neuartigen Therapien ( novel therapy veterinary medicinal products ) auch in der Schweiz zu regulieren und zuzulassen. Es wird gleichzeitig darauf hingewiesen, dass gemäss vorgeschlagenem Wortlaut Impfstoffe unter die Definition von Arzneimitteln für neuartige Therapien fallen. Dieser Aspekt wird kritisiert, da es sich bei Impfstoffen um bekannte und etablierte Produktklassen handelt, die nicht einer verstärkten Kontrolle unterliegen sollen. Weiter wird verlangt, dass zellbasierte, nicht industriell hergestellte Produkte nicht denselben Anforderungen unterworfen werden wie industriell hergestellte Tierarzneimittel.
Die Pharmaverbände fordern bezüglich der befristeten Bewilligung zur Anwendung von nicht zugelassenen Arzneimitteln für neuartige Therapien (Art. 9 c ) dieselben Regelungen für Arzneimittel für Tiere wie für Arzneimittel für Menschen.
Einige Landwirtschafts- und Produzentenverbände fordern, dass ein vereinfachtes Zulassungsverfahren auch möglich sein muss für Tierarzneimittel, die für Tiere bestimmt sind, die zur Lebensmittelproduktion gehalten werden und verlangen, dass Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe g entsprechend angepasst wird.
Von vielen Seiten besteht die Befürchtung, dass das vereinfachte Zulassungsverfahren für Tierarzneimittel mit minor use / minor species (MUMS)-Status nach der Anpassung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe adecies nicht mehr anwendbar ist. Es wurde dem entsprechend teilweise beantragt, dass Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f präzisiert werden soll.
Die Einführung der unbefristeten Zulassung nach Artikel 16 Absatz 2bis HMG für Tierarzneimittel wird seitens der Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst.
Zu Artikel 23 b bemerken die Pharmaverbände sowie die Tierärzteschaft, dass die entsprechenden Anforderungen in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko der entsprechenden Tierarzneimittel stehen müssen. Die wissenschaftliche und fachliche Selbstständigkeit sowie das Ermessen der Tierärztinnen und Tierärzte dürfe ausserdem nicht unverhältnismässig eingeschränkt werden. Verschiedene landwirtschaftliche Verbände lehnen Artikel 23 b ab, mit der Begründung, dass zu hohe Anforderungen zu Versorgungsengpässen führen würden.
Gemäss der Pharmaverbände stellt die Möglichkeit des Widerrufs einer Zulassung von Tierarzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen gemäss Artikel 42 a Absatz 2 einen negativen Anreiz für die Zulassung neuer Tierarzneimittel dar und es wird die Streichung von Buchstabe b gefordert.
Zu dem vorgesehenen Artikel 43 a zur Nachverfolgbarkeit, Rückverfolgbarkeit und Aufbewahrungspflicht bei Tierarzneimitteln für neuartige Therapien äussern die Pharmaverbände Bedenken und monieren, dass eine systematische Nachbeobachtung der Wirksamkeit für die Zulassungsinhaberinnen nicht möglich ist, da sie keinen Zugang zu den entsprechenden Daten haben.
Die Meinungen zu den Resistenzmassnahmen (Art. 42 a ) und zum Ausbau des Informationssystems Antibiotika in der Veterinärmedizin (IS ABV) (Art. 64 h ) sind geteilt; einige Vernehmlassungsteilnehmende (insbesondere die Kantone) begrüssen die Massnahmen und wünschen teilweise eine Ausweitung (Grundlage für ein Anwendungs- und Zulassungsverbot für bestimmte Antiparasitika). Andere sind der Meinung, dass die bestehenden Massnahmen ausreichen und lehnen eine Ausweitung ab. Bezüglich der Ausweitung der Massnahmen auf Antiparasitika wird darauf hingewiesen, dass die Resistenzsituation in diesem Bereich nicht vergleichbar sei mit derjenigen bei antimikrobiellen Arzneimitteln. Auch die Meinungen zur Legaldefinition von antimikrobiellen Wirkstoffen (Art. 4 Abs. 1 Bst. hbis) sind geteilt.
³8 www.fedlex.admin.ch > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2023

2.2 Würdigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

2.2.1 Arzneimittel für neuartige Therapien und einzelne punktuelle Anpassungen im Zusammenhang mit der Zulassung

An der vorgeschlagenen Ausweitung der Delegationsnorm von Artikel 2 Absatz 3 auf Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, welche hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind, soll aus Gründen des Gesundheitsschutzes festgehalten werden. Ohne eine entsprechende Ergänzung würden sonst zahlreiche Produkte, welche im Bereich der ästhetischen Medizin zu Anti-Aging- oder anderen kosmetischen Zwecken eingesetzt werden, in Zukunft keiner Regulierung und damit auch keiner behördlichen Aufsicht unterliegen.
Da weder die Voraussetzungen für die Erteilung eines Orphan-Drug -Status noch die übrigen Modalitäten für eine vereinfachte Zulassung solcher Präparate modifiziert werden sollen, soll der Begriff « wichtiges Arzneimittel für seltene Krankheiten» (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. adecies) auch nicht geändert werden. Ein Festhalten an diesen mittlerweile breit etablierten Begriff rechtfertigt sich umso mehr, als sich das Attribut «wichtig» nicht auf den vom jeweiligen Präparat zu erwartenden Therapieerfolg bezieht, sondern auf die Schwere der zu behandelnden Erkrankung.
An der neu einzuführenden Definition der Arzneimittel für neuartige Therapien bzw. an der Kategorie der sog. «Nukleinsäureprodukte» (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies Ziff. 1) soll festgehalten werden. Die Einführung des Begriffes «Nukleinsäureprodukt» erlaubt eine neue logische übergeordnete Klassifizierung von Arzneimitteln, welche aus Nukleinsäuren bestehen oder Nukleinsäuren enthalten, welche für die spezifische präventive oder therapeutische Wirkung verantwortlich sind. Da «Nukleinsäureprodukte» erst seit einigen Jahren in der Schweiz in Verkehr gebracht werden, erscheint es durchaus gerechtfertigt, sie als «neuartig» zu bezeichnen. Die Streichung des Zusatzes «oder genetisch veränderter oder pathogener Organismen» aufgrund diverser Stellungnahmen vereinfacht die Definition und unterstreicht die Bedeutung des Begriffs «Nukleinsäureprodukt». Mit dem Wegfall der Arzneimittel, die aus «pathogenen Organismen» bestehen oder solche enthalten, werden gewisse Viren- und Bakterienprodukte von der Begriffsdefinition nicht länger erfasst (beispielsweise onkolytische Virenprodukte auf Basis von Wildtyp-Viren). Dies betrifft voraussichtlich nur eine sehr kleine Zahl von Produkten, welche aber dennoch Arzneimittel bleiben und den entsprechenden Anforderungen der Heilmittelgesetzgebung unterliegen sind.
Von all diesen Arzneimitteltypen wurden in den letzten Jahren bereits Präparate durch Swissmedic zugelassen. Neu ist lediglich die Vereinigung all dieser Produkttypen unter dem neu geschaffenen Begriff «Nukleinsäureprodukte». Hinzu kommt, dass derzeit auch die Regulierung zu Arzneimitteln für neuartige Therapien innerhalb der EU revidiert wird (s. Vorentwurf ³9 ), und hierbei geplant ist, in Zukunft auch synthetisch hergestellte Nukleinsäuren unter den Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien aufzunehmen. Dadurch würde ein wesentlicher Unterschied zwischen der Schweiz und der EU bei der Klassifikation dieser Produkttypen wegfallen. Impfstoffe gegen virale Infektionskrankheiten, welche gentechnisch veränderte Organismen oder mRNA enthalten oder aus solchen bestehen, sollen hingegen in der EU weiterhin aus der Definition der Arzneimittel für neuartige Therapien ausgeklammert bleiben. Durch die unter Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 1 vorgenommen Zuordnung von Gentherapieprodukten und Impfstoffen (basierend auf GVOs und Nukleinsäuren) zu den «Nukleinsäureprodukten» wird die Regulierung in der Schweiz tendenziell einfacher und klarer als in der EU.
An Artikel 9 a , welcher von vornherein nicht Gegenstand dieser Revision ist, soll unverändert festgehalten werden. Dabei handelt es sich um eine Bestimmung, welche die medikamentöse Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherstellen soll, für deren Behandlung gegenwärtig in der Schweiz kein zugelassenes, alternativ anwendbares und gleichwertiges Arzneimittel verfügbar ist. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Vorteil für die Patientinnen und Patienten durch die sofortige Verfügbarkeit des Arzneimittels grösser ist als das Gefährdungsrisiko aufgrund der noch fehlenden Daten. Es wäre nicht vertretbar, die Patientinnen und Patienten mit einem möglicherweise nicht ausreichend wirksamen oder risikoträchtigen Arzneimittel behandeln zu lassen, obwohl ein alternativ gleichwertiges Arzneimittel auf der Grundlage einer umfassenden Nutzen-Risiko-Bewertung bereits zugelassen worden und verfügbar ist. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Pharmaindustrie, den Zeitpunkt für die Erfüllung der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung vorzuverlegen, abzulehnen.
Mit dem neuen Artikel 2 b des nTransplantationsgesetzes 2023 wurde ein gesetzlicher Rahmen für die Anwendung von nicht zugelassenen Transplantatprodukten ( Hospital Exemption ) geschaffen. Die dadurch notwendig gewordenen Ergänzungen des Ausführungsrechts befinden sich derzeit noch in Erarbeitung. Da somit in der Schweiz bislang noch keine Vollzugserfahrungen mit der Anwendung der Hospital Exemption gesammelt werden konnten, wäre es verfrüht, die vom Parlament im Rahmen der Teilrevision des Transplantationsgesetzes verabschiedete Fassung im Rahmen der vorliegenden Heilmittelgesetzrevision zu ändern. Lediglich die im Vorentwurf versehentlich aus der bestehenden Regelung für Transplantatprodukte nicht übernommene Voraussetzung von Artikel 2 b Absatz 1 Buchstabe e nTransplantationsgesetzes 2023 wird unter einem neuen Buchstaben e im Absatz 1 von Artikel 9 c ergänzt. Die Anliegen der Universitätsspitäler werden im Rahmen der laufenden Arbeiten zur Erarbeitung des Ausführungsrechts berücksichtigt.
Der Bundesrat soll im Rahmen von Artikel 9 d die Kompetenz haben, nicht standardisierbare Arzneimittel mit einem ungenügend bekannten Sicherheits- oder Wirksamkeitsprofil, in Bezug auf ihr Gewinnungs- oder Herstellungsverfahren einer Zulassungspflicht zu unterstellen. Damit kann zumindest indirekt die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit solcher patientenspezifischen Präparate gewährleistet werden. Aus diesem Grunde wird die beantragte Einschränkung der Delegationsnorm abgelehnt.
Betreffend die Forderung der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Nutzung von RWD kann zunächst festgehalten werden, dass unbestritten ist, dass die Verwendung von RWE zur Unterstützung von Arzneimittelzulassungsgesuchen im internationalen Umfeld seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt. Allerdings bestehen nach wie vor bedeutende Herausforderungen bezüglich der Qualität und Interpretation von RWD. Soweit bekannt, gibt es deshalb derzeit weder national noch international gesetzliche Grundlagen für den Einbezug von RWD/RWE in das Zulassungsverfahren für Arzneimittel. Nichtsdestotrotz laufen auf Bundesebene seit Längerem diverse Bestrebungen, um neue Standards für eine Regelung der Sekundärnutzung personenbezogener Gesundheitsdaten zu entwickeln. Dies gilt auch hinsichtlich einer harmonisierten Anwendung von RWD/RWE im Zulassungsverfahren. Hierbei werden auch die internationalen Entwicklungen aktiv verfolgt (beispielsweise die Arbeiten des International Council for Harmonisation of Technical Requirements for Pharmaceuticals for Human Use [ICH], das Sentinel System der US-FDA oder das Projekt DARWIN der EU). Vor diesem Hintergrund wäre es nicht zielführend, die künftige Nutzung von RWD/RWE nur für den Teilbereich der Arzneimittelzulassung im Rahmen der vorliegenden Revision ohne die erforderlichen kontextuellen Reflektionen regeln zu wollen. Vielmehr soll diese Frage im Rahmen der Revision 4⁰ des Humanforschungsgesetzes vom 30. September 2011 4¹ (HFG) gesamtheitlich angegangen werden. Aus diesem Grunde wird die beantragte Ergänzung von Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer 2 abgelehnt.
An der Kann-Formulierung von Artikel 11 Absatz 2ter soll festgehalten werden, da im Vollzug adäquat und einzelfallweise entschieden werden sollte, ob ein Plan zur Nachbeobachtung oder Rückverfolgbarkeit notwendig ist oder nicht. Bei Arzneimitteln für neuartige Therapien, von denen ein erhöhtes Gefährdungspotenzial ausgeht oder die einen starken experimentellen Charakter aufweisen, wird ein Plan zwecks Sicherstellung der Nachbeobachtung und Rückverfolgbarkeit verlangt. Die Artikel 59 a und 59 b stellen dem hingegen Verpflichtungen auf, die unabhängig von der vorgängigen Einreichung eines Planes erfüllt werden müssen. Mithin ist damit auch gesagt, dass zwischen Artikel 11 Absatz 2ter und den Artikeln 59 a und 59 b kein Widerspruch vorliegt.
An Artikel 23 b soll unverändert festgehalten werden. Die Swissmedic wird insbesondere nur dann Gebrauch von ihrer Kompetenz machen, wenn bei der Anwendung von Arzneimitteln, wie z. B. Gentherapieprodukte, schwere Nebenwirkungen auftreten können und daher eine intensivmedizinische Überwachung erforderlich ist.
Es wird als nicht notwendig erachtet, im HMG besondere Anforderungen an die Aus-, Weiter- oder Fortbildung von Gesundheitsfachpersonen zu definieren. Bei Arzneimitteln für neuartige Therapien handelt es sich um eine zu heterogene Gruppe an Produkten, um gemeinsame Anforderungen auf gesetzlicher Ebene zu definieren. Zudem bestehen in Zusammenhang mit der Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln bereits entsprechende Sorgfaltspflichten.
Die Forderung, die Widerspruchslösung ebenfalls auf Organe, Gewebe und Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien anzuwenden, wird nicht übernommen (vgl. die in Art. 41 a Abs. 1 vorgesehene Zustimmungslösung bei Verstorbenen). Dies, weil bereits mit dem vom Parlament verabschiedeten Transplantationsgesetz, welches in einer Volksabstimmung angenommen wurde, weiterhin die Zustimmungslösung für Transplantatprodukte gilt.
Um den Bedenken bezüglich Umsetzbarkeit Rechnung zu tragen, soll Artikel 59 a mit einer Meldepflicht für die Anwenderinnen und Anwender von Arzneimittel für neuartige Therapien ergänzt werden. In der Praxis ist dieses Verfahren bereits etabliert, da schon heute die Anwenderinnen und Anwender von Arzneimitteln für neuartige Therapien durch eine Vereinbarung mit den pharmazeutischen Unternehmen die Nachbeobachtung gewährleisten müssen. In diesem Sinne bringt Artikel 59 a keine neue Pflicht für die Anwenderinnen und Anwender von Arzneimitteln für neuartige Therapien mit sich und entspricht auch dem Prinzip von Artikel 59 Absatz 3. Zusätzlich werden in Artikel 59 a die Bewilligungsinhaberinnen gemäss Artikel 9 c aufgenommen, da diese Präparate ebenfalls einer systematischen Nachbeobachtung unterliegen sollen. Die Modalitäten der Meldepflicht und die Anforderungen werden auf Verordnungsstufe geregelt.
In der EU wird die Nachbeobachtung und Rückverfolgbarkeit bereits seit Einführung der EU-Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 vorgeschrieben, was ebenfalls die Notwendigkeit einer solchen Regelung aufzeigt und zudem deutlich macht, dass mit dieser Verpflichtung keineswegs ein Swiss Finish geschaffen wird.
Eine detailliertere Bestimmung auf Gesetzesstufe wird hingegen abgelehnt, was mit den heterogenen Eigenschaften der Arzneimittel für neuartige Therapien zu erklären ist. Die spezifischen Anforderungen und Modalitäten, was mithin auch den Ausschluss der Pflicht für einzelne Präparate beinhaltet, sollen auf Verordnungsstufe geregelt werden. Demnach soll - analog der EU - auch in der Schweiz die Nachbeobachtung der Wirksamkeit bei gewissen Arzneimitteln für neuartige Therapien im Humanbereich nicht gelten, wie beispielsweise für mRNA- oder GVO-Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten oder auch für Oligonukleotide. Für diese Präparate gelten die etablierten Bestimmungen zur Erfassung von unerwünschten Wirkungen wie bei den konventionellen Arzneimitteln.
Die Forderung bezüglich eines zentralen Registers wird abgelehnt, da das Führen eines zentralen Registers für die Gewährleistung der Marktüberwachung nicht notwendig ist. Insofern ist der Bund mithin auch nicht gehalten, die Verantwortung und die Kosten für die Einrichtung und Führung eines zentralen Registers zu übernehmen. Obwohl das Anliegen nach einem internationalen Austausch der Daten nachvollzogen werden kann, ist nicht ersichtlich, wie der Zugang zu den europäischen- oder weltweiten Datenbanken gewährt werden soll. Es steht den verschiedenen Institutionen frei, auf privatrechtlicher Basis ein Register aufzubauen.
Im Rahmen der Aufbewahrungspflicht (vgl. Art. 59 c ) soll an den vorgesehenen 30 Jahren - dies analog den bereits bestehenden Bestimmungen im HMG zu den Blut- und Blutprodukten (vgl. Art. 40 Abs. 1) sowie den Bestimmungen in der EU-Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 - festgehalten werden. Um jedoch Einzelfällen besser gerecht werden zu können, wird die Delegationsnorm im Absatz 2 entsprechend ergänzt, womit auf Verordnungsstufe kürzere Aufbewahrungsfristen festgelegt werden können.
³9 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionskodexes für Humanarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/83/EG und der Richtlinie 2009/35/EG, COM/2023/192 final, Vgl. Art. 4 Abs. 1 Ziff. 29, online abrufbar unter:
https://eur-lex.europa.eu > Vorarbeiten > COM/2023/192
.
4⁰ Vom Bundesrat am 7. Juni 2024 dem EDI in Auftrag gegeben.
4¹ SR 810.30

2.2.2 Digitalisierung im Bereich der Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Heilmitteln

Elektronische Verschreibung
Das Anliegen der Branche, bereits entwickelte Lösungen und Standards bei der Umsetzung einzubeziehen, wird berücksichtigt. Generell soll das HMG keine detaillierten Vorschriften enthalten, die das Fortbestehen der etablierten Lösungen verunmöglichen. So wird nur vorgegeben, dass die Ausstellung der elektronischen Verschreibung mit Systemen zu erfolgen hat, die die Interoperabilität gewährleisten. Wie von einigen Teilnehmenden der Vernehmlassung gefordert, werden im Rahmen des Programms DigiSanté die Anforderungen an die Interoperabilität unter Einbezug der Branche definiert; sie sollen anschliessend in der Verordnung vom 21. September 2018 4² über die Arzneimittel (Arzneimittelverordnung, VAM) verankert werden. Die Entwicklungen des EPD werden dabei berücksichtigt und die Patientinnen und Patienten sowie die Gesundheitsfachpersonen können weiterhin Dokumente auf dem EPD ablegen.
Die Option zur Papierausstellung auf Verlangen bleibt nach wie vor bestehen. In diesen Fällen müssen aber die Signaturen auf Papier elektronisch lesbar sein. Allerdings bleibt offen, ob eine qualifizierte elektronische Signatur (QES) allein die geforderten Sicherheitsanforderungen in einem vollständig digitalen Medikationsprozess erfüllt, weshalb die Anforderungen an die elektronische Signatur für Verschreibungen auf Verordnungsstufe nochmals geprüft werden müssen.
Die Bereitstellung einer zeitgemässen, qualitativ hochstehenden und sicheren Leistungserbringung gehört zum Auftrag der Leistungserbringenden. Die Verschreibung und Dokumentation der Krankengeschichte ist grundsätzlich bereits in der heutigen Tarifierung abgebildet. Die Forderung der tarifarischen Vergütung ist somit bereits erfüllt.
Der Antrag der Kantone und Spitalverbände für eine parallele Einführung der Pflicht zur elektronischen Verschreibung auch für Betäubungsmittel wird abgelehnt. Die Digitalisierung der Betäubungsmittelrezepte wird in einem zweiten Schritt geprüft. Die vollständige Umstellung auf eine einheitliche digitale Verschreibungspraxis auf nationaler Ebene stellt für viele betroffene Akteure, von Softwareentwicklern bis hin zu Gesundheitsfachpersonen, eine Herausforderung dar. Der Schwerpunkt liegt daher zunächst auf der Digitalisierung der Verschreibung für Humanarzneimittel gemäss dem HMG.
Der Forderung nach einer freiwilligen elektronischen Verschreibung soll nicht nachgekommen werden. So kann der Schutz vor Mehrfacheinlösungen nicht sichergestellt werden, weshalb regulatorische Massnahmen erforderlich sind, um dies zu ermöglichen. Wie bereits ausgeführt, werden im Rahmen der Revision und des Programms DigiSanté die technischen Anforderungen für die Interoperabilität erarbeitet. Erst nach deren Abschluss treten die entsprechenden Artikel in Kraft.
Medikationsplan und -abgleich
Das Anliegen nach einer Regelung, die es dem Bundesrat ermöglicht, die Pflicht von der Anzahl der Arzneimittel und der Anwendungsdauer abhängig zu machen, wurde aufgenommen. Damit werden auch die ursprünglichen Forderungen der Motion Stöckli 18.3512 «Recht auf einen Medikationsplan zur Stärkung der Patientensicherheit» umgesetzt. Die genauen Voraussetzungen werden auf Verordnungsebene festgelegt. Die einzelnen Pflichten werden sich nach den jeweiligen Kompetenzen der Gesundheitsfachpersonen richten (s. auch die Erläuterungen zu Art. 26 a ).
Für den Medikationsplan sollen die gleichen technischen Anforderungen gelten wie bei der elektronischen Verschreibung und bereits entwickelte Lösungen und Standards sollen berücksichtigt werden. So soll nur vorgeschrieben werden, dass für die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans Systeme verwendet werden, die die Interoperabilität sicherstellen. Im Rahmen des Programms DigiSanté werden die Anforderungen an die Interoperabilität unter Einbezug der Branche definiert und in der VAM verankert. Die Entwicklungen des EPD werden dabei berücksichtigt und das EPD soll weiterhin als Dokumentenablage für Patientinnen und Patienten bestehen. Mit diesen Massnahmen werden die Anliegen der Branche berücksichtigt.
Wie bereits erwähnt, ist die Ausgestaltung und Vereinbarung der Tarife Sache der Tarifpartner. Falls die Pflicht einen zusätzlichen Aufwand erfordert, müssen die Tarifpartner entsprechend die Tarife untereinander aushandeln. Das KVG enthält keinen Anspruch auf Kostendeckung, der Tarif darf höchstens die Kosten einer effizienten Leistungserbringung decken. Daher sind in dieser Hinsicht keine weiteren Anpassungen notwendig.
Der Antrag der medizinischen Fachgesellschaften, Artikel 26 a nicht einzuführen, wird abgelehnt. Ein verpflichtender und aktueller Medikationsplan trägt erheblich zur Patientensicherheit bei, indem er Medikationsfehler reduziert und Wechselwirkungen frühzeitig erkennt. Dies steht im Einklang mit den ärztlichen Sorgfaltspflichten. Darüber hinaus fördert eine systematische Erstellung und Aktualisierung der Pläne einen standardisierten und digitalen Medikationsprozess und verbessert die Kommunikation zwischen Gesundheitsfachpersonen, was die Versorgungsqualität insgesamt steigern kann. Die Verpflichtung zum Medikationsabgleich wurde schlussendlich im Erlass gestrichen, da dieser Schritt ohnehin im Rahmen der Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans erfolgt. Die genauen Anforderungen an den Medikationsabgleich werden auf Verordnungsebene festgelegt.
CDSS
Das Anliegen nach einer flächendeckenden Einführung der Pflicht für alle Einrichtungen wird zurzeit noch nicht berücksichtigt. Während viele Einrichtungen, insbesondere Kinderkliniken, bereits mit einem CDSS arbeiten, sind andere ambulante Bereiche weniger vertraut mit diesen Systemen. Zunächst sollten Erfahrungen mit der Integration eines CDSS in den Verschreibungs-, Abgabe- und Anwendungsprozessen gesammelt und Empfehlungen abgeleitet werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann die Einführung in ambulanten Bereichen dann optimal gestaltet werden. Aus diesem Grund wurde entschieden, das Obligatorium, wie in der Vernehmlassung vorgeschlagen, schrittweise einzuführen.
Es ist unbestritten, dass die Patientensicherheit auch in anderen vulnerablen Bevölkerungsgruppen gewährleistet werden muss. Im Rahmen des Auftrags zur Harmonisierung der Dosierungen im Off-Label-Use hat der Bund bereits die Kompetenz, diese Massnahmen auf andere vulnerable Gruppen auszuweiten. Analog zu Artikel 67 a Absatz 5 soll deshalb eine entsprechende Delegationsnorm für den Bundesrat in Artikel 26 b vorgesehen werden. Der Antrag der Pharmaverbände wird somit berücksichtigt.
Wie von einigen Organisationen hervorgehoben, können Medikationsfehler auch bei vermeintlich risikoarmem Arzneimittel ausserhalb der Zulassung schwerwiegende Folgen haben. Der Bundesrat soll daher nicht in diesem sensiblen Bereich eine Liste von «risikoarmen» Arzneimitteln erstellen. Ausnahmen sollen nur auf Notfallsituationen beschränkt werden, in denen eine Zeitverzögerung durch einen zusätzlichen Schritt fatal sein könnte.
Das Anliegen einiger Organisationen, dass Dosierungsempfehlungen sich nicht nur auf harmonisierte Empfehlungen beschränken sollen, sondern generell die Empfehlungen nach aktuellem Stand der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaften berücksichtigen, wurde aufgenommen. Ebenfalls wurde die folgende Forderung der Kantone berücksichtigt: Soweit der Bund eine Datenbank von harmonisierten Dosierungsempfehlungen gemäss Artikel 67 a führt, soll diese Datenbank als Grundlage benutzt werden. Eine solche «Referenzdatenbank» für das CDSS gewährleistet die Verwendung national einheitlicher Dosierungen.
Um zusätzlich die Anwendung eines CDSS effizient zu gestalten und aufgrund der Tatsache, dass Verschreibungen in den Apotheken ohnehin nach dem 4-Augen-Prinzip kontrolliert werden, wird vorgesehen, dass die Nutzung eines CDSS mindestens einmal im Rahmen der Verschreibung, Abgabe oder Anwendung erfolgen muss. Dadurch soll unnötiger Mehraufwand vermieden werden.
Die Bedenken, dass Verpflichtungen für nicht dafür ausgebildete Personen zu weit gehen, wurden berücksichtigt. Das Pflegepersonal sollte von der Pflicht zur Nutzung eines CDSS befreit werden, wenn es Arzneimittel gemäss ärztlicher Verschreibung anwendet, da die Verantwortung bei der verschreibenden Person liegt. Diese notwendige Präzisierung soll auf Verordnungsstufe ergänzt werden.
Der Antrag, den Einsatz eines CDSS in den Tarifen zu berücksichtigen, wurde abgelehnt. Die Ausgestaltung der Tarife fällt nicht in die Zuständigkeit des Bundes, sondern ist Sache der Tarifpartner. Die notwendige Infrastruktur (Initialaufwand und Betrieb) gehört zu den Gestehungskosten und kann in die Tarifberechnung einfliessen. Zudem sind CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen bereits heute auf dem Markt verfügbar und im stationären Bereich verbreitet, sodass kein Bedarf besteht, dass der Bund ein eigenes System betreibt.
Der Antrag einiger Kantone und medizinischer Fachgesellschaften, die neuen Verpflichtungen des Artikels 26 b nicht einzuführen, wird abgelehnt. Schliesslich ist es nicht vorgesehen, dass stets den berechneten Dosierungsempfehlungen gefolgt werden muss. Die Bestimmung sieht lediglich die Nutzung eines CDSS vor, nicht aber die verpflichtende Einhaltung der daraus resultierenden Empfehlungen. Die konkrete Verschreibung, Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels erfolgt weiterhin unter der Verantwortung der behandelnden Medizinalperson, insbesondere wenn Arzneimittel off-label verwendet werden. Insgesamt ist deshalb der Eingriff in die Therapiefreiheit als leicht zu quantifizieren. An den geltenden haftungsrechtlichen Grundsätzen ändert sich nichts. Bezüglich des Dokumentationsaufwands durch die Nutzung eines CDSS ist anzumerken, dass eine solche Dokumentation bei Off-Label -Dosierungen ohnehin erforderlich ist. Da ein CDSS voraussichtlich automatisiert in die Medikationsprozesse integriert wird, ist davon auszugehen, dass der zusätzliche Dokumentationsaufwand gering bleibt.
Da Dosierungsrechner vor allem im stationären Bereich bereits häufig eingesetzt werden, kann auf der Basis dieser Erfahrungen ein Leitfaden für die Nutzung eines CDSS erarbeitet und das Obligatorium optimal eingeführt werden.
4² SR 812.212.21

2.2.3 Tierarzneimittel

Den Bedenken in Bezug auf die Einordnung von Impfstoffen (Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies Ziffer 1) wurde teilweise Rechnung getragen. Impfstoffe (mit Ausnahme der nukleinsäurebasierten Impfstoffe) sollen nunmehr von der Definition der Arzneimittel für neuartige Therapien ausgenommen werden und somit nicht der entsprechenden verstärkten Kontrolle unterliegen. Der Forderung, dass zellbasierte, nicht industriell hergestellte Produkte nicht denselben Anforderungen unterworfen werden sollen wie industriell hergestellte Tierarzneimittel wird nicht nachgekommen. In der EU kommen für Tierarzneimittel, für deren Herstellung kein industrieller Prozess zum Einsatz kommt, nationale Regelungen zum Zug. Dem entsprechend sollen im HMG unter Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4 nicht nur industriell hergestellte Tierarzneimittel reguliert werden.
An der vorgeschlagenen Delegationsnorm gemäss Artikel 9 c Absatz 3 ( Hospital Exemption ) wird festgehalten, da sie erlaubt, den spezifischen Aspekten in der Veterinärmedizin in diesem besonderen Regelungsbereich besser gerecht zu werden. Es ermöglicht ein Abwarten der diesbezüglichen Entwicklungen in der EU und mithin die Erarbeitung von adäquaten und flexiblen Regelungen auf Verordnungsstufe für den Tierarzneimittelbereich.
Die Befürchtung, dass Tierarzneimittel mit MUMS-Status aufgrund der Präzisierung in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe adecies nicht mehr vereinfacht zugelassen werden könnten, ist unbegründet. Die Modalitäten für die vereinfachte Zulassung der Tierarzneimittel mit MUMS-Status gestützt auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f werden mit der vorzunehmenden Präzisierung der Definition nicht geändert. Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f bleibt die gesetzliche Grundlage für die vereinfachte Zulassung von Tierarzneimitteln mit MUMS-Status. Eine entsprechende Ergänzung in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f ist jedoch nicht notwendig, da diese Bestimmung sowohl für wichtige Humanarzneimittel für seltene Krankheiten wie auch für Tierarzneimittel mit MUMS- Status gilt.
Der Forderung, wonach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe g auch für Tierarzneimittel gelten soll, die für lebensmittelliefernde Tiere bestimmt sind, kann nicht nachgekommen werden. Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe g stellt bezüglich Tierarzneimitteln, die ausschliesslich für Tiere bestimmt sind, die nicht zur Lebensmittelproduktion gehalten werden, sicher, dass gewisse vereinfachte Zulassungsverfahren (beschrieben in der Verordnung vom 22. Juni 2006 4³ über die vereinfachte Zulassung von Arzneimitteln und die Zulassung von Arzneimitteln im Meldeverfahren [VAZV]) bei Arzneimitteln für Heimtiere ermöglicht werden. Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe g muss in dieser Form beibehalten werden, damit die Lebensmittelsicherheit bei Tierarzneimitteln, welche für die Lebensmittelproduktion vorgesehen sind, gewährleistet werden kann. Vereinfachte Zulassungsverfahren für die in Artikel 14 Absatz 1 aufgeführten Fälle für vereinfachte Zulassungsverfahren gelten aber schon heute auch für Tierarzneimittel, die für Tiere bestimmt sind, die zur Lebensmittelproduktion gehalten werden.
An Artikel 23 b soll unverändert festgehalten werden. Ein angemessenes Verhältnis zum Risiko wird in der Umsetzung beachtet und stellt eine Zulassungsvoraussetzung dar. Ein Zusammenhang mit Versorgungsengpässen kann nicht erkannt werden, da es sich um spezifische Anforderungen an die Abgabe und Anwendung und nicht um Anforderungen an die Herstellung von Tierarzneimitteln handelt.
Die Möglichkeit des Widerrufs einer Zulassung von Tierarzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen gemäss Artikel 42 a Absatz 2 ist wichtig für Äquivalenz mit den EU-Vorgaben, damit die Schweiz weiterhin Lebensmittel in die EU exportieren kann. Gemäss der Verordnung (EU) 2019/6 (Art. 37 Abs. 3; Art. 152 Abs. 1 Unterabsatz 2) sollen Arzneimittel mit Wirkstoffen, die der Anwendung beim Menschen vorbehalten sind, für die Veterinärmedizin überhaupt nicht mehr zugelassen bzw. entsprechende Zulassungen widerrufen werden. Gemäss Artikel 118 der Verordnung (EU) 2019/6 gilt diese Regelung auch für Drittstaaten wie die Schweiz, sofern diese Tiere oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs in die EU ausführen.
An der Einführung der systematischen Nachbeobachtung sowie der Rückverfolgbarkeit der Tierarzneimittel für neuartige Therapien nach Artikel 43 a wird festgehalten. Es handelt sich um eine erweiterte Pharmakovigilanz-Vorschrift im Vergleich zu den konventionellen Tierarzneimitteln, welche lediglich aufgrund eines einzuschätzenden Gefährdungspotenzials einer Meldung unterliegen. Die Aufzeichnungen über die Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen erlauben bei den neuartigen Therapien (trotz wenig Kenntnissen zu den Langzeitwirkungen sowie bei seltenen Krankheiten wenig Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit) eine möglichst rasche Zulassung. In Absatz 4 ist zudem vorgesehen, dem Bundesrat eine Delegationsgrundlage zu geben, um die Verpflichtung auf die Tierärztinnen und Tierärzte auszudehnen, falls die Praktikabilität dies erfordern sollte. Weder eine Abschwächung noch eine Verschärfung des Gesetzeswortlauts wird als notwendig erachtet.
Der Forderung, die Massnahmen in Bezug auf antimikrobielle Wirkstoffe nicht auf Antiparasitika zu erweitern, wurde Rechnung getragen. Während bei antimikrobiellen Wirkstoffen der Erhalt der Wirksamkeit für die Human- und Tiermedizin im Zentrum steht, spielen Resistenzen gegen Antiparasitika v.a. bei bestimmten Tiergruppen, insbesondere bei kleinen Wiederkäuern und Pferden eine wichtige Rolle. Hier sind generelle Einschränkungen aber nicht zielführend, vielmehr braucht es der Situation angepasste Therapieempfehlungen, um die Wirksamkeit von Antiparasitika bei diesen Tiergruppen zu erhalten. Aus diesen Gründen wird auch auf eine Ausweitung der Grundlage auf ein Anwendungs- und Zulassungsverbot für bestimmte Antiparasitika analog den antimikrobiellen Arzneimitteln verzichtet. Ein solches Verbot könnte die Versorgungssituation mit Antiparasitika bei besagten Tiergruppen eher verschärfen.
Festgehalten hingegen wird an der Grundlage zur Möglichkeit einer Erweiterung des IS ABV auf die Erfassung des Verbrauches von Antiparasitika, sollte sich dies als nötig erweisen. Die erfassten Daten können dabei wertvolle Hinweise für Therapieempfehlungen liefern und somit den Erhalt von Antiparasitika in der Veterinärmedizin unterstützen. Vor diesem Hintergrund scheint auch ein ebenfalls monierter Mehraufwand für die Tierärzteschaft bei der Dateneingabe gerechtfertigt.
4³ SR 812.212.23

2.3 Notifikationsverfahren

Die Vorlage wurde dem Welthandelsorganisations- (WTO) beziehungsweise dem EFTA- und UK-Notifikationsverfahren unterzogen. Es sind keine Stellungnahmen eingegangen.

3 Rechtsvergleich, insbesondere mit dem europäischen Recht

3.1 Arzneimittel für neuartige Therapien

In der EU werden Arzneimittel für neuartige Therapien durch die Verordnung (EG) 1394/2007 4⁴ geregelt. Mit den vorliegenden Änderungen gleicht die Schweiz ihre Regelungen an diejenigen der EU an, um eine weitgehende Äquivalenz zu schaffen, was eine Vereinfachung für Zulassungsinhaberinnen beziehungsweise Herstellerinnen von Arzneimitteln bedeutet. Um die Kompatibilität zwischen den Märkten der EU und der Schweiz und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten, wird die rechtliche Einordnung der Arzneimittel für neuartige Therapien und deren Regulierung weitestgehend an die Verordnung (EG) 1394/2007 angeglichen.
Um den Besonderheiten der Klasse der «Arzneimittel für neuartige Therapien» Rechnung zu tragen und um auf europäischer Ebene einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen für die Zulassung und Überwachung solcher innovativen Präparate festzulegen, ist in der EU seit dem 30. Dezember 2008 die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 anwendbar. Seitdem existiert auf europäischer Ebene eine spezifische übergreifende Regelung für alle neuartigen Therapien. Arzneimittel für neuartige Therapien werden darin in drei Klassen aufgeteilt:
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Gentherapeutika;
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somatische Zelltherapeutika; und
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biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte ( Tissue Engineered Products ).
Zudem definiert die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 auch als Arzneimittel für neuartige Therapien diejenigen Produkte, welche aus einer Kombination aus Zellen, Geweben und Medizinprodukten bestehen. Alle diese Produkte müssen zugleich der grundsätzlichen Arzneimitteldefinition nach der Richtlinie 2001/83/EG (Arzneimittel-Richtlinie ⁴5 ) entsprechen und daher der Behandlung, Vorbeugung oder Diagnose von Krankheiten durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungen dienen.
Demgegenüber sind Arzneimittel für neuartige Therapien in der Schweiz gegenwärtig weder einer einheitlichen gesetzlichen Regelung unterstellt noch als eigenständige Arzneimittelkategorie etabliert. Vielmehr hängt deren regulatorische Handhabung aktuell davon ab, ob ein bestimmtes Präparat nach der schweizerischen Gesetzgebung als «Gentherapieprodukt» oder als «Transplantatprodukt» qualifiziert wird. Nichtsdestotrotz wurden in den letzten Jahren für sämtliche in der EU als Arzneimittel für neuartige Therapien qualifizierten Präparatekategorien bereits Zulassungen durch Swissmedic erteilt, und es wurden hierbei bislang keine relevanten regulatorischen Unterschiede zwischen der Schweiz und der EU festgestellt. Daher sollen mit der Einführung der neuen Legaldefinition der Arzneimittel für neuartige Therapien für diese Präparatekategorien auch keine neuen Anforderungen, sondern lediglich ein einheitlicher, transparenter und rechtssicherer regulatorischer Rahmen für die beiden Produktekategorien geschaffen werden.
Die Legaldefinition von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies umfasst mehr Produkttypen als gegenwärtig in der EU mit der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 unter dem Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien subsumiert werden. Das heisst alle Produkte in der EU, welche Arzneimittel für neuartige Therapien darstellen, werden auch in der Schweiz als solche gelten, doch wird umgekehrt nicht jedes Arzneimittel für neuartige Therapien nach Schweizer Recht auch in der EU als solches gelten. Zu beachten gilt allerdings, dass auch die Regulierung innerhalb der EU zu Arzneimitteln für neuartige Therapien derzeit revidiert wird. Insbesondere sieht der aktuell vorliegende Entwurf vor, in Zukunft auch synthetisch hergestellte Nukleinsäuren unter den Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien aufzunehmen ⁴6 . Durch eine solche Ausweitung des Begriffs «Gentherapeutikum» würde einer der beiden wesentlichen Unterschiede zwischen der Schweiz und der EU bei der Klassifikation dieser Produkttypen wegfallen. Damit würden grundsätzlich nur noch Impfstoffe gegen virale Infektionskrankheiten, welche gentechnisch veränderte Organismen oder mRNA enthalten oder aus solchen bestehen, in der Schweiz als Arzneimittel für neuartige Therapien qualifiziert, während sie in der EU voraussichtlich weiterhin aus der Definition der Arzneimittel für neuartige Therapien ausgeklammert bleiben werden. Darin kann aber kein Swiss Finish im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b des Unternehmensentlastungsgesetzes vom 29. September 2023 ⁴7 (UEG) erblickt werden, zumal diese unterschiedliche Qualifikation einer bestimmten Produktkategorie, wie die bisherige Zulassungspraxis der Swissmedic gezeigt hat, keine grösseren regulatorischen Belastungen für Unternehmen in der Schweiz mit sich bringt. Zudem wird das nicht mit der vorliegenden Revisionsvorlage neu eingeführt, sondern entspricht einer seit Jahren etablierten und bewährten Bewilligungs- und Zulassungspraxis, wonach basierend auf der Verordnung vom 10. September 2008 ⁴8 über den Umgang mit Organismen in der Umwelt (FrSV) und der Verordnung vom 9. Mai 2012 ⁴9 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (ESV) rekombinante Impfstoffe identisch beurteilt werden wie Gentherapieprodukte mit therapeutischer Wirkung. Betreffend die neuen Verpflichtungen der Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen des Arzneimittels (Art. 59 a ) und der Rückverfolgbarkeit der Patientin oder des Patienten und des Arzneimittels (Art. 59 b ), wird der Bundesrat darauf achten, für die oben aufgeführten Impfstoffe gegen virale Infektionskrankheiten, welche gentechnisch veränderte Organismen oder mRNA enthalten oder aus solchen bestehen, deren produktespezifischen Anforderungen nicht höher zu regulieren als in der EU.
Grundsätzlich müssen alle Arzneimittel für neuartige Therapien das zentralisierte Genehmigungsverfahren durchlaufen. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency , EMA) koordiniert die zentralisierten Zulassungen für Arzneimittel für neuartige Therapien. Die europäische Gesetzgebung sieht jedoch eine Ausnahme für bestimmte Arzneimittel für neuartige Therapien vor, die national genehmigt werden können (vgl. Art. 3 Ziff. 7 der Richtlinie 2001/83/EG). Diese Möglichkeit besteht für Arzneimittel für neuartige Therapien, die nicht routinemässig nach spezifischen Qualitätsnormen hergestellt und in einer spezialisierten Einrichtung der Krankenversorgung in demselben Mitgliedstaat unter der ausschliesslichen fachlichen Verantwortung eines Arztes auf individuelle ärztliche Verschreibung eines eigens für einen einzelnen Patienten angefertigten Arzneimittels verwendet werden (sog. Hospital Exemption ).
Um die Besonderheiten bei der Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien zu berücksichtigen, hat die Europäische Kommission im November 2017 die « Guidelines on Good Manufacturing Practice specific to Advanced Therapy Medicinal Products» 5⁰ verabschiedet, welche im Mai 2018 in Kraft getreten sind. Darüber hinaus hat die EMA zur Unterstützung der Arzneimittelentwicklung bei Arzneimitteln für neuartige Therapien eine Vielzahl von Guidelines publiziert, mit welchen bei klinischen Prüfungen mit solchen Präparaten ihren speziellen Aspekten (wie beispielsweise ihrem besonderen Wirkmechanismus oder möglichen Umweltbeeinträchtigungen) durch besondere regulatorische Anforderungen Rechnung getragen werden soll (z. B. «Guideline on Human Cell-based Medicinal Products » 5¹ oder « Guideline on Scientific Requirements for the Environmental Risk Assessment of Gene Therapy Medicinal Products » 5² ).
4⁴ Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004, ABl. L 324 vom 10. Dezember 2007, S. 121.
⁴5 Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. L 311 vom 28. November 2001, S. 67.
⁴6 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionskodexes für Humanarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/83/EG und der Richtlinie 2009/35/EG, COM/2023/192 final, Vgl. Art. 4 Abs. 1 Ziff. 29, online abrufbar unter:
https://eur-lex.europa.eu > Vorarbeiten > COM/2023/192
.
⁴7 SR 930.31
⁴8 SR 814.911
⁴9 SR 814.912
5⁰ Online abrufbar unter: https://health.ec.europa.eu/index_en >
Medicinal Products > Good Manufacturing and Distribution Practices > Eudralex Volume 4
(Stand: 5. Juni 2025).
5¹ Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research & development > Scientific guidelines > Multidisciplinary: cell
-therapy and tissue engineering > Human cell
-based medicinal products (Stand: 5. Juni 2025).
5² Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research & development > Scientific guidelines > Non-clinical: environmental risk assessment > Scientific requirements for the environmental risk assessment of gene-therapy medicinal products
(Stand: 5. Juni 2025).

3.2 Elektronische Verschreibung / Medikationsplan / CDSS

Über die eHealth-Dateninfrastruktur (eHDSI) der EU können personenbezogene Gesundheitsdaten sicher, effizient und interoperabel zwischen EU-Ländern ausgetauscht werden. Einer dieser grenzüberschreitenden Gesundheitsdienste, die über das eHDSI angeboten werden, sind elektronische Verschreibungen. Diese ermöglichen allen Bürgerinnen und Bürgern der EU-Mitgliedstaaten die Einlösung einer Verschreibung in einem anderen Land als ihrem Wohnsitzland. Die Einführung in allen EU-Ländern ist im Gange. Die EU sieht keine einheitlichen Vorgaben für einen Medikationsplan oder ein CDSS vor. Entsprechende Regelungen zum Medikationsplan finden sich hingegen vereinzelt auf nationaler Ebene.
Seit dem 1. Januar 2024 ist in Deutschland die Nutzung des e-Rezepts für verschreibungspflichtige Arzneimittel zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verpflichtend. Ab dem 1. Juli 2025 können auch Betäubungsmittel mit dem e-Rezept verordnet und eingelöst werden. Der Gesetzgeber (s. insbesondere 11. Kapitel «Telematikinfrastruktur» des Sozialgesetzbuches, Fünftes Buch [SGB V] 5³ ) hat die Etablierung einer Informations-, Kommunikations- und Sicherheitsinfrastruktur (Telematikinfrastruktur) als Basis für eine digitale und sichere Vernetzung im Gesundheitswesen dem Bundesministerium für Gesundheit sowie den Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens (Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft sowie Spitzenorganisation der Apotheker auf Bundesebene) übertragen und diese zur Umsetzung dieser Aufgabe gleichzeitig mit der Gründung der Gesellschaft für Telematik betraut. Das Unternehmen hat u. a. die Aufgabe, die Telematikinfrastruktur aufzubauen und Massnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, damit vertragsärztliche elektronische Verordnungen für apothekenpflichtige Arzneimittel elektronisch übermittelt werden können. Die e-Rezepte können mit der elektronischen Gesundheitskarte, per App oder mittels Papierausdruck eingelöst werden.
In Österreich müssen seit dem 30. Juni 2023 alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, Vertragsgruppenpraxen sowie Wahlärztinnen und Wahlärzte mit Rezepturrecht und e-card Ausstattung ein e-Rezept ausstellen. Die Pflicht basiert auf Paragraf 31 a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes. Demnach hat der Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ein elektronisches Verwaltungssystem einzuführen und dessen Betrieb sicherzustellen, welches die Abwicklung administrativer Prozesse zwischen den Versicherten, den Vertragspartnern und der Sozialversicherung weitgehend ohne papierschriftliche Unterlagen ermöglicht. Die papiergebundene Einlösung eines Rezepts und die Abrechnung über die Krankrenkasse wird durch das e-Rezept ersetzt. Das e-Rezept kann auf den Servern der Karteninfrastruktur der jeweiligen elektronischen Gesundheitskarte (e-card) oder auf der elektronischen Patientenakte ELGA gespeichert werden. Um ein e-Rezept in der Apotheke einzulösen, müssen Patientinnen und Patienten ihre eCard, den e-Rezept-Code oder die e-Rezept-ID vorweisen.
2016 wurde in Frankreich der freiwillige Medikationsplan «bilan partagé de médication» für Personen ab 65 Jahren, die an mindestens einer chronischen Krankheit leiden, oder für Personen ab 75 Jahren, denen mindestens fünf Wirkstoffe mit einer Behandlungsdauer von mindestens 6 Monaten verordnet werden, eingeführt. 5⁴ Wenn eine Patientin oder ein Patient einen Medikationsplan beantragt, kann sie oder er eine Apothekerin oder einen Apotheker auswählen, die oder der den Medikationsplan erstellen und aktualisieren muss.
In Deutschland ist der Medikationsplan in Paragraf 31 a des SGB V, geregelt. Die Bestimmung hält fest, dass Versicherte einen Anspruch auf einen Medikationsplan haben, sobald sie mindestens drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig anwenden. In Paragraf 29 a Bundesmantelvertrag-Ärzte 5⁵ vom 1. Juli 2023 wird der Anspruch für Versicherte und die daraus entstehenden Pflichten für Ärztinnen und Ärzte nach Paragraf 31 a SGB V genauer spezifiziert. Demnach müssen alle Ärztinnen und Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, auf Verlangen des Versicherten einen Medikationsplan elektronisch oder in Papierform erstellen, sofern die Patientin oder der Patient gleichzeitig mindestens drei zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnete systemisch wirkende Arzneimittel über einen Zeitraum von mindestens 28 Tagen anwendet und die Anwendung nicht durch die Ärztin oder den Arzt erfolgt. Auf Wunsch der Patientin oder des Patienten muss der Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden. Zur Aktualisierung sind alle Vertragsärztinnen und Vertragsärzte entlang der Behandlungskette verpflichtet, sobald sich die Medikation ändert. Auf Wunsch der Patientin oder des Patienten können zusätzlich apothekenpflichtige Arzneimittel, die der Versicherte ohne Verschreibung anwendet, auf dem Medikationsplan aufgelistet werden. So muss ein Medikationsplan auch durch Apothekerinnen und Apothekern aktualisiert werden. Das Format, der Inhalt und die erforderlichen Angaben des Medikationsplans werden vorgegeben.
In den Mitgliedstaaten der EU gibt es, soweit ersichtlich, aktuell keine Regelungen zur Anwendung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen.
5³ Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482)
5⁴ Arrêté du 9 mars 2018 portant approbation de l’avenant 12 à la convention nationale du 4 mai 2012, organisant les rapports entres les pharmaciens titulaires d’officine et l’assurance maladie.
www.legifrance.gouv.fr > Publications officielles > Journal officiel > Arrêté du 9 mars 2018 portant approbation de l’avenant 12 à la convention nationale du 4 mai 2012, organisant les rapports entres les pharmaciens titulaires d’officine et l’assurance maladie
(Stand: 5. August 2025).
5⁵ Im Bundesmantelvertrag gemäss § 87 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, fünftes Buch werden Regelungen zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung, zur persönlichen Leistungserbringung und zu Überweisungen und Verordnungen getroffen. Seit dem 1. Oktober 2013 gilt ein einheitlicher Bundesmantelvertrag für alle Kassenarten.

3.3 Tierarzneimittel

Das neue Tierarzneimittelrecht der EU beinhaltet insbesondere folgende Neuerungen, die im Schweizer Heilmittelrecht nicht oder abweichend geregelt sind:
Mit dem Begriff Tierarzneimittel deckt die EU ein breiteres Produktespektrum ab als das HMG. Die Tierarzneimittel für neuartige Therapien gemäss der Verordnung (EU) 2019/6 umfassen eine Vielzahl von neuen und zum Teil experimentellen Therapeutika. Teilweise fallen sie schon heute in den Geltungsbereich des HMG und seiner Ausführungsverordnungen. Damit können sie auch für die Anwendung an Tieren in der Schweiz zugelassen werden. Ein Teil dieser neuartigen Therapien gelten aktuell nach schweizerischem Recht aber als Transplantatprodukte im Sinne der Transplantationsgesetzgebung. Auf Bundesebene bestehen aktuell keine gesetzlichen Regelungen für Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier und die betreffenden Produkte können durch die Swissmedic derzeit nicht zugelassen werden.
Die EU sieht neu verschiedene Massnahmen zur Verringerung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe vor. Dabei sind nicht nur Antibiotika, sondern auch Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika betroffen. Zudem sieht die Verordnung (EU) 2019/6 ein Einfuhrverbot aus Drittstaaten vor für Tiere, die mit bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt worden sind bzw. für Produkte von solchen Tieren. Dabei geht es u. a. um bestimmte für die Anwendung beim Menschen reservierte antimikrobielle Wirkstoffe (Leistungsförderer sind bereits im EU-Recht wie auch im Schweizer Recht geregelt).
Die Zulassung für ein Tierarzneimittel gilt in der EU neu unbefristet.

4 Grundzüge der Vorlage

4.1 Die beantragte Neuregelung

4.1.1 Arzneimittel für neuartige Therapien

Eines der zentralen Anliegen der vorliegenden Revision besteht darin, die bis anhin existierende Kategorie der Transplantatprodukte neu vom Geltungsbereich der Transplantationsgesetzgebung auszunehmen und vollständig in die Heilmittelgesetzgebung zu überführen. Dies bedingt eine Teilrevision des Transplantationsgesetzes, indem dessen Geltungsbereich entsprechend reduziert bzw. alle transplantatproduktespezifischen Bestimmungen aufgehoben und, wo nötig, in die Heilmittelgesetzgebung integriert werden. Terminologisch wird der Begriff der Transplantatprodukte hinfällig, da diese Produkte neu als eine Teilmenge der Arzneimittel für neuartige Therapien gelten. Um die beantragte Neuregelung nachvollziehen zu können, werden nachstehend die wesentlichsten regulatorischen Schritte der letzten Jahre in aller Kürze abgebildet: Der Begriff der Transplantatprodukte wurde ursprünglich in Artikel 3 Buchstabe d des Transplantationsgesetzes definiert (dort noch bezeichnet als «aus menschlichen oder tierischen Organen, Geweben oder Zellen hergestellte Produkte, die oder deren Herstellungsverfahren standardisierbar sind» ); diese Definition wurde als wenig praxistauglich betrachtet, zudem stellten sich Abgrenzungsprobleme (vgl. Botschaft vom 8. März 2013 ⁵6 zur Änderung des Transplantationsgesetzes). Seit einer Teilrevision des Transplantationsgesetzes (in Kraft seit 1. Mai 2016) figuriert der Begriff der Transplantatprodukte, inhaltlich neu umschrieben, auf Stufe Verordnung (vgl. die aktuelle Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 Bst. c Transplantationsverordnung). Hintergrund für diese normative «Herabstufung» war, dass die Definition der Transplantatprodukte auf Gesetzesebene vom Gesetzgeber als «nicht sinnvoll» betrachtet wurde und eine Regelung auf Verordnungsstufe dem Bundesrat hätte erlauben sollen, «den ändernden EU-Regelungen Rechnung zu tragen» (vgl. Botschaft vom 8. März 2013 ⁵7 zur Änderung des Transplantationsgesetzes). Während das Transplantationsgesetz in diversen Artikeln eigene, materielle Vorschriften für Transplantatprodukte vorsieht, erklärt dessen Artikel 49 aktuell diverse Bestimmungen des HMG für (sinngemäss) anwendbar. Mit der Teilrevision des Transplantationsgesetzes (s. das nTransplantationsgesetz 2023) soll Artikel 49 des Transplantationsgesetzes aufgehoben und durch einen neuen Artikel 2 a ersetzt werden, welcher die für Transplantatprodukte anwendbaren Normen des Transplantationsgesetzes und des HMG detaillierter umschreibt. Mit diesem wichtigen regulatorischen Zwischenschritt, welcher nach seiner Inkraftsetzung bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Revision gelten soll, kann die Rechtssicherheit erheblich verbessert werden. Zu betonen ist, dass eine vollständige Ausgliederung der Transplantatprodukte nicht das ursprüngliche Ziel der Teilrevision des Transplantationsgesetzes gewesen ist. Diese Ausgliederung und Überführung in das HMG wurde erst im Zuge der Arbeiten zur vorliegenden Revision des HMG geprüft und an die Hand genommen. Mit dem nunmehr letzten Schritt werden die Transplantatprodukte endgültig ins HMG integriert, indem diese neu als Teilmenge der Arzneimittel für neuartige Therapien gelten. Neu soll somit ein einheitlicher, transparenter und rechtssicherer regulatorischer Rahmen für Arzneimittel für neuartige Therapien im HMG geschaffen werden.
Im Einzelnen werden insbesondere folgende Änderungen vorgenommen:
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Der Ingress zum HMG soll um die in Bezug auf Arzneimittel für neuartige Therapien einschlägigen Verfassungsbestimmungen erweitert werden.
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Die Zweckbestimmung des Artikels 1 deckt neu den Aspekt der Gewinnung menschlicher Organe, Gewebe und Zellen ab und wird erweitert auf den Schutz der Gesundheit, der Menschenwürde und der Persönlichkeit von Spenderinnen und Spendern.
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Der Geltungsbereich (Art. 2) erfasst neu auch den Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen sowie mit überzähligen Embryonen, die für die Herstellung von Heilmitteln verwendet werden.
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Die Sorgfaltspflichten im HMG werden erweitert und sollen auch beim Umgang mit Organen, Geweben, Zellen oder überzähligen Embryonen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien gelten (Art. 3 Abs. 3).
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Um eine transparente und rechtssichere Regulierung für Arzneimittel für neuartige Therapien auch in terminologischer Hinsicht zu schaffen, werden diese in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies neu legaldefiniert. Die neue Legaldefinition soll nicht nur für Human,- sondern auch für Tierarzneimittel ( novel therapy veterinary medicinal products ) gelten.
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Für die Begriffe Organe, Gewebe, Zellen, Fötus, Embryo und überzähliger Embryo wird auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen verwiesen (Art. 4 Abs. 1bis, 1ter und 1quater).
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Zur Gewährleistung der internationalen Harmonisierung erhält der Bundesrat in Artikel 4 Absatz 3 die Kompetenz, den Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien auf Verordnungsstufe punktuell abweichend zu definieren.
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Die für die Herstellung, Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien nicht geltenden Bestimmungen in Bezug auf nicht zulassungspflichtige Arzneimittel werden explizit aufgeführt (Art. 9 Abs. 2quinquies).
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Die Möglichkeit der Anwendung von nicht zugelassenen Arzneimitteln für neuartige Therapien (Art. 9 c HMG, welcher Art. 2 b nTransplantationsgesetz 2023 nachempfunden ist) kann im Geltungsbereich des HMG auf Tierarzneimittel für neuartige Therapien ausgedehnt werden.
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Die Anforderungen bei der Zulassung von Arzneimitteln für neuartige Therapien werden für diese Produktkategorie spezifisch angepasst (Art. 11 Abs. 2ter, Art. 14 Abs. 1bis).
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Gestützt auf Artikel 23 b soll die Swissmedic zum Schutz der Gesundheit bei der Zulassung eines Arzneimittels (für neuartige Therapien) spezifische Anforderungen an dessen Abgabe oder Anwendung festlegen können.
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In einem neuen 6 a . Abschnitt werden besondere Bestimmungen vorgesehen für Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus menschlichen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden (Art. 41 a −41 h ).
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Der neue 6 b . Abschnitt enthält besondere Bestimmungen für Stammzellen aus überzähligen Embryonen oder embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen, die zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden, sowie für den Umgang mit überzähligen Embryonen (Art. 41 i −41 q ).
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Für Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus tierischen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden und für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind, werden besondere Bestimmungen im neuen 6 c . Abschnitt vorgesehen (Art. 41 r −41 v ).
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In Artikel 42 b wird vorgesehen, dass der Bundesrat den Umgang mit Spendertieren sowie mit tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien regeln und dabei Melde- oder Bewilligungspflichten vorsehen kann. Er kann zudem Testpflichten bei Spendertieren oder bei vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen vorsehen.
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Aufgrund ihrer Neuartigkeit und Komplexität werden für Tierarzneimittel für neuartige Therapien ergänzende Pflichten in Bezug auf Nachbeobachtung, Rückverfolgbarkeit und Aufbewahrung verankert (Art. 43 a ).
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Die Bewilligungsvoraussetzungen für klinische Versuche werden in Bezug auf Arzneimittel für neuartige Therapien spezifiziert (Art. 54 Abs. 5).
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Einzelne Humanarzneimittel für neuartige Therapien bedürfen einer strengeren Überwachung. Es werden deshalb die Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen, die Rückverfolgbarkeit und die Aufbewahrungspflicht spezifisch geregelt (Art. 59 a −59 c ).
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In Artikel 60 Absatz 2 Buchstabe d wird klargestellt, dass Inspektionen im Zusammenhang mit Arzneimitteln für neuartige Therapien durch die Swissmedic durchgeführt werden. In Absatz 2bis wird zudem festgelegt, dass die Swissmedic auch für Inspektionen im Hinblick auf die bewilligungspflichtigen Tätigkeiten mit Organen, Geweben, Zellen, Föten und überzähligen Embryonen zuständig ist.
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Die neuen Bestimmungen zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien führen zudem zu Anpassungen bei den Strafbestimmungen (vgl. Art. 86 und 87). Zu Gunsten der Leserlichkeit werden die Strafbestimmungen zudem neu strukturiert.
⁵6 BBl 2013 2317 S. 2349
⁵7 BBl 2013 2317 S. 2350

4.1.2 Digitalisierung im Bereich der Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Heilmitteln

Die Regulierungsschwerpunkte in diesem Bereich sind die Folgenden:
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Die bereits heute auf freiwilliger Basis existierende elektronische Verschreibung von Humanarzneimitteln (vgl. Art. 51 VAM) soll zukünftig verpflichtend sein (s. Art. 26 Abs. 5 HMG, wonach die Verschreibung von Humanarzneimitteln und deren Einlösung auf elektronischem Weg erfolgen müssen). Dabei müssen die Personen, die Verschreibungen ausstellen oder zur Einlösung entgegennehmen, Systeme verwenden, die insbesondere die Integrität und Authentizität der Verschreibungen, die Datensicherheit, die Interoperabilität und den Schutz vor Mehrfacheinlösung der Verschreibungen gewährleisten. Der Bundesrat umschreibt die entsprechenden Anforderungen an die zu verwendenden Systeme näher und kann den Erlass technischer Einzelheiten an das Bundesamt für Gesundheit (BAG) delegieren. Das BAG stellt ein Verzeichnis zur Abfrage der Kommunikationsparameter aller verfügbaren Systeme für elektronische Verschreibungen zur Verfügung.
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In der Vorlage wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, die Gesundheitsfachpersonen verpflichtet, einen elektronischen Medikationsplan bei der Verschreibung, Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln zu erstellen und laufend zu aktualisieren (vgl. Art. 26 a ). Dabei müssen Systeme verwendet werden, die insbesondere die Integrität und Authentizität des Medikationsplans, die Datensicherheit sowie die Interoperabilität gewährleisten. Der Bundesrat umschreibt die entsprechenden Anforderungen an die Systeme näher und kann den Erlass technischer Einzelheiten an das BAG delegieren.
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In der Vorlage wird eine gesetzliche Grundlage vorgeschlagen, welche die Verwendung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in einem ersten Schritt in Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen, zur Pflicht erklärt (Art. 26 b ).

4.1.3 Tierarzneimittel: Weitgehende Äquivalenz zum EU-Recht

Die Regulierungsschwerpunkte in diesem Bereich sind die Folgenden:
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Analog der EU sollen auch in der Schweiz Massnahmen zur Reduktion von Resistenzen nicht nur gegen Antibiotika, sondern auch gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe vorgesehen werden (Art. 42 a Abs. 1). Für das Verbot des Einsatzes von Arzneimitteln mit bestimmten anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika wird ebenfalls eine Erweiterung der bereits bestehenden Vorgaben im Schweizer Recht geschaffen (Art. 42 a Abs. 2). Auch in Bezug auf das IS ABV ist eine entsprechende Erweiterung auf andere antimikrobielle Wirkstoffe als Antibiotika sowie auf Antiparasitika notwendig (Art. 64 h ).
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Dazu wird eine neue Legaldefinition für «antimikrobieller Wirkstoff» sowie für «antiparasitärer Wirkstoff» geschaffen (Art. 4 Abs. 1 Bst. hbis und hter) und im ganzen Erlass - wo notwendig - die Begriffe angepasst.
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Damit die Schweiz weiterhin Tiere und Tierprodukte in die EU ausführen kann, wurde mittels autonomen Nachvollzugs ein Verbot der Anwendung von bestimmten antimikrobiellen Arzneimitteln eingeführt (Art. 8 Abs. 5 TAMV). Entsprechend der Verordnung (EU) 2019/6 (Art. 37 Abs. 3; Art. 152 Abs. 1 Unterabsatz 2) sollen Arzneimittel mit Wirkstoffen, die der Anwendung beim Menschen vorbehalten sind, für die Veterinärmedizin überhaupt nicht mehr zugelassen bzw. entsprechende Zulassungen widerrufen werden. Dies soll auch analog im Schweizer Recht abgebildet werden (Art. 42 a Abs. 2).
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Analog der Regelungen in der EU sollen die Zulassungen für Tierarzneimittel in der Schweiz in der Regel ebenfalls unbefristet gelten (Art. 16 Abs. 2bis).

4.1.4 Weitere punktuelle Anpassungen

Im Rahmen dieser Vorlage sollen einzelne punktuelle Anpassungen vorgenommen werden, die sich einerseits aufgrund von Erfahrungen aus dem Vollzug, andererseits im Rahmen der Erarbeitung des Ausführungsrechts zum nTransplantationsgesetz 2023 als notwendig erwiesen haben, so insbesondere folgende Punkte.
Die für die Herstellung patientenspezifischer Präparate (nicht standardisierbare Arzneimittel) angewendeten Gewinnungs- oder Herstellungsverfahren sollen explizit einer behördlichen Zulassung unterstellt werden können, und zwar unabhängig davon, ob das Produkt in der Folge in Verkehr gebracht oder direkt als allogenes oder als autologes Arzneimittel angewendet wird. Die aktuelle Regelung in Bezug auf das Inverkehrbringen nicht standardisierbarer Arzneimittel wird entsprechend angepasst sowie eine neue Bestimmung zur Anwendung solcher Arzneimittel wird vorgesehen (Art. 9 Abs. 3 und Art. 9 d ).
Zwischen den Sitzabkommen der Schweiz mit zwischenstaatlichen Organisationen bzw. internationalen Institutionen und den Einfuhrbestimmungen in Bezug auf in der Schweiz nicht zugelassene Arzneimittel besteht ein Normkonflikt. Einerseits befreien diese Abkommen die Organisationen bzw. Institutionen von Verboten und Einschränkungen für die Ein- und Ausfuhr von Gegenständen zum dienstlichen Gebrauch. Andererseits erlaubt das HMG einzig die Einfuhr zugelassener oder nicht zulassungspflichtiger Arzneimittel. Diese Problematik soll explizit geklärt werden (Art. 20 Abs. 2bis und 21 Abs. 2 bis).
Die Bewilligungspflicht von Mäklerinnen und Mäklern sowie Agentinnen und Agenten ergibt sich aus der Definition des Vertriebs, wonach das Übertragen und Überlassen von Arzneimitteln auch die Tätigkeit als Mäklerin bzw. Mäkler und Agentin bzw. Agent umfasst. Findet diese ausschliesslich auf Schweizer Territorium statt, so ergibt sich die Bewilligungspflicht aus der Definition des Grosshandels in der Verordnung vom 14. November 2018 ⁵8 über die Bewilligungen im Arzneimittelbereich (Arzneimittel-Bewilligungsverordnung, AMBV), welcher ebenfalls das Übertragen und Überlassen von Arzneimitteln erwähnt. Da dies aber nicht klar ersichtlich ist, soll diese bewilligungspflichtige Tätigkeit in Artikel 28 explizit erwähnt werden, um sichtbar zu machen, dass die Bewilligungspflicht der Mäklerinnen bzw. Mäkler und Agentinnen bzw. Agenten unabhängig ihrer genauen Natur, der gemäkelten Produkte und dem Ort ihrer Realisierung gilt (Art. 28).
Gemäss geltendem Recht kann der Bundesrat der Swissmedic über deren gesetzliche Aufgaben hinaus weitere Aufgaben, die in engem Bezug zu den ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben stehen müssen und deren Erfüllung nicht beeinträchtigen dürfen, gegen Abgeltung übertragen (Art. 69 Abs. 1bis). Diese Vorgabe steht in gewissem Kontrast zum allgemeinen Grundsatz, wonach eine Abgeltung nach Artikel 69 Absatz 1 u. a. nur dann zu leisten ist, wenn die Aufgabenerfüllung nicht anderweitig durch Abgaben und Gebühren abgedeckt ist (vgl. Art. 77 Abs. 2 Bst. a). In Kombination mit einer Anpassung von Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a soll klargestellt werden, dass auch eine Aufgabenübertragung durch den Bundesrat jeweils soweit gegen Abgeltung erfolgt, als die Aufgabenerfüllung nicht durch Abgaben und Gebühren abgedeckt ist.
Mit dem nTransplantationsgesetz 2023 hat das Parlament die Einführung einer Vigilanz im Bereich Transplantation beschlossen mit dem Ziel, die Qualität und Sicherheit von Organ-, Gewebe- und Zelltransplantationen weiter zu verbessern. Risiken, wie zum Beispiel Krankheitsübertragungen, sollen dadurch bestmöglich minimiert werden. In der Botschaft zum nTransplantationsgesetz 2023 wurde ausgewiesen, dass für die Führung der beiden Vigilanzstellen durch externe Partner zusätzliche finanzielle Mittel im Umfang von jährlich mindestens 250 000 CHF benötigt werden. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Bundes sind Mittel in diesem Umfang für die Umsetzung der Vigilanz nicht vorhanden. Dies bedeutet, dass die Vigilanz vorerst nur für die Bereiche Organe und Gewebe umgesetzt werden kann. Im Bereich der Blut-Stammzellen ermöglicht eine gut etablierte internationale Zusammenarbeit bereits heute, gewisse Meldungen zu schwerwiegenden Ereignissen zu erfassen und durch ein internationales Gremium aufzuarbeiten. Die Einführung einer Vigilanz auf nationaler Ebene für den gesamten Bereich der Blut-Stammzellen wird neu an den Bundesrat delegiert, damit diese zu einem späteren Zeitpunkt via Verordnungsänderung eingeführt werden kann. Darüber hinaus werden kleinere Anpassungen insbesondere bei den Datenbanken und der Terminologie gemacht.
⁵8 SR 812.212.1

4.1.5 Koordinationsbedarf mit der Änderung des Transplantationsgesetzes vom 1. Oktober 2021 und der Änderung vom 29. September 2023 sowie der Zollrechtsrevision

Im Rahmen der Volksabstimmung vom 15 Mai 2022 wurde der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats zur Volksinitiative «Organspende fördern - Leben retten» angenommen (Änderung vom 1. Oktober 2021 des Transplantationsgesetzes; nTransplantationsgesetz 2021). Am 29. September 2023 hat das Parlament eine weitere Änderung des Transplantationsgesetzes verabschiedet (nTransplantationsgesetz 2023). Diese Annahme bzw. Verabschiedung bedingt eine Koordination mit der vorliegenden Revision.
Die vorliegende Änderung darf nicht vor der Änderung vom 1. Oktober 2021 und der Änderung vom 29. September 2023 in Kraft treten. Tritt die vorliegende Änderung gleichzeitig mit der Änderung vom 1. Oktober 2021 oder jener vom 29. September 2023 in Kraft, so geht die vorliegende Änderung vor. Tritt die vorliegende Änderung nach der Änderung vom 1. Oktober 2021 oder jener vom 29. September 2023 in Kraft, überschreibt die vorliegende Änderung die Änderung vom 1. Oktober 2021 und die Änderung vom 29. September 2023.
In der Änderung vom 29. September 2023 werden auch die Artikel 63 und 65 Transplantationsgesetz angepasst. Diese Bestimmungen werden ebenfalls im Rahmen der Zollrechtsrevision umformuliert (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)-Vollzugsaufgabengesetz) ⁵9 . Artikel 65 ist zudem Gegenstand der vorliegenden Revision.
Die Artikel 63 und 65 Transplantationsgesetz in der Fassung des BAZG-Vollzugsaufgabengesetz dürfen nur vor den beiden anderen Fassungen in Kraft treten (nTransplantationsgesetz 2023 und die vorliegende Fassung).
Die Fassung von Artikel 65 Transplantationsgesetz der vorliegenden Revision muss in jedem Fall die anderen beiden Fassungen überschreiben.
⁵9 BBl 2022 2725

4.2 Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Der Gesetzesentwurf sieht im Vergleich zum geltenden Recht keine grundsätzliche Änderung der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen vor. Nach dem Prinzip der fiskalischen Äquivalenz finanziert jede Staatsebene diejenigen Aufgaben selbst, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen.
Die Swissmedic ist weiterhin zuständig für den Vollzug des Grossteils der Massnahmen in den Bereichen Produktsicherheit und Marktüberwachung, die Kantone nehmen vor allem im Bereich der Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln Vollzugsaufgaben wahr.

4.3 Umsetzungsfragen

Die Vorlage beinhaltet verschiedene Aspekte, die im Ausführungsrecht konkretisiert und umgesetzt werden müssen.
Im Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien werden zahlreiche Bestimmungen auf Verordnungsstufe zu erlassen sein. So werden etwa nebst zulassungs- und bewilligungstechnischen Besonderheiten u. a. auch die Anforderungen an die Information und Zustimmung sowie an die Unabhängigkeit des medizinischen Personals bei der Entnahme oder Verwendung von Organen, Geweben und Zellen festgelegt werden müssen. Auch die Anforderungen an den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen sowie die Details zu den Meldepflichten beim Umgang mit embryonalen Stammzellen aus überzähligen Embryonen bzw. mit überzähligen Embryonen werden festgelegt werden müssen.
Bereits heute werden elektronische Verschreibungen oder Medikationspläne in verschiedenen Formaten erstellt, was jedoch den Datenaustausch zwischen den Gesundheitsfachpersonen erschwert. Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden für beide Dokumente einheitliche Anforderungen auf Verordnungsstufe vorgesehen. Der Bundesrat definiert insbesondere die notwendigen Anforderungen an die Interoperabilität und den sicheren Datenaustausch. Dies soll eine weitgehende Vereinheitlichung gewährleisten, so dass Anwenderinnen und Anwender nicht mit unterschiedlichen Lösungen umgehen müssen. Ebenso werden die Anforderungen, die die Integrität und Authentizität sicherstellen sowie den Schutz vor Mehrfacheinlösungen von Verschreibungen gewährleisten sollen, festgelegt. Der Bundesrat kann dabei die Regelung technischer Einzelheiten an das BAG delegieren. Der Bundesrat definiert zudem die Mindestangaben, welche im Medikationsplan aufgeführt werden müssen. Ebenfalls wird im Ausführungsrecht konkretisiert, welche Voraussetzungen für die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans gelten und welche Personen von den Pflichten befreit werden.
Sowohl bei der Verpflichtung zur Führung der elektronischen Verschreibung als auch des elektronischen Medikationsplans sollen in Absprache mit den betroffenen Kreisen elektronische Systeme, die private Akteure am Markt erbringen, genutzt werden müssen. Auf ein vom Bund betriebenes System wird verzichtet, auch wenn sich bei der Verfügbarkeit der elektronischen Systeme Privater, die untereinander interoperabel sein müssen, Schwierigkeiten ergeben kann.
Die Rahmenbedingungen für eine breite Implementierung des Einsatzes eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in der Pädiatrie sind noch nicht erfüllt. Deshalb wird eine solche Pflicht im ersten Schritt lediglich in pädiatrischen Einrichtungen eingeführt, wo die meisten Arzneimittel off-label verschrieben, abgegeben oder angewendet werden. Dadurch sollen möglichst viele wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. In einem zweiten Schritt soll die Pflicht zur Nutzung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen im ambulanten Bereich eingeführt werden. Den neu verpflichteten Einrichtungen wird eine angemessene Übergangsfrist ab Inkraftsetzung der Vorlage eingeräumt werden, ein CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen anzuschaffen. Der Bundesrat kann die Verwendung solcher Softwares bei Notfällen für nicht verpflichtend erklären. Zudem kann er die Pflicht auf weitere spezifische Bevölkerungsgruppen ausweiten.
Die neuen Regelungen betreffend Tierarzneimittel für neuartige Therapien ( novel therapy veterinary medicinal products ) sowie der weiteren punktuellen Anpassungen der Regulierung von Tierarzneimitteln in der Schweiz an die Regulierung in der EU bedürfen in einem zweiten Schritt einer umfassenden Ausführung/Konkretisierung auf Verordnungsstufe (Verordnungen des Bundesrates und Institutsratsverordnungen).
Das Anwendungsverbot für andere antimikrobielle Arzneimittel als Antibiotika, wie insbesondere Virostatika und Antiprotozoika, wird in die TAMV übernommen werden. Weitere Massnahmen, wie beispielsweise eine entsprechende Erweiterung des IS ABV sowie darauf abgestützte Massnahmen, sind zurzeit nicht vorgesehen, könnten jedoch bei Bedarf gestützt auf die neue Grundlage erlassen werden. Die Ablehnung von Zulassungsgesuchen bzw. der Widerruf von Zulassungen im Falle von antimikrobiellen Wirkstoffen, die der Anwendung in der Humanmedizin vorbehalten sein sollen, wird auf Verordnungsstufe auszuführen sein.

5 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

5.1 Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 2000

Ingress
Der Ingress nennt aktuell nur Artikel 95 Absatz 1 und Artikel 118 Absatz 2 der Bundesverfassung als wichtigste verfassungsrechtliche Grundlagen, auf die sich das HMG abstützt. Auf die explizite Nennung weiterer Verfassungsartikel, welche im Zusammenhang mit dem HMG relevant sein können, wurde bislang verzichtet, weil ihnen mit Blick auf das Erfordernis der Transparenz in Bezug auf die kompetenzbegründenden Verfassungsgrundlagen des Gesetzes keine besondere Bedeutung zukam. Mit der angestrebten Überführung einer Vielzahl von bestehenden Regelungsinhalten des Transplantationsgesetzes ins HMG (vgl. insbesondere die neuen Abschnitte 6 a -6 c des 2. Kapitels) und der damit einhergehenden signifikanten Ausweitung des Zwecks und des Geltungsbereichs der Heilmittelgesetzgebung (Erweiterung des Fokus vom Schutz der Gesundheit der Patientinnen und Patienten sowie der behandelten Tiere auf den Schutz der Gesundheit, der Persönlichkeit und der Würde der Spenderinnen und Spender sowie der Spendertiere bei der Gewinnung oder Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen zur Herstellung eines Heilmittels) wird eine Ergänzung der Aufzählung derjenigen Verfassungsbestimmungen, welche den Bund zur Rechtsetzung ermächtigen, unumgänglich. Aus diesem Grunde wird im Ingress neu Artikel 119 Absatz 2 BV aufgeführt, wonach der Bund Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut erlässt. Dazu gehören auch befruchtete Eizellen, Embryonen und Föten, deren Verwendung als biologisches Ausgangsmaterial für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien neu im HMG geregelt wird. Zudem wird der Ingress auch mit Artikel 119 a Absatz 1 BV ergänzt. Nach dieser Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen. Mitumfasst von der Verfassungsbestimmung sind auch standardisierte Transplantate (Transplantatprodukte), die neu als Arzneimittel für neuartige Therapien im HMG geregelt werden.
Ersatz eines Ausdrucks
Der Name «Swissmedic» für das Schweizerische Heilmittelinstitut hat sich etabliert und wird im Ausführungsrecht bereits seit dem Jahr 2019 verwendet. Das Gesetz wird entsprechend angepasst: Der Begriff wird in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe asexies eingeführt und im restlichen Erlass konsequent verwendet.
Art. 1 Abs. 2 Bst. d und e
Der Zweck des HMG beschränkt sich gegenwärtig auf den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier (vgl. Botschaft vom 1. März 1999 6⁰ zum HMG) und auch dies nur insoweit, als die Behandlung der Patientinnen und Patienten sowie der Tiere mit qualitativ hochstehenden, sicheren und wirksamen Heilmitteln sichergestellt werden soll. Mit der Überführung der bislang im Transplantationsgesetz bestehenden Vorgaben für die Gewinnung von menschlichen Organen, Geweben und Zellen zur Herstellung von Heilmitteln sowie für den Umgang mit Heilmitteln, welche aus menschlichen Organen, Geweben und Zellen hergestellt wurden, können nicht länger nur die Empfängerinnen und Empfänger eines Heilmittels Beachtung finden; vielmehr muss der Fokus nunmehr auf den Schutz der Gesundheit der spendenden Person und des Spendetieres ausgeweitet werden. So erscheint beispielsweise eine Lebendspende menschlicher Organe, Gewebe oder Zellen nur verantwortbar, wenn das mit deren Gewinnung einhergehende Risiko für das Leben oder die Gesundheit der spendenden Person medizinisch vertretbar ist. Dies gilt grundsätzlich auch für Spendetiere, wobei aber bei der Entnahme von Organen, Geweben und Zellen immer die tierschützerischen und ethischen Anforderungen einzuhalten sind (u. a. 3R-Prinzipien 6¹ ).
Die mit der vorliegenden Revision angestrebte Überführung der Kategorie der Transplantatprodukte in den Arzneimittelbegriff (s. hierzu Ziff. 1.1.4 und Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies) rückt die Heilmittelgesetzgebung in unmittelbare Nähe der Transplantationsmedizin, was sich unweigerlich auch auf den Gesetzeszweck auswirken muss. Der Zweck des Transplantationsgesetzes beschränkt sich nun aber nicht auf den Gesundheitsschutz, sondern umfasst auch den Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit bei der Anwendung der Transplantationsmedizin beim Menschen (vgl. Art. 1 des Transplantationsgesetzes). Die Menschenwürde ist im Kontext der Transplantationsmedizin von zentraler Bedeutung, wie beispielsweise am Erfordernis der Achtung der Menschenwürde verstorbener Personen bei der Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen deutlich wird. Besondere Bedeutung kommt aber auch dem Schutz der Persönlichkeit zu. Im Zusammenhang mit der Transplantationsmedizin sind von den Garantien des Persönlichkeitsschutzes neben dem Schutz des Lebens sowie der körperlichen und geistigen Unversehrtheit in erster Linie der Schutz der Selbstbestimmung zu erwähnen (z. B. bezüglich der Entscheidung, ob eine Person Organe, Gewebe oder Zellen zu Transplantationszwecken zur Verfügung stellen will). Diese transplantationsgesetzlichen Schutzzwecke müssen in unvermindertem Masse Geltung haben, zumal es nicht darauf ankommen kann, ob der Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen den Vorgaben der Transplantations- oder der Heilmittelgesetzgebung unterliegt; die Schutzbedürfnisse sind stets dieselben.
Nicht zuletzt zielen die Bestimmungen des Transplantationsgesetzes darauf ab, einen missbräuchlichen Umgang mit Organen, Geweben und Zellen zu verhindern. Dieser Gesetzeszweck liegt beispielsweise dem Gebot der Unentgeltlichkeit der Spende, dem Verbot der Verwendung unerlaubt entnommener Organe, Geweben oder Zellen und den Regelungen im Bereich der Transplantation embryonaler oder fötaler menschlicher Gewebe oder Zellen sowie der Xenotransplantation zugrunde. Ein solcher missbräuchlicher Umgang muss auch dann verhindert werden, wenn die Organe, Gewebe oder Zellen dazu verwendet werden sollen, ein Arzneimittel für neuartige Therapien herzustellen, selbst wenn dieser in Zukunft dem HMG und nicht mehr dem Transplantationsgesetz untersteht. Hierbei werden mit dem Begriff «Umgang» in Analogie zur Transplantationsgesetzgebung sämtliche Tätigkeiten von der Entnahme bis zur Anwendung des Arzneimittels an der Patientin oder den Patienten erfasst.
Vor diesem Hintergrund muss der Gesetzeszweck unter Absatz 2 Buchstaben d und e in Analogie zur Transplantationsgesetzgebung ausgeweitet werden.
6⁰ BBl 1999 III 3453
6¹ www.blv.admin.ch > Tiere > 3R -
Replace, Reduce, Refine
Art. 2 Abs. 1 Bst. a, abis, b und c sowie 3
Abs. 1 Bst. a: In der italienischen Fassung wird aus Gründen der Kohärenz mit den anderen Sprachfassungen der Begriff «trattamento» durch «impiego» ersetzt.
Abs. 1 Bst. a bis : Die geplante Integration der Kategorie der Transplantatprodukte in den Arzneimittelbegriff macht auch eine entsprechende Anpassung des Geltungsbereichs des HMG erforderlich. In mehreren neuen Abschnitten regelt das HMG inskünftig den Umgang mit menschlichen und tierischen Organen, Geweben und Zellen sowie mit embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen und mit überzähligen Embryonen, soweit diese dazu verwendet werden sollen, Heilmittel herzustellen (vgl. hierzu Art. 41 a −41 v , Art. 42 b ). Da diese Organe, Gewebe und Zellen in aller Regel für sich alleine genommen noch keine Arzneimittel oder Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a darstellen, wird mit Hilfe eines neuen Buchstabens abis klargestellt, dass auch der Umgang mit solchen biologischen «Ausgangsmaterialien» in den Geltungsbereich des HMG fällt. Mit dem Begriff «Umgang» werden alle Tätigkeiten von der Entnahme des «Ausgangsmaterials» bei der spendenden Person oder beim Spendetier bis hin zur Anwendung des Fertigprodukts an Menschen oder am Tier erfasst. Dem Geltungsbereich unterstehen sowohl menschliche als auch tierische Organe, Gewebe oder Zellen, insoweit als sie der Herstellung eines Human- und Tierarzneimittels dienen sollen.
Abs. 1 Bst. b: Die Bestimmung wird in der deutschen und in der italienischen Fassung sprachlich angepasst. Die neuen Versionen entsprechen der französischen Version.
Abs. 1 Bst. c: Die vorliegende Bestimmung ist seit Inkrafttreten des HMG unverändert geblieben. Die Botschaft vom 1. März 1999 zum HMG begründete ihre Notwendigkeit mit dem Hinweis darauf, dass bei einigen Therapien nicht immer eindeutig sei, ob es sich jeweils um ein Heilverfahren oder um die Abgabe eines Heilmittels handelt, weshalb eine Regelungslücke vermieden werden solle. Als Anwendungsbeispiel hierfür wurde einzig die somatische Gentherapie angeführt. 6² Den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c genannten «Heilverfahren» kommt aus wissenschaftlicher Perspektive heutzutage jedoch keine Bedeutung mehr zu. Vor allem die beispielhaft genannte Gentherapie hat sich im Rahmen der Vollzugspraxis als entbehrlich erwiesen, zumal die im Rahmen der somatischen Gentherapie angewendeten Nukleinsäureprodukte bereits de lege lata durch den Begriff «Arzneimittel» erfasst werden und damit in den Geltungsbereich des HMG nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a fallen. Neu sollen diese «Nukleinsäureprodukte» als Arzneimittel für neuartige Therapien eingestuft werden (s. Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies Ziff. 1). Darüber hinaus werden in der Lehre unter diese Bestimmung mitunter auch bestimmte Naturheilverfahren subsumiert, doch hat sich in den mehr als 20 Jahren Vollzugspraxis seit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung gezeigt, dass im Bereich der Komplementärarzneimittel für diese Naturheilverfahren kein Regelungsbedarf besteht. Insbesondere die zuweilen genannten Produkte der Bachblüten-Therapie werden seit 2006 den Lebensmitteln zugeordnet und unterliegen damit der Kontrolle des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Somit kann Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c mangels praktischer Bedeutung ersatzlos gestrichen werden.
Abs. 3: Dieser Absatz wurde im Rahmen der neuen Medizinprodukte-Regulierung eingefügt (vgl. Botschaft vom 30. November 2018 6³ zur Änderung des Heilmittelgesetzes [neue Medizinprodukte-Regulierung]). Durch die Überführung der Produktekategorie der Transplantatprodukte ins HMG würden gewisse Produkte künftig keiner Regulierung mehr unterliegen: Die aktuelle Legaldefinition der Transplantatprodukte in der Transplantationsverordnung (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. c) unterscheidet nämlich nicht nach dem Verwendungszweck der jeweiligen Produkte. Vom HMG hingegen sind grundsätzlich nur Produkte erfasst, «die zur medizinischen Einwirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus bestimmt sind oder angepriesen werden» (vgl. die Legaldefinition der Arzneimittel in Art. 4 Abs. 1 Bst. a).
In der ästhetischen Medizin werden seit Jahren verbreitet Behandlungen basierend auf der Transplantation von körpereigenen oder tierischen Zellen oder Geweben (wie beispielsweise Eigenfett und daraus hergestellte Stromal Vascular Fraction [SVF], Zellsuspension von fetalen oder juvenilen Kälbern oder Lämmern für die Frischzellentherapie) zu Anti-Aging- oder anderen kosmetischen Zwecken eingesetzt. Da die im Rahmen solcher Behandlungen verwendeten Produkte auf die optische Erscheinung der behandelten Person ausgerichtet sind, würden sie in Zukunft mangels einer medizinischen Zweckbestimmung von der Heilmittelgesetzgebung nicht erfasst. Mit Blick auf Artikel 53 Absatz 2 der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung vom 16. Dezember 2016 6⁴ (LGV) lassen sich die betreffenden Produkte, welche den behandelten Personen zumeist injiziert oder implantiert werden, auch nicht als kosmetische Mittel im Sinne der Lebensmittelgesetzgebung qualifizieren und liegen demnach auch nicht in der Zuständigkeit der lebensmittelrechtlichen Vollzugsbehörden. Insofern erscheint es aus Gründen des Gesundheitsschutzes wichtig, dass diese Produkte, die bis anhin durch das Transplantationsrecht reguliert wurden, künftig dem HMG und damit der Aufsicht der Swissmedic unterstellt werden.
Für Tiere steigt das Produkteangebot stetig an und chirurgische Eingriffe ohne medizinische Zweckbestimmung im Rahmen des sogenannten «Animal Enhancement» kommen bereits seit längerem zum Einsatz. Es ist davon auszugehen, dass zukünftig auch nicht chirurgische Eingriffe ohne medizinische Zweckbestimmung angewendet werden. 6⁵ Um keine Regulierungslücke entstehen zu lassen, sollen deshalb bestimmte Produkte, welche ohne medizinische Zweckbestimmung für Therapien bei Tieren angewandt werden, in Zukunft auch dem HMG unterstellt werden können. Zum Schutz der Tiere, der Menschen, welche mit den Tieren in Kontakt kommen, sowie der Umwelt ist sicherzustellen, dass die verwendeten Produkte qualitativ einwandfrei und sicher sind. Zudem führt eine klare Zuordnung zu weniger Unklarheiten für Produkteanbieter bei zukünftigen Abgrenzungsfragen.
Aus den obengenannten Gründen soll der Bundesrat künftig die Kompetenz erhalten, auch bestimmte Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung dem HMG zu unterstellen, wenn deren Funktionsweise und Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind.
6² BBl 1999 III 3486
6³ BBl 2019 1 S. 21
6⁴ SR 817.02
6⁵ www.ekah.admin.ch > Externe Gutachten > Buchreihe «Beiträge zur Ethik und Biotechnologie» > Animal Enhancement - neue technische Möglichkeiten und ethische Fragen.
Art. 3 Abs. 3
Da die bis anhin im Transplantationsgesetz geregelten Transplantatprodukte neu ins HMG integriert werden (s. hierzu die Erläuterungen zu Ziffer 1.2.4.2 und zu Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies) und als Teilmenge des Begriffs der Arzneimittel für neuartige Therapien gelten (s. Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies Ziff. 2 und 3), erscheint es notwendig, die heilmittelrechtlichen Sorgfaltspflichten entsprechend zu ergänzen bzw. bei dieser Gelegenheit zu erweitern; dies in Anlehnung an die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäss Artikel 4 des Transplantationsgesetzes (vgl. bereits den Verweis auf Art. 4 im aufzuhebenden Art. 2 a Abs. 1 des nTransplantationsgesetzes 2023), welcher die Anwendbarkeit der Sorgfaltspflichten für Transplantatprodukte vorsieht. Neu müssen beim Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen und mit überzähligen Embryonen, aus denen Heilmittel hergestellt werden, alle Massnahmen getroffen werden, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlich sind, damit die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet wird. Bei Tieren geht es um die Gesundheit der Empfängertiere und grundsätzlich auch der Spendertiere, wobei aber bei der Entnahme von Organen, Geweben und Zellen immer die tierschützerischen und ethischen Anforderungen einzuhalten sind (u. a. 3R-Prinzipien).
Art. 4 Abs. 1 Bst. adecies Einleitungssatz, aundecies, fbis, hbis, hter sowie 1bis-1quater und 3
Abs. 1 Bst. a decies Einleitungssatz: Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zu der am 18. März 2016 von der Bundesversammlung verabschiedeten Revision des HMG hat der Gesetzgeber die bis dahin auf Verordnungsstufe festgelegten Voraussetzungen für die Erteilung eines Orphan-Drug -Status dazu verwendet, den Begriff «wichtiges Arzneimittel für seltene Krankheiten» in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe adecies zu definieren. Durch das Herauslösen der bereits existierenden Begriffsumschreibung aus ihrer systematischen Stellung im normativen Kontext der VAZV (vgl. 1. Abschnitt: «Humanarzneimittel») und deren Überführung in den Definitionskatalog des HMG wurde aber indirekt der Anwendungsbereich des vereinfachten Zulassungsverfahrens nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f auf Arzneimittel der Human medizin eingeschränkt. Das hat zur Folge, dass Tierarzneimittel seitdem nicht mehr auf der Grundlage dieser Gesetzesbestimmung als «wichtige Arzneimittel für seltene Krankheiten» vereinfacht zugelassen werden können. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass es in der Absicht des Gesetzgebers lag, die beim Erlass der Institutsratsverordnung im Jahre 2006 eingeführten Massnahmen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit im Bereich der Tierarzneimittel für bestimmte, selten auftretende Erkrankungen ( minor use ) oder für Tierarten, für deren Behandlung kein ausreichend grosser Absatzmarkt besteht ( minor species ) (MUMS), wieder rückgängig zu machen. Aus diesem Grunde soll die bestehende Begriffsdefinition dahingehend präzisiert werden, dass sie sich nur auf Arzneimittel der Humanmedizin bezieht, damit die bestehenden Ausführungsbestimmungen über die vereinfachte Zulassung wichtiger Tierarzneimittel für seltene Krankheiten weiterhin beibehalten und auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f abgestützt werden können. Die vorzunehmende Präzisierung in der Begriffsdefinition dient der Sicherstellung, dass Tierarzneimittel mit MUMS-Status nach wie vor gestützt auf Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f vereinfacht zugelassen werden können.
Abs. 1 Bst. a undecies : In Artikel 4 Absatz 1 wird in einem neuen Buchstaben aundecies der Begriff Arzneimittel für neuartige Therapien definiert (international gebräuchlich ist die Bezeichnung «Advanced Therapy Medicinal Products» [ATMP], aber dieser englischsprachige Begriff wird vorliegend nicht verwendet, da die Arzneimittel für neuartige Therapien im HMG auch Tierarzneimittel umfassen, für die in der EU der Begriff « novel therapy veterinary medicinal products » verwendet wird). Zwar liesse sich dieser gestützt auf Artikel 4 Absatz 2 HMG, in Präzisierung des Begriffs der Arzneimittel gemäss Buchstabe a, auch auf Ebene Verordnung definieren. Es ist jedoch eines der erklärten Ziele der vorliegenden Revision, eine transparente und rechtssichere Regulierung für Arzneimittel für neuartige Therapien zu schaffen. Bis heute gibt es in der Schweiz in normativer Hinsicht keine allgemeingültige Begriffsumschreibung. Darüber hinaus sollen für diese Arzneimittel im HMG teilweise besondere Vorschriften gelten, die es notwendig erscheinen lassen, auf eine entsprechende Legaldefinition referenzieren zu können (s. insbesondere im 2. Kapitel die Abschnitte 6 a −6 c ). Somit rechtfertigt es sich, den Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien auf Gesetzesebene separat zu definieren.
Auf EU-Ebene existiert für Humanarzneimittel eine eigene Verordnung, welche den Besonderheiten dieser Arzneimittelkategorie in regulatorischer Hinsicht Rechnung trägt (vgl. hierzu auch oben Ziff. 3.1). Die Begriffsdefinitionen der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007, welche seit Ende 2008 innerhalb der EU gilt, entsprechen (insbesondere bedingt durch die rasante wissenschaftliche Entwicklung der letzten Jahre) nicht mehr durchwegs dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und können auch daher nicht unbesehen ins Schweizer Recht übertragen werden. Es wird jedoch insofern eine Kompatibilität mit dem EU-Recht gewährleistet, als alle Produkte, welche gemäss der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 Arzneimittel für neuartige Therapien darstellen, auch in der Schweiz als solche gelten sollen. Umgekehrt fällt aber nicht jedes Arzneimittel für neuartige Therapien nach Schweizer Recht auch in den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007. Die vorliegende Legaldefinition geht somit weiter, indem sie möglichst alle Produkte, welche aktuell in den wissenschaftlichen Fachkreisen als Arzneimittel für neuartige Therapien eingestuft werden, neu in einer Bestimmung abbildet. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum EU-Recht im Einzelnen werden nachstehend an entsprechender Stelle ausgewiesen.
Die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 umfasst einzig Human arzneimittel (die jedoch auch tierischen Ursprungs sein können), womit die Konstellation «Tier-Tier» (Tierarzneimittel, die aus Organen, Geweben oder Zellen tierischen Ursprungs bestehen oder solche enthalten) von dieser nicht erfasst wird (vgl. Art. 2 Ziff. 1 Bst. a Verordnung (EG) Nr. 1394/2007).
Für Tierarzneimittel wurde in der EU mit der Verordnung (EU) 2019/6 neu die Kategorie «Tierarzneimittel für neuartige Therapien» ( novel therapy veterinary medicinal products ) eingeführt. Diese umfasst eine Vielzahl von neuen und zum Teil experimentellen Therapeutika und ist insbesondere in Artikel 4 Ziffer 43 Buchstabe c mit der Umschreibung «jede andere Therapie, mit der in der Veterinärmedizin Neuland beschritten wird» äusserst weit gefasst. Teilweise fallen die in der neuen EU-Verordnung als neuartige Therapien definierten Tierarzneimittel schon heute in den Geltungsbereich des HMG und seiner Ausführungsverordnungen. Damit können sie für die Anwendung an Tieren in der Schweiz zugelassen werden. Dies betrifft beispielsweise Gentherapeutika, Blutprodukttherapeutika, nanotechnologie-basierte Arzneimittel oder Phagentherapeutika. Ein Teil dieser neuartigen Therapien gilt aktuell allerdings nach schweizerischem Recht als Transplantatprodukte im Sinne der Transplantationsgesetzgebung. Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier, worunter beispielsweise auch Stammzelltherapien fallen, sind im aktuellen Recht nicht abgedeckt, weder im Transplantationsgesetz noch im HMG. Das Transplantationsgesetz erfasst nur den Bereich der Humanmedizin. Das HMG hingegen kann nicht angewendet werden, weil sich Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier nicht unter dem Arzneimittelbegriff subsumieren lassen. Deswegen bestehen auf Bundesebene keine gesetzlichen Regelungen für Transplantatprodukte für die Anwendung am Tier und die betreffenden Produkte können durch die Swissmedic derzeit nicht zugelassen werden.
Mit der Einführung und Definition des Begriffs «Arzneimittel für neuartige Therapien» im HMG sollen sowohl Human- als auch Tierarzneimittel eingeschlossen werden und zudem auch die derzeit in der Transplantationsgesetzgebung geregelte Kategorie der Transplantatprodukte umfassen. Dies ermöglicht es, die derzeit noch fehlenden regulatorischen Anforderungen für das Herstellen und Inverkehrbringen innovativer Tierarzneimittel vorzusehen.
Um die Versorgung der Schweiz auch mit innovativen Tierarzneimitteln in Zukunft sicherzustellen, ist es notwendig, diese möglichst harmonisiert mit der EU zu regulieren. Auch in der EU gibt es aber aktuell noch viele Unsicherheiten, wie diese Regulierung effektiv umgesetzt werden wird. Mit dieser Revision wird deshalb angestrebt, mit den Bestimmungen auf Gesetzesebene dem Bundesrat und den Vollzugsbehörden einen möglichst grossen Spielraum zu geben und die Anforderungen in der Folge auf Verordnungsebene so zu formulieren, dass sie an die diejenigen der EU angeglichen werden können. Damit kann auch der Tatsache, dass die Definitionen der «Tierarzneimittel für neuartige Therapien» ( novel therapy veterinary medicinal products ) in der Verordnung (EU) 2019/6 und «Arzneimittel für neuartige Therapien» im Schweizer HMG nicht identisch sein werden, mit entsprechenden Anpassungen auf Verordnungsebene Rechnung getragen werden. Schliesslich wird sichergestellt, dass die regulatorischen Anforderungen für die gleichen Produktgruppen im Veterinärbereich in der Schweiz und der EU möglichst harmonisiert werden.
Um die Heterogenität dieser neuen Arzneimittelkategorie auf Gesetzesebene abzubilden, setzt sich die Legaldefinition aus vier Ziffern zusammen, welche nachstehend separat erläutert werden. Während Ziffer 1 die neu geschaffene Kategorie der «Nukleinsäureprodukte» erfasst, handelt es sich bei den Ziffern 2 und 3 um Produkte, welche, wie oben ausgeführt, neu vom Geltungsbereich der Transplantationsgesetzgebung ausgenommen und im HMG reguliert werden sollen. Neu werden in einer Ziffer 4 zusätzlich Arzneimittel, welche an Tieren angewendet werden, erfasst. Diese Konzeption geht über eine rein naturwissenschaftlich begründete Kategorienbildung hinaus, da in regulatorischer Hinsicht teilweise unterschiedliche Vorgaben für die einzelnen «Unterkategorien» gelten sollen. So werden beispielsweise alle Nukleinsäureprodukte, basierend auf der bestehenden Legaldefinition in Artikel 3 FrSV und Artikel 3 ESV aus rechtlicher Sicht den Mikroorganismen gleichgestellt, obschon viele dieser Produkte, wie beispielsweise Plasmide oder Oligonukleotide, keine Mikroorganismen im biologischen Sinne sind. Aus diesem Grund werden vor allem auf Verordnungsebene entsprechende Differenzierungen vorgenommen werden müssen. Vor dem Hintergrund der Vorgaben der ESV und der FrSV wurde bereits mit der Inkraftsetzung des HMG für alle DNA- und RNA-Produkte, welche genetische Information kodieren, sowie für Arzneimittel mit gentechnisch veränderten Organismen und Arzneimittel mit potenziell pathogenen Organismen ein koordiniertes Bewilligungs- resp. Zulassungsverfahren etabliert, bei welchem jeweils Swissmedic gehalten ist, das Bundesamt für Umwelt (BAFU), das BAG und die Eidgenössische Fachkommission für biologische Sicherheit (EFBS) miteinzubeziehen. Die neue Legaldefinition wird diesen etablierten und bewährten regulatorischen Prozess unterstützen und mit der Einführung des Begriffs «Nukleinsäureprodukt» wird die Einstufung der einzelnen Produkte erleichtert. Dabei wird nicht danach unterschieden, ob das Präparat synthetisch oder rekombinant hergestellt worden ist und ob es präventiv oder therapeutisch eingesetzt werden soll.
Ziffer 1
Mit der Ziffer 1 soll der Begriff der Nukleinsäureprodukte neu eingeführt werden. Es handelt sich hierbei um Produkte, deren Wirkstoff aus einer oder mehreren rekombinanten biologischen oder synthetisch hergestellten Nukleinsäuresequenzen besteht oder solche enthält. Von dieser Ziffer werden insbesondere reine oder behüllte DNA-Plasmide, mRNA- und RNAi-Produkte, Antisense-Oligonukleotide, Oligonukleotide für die Gen-Editierung und virale Vektoren, welche RNA oder DNA enthalten, sowie Aptamere erfasst. Hiervon ausgeschlossen sind hingegen Nukleinsäuren, welche nur als sogenannte «Adjuvantien» verwendet werden und somit nicht an der beabsichtigten medizinischen Wirkung des Präparats unmittelbar beteiligt sind.
Der Begriff Nukleinsäureprodukt beinhaltet also Produkte, welche aus DNA oder RNA bestehen oder solche enthalten und eine therapeutische oder präventive Wirkung entfalten. Es wird nicht danach unterschieden, ob diese Produkte rekombinant oder synthetisch hergestellt werden, und auch nicht danach, ob es sich um kurze oder lange Nukleinsäuresequenzen handelt. Der Begriff Nukleinsäureprodukt umfasst mehr Produkttypen als gegenwärtig in der EU mit der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 geregelt werden. In der EU sind, neben den Zellen und Gewebeprodukten, nur Gentherapie-Produkte als Arzneimittel für neuartige Therapien definiert, welche rekombinant hergestellt werden und eine therapeutische Wirkung haben. Ein Hauptgrund für die Erweiterung der Produktpalette der Arzneimittel für neuartige Therapien in der Schweiz ist, dass in nächster Zukunft DNA- oder RNA-Produkte rein synthetisch hergestellt werden können. Dies führt in der EU schon heute zu Problemen bei der Anwendung der bestehenden Definition von Gentherapie-Produkten. Allerdings wird gegenwärtig auch in der EU die Definition der Gentherapeutika überarbeitet und der aktuell vorliegende Revisionsvorschlag der Europäischen Kommission 6⁶ sieht vor, dass in Zukunft auch synthetisch hergestellte Nukleinsäuren als Arzneimittel für neuartige Therapien qualifiziert werden sollen (Art. 4 Abs. 1 Ziff. 29). Hinzu kommt, dass basierend auf der FrSV und der ESV in der Schweiz schon seit Jahren die rekombinanten Impfstoffe identisch reguliert werden wie Gentherapie-Produkte mit therapeutischer Wirkung. Als neustes und bekanntestes Beispiel sind hier die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 zu nennen. Ein mRNA-Impfstoff wird aus rechtlicher Sicht auf der Grundlage der FrSV und der ESV einem «Mikroorganismus» gleichgestellt. Als Konsequenz werden bei der Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit solcher Impfstoffe neben der Swissmedic auch andere Behörden (BAFU, EFBS, BAG) involviert. Die Prozesse für die Bewilligung klinischer Versuche und die Erteilung einer Marktzulassung sollen daher in der Schweiz für alle Nukleinsäureprodukte, welche genetische Information enthalten, identisch sein, unabhängig davon, ob diese präventiv oder therapeutisch eingesetzt werden. Die Einführung des Begriffs «Nukleinsäureprodukt» festigt somit die seit Jahren etablierten und bewährten Bewilligungs- und Zulassungsprozesse. Diese Prozesse sind kompatibel mit denjenigen der EU und führen weder zu neuen Anforderungen noch zu regulatorischen Hürden. In den letzten Jahren wurde in der Schweiz für fast jeden Typ von «Nukleinsäureprodukt» bereits ein Arzneimittel zugelassen.
Die Definition unter Ziffer 1 soll auch für Tierarzneimittel gelten. Somit können in Zukunft neu auch Produkte der Ex-vivo-Gentherapie als Tierarzneimittel zugelassen werden. Weitere rechtliche Regelungen, wie sie beispielsweise das Gentechnikgesetz vorsieht, bleiben anwendbar.
Ziffer 2
Ziffer 2 orientiert sich an der aktuellen Begriffsdefinition der Transplantatprodukte in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer 1 Transplantationsverordnung. Zunächst wird das Wort «Produkt» durch «Arzneimittel» ersetzt. Zwar werden Arzneimittel in Buchstabe a definiert als « Produkte chemischen biologischen Ursprungs, […]»; doch greifen auch andere Legaldefinitionen auf dieses Konstrukt zurück (vgl. Bst. abis-aquinquies). Mit dieser kleinen terminologischen Anpassung und dem damit einhergehenden indirekten Verweis auf Buchstabe a soll deutlich gemacht werden, dass es für die Qualifikation eines Produkts als Arzneimittel für neuartige Therapien einer medizini schen Zweckbestimmung bedarf. Da die Definition in der Transplantationsverordnung insofern weitergeht, als diese mangels medizinischer Zweckbestimmung auch Produkte erfasst, welche an sich anderen Zwecken dienen sollen (wie beispielsweise bei den zu Anti-Aging-Zwecken im Rahmen der Frischzellentherapie eingesetzten Zellsuspensionen), soll der Bundesrat in Artikel 2 Absatz 3 neu die Kompetenz erhalten, bestimmte Produkte, die hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind, dem HMG zu unterstellen (s. oben Erläuterungen zu Art. 2 Abs. 3).
Der Zusatz «vital» verdeutlicht, dass es sich jeweils um lebensfähige Organe, Gewebe oder Zellen handeln muss; dies in Abgrenzung zu devitalisierten menschlichen Geweben oder Zellen (vgl. Art. 2 a HMG zu den devitalisierten menschlichen Geweben oder Zellen).
Damit die Verwendung vitaler Organe, Gewebe oder Zellen bei der Herstellung eines Arzneimittels dieses als Arzneimittel für neuartige Therapien qualifiziert, ist erforderlich, dass die Organe, Gewebe oder Zellen entweder substanziell bearbeitet wurden (1. Lemma) oder nicht dazu bestimmt sind, bei der empfangenden Person dieselbe Funktion wie bei der spendenden Person auszuüben (2. Lemma). Der Begriff der «substanziellen Bearbeitung» wird gegenwärtig in der Transplantationsverordnung definiert (vgl. deren Art. 2 Abs. 1 Bst. d, wonach hierunter die Vermehrung von Zellen über eine Zellkultur [Ziff. 1], die genetische Modifikation von Zellen [Ziff. 2] oder die Differenzierung oder Aktivierung von Zellen [Ziff. 3] zu verstehen ist). Im Rahmen der Revision des Ausführungsrechts wird dieser Begriff künftig in einer Verordnung zum HMG näher umschrieben werden. Das Erfordernis nach dem 2. Lemma wird in der Fachsprache als «nicht homologer Gebrauch» ( «non homologous use» ) bezeichnet; im Sinne der sprachlichen Klarheit wird jedoch die aktuelle Formulierung bevorzugt. Auch im Kontext des HMG rechtfertigt es sich, von «spendenden» und «empfangenden» Personen zu sprechen (vgl. etwa Art. 36 HMG zur Tauglichkeit der spendenden Person). Wie bereits aus dem Wortlaut ersichtlich wird, erfasst Ziffer 2 nur Arzneimittel, deren «Ausgangsmaterial» menschlichen Ursprungs ist und welche dazu bestimmt sind, am Menschen angewendet zu werden.
Ziffer 3
Ziffer 3 definiert xenogene Arzneimittel für neuartige Therapien, also Arzneimittel für neuartige Therapien aus vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen, die zur Anwendung am Menschen bestimmt sind. Bisher werden diese im Transplantationsgesetz als Xenotransplantationen geregelt. Im Gegensatz zur geltenden Definition xenogener Transplantatprodukte (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. c Ziff. 2 der Transplantationsverordnung) sollen gemäss vorliegender neuer Definition nur substanziell bearbeitete tierische Organe, Gewebe oder Zellen oder solche für einen nicht homologen Gebrauch als xenogene Arzneimittel für neuartige Therapien eingestuft werden. Nicht substanziell bearbeitete vitale tierische Organe, Gewebe und Zellen für die homologe Verwendung am Menschen werden künftig als xenogene Transplantate eingestuft und weiterhin im Transplantationsgesetz geregelt. Dies entspricht zwar nicht der Definition aus der «Guideline on xenogeneic cell-based medicinal products» der EMA von 2009 ⁶7 , doch weicht die in der Transplantationsgesetzgebung bestehende Definition xenogener Transplantatprodukte heute schon von der europäischen Legaldefinition ab, zumal tierische Organe nach der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 nicht als Arzneimittel für neuartige Therapien eingestuft werden können, selbst wenn sie von genetisch modifizierten Tieren stammen und deshalb grundsätzlich als substanziell bearbeitet gelten würden. Sowohl die in der EU geltende Definition für «somatische Zelltherapeutika» als auch diejenige für «biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte» setzen ein Produkt aus «Gewebe oder Zellen» voraus und schliessen damit den Gebrauch tierischer Organe für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien von vornherein aus. Für eine Gleichbehandlung xenogener Zellen, Gewebe und xenogener Organe spricht nicht nur die Tatsache, dass Organe aus biologischer Sicht nichts anderes als eine Funktionseinheit sind, die aus unterschiedlichen Zellen und Geweben besteht, sondern auch der Umstand, dass es sich in allen drei Fällen um Arzneimittel aus Stoffen tierischer Herkunft handelt, welche ein identisches oder zumindest vergleichbares Innovations- aber auch Risikopotenzial aufweisen. Angesichts dieser ohnehin bereits bestehenden Unterschiede zwischen dem europäischen und dem Schweizer Recht erscheint es sinnvoll, den Begriff «xenogene Arzneimittel für neuartige Therapien» in Analogie zur Legaldefinition der «humanen Arzneimittel für neuartige Therapien» in Ziffer 2 zu umschreiben und auf tierische Organe, Gewebe und Zellen einzuschränken, die bei ihrer Aufbereitung substanziell bearbeitet werden oder bei der empfangenden Person nicht die gleiche Funktion ausüben sollen wie beim Spendertier. Es erschiene nämlich abwegig, die Anwendung nicht oder nur minimal manipulierter Organe, Gewebe oder Zellen (d. h. deren physiologischen Eigenschaften und Funktionen nach ihrer Aufbereitung unverändert bleiben) je nach Herkunft des verwendeten «Ausgangsmaterials» entweder als Verabreichung eines xenogenen Arzneimittels für neuartige Therapien (Organe, Gewebe oder Zellen tierischen Ursprungs) oder als Anwendung eines (humanen) Transplantats (Organe, Gewebe oder Zellen menschlichen Ursprungs) zu qualifizieren und sie damit unterschiedlichen Gesetzgebungen zu unterstellen.
Ziffer 4
Ziffer 4 orientiert sich an den Einleitungssätzen der Ziffern 2 und 3. Ein wesentlicher Unterschied zu Ziffer 3 besteht darin, dass die Organe, Gewebe oder Zellen tierischen Ursprungs dazu bestimmt sind, am Tier angewendet zu werden. In Ziffer 4 soll, anders als bei Ziffer 2 und 3, auf die Erfordernisse der «substanziellen Bearbeitung» oder des «nicht homologen Gebrauchs» verzichtet werden. Auch Ziffer 4 soll nur «vitale» Organe, Gewebe oder Zellen umfassen.
Die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 umfasst einzig Human arzneimittel (die jedoch auch tierischen Ursprungs sein können), womit die Konstellation «Tier-Tier» von dieser nicht erfasst (vgl. Art. 2 Ziff. 1 Bst. a), sondern erst durch die am 28. Januar 2022 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2019/6 (Tierarzneimittel) geregelt worden ist. Mit Ziffer 4 wird für die Schweiz die Begriffsumschreibung auf Präparate der Veterinärmedizin ausgeweitet, um dem Anliegen nach einer Regelung der in der EU neu eingeführten Kategorie der «Tierarzneimittel für neuartige Therapien» ( novel therapy veterinary medicinal products ) Rechnung zu tragen.
Im Rahmen von Ziffer 4 soll, anders als bei den Ziffern 2 und 3, auf die Erfordernisse der «substanziellen Bearbeitung» oder des «nicht homologen Gebrauchs» verzichtet werden. In der EU werden diese Voraussetzungen für den Bereich der Veterinärmedizin in einem Delegierten Rechtsakt zu Anhang II der Verordnung (EU) 2019/6 geregelt ⁶8 , weshalb es auch vorliegend geplant ist, diese beiden Voraussetzungen erst auf Verordnungsebene zu regeln.
Ob für die Herstellung von Tierarzneimitteln aus Zellen und Gewebe ein «industrielles Verfahren» angewendet wurde oder nicht ist entscheidend dafür, ob es unter den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2019/6 (vgl. Art. 2 Ziff. 1 und Ziff. 7 Bst. a) fällt. Falls ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt, gilt die Verordnung (EU) 2019/6 unabhängig davon, ob die Zellen bzw. das Gewebe substanziell bearbeitet wurden oder nicht. Falls kein industrieller Prozess zum Einsatz kommt, gelten in der EU nationale Regelungen, ab wann ein entsprechendes Produkt als Tierarzneimittel gilt. Die «substanzielle Manipulation» ist also nur eine Voraussetzung, um ein Tierarzneimittel als neuartige Therapie im Bereich der Zell- und Gewebetherapie einzustufen. Diese beiden Begriffe werden in der EU in einer Guideline umschrieben ⁶9 . Auch nicht substanziell bearbeitete Zellen bzw. Gewebe könnten demzufolge in Zukunft in der EU als Tierarzneimittel reguliert werden, weshalb Ziffer 4 nicht dieselben Einschränkungen enthalten soll wie die Ziffern 2 und 3.
In der EU wurde das erste Tierarzneimittel für Pferde auf der Basis von Stammzellen bereits im Jahr 2019 zugelassen. Inzwischen wurden in der EU mehrere Stammzellenpräparate zugelassen, weitere sind in Entwicklung. Aufgrund fehlender rechtlicher Grundlagen konnte die Swissmedic jedoch bisher auf Gesuche für Stammzellen-Tierarzneimittel nicht eintreten, was eine Zulassung von solchen Tierarzneimitteln in der Schweiz verhinderte und zu einer Therapielücke führte. Mit der neuen Definition im HMG soll diese Lücke geschlossen werden und es sollen auch Arzneimittel mit Stammzellen für Tiere zugelassen werden können, welche von einer anderen Tierart stammen.
Abs. 1 Bst. f bis : Die im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zu der am 18. März 2016 von der Bundesversammlung verabschiedeten Revision des HMG vom Gesetzgeber eingefügte Definition des Begriffs «Verschreibung» wird an den Geltungsbereich und die Terminologie des HMG angepasst.
Abs. 1 Bst. h bis : Es hat sich gezeigt, dass Resistenzen nicht nur gegen Antibiotika ein Problem sind, sondern vermehrt auch gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe. So umfasst die neue Verordnung (EU) 2019/6 7⁰ nicht nur Pflichten und Massnahmen in Bezug auf antibiotische Wirkstoffe, sondern umfassender in Bezug auf antimikrobielle Wirkstoffe. Der Begriff «antimikrobieller Wirkstoff» wird in Artikel 4 Ziffer 12 VO (EU) 2019/6 definiert als jeder zur Therapie oder zur Abwehr von Infektionen oder Infektionskrankheiten eingesetzte Stoff mit unmittelbarer Wirkung auf Mikroorganismen, einschliesslich Antibiotika, Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika.
Dieser Entwicklung soll vorliegend Rechnung getragen werden, indem das schweizerische Heilmittelrecht ebenfalls Pflichten und Massnahmen für andere antimikrobielle Wirkstoffe als Antibiotika vorsehen soll. Deshalb werden in Artikel 4 eine entsprechende Definition eingefügt sowie im ganzen Erlass - wo notwendig - die Begriffe angepasst. Damit soll die Kompetenz des Bundesrats, Massnahmen zur Reduktion von Antibiotikaresistenzen vorzusehen, auf weitere Resistenzen und damit auf Massnahmen in Bezug auf weitere antimikrobielle Wirkstoffe erweitert werden (s. auch Erläuterungen zu Art. 42 a ).
Auch in Bezug auf das IS ABV ist eine entsprechende Erweiterung notwendig (s. Art. 64 h ).
Abs. 1 Bst. h ter : Auch bei den Antiparasitika nehmen Resistenzen bei einzelnen Tiergruppen zu (kleine Wiederkäuer, Pferde). Deshalb soll das IS ABV auch für die Erfassung von Verbrauchsdaten von Arzneimitteln mit antiparasitären Wirkstoffen verwendet werden können, sofern sich dies aufgrund der Resistenzlage als nötig erweisen sollte (vgl. Art. 64 h ). Die Auswertung dieser Daten soll als Grundlage für Therapieempfehlungen dienen, Massnahmen wie für antimikrobielle Arzneimittel sind nicht vorgesehen. Die Definition entspricht derjenigen von Antiparasitika in der Verordnung (EU) 2019/6 (s. auch Art. 42 a ).
Abs. 1 bis − 1 quater : Der Umgang mit Organen, Geweben und Zellen sowie mit überzähligen Embryonen zum Zwecke der Transplantation oder der Herstellung von Transplantatprodukten ist aktuell im Transplantationsgesetz geregelt. Mit der Überführung der Regelungen zu den Transplantatprodukten ins HMG werden die Begriffe «Organe», «Gewebe», «Zellen», «Embryo» und «überzähliger Embryo» sowie «Fötus» im HMG nun neu mehrmals verwendet. Die Definitionen richten sich nach dem Transplantationsgesetz (Organe, Gewebe, Zellen), dem StFG (Embryo, überzähliger Embryo) und dem FMedG (Fötus). Die Definitionen nach dem Transplantationsgesetz gelten im HMG sowohl für menschliche als auch für tierische Organe, Gewebe oder Zellen. Hingegen beziehen sich die Definitionen des StFG nur auf menschliche Embryonen (Art. 1 Abs. 1 StFG), was auch im Rahmen des HMG so zu verstehen ist. Auch der Begriff des «Fötus» gilt nur für menschliche Föten (Art. 1 Abs. 1 FMedG).
Abs. 3: Wie Artikel 2 Absatz 3 wurde auch Artikel 4 Absatz 3 im Rahmen der neuen Medizinprodukte-Regulierung eingefügt. 7¹ Die neu geschaffene Kategorie der Arzneimittel für neuartige Therapien nach Absatz 1 Buchstabe aundecies beschlägt ein besonders dynamisches Forschungsgebiet, das zum einen in wissenschaftlicher Hinsicht keine einheitliche und klar umrissene Arzneimittelkategorie umfasst und zum anderen seit einigen Jahren einem ständigen, raschen Wandel unterworfen ist. Die schnelle Weiterentwicklung innovativer und bahnbrechender Therapien in den letzten Jahren hat bereits deutlich gezeigt, dass eine statische Begriffsdefinition auf Gesetzesebene durch den rasanten medizinischen Fortschritt schon sehr rasch punktuell überholt sein könnte und somit unter Umständen bereits nach wenigen Jahren wieder angepasst werden müsste. Hinzu kommt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass in den nächsten Jahren auf internationaler Ebene gewisse Regularien (wie beispielsweise die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007), welche bereits heute teilweise als wissenschaftlich überholt betrachtet werden können, revidiert oder neue eingeführt werden. Um eine möglichst weitgehende Harmonisierung, insbesondere mit den analogen Regelungen in der EU zu erreichen, soll daher der Bundesrat die Kompetenz erhalten, den Begriff der Arzneimittel für neuartige Therapien bei Bedarf auf Verordnungsebene punktuell abweichend definieren zu können. Dadurch könnten einerseits Zulassungsprozesse vereinfacht und damit regulatorische Hürden abgebaut werden. Andererseits erscheint es auch denkbar, dass die Versorgung mit Arzneimitteln für neuartige Therapien bei einem möglichst einheitlichen Rechtsrahmen bzw. einem international harmonisierten Begriffsverständnis künftig besser gewährleistet werden kann.
Dies gilt auch für Tierarzneimittel. Definitionen der neuartigen Tierarzneimittel werden in der EU in Ausführungsverordnungen und Richtlinien weiter ausgeführt. Damit eine Harmonisierung trotz einer in der EU offeneren Definition (gemäss Verordnung (EU) 2019/6 gehören zu den neuartigen Therapien «jede andere Therapie, mit der in der Veterinärmedizin Neuland beschritten wird») soweit wie möglich gewährleistet werden kann, soll auf Verordnungsebene eine flexible Anpassung an die diesbezügliche Entwicklung im europäischen Raum zur Verminderung von Therapielücken möglich sein.
6⁶ Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionskodexes für Humanarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/83/EG und der Richtlinie 2009/35/EG, COM/2023/192 final, Vgl. Art. 4 Abs. 1 Ziff. 29, online abrufbar unter:
https://eur-lex.europa.eu > Vorarbeiten > COM/2023/192
.
⁶7 Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research & development > Scientific guidelines > Multidisciplinary: cell
-therapy and tissue engineering > Xenogeneic cell
-based medicinal products (Stand: 1. November 2023).
⁶8 Delegierte Verordnung (EU) 2021/805 der Kommission vom 8. März 2021 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 180 vom 21. Mai 2021, S. 3.
⁶9 Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research & d
evelopment > Scientific guidelines > Cell-based m
e dicinal products > Development data requirements for potency tests o
f cell-based therapy products in relation to
clinical efficac y (Stand: 1. November 2023).
7⁰ Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG, ABl. L 4 vom 7. Januar 2019, S. 43.
7¹ BBl 2019 1 S. 25
Art. 9 Abs. 2quinquies und 3
Abs . 2 quinquies : Durch Aufnahme dieses neuen Absatzes in Artikel 9 soll dieselbe Rechtslage herbeigeführt werden, die bereits mit dem im nTransplantationsgesetz 2023 neu geschaffenen Artikel 2 a Absatz 2 Buchstabe a beabsichtigt wird, wonach die Möglichkeit einer Herstellung zulassungsbefreiter Formula-Arzneimittel zum Schutz der Gesundheit der Patientinnen und Patienten für den Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien ausgeschlossen werden soll. Zugleich soll durch den Ausschluss der Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe e dem Umstand Rechnung getragen werden, dass aufgrund der biologischen Variabilitäten des jeweils für die Herstellung einer Vielzahl von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendeten Ausgangsmaterials der Fokus einer behördlichen Zulassungsprüfung weniger auf die individuelle Zubereitung für die Patientin oder den Patienten, als vielmehr auf der Kontrolle des Herstellungsprozesses liegen muss, und demzufolge bei solchen Präparaten in aller Regel das Herstellungsverfahren im Vordergrund steht. Dies gilt analog auch für Tierarzneimittel für neuartige Therapien. Damit wird e contrario klargestellt, dass einzig die in Buchstabe d von Artikel 9 Absatz 2 HMG für Arzneimittel für klinische Versuche aufgeführte Ausnahme auf Arzneimittel für neuartige Therapien Anwendung finden kann.
Abs. 3: Diese Kompetenzdelegation an den Bundesrat wird punktuell neu formuliert, um bestehende Unklarheiten aufgrund der derzeit geltenden Formulierung zu beheben.
Art. 9c
Befristete Bewilligung zur Anwendung von nicht zugelassenen Arzneimitteln für neuartige Therapien
Die Regelungen in den Absätzen 1 und 2 entsprechen inhaltlich Artikel 2 b Absatz 1 und 3 (nicht zugelassene Transplantatprodukte) des nTransplantationsgesetzes 2023, welche im Rahmen der vorliegenden Revision aufgehoben werden und folglich ins HMG übertragen werden müssen. Nicht notwendig erscheint vorliegend die Übernahme von Artikel 2 b Absatz 2 nTransplantationsgesetz 2023, wonach die Artikel 9-17 HMG, mithin die Regeln des Zulassungsverfahrens, nicht anwendbar sind (einerseits würde somit die vorliegende Bestimmung selbst für nicht anwendbar erklärt; zudem ist bereits dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen, dass es sich um die Anwendung nicht zugelassener Arzneimittel handelt).
Neu ist die Regelung nach Absatz 3, die im Rahmen des Transplantationsgesetzes, welches nur die Transplantation auf den Menschen regelt, gar nicht hätte geregelt werden können. In der Tiermedizin besteht (noch) keine analoge Regelung im Ausland. Für die nicht gewerblich bzw. industriell hergestellten Tierarzneimittel gilt die Verordnung (EU) 2019/6 (Art. 2) nicht. Therapien, welche nicht unter diese Verordnung fallen, werden in der EU voraussichtlich national geregelt werden; entsprechende Texte sind noch nicht publiziert. Dementsprechend sollen in der Schweiz Ausführungsbestimmungen basierend auf den Entwicklungen in der EU auf Verordnungsstufe erfolgen. Um zu verhindern, dass in der Schweiz in Tierspitälern oder Tierarztpraxen in Zukunft bestimmte Tiere aufgrund einer fehlenden Rechtsgrundlage im HMG mit bestimmten Arzneimitteln nicht behandelt werden können, soll eine ähnliche Ausnahmeregelung auch für die Tiermedizin aufgenommen werden. Deshalb soll der Bundesrat bei fehlender Behandlungsmöglichkeit die Bestimmungen nach Absatz 1 auch auf bestimmte Arzneimittel nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4 für anwendbar erklären können. Dieser Absatz soll insbesondere zur Anwendung kommen, wenn Erfahrungswerte auf einen Therapienotstand hinweisen oder in Ländern mit vergleichbarer Arzneimittelkontrolle ähnliche Regelungen in Kraft treten. Damit soll verhindert werden, dass bei Tieren gewisse Therapien nur im Ausland durchgeführt werden können, was neben ökonomisch ungewollten Auswirkungen für den Tierbesitzer erhöhter Aufwand und für die erkrankten Tiere zusätzlicher Stress durch den Transport bedeutet. Risiken entsprechend Absatz 2 für Tier, Mensch und Umwelt werden bei der Erteilung einer Bewilligung auch für die Tiermedizin berücksichtigt.
Art. 9d
Zulassung für das Gewinnungs- oder Herstellungsverfahren zur Anwendung nicht standardisierbarer Arzneimittel
Das Herstellungsverfahren für nichtstandardisierbare Arzneimittel wird in Artikel 33 der VAM in bestimmten Fällen einer Zulassungspflicht unterstellt. Häufig handelt es sich hierbei um Therapiekonzepte, bei welchen körpereigene Substanzen der Patientin oder des Patienten (oder des Tieres) zu einem Produkt verarbeitet und anschliessend an der gleichen Person (oder am gleichen Tier) angewendet werden. Beispiele hierfür sind etwa autologe Eigenserumaugentropfen, aus Eigenserum isolierte oder aufkonzentrierte oder aktivierte körpereigene Botenstoffe, Darmflorapräparate usw. Solche Herstellungsverfahren sind jedoch nur dann zulassungspflichtig, wenn das daraus resultierende Präparat anschliessend in Verkehr gebracht wird. Da nun aber solche patientenspezifischen Präparate häufig durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt selbst hergestellt und entweder an derselben Person wieder angewendet (autologe Anwendung) oder aber bei einer anderen Person, beispielsweise einem Familienmitglied der Spenderin oder des Spenders, eingesetzt werden (allogene Anwendung), hat sich im Rahmen des Vollzugs wiederholt die Frage gestellt, ob in solchen Situationen überhaupt ein Inverkehrbringen im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d HMG vorliegt und damit das von der Ärztin oder vom Arzt jeweils angewendete Herstellungsverfahren einer Zulassungspflicht unterliegt. Beispiele hierfür sind etwa die in der ästhetischen Medizin, aber auch in anderen medizinischen Fachbereichen immer häufiger angebotenen Behandlungen basierend auf der Transplantation von Eigenfett und daraus hergestellter SVF. Hierbei wird subkutanes Fettgewebe einer Patientin oder einem Patienten entnommen, auf verschiedene Arten aufbereitet und anschliessend an einer anderen Stelle derselben Patientin oder demselben Patienten zu unterschiedlichen Indikationen transplantiert, wie beispielsweise zum Volumenaufbau, zur Hautregeneration oder zur Behandlung von Arthrose. Angesichts der besonderen biologischen und funktionellen Eigenschaften und der potenziell schwerwiegenden Risiken, die mit den im Rahmen solcher Therapien hergestellten Produkten einhergehen, soll die Kompetenz des Bundesrats zwecks Behebung der in diesem Kontext aktuell bestehenden Rechtsunsicherheit geklärt werden. Dies, indem ihm die Befugnis eingeräumt wird, die für die Herstellung entsprechender patientenspezifischer Präparate angewendeten Gewinnungs- oder Herstellungsverfahren explizit einer behördlichen Zulassung zu unterstellen, unabhängig davon, ob das Produkt in der Folge in Verkehr gebracht oder direkt als allogenes oder als autologes Arzneimittel angewendet wird.
Art. 11 Abs. 2bis und 2ter
Abs. 2 bis : Dieser neue Absatz dient der Vervollständigung der im Rahmen eines Zulassungsgesuchs einzureichenden Unterlagen für Arzneimittel, die als Bestandteil ein Medizinprodukt enthalten. Ein solches Gesuch muss auch Angaben und Nachweise zur Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen des Medizinprodukterechts beinhalten. Damit wird sichergestellt, dass der Swissmedic alle für die Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit des Gesamtprodukts wesentlichen Angaben zur Verfügung gestellt werden. Als Bestandteil eines Arzneimittels dürfen nur Medizinprodukte verwendet werden, die entweder als solche eine Konformitätserklärung bzw. -bescheinigung aufweisen oder zumindest die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen (vgl. Art. 2 Abs. 1 Bst. f und g i.V.m. Abs. 2 sowie Art. 6 der Medizinprodukteverordnung vom 1. Juli 2020 7² [MepV]).
Abs. 2 ter : Sowohl die generellen Zulassungsvoraussetzungen nach Artikel 10 HMG als auch die allgemeinen Dokumentationsanforderungen nach Artikel 11 HMG sollen auch für Arzneimittel für neuartige Therapien gelten. Diese Arzneimittel haben mitunter ein erhöhtes oder aufgrund der Neuartigkeit, Komplexität oder der technischen Besonderheiten der verwendeten Technologien ein noch teilweise unbekanntes Gefährdungspotenzial (wie beispielsweise das Risiko von Infektionsübertragungen bei xenogenen Zelltherapeutika und manchen Gentransfer-Arzneimitteln, welche replikationsfähige und infektiöse Erreger enthalten können). Es erscheint im Interesse der Patientensicherheit angezeigt, von den Gesuchstellerinnen zur Zulassung solcher Arzneimittel für neuartige Therapien vorab die Einreichung eines Plans für eine Langzeitbeobachtung der unerwünschten Wirkungen und Wirksamkeit der angewendeten Arzneimittel für neuartige Therapien sowie der Rückverfolgbarkeit der behandelten Patientinnen und Patienten und der Arzneimittel zu verlangen. Dies stellt ein wichtiges Planungs- und Handlungsinstrument dar, um die systematische Erfassung der Langzeitwirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen der Arzneimittel und folglich eine rasche Reaktion auf verdächtige Muster unerwünschter Ereignisse zu gewährleisten. Am EU-Recht (Verordnung (EG) Nr. 1394/2007) orientierend, lässt sich dieses Ziel am besten durch eine entsprechende Ergänzung des bereits heute für Humanarzneimittel geforderten Risikomanagement-Plans (RMP) erreichen. Die Zulassungsinhaberinnen sind verantwortlich für die Erstellung und Einreichung des Plans zur Gewährleistung der Nachbeobachtung (s. Art. 59 a Abs. 1). Die Nachbeobachtung der unerwünschten Wirkungen und Wirksamkeit der angewendeten Arzneimittel für neuartige Therapien wird jedoch durch die anwendenden Personen sicherzustellen sein, da die Zulassungsinhaberinnen keinen direkten Kontakt zu den Patientinnen und Patienten haben (s. Art. 59 a Abs. 2). Für die Rückverfolgbarkeit sind sämtliche Beteiligte verantwortlich (s. Art. 59 b ).
Der Plan muss stets aktualisiert und überarbeitet werden, solange das Arzneimittel für neuartige Therapien auf dem Markt ist. Angelehnt an Artikel 14 der EU-Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 soll die Gesuchstellerin in ihrem Plan zur Sicherstellung der Langzeitbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen die Massnahmen zur Minderung der bekannten Risiken festlegen. Je nach Eigenschaft des Präparates müssen durch die Zulassungsinhaberin zusätzliche Anwendungskriterien bestimmt werden, damit eine rasche Reaktion auf verdächtige Muster gewährleistet ist. Bei «CAR-T-Produkten» beispielsweise muss sichergestellt werden, dass nur geschulte Ärztinnen und Ärzte diese Produkte in geeigneten Einrichtungen anwenden. Bei der Risikoidentifikation, Risikobewertung sowie der Planung der Risikominderung muss das Ausgangsmaterial, die Anwendung und Verwendung (autologe oder allogene Anwendung, Manipulationsgrad des Ausgangsmaterials, Zellentypen usw.), die Spende- und Testkriterien, die Qualitätsmerkmale, die Herstellschritte sowie auch die Dosierung als potenzielle Risikofaktoren Beachtung finden. Folglich ist für jedes Arzneimittel für neuartige Therapien eine einzelfallweise Risikoidentifizierung gemessen an seiner Komplexität vorzunehmen.
Schliesslich muss die Zulassungsinhaberin im Plan die Dauer der von ihr als erforderlich erachteten Langzeitbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen nach der Anwendung festlegen. In der EMA-Guideline «Follow-up of patients administered with gene therapy medicinal products» 7³ sowie der FDA «Guidance for Industry» 7⁴ werden für die Arzneimittel für neuartige Therapien eine Dauer für die Langzeitbeobachtung von minimal 5 Jahren verlangt und je nach Beschaffenheit und Risikoprofil des Produktes verlängert. In der Schweiz soll die Dauer der Langzeitbeobachtung je nach Art, Indikationsgebiet und den Besonderheiten des Arzneimittels für neuartige Therapien spezifisch bestimmt werden. Mit der vorliegenden Änderung des HMG werden mehr Produktegruppen unter die Arzneimittel für neuartige Therapien fallen, als dies aktuell im EU-Recht der Fall ist (bspw. mRNA-Impfstoffe). Für die mRNA-Impfstoffe oder Produkte zur Anwendung für die Haut- und Knorpel-Wiederherstellung (sog. Produkte des Zell- bzw. Tissue Engineering ) rechtfertigt sich je nachdem eine kürzere Nachverfolgungsdauer als beispielsweise für Produkte der Gentherapie, welche mittels stabil ins Genom integrierender viraler Vektoren in Körperzellen eingebracht werden und wegen möglicher Entwicklung von sekundären Krebs-Erkrankungen eine längere Nachverfolgungsdauer benötigen. Um der Beschaffenheit und dem Risikoprofil des Arzneimittels für neuartige Therapien im Einzelfall gerecht zu werden, soll die Dauer der Langzeitbeobachtung produktespezifisch festgelegt werden können. Die produktespezifischen Anforderungen an die Dauer der Langzeitbeobachtung werden durch den Bundesrat auf Verordnungsstufe auszuführen sein. Er hat sich diesbezüglich an den Erkenntnissen der Wissenschaft und Technik sowie an die internationale Entwicklung zu orientieren (Art. 59 a ).
Auch für Tierarzneimittel für neuartige Therapien erscheint mit Blick auf die Neuartigkeit, Komplexität und das teilweise unbekannte Gefährdungspotenzial eine entsprechende Anforderung angemessen. Die EMA verlangt für Tierarzneimittel für neuartige Therapien gemäss einem delegierten Rechtsakt 7⁵ zur Verordnung (EU) 2019/6, dass Datenlücken oder Unsicherheiten zum Zulassungszeitpunkt mittels Durchführung von Massnahmen oder Studien zu überwinden sind. Um frühe oder verzögerte Signale von Nebenwirkungen zu erkennen, die klinischen Folgen solcher Reaktionen zu vermeiden, eine rechtzeitige Behandlung zu gewährleisten sowie Informationen über die langfristige Sicherheit und Wirksamkeit der Tierarzneimittel für neuartige Therapien zu gewinnen, müssen in der EU in RMP die vorgesehenen Massnahmen zur Sicherstellung einer Weiterverfolgung im Einzelnen dargelegt werden. Aufgrund der Harmonisierungsbestrebungen zum EU-Recht im Tierarzneimittelbereich soll bei einer Gesuchseinreichung für ein Tierarzneimittel für neuartige Therapien ebenfalls ein RMP verlangt werden können. Da die Swissmedic aktuell beim Vorliegen von Datenlücken oder Unsicherheiten zum Zulassungszeitpunkt eines Tierarzneimittels nur Postmarketing-Auflagen auferlegen kann, ist dieser Systemwechsel notwendig. Die Vorgaben für das Einreichen eines Plans durch die Zulassungsinhaberin richten sich nach Artikel 43 a , der in Bezug auf die Ausgestaltung und die Aufzeichnungspflichten den veterinärmedizinischen Besonderheiten Rechnung trägt. Für die Detailregelungen über den Inhalt und Umfang der im Plan erforderlichen Daten erlässt der Bundesrat Ausführungsbestimmungen.
7² SR 812.213
7³ Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research
and development > Scientific guidelines > Multidisciplinary guidelines > Multidisciplinary:
gene therapy > Guideline on follow -up of patients administered with gene therapy medicinal products
(Stand: 5. Juni 2025).
7⁴ Online abrufbar unter: www.fda.gov > Vaccines, Blood & Biologics > Guidance, Compliance & Regulatory Information (Biologics) > Biologics Guidances > Cellular & Gene Therapy Guidances > Long Term Follow-Up After Administration of Human Gene Therapy Products; Guidance for Industry
(Stand: 1. November 2023).
7⁵ Delegierte Verordnung (EU) 2021/805 der Kommission vom 8. März 2021 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 180 vom 21.5.2021, S. 3.
Art. 14 Abs. 1bis
Die Einreichung eines Zulassungsgesuchs für ein «Arzneimittel mit bekannten Wirkstoffen» auf der Grundlage von Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a soll grundsätzlich auch für Arzneimittel für neuartige Therapien möglich sein, erscheint es doch keineswegs ausgeschlossen, dass auch in diesem Bereich Biosimilars entwickelt und zur Zulassung beantragt werden. Darüber hinaus muss auch das vereinfachte Zulassungsverfahren nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe f HMG auf Arzneimittel für neuartige Therapien Anwendung finden können, handelt es sich doch hierbei um die gesetzliche Grundlage für eine vereinfachte Zulassung von sogenannten Orphan Drugs und MUMS. Denn Arzneimittel für neuartige Therapien werden häufig zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen entwickelt und dementsprechend in der Folge patientenspezifisch oder in kleinen Mengen hergestellt. Die übrigen Tatbestände von Artikel 14 Absatz 1 HMG erscheinen demgegenüber mit Blick auf die Besonderheiten der Kategorie der Arzneimittel für neuartige Therapien, insbesondere der hohen Komplexität in Bezug auf ihre Herstellung und Anwendung, nicht adäquat, weshalb deren Anwendbarkeit auf diese Arzneimittelkategorie bereits auf Gesetzesstufe ausgeschlossen werden soll.
Art. 16 Abs. 2 und 2bis
Aus Gründen der Klarheit wird im Einleitungssatz von Absatz 2 die Einschränkung auf Humanarzneimittel eingefügt, da in Absatz 2bis besondere Bestimmungen für Tierarzneimittel eingeführt werden.
In der EU gilt die Zulassung für ein Tierarzneimittel unbegrenzt (Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2019/6). Die Zulassungsdauer für ein Tierarzneimittel in der Schweiz soll mit der EU harmonisiert und neu auch unbegrenzt gelten. Gestützt auf den geltenden Artikel 16 Absatz 2 HMG wird die Zulassung für ein Tierarzneimittel in der Schweiz erstmals für fünf Jahre verfügt. Die Zulassungsinhaberin muss der Swissmedic sechs Monate vor Ablauf dieser Zulassungsdauer ein Gesuch um Erneuerung der Zulassung des Tierarzneimittels einreichen, wenn sie die Zulassung des Tierarzneimittels weiterhin aufrechterhalten will (Art. 12 VAM). Wird kein Gesuch um Erneuerung der Zulassung gestellt, erlischt die Zulassung des Tierarzneimittels nach Ablauf der erstmalig erteilten Zulassungsdauer von fünf Jahren. Bei einem Gesuch um Erneuerung der Zulassung handelt es sich um ein administratives Verfahren. Wird dieses von der Swissmedic gutgeheissen, gilt die Zulassung für das Tierarzneimittel danach unbegrenzt. Das Verfahren der Erneuerung der Zulassung bedeutet administrativen Aufwand für die Zulassungsinhaberinnen und bietet kaum einen Mehrwert. Nach der Zulassung wird die Überwachung von Sicherheitsaspekten von Tierarzneimitteln durch die Marktüberwachung wahrgenommen und falls notwendig werden geeignete Massnahmen eingeleitet. Durch eine Angleichung der Zulassungsdauer für Tierarzneimittel in der Schweiz an diejenige in der EU können ein Swiss Finish vermieden, administrativer Aufwand und Kosten für die Zulassungsinhaberinnen gesenkt werden.
In der EU besteht für Zulassungen für einen begrenzten Markt (entspricht der Zulassung für Tierarzneimittel mit MUMS-Status in der Schweiz) eine Ausnahme vom Grundsatz der unbegrenzten Zulassung; solche Zulassungen bleiben weiterhin nur fünf Jahre lang gültig (Art. 24 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2019/6). Aufgrund der Tatsache, dass in der Schweiz für Tierarzneimittel mit Minor Use Status jährlich Vertriebszahlen gemeldet werden müssen, d. h. die Legitimation für den Status jährlich unabhängig von einer Erneuerung der Zulassung überprüft wird, kann in der Schweiz auf eine Erneuerung der Zulassungspflicht nach fünf Jahren auch für Tierarzneimittel mit MUMS-Status verzichtet werden. Bei einer allfälligen Anpassung der Minor Species würden die Zulassungsinhaberinnen in jedem Fall durch die Swissmedic kontaktiert werden.
Ausnahmen von der unbefristeten Zulassung sollen einerseits bei einer befristeten Zulassung nach Artikel 9 a HMG gelten und andererseits, wenn der Schutz der Gesundheit von Mensch (Anwendersicherheit, Lebensmittelsicherheit, Umweltsicherheit) oder Tier dies erfordert.
Art. 20 Abs. 2bis und 2ter
Abs. 2 bis : Swissmedic sah sich in Vergangenheit wiederholt mit der Situation konfrontiert, dass sie von zwischenstaatlichen Organisationen und internationalen Institutionen (namentlich der UNO) um eine Bewilligung für die Einfuhr von grösseren Mengen in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln (insbesondere Impfstoffe) zwecks Abgabe an ihr eigenes beziehungsweise Anwendung an ihrem eigenen Personal ersucht wurde. Weder das Heilmittelrecht noch die internationalen Vereinbarungen (Abkommen betreffend Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen; Sitzabkommen) oder die zollrechtlichen Bestimmungen (wie insbesondere die Verordnung vom 13. November 1985 7⁶ über Zollvorrechte der internationalen Organisationen, der Staaten in ihren Beziehungen zu diesen Organisationen und der Sondermissionen fremder Staaten) bieten jedoch hierzu eine ausreichende rechtliche Grundlage, weder für eine Einfuhr ohne noch für eine solche mit einer Bewilligung.
Die Sitzabkommen berechtigen zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen dazu, Güter, die sie für die Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeiten benötigen, direkt einzuführen.
Nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a HMG benötigt eine Bewilligung von Swissmedic (Betriebsbewilligung), wer berufsmässig Arzneimittel für den Vertrieb oder die Abgabe einführt. Der Bundesrat kann allerdings insbesondere für internationale Organisationen Ausnahmen von dieser Bewilligungspflicht vorsehen (Art. 18 Abs. 3 Bst. b HMG). Von dieser Kompetenz hat der Bundesrat bisher noch nicht Gebrauch gemacht. Zudem regelt Artikel 18 HMG nur, wer Arzneimittel einführen darf, nicht jedoch, welche Arzneimittel eingeführt werden dürfen (s. Art. 20 HMG).
In die Schweiz eingeführt werden dürfen gemäss Artikel 20 Absatz 1 HMG grundsätzlich nur zugelassene und nicht zulassungspflichtige Arzneimittel. Nach Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe b HMG kann der Bundesrat aber erlauben, dass nicht zugelassene, verwendungsfertige Arzneimittel von Medizinalpersonen in kleinen Mengen eingeführt werden. Die Ausführungsbestimmungen hierzu finden sich in Artikel 49 AMBV (Einfuhr nicht zugelassener verwendungsfertiger Arzneimittel durch Fachpersonen).
Die Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen lässt sich nicht unter Artikel 20 Absatz 2 subsummieren, da die Einfuhr nicht durch Medizinalpersonen, sondern im Namen und in der Gesamtverantwortung der einführenden Organisation beziehungsweise Institution erfolgt. Zudem betreffen die Einfuhren von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen typischerweise nicht eine «kleinen Menge», sondern grössere Mengen für eine gesamte Belegschaft. Die weiteren Anforderungen nach Artikel 49 AMBV sind in der Regel ebenfalls nicht erfüllt, wie insbesondere, dass «kein alternativ anwendbares und gleichwertiges Arzneimittel in der Schweiz zugelassen oder verfügbar ist». Vielmehr ist die Einfuhr von Arzneimitteln durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen für ihre eigene Belegschaft oft durch budgetäre Restriktionen oder durch verbindliche interne Vorgaben begründet, welche eine internationale Ausschreibung, anstatt einer zwingenden Beschaffung im Gaststaat, vorsehen. Aus diesen Gründen lässt sich die Einfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen in aller Regel nicht auf die bestehenden Bestimmungen der Heilmittelgesetzgebung stützen.
Zwischen den heilmittelrechtlichen Einfuhrbestimmungen und den Vorrechten gemäss Sitzabkommen besteht deshalb ein Konflikt, der hier explizit geklärt werden soll. Um die Rolle und Verpflichtungen der Schweiz als Gaststaat nicht zu belasten, ist es angebracht, die Grundlage für eine Regelung auf Verordnungsstufe zu schaffen, wonach zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen in der Schweiz nicht zugelassene verwendungsfertige Humanarzneimittel in der für die Versorgung ihres eigenen Personals erforderlichen Menge einführen können. Dabei sollen als Adressaten dieser Erleichterung ausschliesslich die zwischenstaatlichen Organisationen und internationalen Institutionen gelten, mit denen die Schweiz ein Abkommen betreffend Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen abgeschlossen hat (vgl. die Liste des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten 7⁷ ). Die Regelung wird aus systematischen Gründen als Absatz 2bis aufgenommen. Der Regelungsinhalt des bisherigen Absatz 2bis wird in einen neuen Absatz 2ter verschoben. Die Voraussetzungen für die Einfuhr sowie die übrigen Anforderungen werden vom Bundesrat definiert. Es wird zu prüfen sein, ob die behelfsmässig auf Verordnungsstufe erlassene Koordinationsbestimmung (Art. 49 a AMBV) angepasst werden muss.
Abs. 2 ter : Diese Bestimmung enthält den Regelungsinhalt des bisherigen Absatz 2bis (s. Erläuterungen zu Abs. 2bis). Die französische und italienische Fassung wird geringfügig redaktionell angepasst.
7⁶ SR 631.145.0
7⁷ www.eda.admin.ch > Aussenpolitik > Völkerrecht > Privilegien und Immunitäten
Art. 21 Abs. 2 und 2bis
Absatz 2 wird redaktionell angepasst, indem am Satzanfang «der Bundesrat» durch das Pronomen «er» ersetzt wird.
Gemäss Absatz 2bis kann der Bundesrat vorsehen, dass die nach Artikel 20 Absatz 2bis durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen eingeführten in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimittel für die Versorgung des Personals der regionalen Zentren der zwischenstaatlichen Organisationen und internationalen Institutionen wiederausgeführt werden können. Die Voraussetzungen für die Wiederausfuhr sowie die übrigen Anforderungen sind auf Verordnungsstufe (AMBV) festzulegen.
Art. 23b
Spezifische Anforderungen an die Abgabe oder Anwendung
In den letzten Jahren wurden vermehrt Arzneimittel zugelassen, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht ohne Weiteres auf Basis der Grundlage der allgemeinen Kompetenzregelung von Artikel 24 und 25 abgegeben (z. B. in einer Apotheke oder von einer Ärztin oder einem Arzt) oder angewendet (z. B. in einem Spital) werden sollten. Es handelt sich hierbei um Arzneimittel, für deren Abgabe oder Anwendung zum Schutz der Gesundheit der Patientinnen und Patienten entweder zusätzliches Fachwissen nötig ist oder spezifische Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden müssen. Als Beispiel können vorliegend etwa bestimmte Gentherapieprodukte aufgeführt werden, deren Anwendung von schweren Nebenwirkungen begleitet sein kann und daher eine engmaschige intensivmedizinische Überwachung erfordert, weshalb sie nur in einem von der Herstellerin zertifizierten Behandlungszentrum (i. d. R. ein Spital) angewendet werden dürfen. Gemäss Artikel 1 Absatz 1 soll das HMG zum Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier gewährleisten, dass nur qualitativ hochstehende, sichere und wirksame Heilmittel in Verkehr gebracht werden. Dabei ist nicht nur das Arzneimittel selbst massgebend, sondern auch gewisse Aspekte in Bezug auf die Abgabe und die Anwendung des Arzneimittels. Aktuell fehlt es jedoch an einer spezifischen Rechtsgrundlage, welche es explizit ermöglichen würde, dass die Swissmedic bei ihrem Zulassungsentscheid zusätzlich spezifische Anforderungen in Bezug auf die Abgabe oder Anwendung des betreffenden Arzneimittels statuieren kann. Zwar sieht Artikel 16 vor, dass die Zulassung mit Auflagen und Bedingungen verknüpft werden kann, aus der Systematik ist jedoch nicht genügend klar, dass sich diese nicht nur auf das Produkt selbst beziehen, sondern auch weitergehen können. Es soll nun klargestellt werden, dass im Rahmen der Zulassung eines Arzneimittels spezifische Anforderungen für dessen Abgabe oder Anwendung festgelegt werden können, also Anforderungen, die nicht nur die Zulassungsinhaberin betreffen (Aufnahme in die Fachinformation), sondern die sich auch auf Dritte erstrecken. Dies gilt jedoch nur, soweit der Schutz der Gesundheit der behandelten Patientinnen und Patienten sowie der Tiere dies erfordert, wodurch der Ausnahmecharakter dieser Bestimmung unterstrichen wird. Solche spezifischen Anforderungen für die Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels können insbesondere durch die Aufnahme einer Auflage in der Zulassungsverfügung oder durch die Aufnahme entsprechender Einschränkungen in der Fachinformation festgelegt werden. Zwar sind weder Anwendungseinschränkungen in der Fachinformation noch Auflagen gegenüber Dritten selbständig erzwingbar, doch stellt die Anwendung eines Arzneimittels ausserhalb der in der Fachinformation aufgeführten Einschränkungen ein Off-Label-Use dar. Insofern wird die Therapiefreiheit der abgebenden oder anwendenden Medizinalpersonen durch solche spezifischen Anforderungen nicht eingeschränkt, doch liegt die Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels in Abweichung zu den in der Fachinformation festgelegten Anforderungen in der alleinigen Verantwortung der jeweiligen Medizinalperson. Auch die Nichterfüllung einer Zulassungsauflage würde bei der Prüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten der jeweiligen Medizinalperson Berücksichtigung finden.
Art. 26 Abs. 2bis Bst. b und 5−8
Abs. 2 bis Bst. b: Da zukünftig die Verschreibung von Humanarzneimitteln zur Anwendung am Menschen grundsätzlich elektronisch ausgestellt wird ( Abs. 5 ), gilt die Anforderung, dass die Wahl des Leistungserbringers nicht durch technische Hindernisse eingeschränkt sein darf, neu in jedem Fall. Elektronische Verschreibungen existieren in digitaler Form und gelten als immaterielle Daten, an denen keine Eigentumsrechte bestehen. Deshalb wird der erste Satz von Absatz 2bis Buchstabe b, der besagt, dass die Verschreibung Eigentum der Person ist, für die sie ausgestellt wurde, gestrichen. Mit der Festlegung der Anforderungen an die Systeme (vgl. Art. 26 Abs. 8) wird sichergestellt, dass jede von einer Ärztin bzw. einem Arzt (sowie einer nach kantonalem Recht zur Verschreibung berechtigten Person) ausgestellte elektronische Verschreibung in jeder Apotheke bzw. Drogerie in der Schweiz elektronisch eingelöst werden kann. Absatz 2bis Buchstabe b dritter Satz wird demzufolge ebenso gestrichen. Zudem wird der im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zur Revision des HMG vom 18. März 2016 eingefügte Buchstabe b an den Geltungsbereich und die Terminologie des HMG angepasst.
Abs. 5: Um die Patientensicherheit zu erhöhen und auch Missbräuche von Mehrfacheinlösungen oder Fälschungen von Verschreibungen zu vermeiden, sollen Verschreibungen neu auf elektronischem Weg ausgestellt und eingelöst werden müssen. Auf Verlangen der Patientin oder des Patienten kann die Verschreibung als Ausdruck in Papierform zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall handelt es sich um einen Ausdruck der elektronischen Verschreibung; der Verschreibungsprozess erfolgt trotzdem auf elektronischem Weg. Die Verschreibung muss in jedem Fall elektronisch lesbar sein. Handschriftliche Signaturen sind nicht mehr möglich. Durch die strukturierte und elektronisch lesbare Erstellung von Verschreibungen werden die Dokumente auch barrierefrei zugänglich.
Mit Absatz 5 werden Ärztinnen und Ärzte (sowie weitere nach kantonalem Recht zur Verschreibung berechtigte Personen) verpflichtet, künftig Verschreibungen von Humanarzneimitteln zur Anwendung am Menschen elektronisch zu erstellen. Dementsprechend hat auch die Einlösung der Verschreibung oder die Teileinlösung einer Dauerverschreibung in der Apotheke oder Drogerie elektronisch zu erfolgen. Dies gilt für alle Humanarzneimittel, auch solche, die Betäubungsmittel enthalten und nach Artikel 48 der Betäubungsmittelkontrollverordnung vom 25. Mai 2011 ⁷8 (BetmKV) verschrieben werden (einfaches Rezept). Angestrebt wird grundsätzlich, dass in Zukunft das Betäubungsmittelrezept nach Artikel 47 BetmKV ebenfalls elektronisch ausgestellt und eingelöst wird. Ob und wie dies mit Blick auf die erhöhten Sicherheitsanforderungen dieser Rezepte möglich ist, soll nach der Umsetzung der Verpflichtung in Bezug auf die elektronischen einfachen Rezepte geprüft werden. Die erhöhten Sicherheitsanforderungen der Betäubungsmittelrezepte nach Artikel 47 BetmKV müssen in jedem Fall weiterhin gewährleistet sein. Die Verschreibung und Abgabe von Tierarzneimitteln und von Humanarzneimitteln zur Anwendung beim Tier im Rahmen der Umwidmung bleibt von der Regelung unberührt und erfolgt weiterhin nach den Bestimmungen der TAMV. Die Verschreibung von Medizinprodukten und die Einlösung von solchen Verschreibungen sollen gemäss Artikel 48 Absatz 2 HMG, wonach Artikel 26 HMG sinngemäss auch für Medizinprodukte gilt, künftig ebenfalls auf elektronischem Weg erfolgen.
Bei der elektronischen Verschreibung werden in einer durch das Gesetz gerechtfertigten Weise (besonders schützenswerte) Personendaten bearbeitet. Es sind deshalb die datenschutzrechtlichen Vorgaben nach Bundes- bzw. kantonalem Recht anwendbar. Die Gesundheitsfachpersonen sind dafür verantwortlich, dass sie für die Ausstellung und Einlösung der Verschreibungen Systeme verwenden, die den Datenschutz und die Datensicherheit gewährleisten. Es gelten die Anforderungen gemäss der Datenschutzgesetzgebung (Datenschutzgesetz vom 25. September 2020 ⁷9 [DSG] und Datenschutzverordnung vom 31. August 2022 8⁰ [DSV] bei Privaten bzw. kantonale Datenschutzerlasse bei kantonalen Einrichtungen). Wenn eine Datenbearbeitung ein hohes Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person mit sich bringen kann, muss die für die Bearbeitung verantwortliche Person vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung im Sinne von Artikel 22 DSG (insbesondere Privatpersonen wie Privatkliniken, Arztpraxen oder private Apotheken) oder gemäss den kantonalen Datenschutzbestimmungen (z. B. kantonale Spitäler) durchführen. Dabei kann allenfalls auch die Wahl des elektronischen Systems eine Rolle spielen. Die Digitalisierung der Verschreibung ändert nichts an den inhaltlichen Minimalanforderungen einer Verschreibung gemäss Artikel 51 VAM.
Abs. 6: Für das Ausstellen und Einlösen der elektronischen Verschreibung müssen Systeme angewendet werden, die die in den Buchstaben a−e aufgeführten Anforderungen erfüllen, deren Details der Bundesrat gemäss Absatz 8 festlegen wird. Diese Pflicht stellt einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) dar. Er muss den Eingriffsvoraussetzungen nach Artikel 36 BV genügen. Die vorgesehene Massnahme dient der Patientensicherheit. Zu deren Verbesserung ist sie geeignet. Sie erscheint auch als erforderlich, da bei einer freien Wahl elektronischer Systeme, an welche keine technischen Voraussetzungen gestellt werden, auf keine andere Weise die Interoperabilität und damit eine sichere Verschreibung gewährleistet werden kann. Der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit wiegt für die betroffenen Privaten nicht besonders schwer, weil die Verwendung von Systemen, die diese Anforderungen erfüllen, die tägliche Arbeit der beteiligten Personen wesentlich erleichtert, da damit das einwandfreie Funktionieren der Arzneimittelabgabe auf Verschreibung hin sichergestellt ist. Umgekehrt handelt es sich bei der Patientensicherheit um ein gewichtiges Interesse, das ebenfalls grundrechtlichen Schutz erfährt (Art. 10 Abs. 2 BV, Schutz der körperlichen und geistigen Unversehrtheit). Der Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit erscheint daher als zumutbar und insgesamt verhältnismässig.
Bst. a: Die Integrität und die Authentizität der Verschreibung muss sichergestellt sein. So muss bereits nach geltendem Recht die elektronische Signatur der elektronischen Verschreibung die Anforderungen gemäss Artikel 51 Absatz 2 VAM erfüllen. Demnach kann entweder eine qualifizierte elektronische Signatur (vgl. Art. 14 Abs. 2bis OR i.V.m. den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die elektronische Signatur vom 18. März 2016 8¹ [ZertES]) oder ein Übermittlungsweg gewählt werden, welcher die Sicherheitsfunktionen wie die Sicherung der Authentizität (betrifft die Frage, ob das Dokument tatsächlich vom angegebenen Absender stammt), der Datenintegrität (Schutz vor Verfälschungen) sowie der Vertraulichkeit gleich gut gewährleistet wie die qualifizierte elektronische Signatur.
Auf Verlangen der Patientin oder des Patienten kann künftig die Verschreibung als Ausdruck in Papierform zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall muss die elektronische Signatur als maschinenlesbare Komponente (z. B. QR-Code) abgebildet sein. Handschriftliche Signaturen sind nicht mehr zulässig.
Bst. b: Die Datenschutzgesetzgebung gilt unabhängig davon, ob sie als Anforderung explizit aufgeführt wird. Vorliegend soll jedoch die Datensicherheit explizit als Anforderung festgelegt werden, da die Regelung über die allgemeinen Vorschriften der Datenschutzgesetzgebung hinausgeht (Pflicht zur Protokollierung der Zugriffe). Aufgrund der datenschutzrechtlichen Vorschriften sind die Gesundheitsfachpersonen u. a. für eine sichere Kommunikation bei der elektronischen Übermittlung der Verschreibungen verantwortlich, indem sie geeignete technische und organisatorische Massnahmen im Sinne von Artikel 8 DSG und Artikel 3 DSV treffen.
Gesundheitsfachpersonen müssen sich zudem für Abfragen der elektronischen Verschreibungen bei anerkannten Identity Providern authentifizieren. Zudem muss der Zugriff zur Bearbeitung von elektronischen Verschreibungen über die Grenzen der Lösungsanbieter mit einheitlichen Zugriffsrechten autorisiert werden. Zugriffrechte auf die Daten sollen nur die berechtigten Gesundheitsfachpersonen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (d. h. für die Bearbeitung im Rahmen der aktuellen Behandlung einer bestimmten Person: Ausstellung bzw. Einlösung von Verschreibungen) sowie die Personen, für die Verschreibungen ausgestellt wurden (nur Leserecht), haben.
Schliesslich müssen Zugriffe auf elektronische Verschreibungen revisionssicher (d. h. verfälschungssicher) protokolliert werden.
Bst. c: Die verschiedenen von den Gesundheitsfachpersonen genutzten elektronischen Systeme müssen untereinander interoperabel sein. Aktuell etablieren sich regional und überregional sowohl Systeme, bei welchen die Daten der Verschreibung als QR-Code auf Papier von System zu System oder in Apps von Patientinnen und Patienten übermittelt werden, als auch Systeme, in denen die Daten der Verschreibung in Datenspeichern gespeichert und von Gesundheitsfachpersonen mittels Codes oder Patientenidentitäten abgerufen werden können. Damit diese Systeme die Daten der Verschreibung untereinander sicher austauschen können, müssen sie interoperable Schnittstellen für den Datenaustausch unterstützen. Damit wird sichergestellt, dass die Wahl des Leistungserbringers nicht durch technische Hindernisse eingeschränkt wird, dass also jede von einer Ärztin bzw. einem Arzt (sowie anderen nach kantonalem Recht zur Verschreibung berechtigten Personen) ausgestellte elektronische Verschreibung in jeder Apotheke bzw. Drogerie in der Schweiz elektronisch eingelesen und eingelöst werden kann.
Mittels einer digitalen Anwendung nach Wahl der Ärztin oder des Arztes (sowie weiterer nach kantonalem Recht zur Verschreibung berechtigten Personen) werden die Verschreibungen elektronisch ausgestellt. Die erfassten Daten sind in einem strukturierten, maschinenlesbaren Format abzuspeichern und bereitzustellen. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die Automatisierung der notwendigen Datenflüsse und der betroffenen Prozesse. Für die Übermittlung des Dokuments der elektronischen Verschreibung kann die Ärztin oder der Arzt (sowie weitere nach kantonalem Recht zur Verschreibung berechtigte Personen) verschiedene Übermittlungswege wählen.
Bst. d: Die technischen Lösungen für die elektronische Verschreibung müssen zu jedem Zeitpunkt gewährleisten, dass Informationen über den aktuellen Status der Verschreibung abgerufen werden können.
Es sind beispielsweise vollständige Einlösungen oder Teileinlösungen elektronisch festzuhalten. So können unzulässige Arzneimittelabgaben verhindert werden. Wird eine Verschreibung als Ausdruck in Papierform zur Verfügung gestellt, so muss über eine maschinenlesbare Komponente (z. B. QR-Code) der Status der Verschreibung abgerufen werden können.
Bst. e: Damit die von den Gesundheitsfachpersonen genutzten elektronischen Systeme interoperabel sind und Daten der Verschreibungen untereinander sicher austauschen können, müssen sie interoperable Schnittstellen für den Datenaustausch unterstützen, z. B. zum Einlösen von Verschreibungen in einem System, wenn die Verschreibungen in einem anderen System erfasst wurden. Die zum Datenaustausch benötigten Kommunikationsparameter müssen allen Systemen bekannt sein, wie zum Beispiel die URL ( Uniform Resource Locator ) oder die kryptographischen Schlüssel zur Prüfung der Authentizität. Dazu soll das BAG ein öffentliches Verzeichnis der Kommunikationsparameter führen (Abs. 7). Die von den Gesundheitsfachpersonen verwendeten Systeme müssen gewährleisten, dass dem BAG jeweils die aktuellen Kommunikationsparameter für ein öffentliches Verzeichnis zur Verfügung stehen.
Abs. 7: Das BAG stellt ein Verzeichnis zur Verfügung, bei dem die Betreiber der elektronischen Systeme die Kommunikationsparameter aller anderen Systeme über Schnittstellen abfragen können.
Abs. 8: Der Bundesrat hat bereits Anforderungen für die bisher wahlweise mögliche elektronische Verschreibung (Art. 51 Abs. 2 VAM) und deren Format bei der Integration ins EPD (Art. 51 Abs. 4 VAM) erlassen. Mit der neuen Delegationsnorm erhält der Bundesrat die Kompetenz, Anforderungen an die für die Ausstellung und Einlösung der Verschreibungen zu verwendenden Systeme näher zu umschreiben. Er erhält zudem die Kompetenz, die Regelung technischer Details an das BAG zu delegieren, da der Konkretisierungsaufwand, das Niveau der Technizität und die Anforderungen an das notwendige Spezialistenwissen sehr hoch sind. Mit diesen Anforderungen soll sichergestellt werden, dass die Personen, die Verschreibungen ausstellen oder einlösen, ihren Verpflichtungen nach den Absätzen 5 und 6 nachkommen können. Das bedeutet konkret, dass Gesundheitsfachpersonen für die Bearbeitung und Bereitstellung von Verschreibungsdaten elektronische Systeme nutzen, die auf dem Markt angeboten werden. Auf ein vom Bund betriebenes System wird verzichtet.
⁷8 SR 812.121.1
⁷9 SR 235.1
8⁰ SR 235.11
8¹ SR 943.03
Art. 26a
Medikationsplan
Abs. 1: Der Medikationsplan ist eine Übersicht der verschriebenen oder abgegebenen Arzneimittel, welche die Patientin oder der Patient aktuell einnimmt bzw. einnehmen soll, inklusive der Arzneimittel, die durch Gesundheitsfachpersonen angewendet werden. Diese Definition umfasst auch die verschriebenen Arzneimittel, welche der Patientin oder dem Patienten noch nicht abgegeben wurden oder noch nicht zur Einnahme zur Verfügung stehen.
Bei multimorbiden Patientinnen und Patienten bzw. Patientinnen und Patienten mit einer Polymedikation ist das Risiko grösser, dass sich mehrere Wirkstoffe bei gleichzeitiger Einnahme gegenseitig im Organismus beeinflussen. Das Ziel des Medikationsplans ist es, die Medikationssicherheit sowie die Akzeptanz und die Adhärenz der Therapie (d. h. die Einhaltung der Therapie durch Patientinnen und Patienten) vor allem bei dieser Patientengruppe zu erhöhen. Um mehr Transparenz bei der Medikation zu schaffen und dadurch das Risiko von Interaktionen bei einer Polymedikation frühzeitig erkennen sowie diesem Risiko entgegenwirken zu können, sollen Gesundheitsfachpersonen einen Medikationsplan grundsätzlich bereits ab der Einnahme eines Arzneimittels erstellen, unabhängig von der Zeitdauer, über welche das Arzneimittel eingenommen wird (s. die Ausnahmemöglichkeit gemäss Abs. 3 Bst. a).
Die Pflicht zur Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans ändert nichts an den bestehenden Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der Gesundheitsfachpersonen bezüglich Verschreibung, Abgabe oder Anwendung von Arzneimitteln. Sie bezieht sich auf Personen, die Arzneimittel verschreiben, abgeben oder anwenden (vgl. Art. 24−26 HMG). Dies beinhaltet auch die Abgabe via Versandhandel nach Artikel 27 HMG. Wie bei der sog. «Abgabe unter Kontrolle» dürfen ausgebildete Fachpersonen den Medikationsplan erstellen bzw. aktualisieren, wenn eine abgabeberechtigte Person diese Tätigkeit beaufsichtigt.
Um dem Ziel der Verbesserung der Medikationssicherheit durch Vermeidung von Interaktionen zwischen gleichzeitig einzunehmenden Arzneimitteln nachzukommen, müssen grundsätzlich sämtliche Arzneimittel, welche potenziell Interaktionen mit anderen Arzneimitteln aufweisen, im Medikationsplan aufgenommen werden. Dies umfasst zunächst verschreibungspflichtige Arzneimittel, inklusive jener, welche ohne Verschreibung von Apothekern und Apothekerinnen abgegeben werden dürfen (Art. 24 Abs. 1 Bst. a HMG). Auch Arzneimittel, deren Abgabe eine Fachberatung voraussetzt, sind erfasst (Art. 25 HMG). Gemäss Artikel 23 Absatz 2 Satz 2 HMG sind die Artikel 24-27 sowie 30 HMG für frei verkäufliche Arzneimittel (Arzneimittel der Kategorie E; vgl. Art. 44 VAM) nicht anwendbar.
Wesentlicher Bestandteil der Erstellung bzw. Aktualisierung des Medikationsplans ist der sogenannte Medikationsabgleich. Dabei überprüfen Gesundheitsfachpersonen bei der Verschreibung, Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels und bevor sie ein neues Arzneimittel in den Medikationsplan eintragen, die vollständige Medikation einer Patientin oder eines Patienten. Ziel des Medikationsabgleichs ist es, alle aktuell eingenommenen Arzneimittel systematisch zu erfassen und auf mögliche Wechselwirkungen, Doppelverordnungen oder Unklarheiten zu prüfen. Die konkreten Anforderungen und Abläufe für den Medikationsabgleich werden auf Verordnungsstufe näher geregelt.
Die Pflicht zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans durch die dafür verantwortliche Person ist nicht abhängig von der vorgängigen Zustimmung der Patientin oder des Patienten. Ebenso wenig können Patientinnen oder Patienten der Erstellung oder Aktualisierung eines Medikationsplans widersprechen. Eine solche «Verzichtsmöglichkeit» ist auch in der Motion Stöckli 21.3294 « Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten » vom 18. März 2021 nicht vorgesehen. Um dem Schutz der Patientinnen und Patienten im vorliegenden Kontext bestmöglich nachzukommen, ist ein vollständiger Medikationsplan notwendig. Nur so kann gewährleistet werden, dass alle behandelnden Personen entlang der Behandlungskette vollständig über die aktuelle Medikation einer Patientin oder eines Patienten informiert sind und so insbesondere Kontraindikationen oder schweren Nebenwirkungen, die sich durch einen vollständigen Medikationsplan vermeiden liessen, vorgebeugt werden können. Insofern ist im Rahmen der Güterabwägung der Schutz der Patientinnen und Patienten höher zu gewichten als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. soll auf das Einräumen eines Rechts, der Erstellung oder Aktualisierung eines Medikationsplans zustimmen oder widersprechen zu können, aus gesundheitspolizeilichen Gründen verzichtet werden. Davon abzugrenzen sind die in der Kompetenzdelegation an den Bundesrat vorgesehenen Konstellationen, in denen die Pflicht zur Erstellung oder Aktualisierung des Medikationsplans auf Verordnungsstufe eingeschränkt oder aufgehoben werden kann (vgl. hierzu Abs. 3).
Abs. 2: Der Medikationsplan muss elektronisch ausgestellt und aktualisiert werden. Auf Verlangen der Patientin oder des Patienten kann künftig der Medikationsplan als Ausdruck in Papierform zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall handelt es sich um einen Ausdruck des elektronischen Medikationsplans. Das Format des Medikationsplans muss in jedem Fall elektronisch lesbar sein. Durch die strukturierte und elektronisch lesbare Erstellung von Medikationsplänen werden die Dokumente auch barrierefrei zugänglich.
Der Medikationsplan soll jeweils in den Anwendungen, die den Gesundheitsfachpersonen zur Verfügung stehen, bearbeitet und anschliessend für die Patientinnen und Patienten wieder ausgedruckt bzw. elektronisch zur Verfügung gestellt werden. Bei der Aktualisierung ist insbesondere darauf zu achten, dass die Patientinnen und Patienten jeweils den aktuellen Plan zur Verfügung haben. Die Gesundheitsfachpersonen, die an eine nach EPDG zertifizierten Gemeinschaft oder Stammgemeinschaft angeschlossen sind, sind verpflichtet, behandlungsrelevante Dokumente, wie den Medikationsplan, im EPD abzulegen (s. Ziff. 1.1.2). Wie bei der elektronischen Verschreibung (vgl. Erläuterungen zu Art. 26 Abs. 5) sind auch hier die jeweiligen Gesundheitsfachpersonen dafür verantwortlich, dass die Datenschutzgesetzgebung eingehalten wird.
Absatz 3 delegiert dem Bundesrat die Kompetenz zur Regelung verschiedener Aspekte.
Zunächst muss der Inhalt des Medikationsplans definiert werden. Ein Medikationsplan enthält zumindest folgende Daten: Name und Vorname der Patientin oder des Patienten, Geschlecht, Geburtsjahr, Wirkstoffname(n), bei Bedarf Name des Präparats (Produktname), Wirkstoffmenge pro Einheit (Dosis pro Einheit), Darreichungsform, Dosierung, Anwendungsanweisungen, Anwendungsdauer, Behandlungsgrund, Datum des Eintrags und Name der Person, durch welche der Medikationsplan erstellt oder aktualisiert wurde.
Bst. a: Die Pflichten nach Absatz 1 gelten grundsätzlich unabhängig davon, wie viele Arzneimittel von einer Person eingenommen werden und kommen insbesondere bereits bei einer einmaligen Einnahme eines Arzneimittels zur Anwendung. Es kann jedoch angezeigt sein, dass die Pflicht zur Erstellung bzw. Aktualisierung eines Medikationsplans erst ab einer bestimmten Anzahl eingenommener Arzneimittel über einen bestimmten Zeitraum gilt. So wäre es möglich, Artikel 26 a auf die Fälle von Polymedikation zu beschränken (bspw. könnten die Pflichten dieses Artikels erst ab der Einnahme von drei Arzneimitteln über einen Zeitraum von einem Monat gelten).
Bst. b: Der Bundesrat kann bestimmte Gesundheitsfachpersonen von der Pflicht zur Erstellung oder Aktualisierung eines Medikationsplans befreien. Die bestehenden Sorgfaltspflichten der Gesundheitsfachpersonen bei der Verschreibung, Abgabe oder Anwendung eines Arzneimittels bleiben davon aber unberührt bzw. gelten in jedem Fall.
Bst. c: Zudem kann der Bundesrat in gewissen Fällen vorsehen, dass kein Medikationsplan erstellt oder aktualisiert werden muss. In bestimmten Fällen kann die Offenlegung verschriebener oder abgegebener Arzneimittel im Medikationsplan als belastend oder stigmatisierend empfunden werden. Dazu zählen beispielsweise Notfallkontrazeptiva oder Arzneimittel, die nach traumatischen Erlebnissen, wie etwa einer Vergewaltigung, eingenommen werden müssen.
Abs. 4: Für die Erstellung und Aktualisierung der Medikationspläne müssen Systeme verwendet werden, die die in den Buchstaben a−d aufgeführten Anforderungen erfüllen, deren Details der Bundesrat bzw. das BAG gemäss Absatz 6 festlegen wird. Diese Pflicht stellt einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) dar, der jedoch vorliegend als zulässig zu beurteilen ist (vgl. sinngemäss Erläuterungen zu Art. 26 Abs. 6).
Bst. a: Die Integrität und die Authentizität des Medikationsplans sind sicherzustellen. Ähnlich wie bei der elektronischen Verschreibung (vgl. Art. 26 Abs. 6 Bst. a) soll der Medikationsplan entweder mit einer elektronischen Signatur versehen werden oder das Dokument ist in einer Form zu übermitteln, die die Sicherheitsfunktionen wie die Sicherstellung der Authentizität, der Integrität der Daten sowie der Vertraulichkeit in gleicher Weise gewährleistet wie die qualifizierte elektronische Signatur.
Auf Verlangen der Patientin oder des Patienten kann künftig der Medikationsplan auch als Ausdruck in Papierform zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall muss die elektronische Signatur als maschinenlesbare Komponente (z. B. QR-Code) abgebildet sein. Handschriftliche Signaturen sind unzulässig.
Bst. b: Die Datenschutzgesetzgebung gilt unabhängig davon, ob sie als Anforderung explizit aufgeführt wird. Vorliegend soll jedoch die Datensicherheit explizit als Anforderung festgelegt werden, da die Regelung über die allgemeinen Vorschriften der Datenschutzgesetzgebung hinausgeht (Pflicht zur Protokollierung der Zugriffe).
Gesundheitsfachpersonen müssen sich für Abfragen der Medikationspläne bei anerkannten Identity Providern authentifizieren. Zudem muss der Zugriff zur Bearbeitung von Medikationsplänen über die Grenzen der Lösungsanbieter mit einheitlichen Zugriffsrechten autorisiert werden. Zugriffrechte auf die Daten sollen nur die berechtigten Gesundheitsfachpersonen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben (d. h. für die Bearbeitung im Rahmen der aktuellen Behandlung einer bestimmten Person: Erstellung bzw. Aktualisierung des Medikationsplans) sowie die Personen, für die ein Medikationsplan erstellt wurde (nur Leserecht), haben.
Zugriffe auf Medikationspläne müssen revisionssicher (d. h. verfälschungssicher) protokolliert werden. Abgeschlossene Versionen des Medikationsplans sollen für einen definierten Zeitraum archiviert werden.
Bst. c: Auch beim Medikationsplan darf die Wahl des Leistungserbringers nicht durch technische Hindernisse eingeschränkt werden. Aktuell etablieren sich regional und überregional Systeme, bei welchen die Daten des Medikationsplans als QR-Code auf Papier von System zu System oder in Apps von Patientinnen und Patienten übermittelt werden (vgl. zur elektronischen Verschreibung die Erläuterungen zu Art. 26 Abs. 6 Bst. c). Es ist sicherzustellen, dass jeder Medikationsplan von allen Gesundheitsfachpersonen eingelesen und aktualisiert werden kann. Dies bedeutet, dass die verschiedenen elektronischen Systeme der Gesundheitsfachpersonen untereinander interoperabel sein müssen.
Die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans sollen in einer digitalen Anwendung nach Wahl der Gesundheitsfachpersonen erfolgen. Die erfassten Daten sind in einem strukturierten, maschinenlesbaren Format abzuspeichern und bereitzustellen. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die Automatisierung der notwendigen Datenflüsse und der betroffenen Prozesse. Die Papierversion enthält keine handschriftlichen Notizen; sie ist ein Ausdruck des elektronisch erstellten bzw. aktualisierten Medikationsplans. Darüber hinaus muss die Papierversion maschinenlesbar sein, damit der Medikationsplan elektronisch eingelesen und bearbeitet werden kann (z. B. QR-Code).
Bst. d: Damit die von den Gesundheitsfachpersonen genutzten elektronischen Systeme interoperabel sind und Daten der Medikationspläne untereinander sicher austauschen können, müssen sie interoperable Schnittstellen für den Datenaustausch unterstützen, z. B. zur Aktualisierung eines Medikationsplans, wenn dieser in einem anderen System erfasst wurde. Die zum Datenaustausch benötigten Kommunikationsparameter müssen allen Systemen bekannt sein, wie zum Beispiel die URL oder die kryptographischen Schlüssel zur Prüfung der Authentizität. Dazu soll das BAG ein öffentliches Verzeichnis der Kommunikationsparameter führen (Abs. 5). Die von den Gesundheitsfachpersonen verwendeten Systeme müssen gewährleisten, dass dem BAG jeweils die aktuellen Kommunikationsparameter für ein öffentliches Verzeichnis zur Verfügung stehen.
Abs. 5: Das BAG stellt ein Verzeichnis zur Verfügung, bei dem die Anbieter elektronischer Systeme die Kommunikationsparameter aller anderen Systeme über Schnittstellen abfragen können.
Abs. 6: Mit der Delegationsnorm erhält der Bundesrat die Kompetenz, die Anforderungen an die für die Erstellung und Aktualisierung der Medikationspläne zu verwendenden Systeme näher zu umschreiben. Er erhält zudem die Kompetenz, die Regelung technischer Details an das BAG zu delegieren, da der Konkretisierungsaufwand, das Niveau der Technizität und das notwendige Spezialistenwissen sehr hoch ist. Mit diesen Anforderungen soll sichergestellt werden, dass die Personen, die Medikationspläne erstellen oder aktualisieren, ihren Verpflichtungen nach den Absätzen 2 und 4 nachkommen können. Das bedeutet konkret, dass Gesundheitsfachpersonen für die Bearbeitung und Bereitstellung von Medikationsdaten elektronische Systeme nutzen, die auf dem Markt angeboten werden. Auf ein vom Bund betriebenes System wird verzichtet.
Art. 26b
Elektronische Systeme zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Abs. 1: Damit Medikationsfehler in der Pädiatrie, d. h. bei der Behandlung von Personen unter 18 Jahren, reduziert werden können, muss künftig ein CDSS verwendet werden. Diese Softwares berechnen Arzneimitteldosierungen im Off-Label-Use in Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen. Basierend auf Angaben wie z. B. Geschlecht, Gewicht, Körpergrösse und anderen Faktoren (Indikation, Wirkstoff etc.) berechnen CDSS Dosierungsempfehlungen und zeigen passende Arzneimittel zu den eingegebenen Daten. Sofern die in der Software eingegebenen Daten von einem Dritten verwaltet bzw. gespeichert werden (z. B. webbasierte Anwendung, Speicherung der Daten beim Systemanbieter), so darf keine Re-Identifikation der Patientinnen und Patienten möglich sein; eine Bekanntgabe von Gesundheitsdaten an Dritte wäre nämlich für den Zweck der Datenbearbeitung (die Berechnung der Dosierungen) nicht erforderlich und daher unverhältnismässig (vgl. Art. 6 Abs. 2 DSG). Die Wahl einer Speicherlösung bei Dritten muss zuvor einer sorgfältigen Prüfung der Risiken und der Bedingungen für die Erbringung der Dienstleistungen unterzogen werden, um sicherzustellen, dass die Anforderungen der Datenschutzbestimmungen (sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene) eingehalten werden, da die Verantwortung in diesem Bereich bei der für die Bearbeitung verantwortlichen Person verbleibt. Handelt es sich hingegen um eine im Informationssystem der Gesundheitsfachpersonen integrierte Software zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen (und werden die Daten somit intern bzw. lokal gespeichert), so ist ein Personenbezug zulässig, da in diesen Systemen in der Regel alle Patienten- und Patientinnendaten gespeichert werden. In Fällen, in denen die Bearbeitung ein hohes Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person mit sich bringen kann, führt die für die Bearbeitung verantwortliche Person vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung im Sinne von Artikel 22 DSG (insbesondere private Kinderspitäler) oder gemäss den kantonalen Datenschutzbestimmungen (kantonale Spitäler) durch. CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen soll sowohl bei der Verschreibung wie auch bei der Abgabe und Anwendung von Arzneimitteln zum Einsatz kommen. Dabei genügt es, wenn ein CDSS im Rahmen einer Verschreibung, Abgabe oder Anwendung des Arzneimittels mindestens einmal angewendet wird. Bei Abgabe oder Anwendung (inkl. durch Pflegepersonal) eines bereits verschriebenen Arzneimittels muss die Verschreibung bzw. die Dosierung demnach nicht nochmals mit einem CDSS überprüft werden.
CDSS soll als Hilfsmittel für den Entscheidungsprozess im klinischen Alltag eingesetzt werden und stellt keinen Ersatz für den Medikationsentscheid durch die jeweilige Gesundheitsfachperson dar. Von entscheidender Bedeutung für die Qualität eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen sind die von diesen verwendeten Daten bzw. Dosierungen. Diese sollen den aktuellen evidenzbasierten Dosierungsempfehlungen entsprechen. Soweit der Bund eine Datenbank mit harmonisierten Dosierungsempfehlungen im Bereich des Off-Label-Use zur Verfügung stellt (vgl. Art. 67 a ), sind die darin enthaltenen Daten als Grundlage für die Berechnung der Dosis zu verwenden. Es ist zu erwähnen, dass CDSS in der Regel als Medizinprodukte (Begriff, welcher auch Software einschliesst) zu qualifizieren sind und somit die Anforderungen der schweizerischen Gesetzgebung über Medizinprodukte erfüllen müssen, um in der Schweiz in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden zu können.
Die Verpflichtung zur Verwendung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen gilt für alle Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen, unabhängig davon, ob diese als Leistungserbringer im Sinne des KVG gelten. Davon erfasst sind «eigenständige» Kinderspitäler (Zürich, Basel, St. Gallen), Kinderkliniken der Universitäts- und Kantonsspitäler, Kinderabteilungen von regionalen Spitälern, private Kinderkliniken sowie alle weiteren Spitäler, die zwar keine Infrastruktur für Kinder- und Jugendmedizin haben, aber z. B. punktuell pädiatrische Notfälle abdecken. Es spielt keine Rolle, ob die Behandlung stationär oder ambulant durchgeführt wird, entscheidend ist die Charakterisierung als Einrichtung, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführt.
Absatz 2 enthält drei Delegationen an den Bundesrat, dem es dadurch ermöglicht werden soll, eine Ausnahme vorzusehen sowie die Pflicht zur Verwendung eines CDSS erweitern zu können.
In Notfallsituationen kann es entscheidend sein, schnell zu handeln. Daher kann der Bundesrat in solchen Situationen die Pflicht zur Nutzung eines CDSS für nicht anwendbar erklären (Bst. a) .
Gemäss Stellungnahme des Bundesrates vom 13. November 2019 zur Motion Stöckli 19.4119 «Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie. Medikationsfehler durch E-Health reduzieren» wird eine schrittweise Einführung von solchen Systemen bevorzugt. Nach einer erfolgreichen Implementierung in allen stationären pädiatrischen Bereichen kann der Bundesrat die Pflicht zur Verwendung von elektronischen Systemen zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen auch auf Einrichtungen, die ausschliesslich ambulante pädiatrische Behandlungen durchführen (wie z. B. pädiatrische Arztpraxen), sowie auf öffentliche Apotheken ausdehnen ( Bst. b ).
Analog zu Artikel 67 a kann der Bundesrat die Pflicht der Anwendung eines CDSS auf weitere vulnerable Bevölkerungsgruppen ausweiten. Der Off-Label-Use von Arzneimitteln ist nicht nur in der Pädiatrie gängige Praxis, sondern betrifft beispielsweise auch die Geriatrie, schwangere Frauen und Personen mit seltenen Krankheiten (sog. Orphan Diseases ), wo häufig zugelassene Arzneimittel fehlen (Bst. c).
Art. 28 Sachüberschrift und Abs. 1
Die Tätigkeit der Mäklerinnen und Mäkler sowie Agentinnen und Agenten wurde mit der Revision des HMG auf den 1. Januar 2019 in die Definition des «Vertreibens» in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e aufgenommen. In seiner Botschaft vom 22. Februar 2017 8² über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens des Europarats über die Fälschung von Arzneimitteln und Medizinprodukten und über ähnliche die öffentliche Gesundheit gefährdende Straftaten (Medicrime-Konvention) stellte der Bundesrat mit Verweis auf die Legaldefinitionen der Artikel 412 und 418 a OR klar, dass mit dieser Begriffserweiterung sämtliche Tätigkeiten von Mäklerinnen und Mäklern sowie Agentinnen und Agenten als bewilligungspflichtige Handelsaktivitäten eingestuft werden sollen, unabhängig von ihrer genauen Natur, der gemäkelten Produkte und dem Ort ihrer Realisierung. Der in Artikel 28 HMG verwendete Begriff des «Grosshandels» wurde sodann (gestützt auf die Delegationsnorm von Art. 4 Abs. 2) in Artikel 2 Buchstabe l AMBV genauer umschrieben. Mit der Formulierung «alle Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragen oder Überlassen von Arzneimitteln» wurde klargestellt, dass der Begriff des Grosshandels genau dieselben Tätigkeiten beinhaltet wie derjenige des Vertriebs nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e HMG und dass sich ersterer einzig durch eine Eingrenzung des Kreises der Abnehmer von letzterem unterscheidet.
Mit der neu geschaffenen Kategorie der Arzneimittel für neuartige Therapien ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Mäklerinnen und Mäklern oder Agentinnen und Agenten auf dem Schweizer Markt zunehmen wird. Eine solche Bedeutungszunahme ist insbesondere im Bereich des Medizintourismus zu erwarten, bei welchem Mäklerinnen und Mäkler sowie Agentinnen und Agenten entsprechende Behandlungen an Personen im In- und Ausland vermitteln, die mit anderen Dienstleistungen im Wellness- oder Tourismusbereich verbunden werden. Auch im Umgang mit Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung, die in Anwendung von Artikel 2 Absatz 3 in Zukunft dem HMG unterstellt werden sollen, soll eine Bewilligungspflicht für Mäklerinnen und Mäkler sowie Agentinnen und Agenten bestehen, ohne dass diese Aktivitäten bislang explizit in Artikel 28 erwähnt werden. Um Klarheit und Rechtssicherheit bei den potenziell betroffenen inländischen Marktakteuren in Bezug auf die Umsetzung der Bewilligungspflicht zu schaffen und um insbesondere zu vermeiden, dass zukünftige Rechtsadressatinnen und -adressaten irrtümlich davon ausgehen, dass ihre Maklertätigkeit im Zusammenhang mit Arzneimitteln für neuartige Therapien oder vergleichbaren Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung von der Bewilligungspflicht ausgenommen sei, empfiehlt sich eine diesbezügliche Präzisierung auf Gesetzesstufe. Diese Ergänzung in der Formulierung von Absatz 1 hat jedoch keine Auswirkungen auf die geltende, auf Verordnungsebene bereits verankerte Regelung sowie die seit dem 1. Januar 2019 etablierte Vollzugspraxis bei der Erteilung von Betriebsbewilligungen für Mäkler und Agenten.
8² BBl 2017 3135
Art. 37 Sachüberschrift und Abs. 1
In der italienischen Fassung wird aus Gründen der Kohärenz mit den anderen Sprach-fassungen der Begriff «trattamento» durch «impiego» ersetzt.

6 a . Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus vitalen menschlichen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden

In Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 2 werden jene Arzneimittel für neuartige Therapien legal definiert, die aus vitalen Organen, Geweben oder Zellen menschlichen Ursprungs bestehen oder solche enthalten. In diesem Zusammenhang ist auf den in Artikel 4 Absatz 1quater neu eingeführten Verweis auf die Begriffsbestimmungen im Transplantationsgesetz hinzuweisen. Um den Besonderheiten dieses menschlichen Ausgangsmaterials für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien Rechnung zu tragen, wird mit den Artikeln 41 a -41 h ein neuer Abschnitt 6 a ins HMG eingefügt. Fokussiert wird dabei primär auf den Prozess der Gewinnung , wobei nebst eigenständigen Regelungen inhaltlich am Transplantationsgesetz angeknüpft bzw. stellenweise auf dieses verwiesen wird. Der neue Abschnitt 6 a stellt keine in sich geschlossene Materie dar, sondern bildet besondere Bestimmungen ab, die zusätzlich nebst den anderen einschlägigen Bestimmungen des HMG anwendbar sind.
Bezüglich überzähliger Embryonen, Stammzellen aus überzähligen Embryonen oder embryonaler oder fötaler Gewebe oder Zellen, die zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 2 verwendet werden, wird aufgrund zahlreicher regulatorischer Besonderheiten ein eigener Abschnitt 6 b geschaffen, der spezifische Regelungen für diese besondere Kategorie enthält und den Bestimmungen gemäss Abschnitt 6 a vorgeht.
Die Einzelheiten zu einer Vielzahl dieser neuen Bestimmungen werden im Verordnungsrecht geregelt. Dies betrifft beispielsweise die Modalitäten der Zustimmung oder die Definition des Begriffs der «nächsten Angehörigen» (vgl. Art. 41 a Abs. 1 und 2).

Art. 41a

Entnahme bei verstorbenen Personen

Abs. 1: Organe, Gewebe oder Zellen dürfen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien einer verstorbenen Person nur entnommen werden, wenn diese vor ihrem Tod zugestimmt hat. Eine Zustimmung erteilen kann nur, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat (s. zu den Gründen der unterschiedlichen Altersgrenzen bei einer Lebend- oder Totspende die Erläuterungen zu Art. 41 b Abs. 1).
Während bei der Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen bei lebenden Personen stets das Zustimmungserfordernis gilt (sprich: unabhängig davon, ob die entnommenen Organe, Gewebe oder Zellen ein sog. Transplantat bleiben oder aus diesen ein Arzneimittel für neuartige Therapien hergestellt wird), muss bei der Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen bei verstorbenen Personen künftig differenziert werden: Die im Rahmen des Transplantationsrechts gegenwärtig geltende sog. «Zustimmungsregelung» (vgl. Art. 8 Abs. 1 Bst. a des Transplantationsgesetzes, wonach Organe, Gewebe oder Zellen einer verstorbenen Person entnommen werden dürfen, wenn sie vor ihrem Tod einer Entnahme zugestimmt hat) wird im Rahmen des nTransplantationsgesetzes 2021 durch die sog. «Widerspruchsregelung» abgelöst (vgl. Art. 8 Abs. 1 Bst. b des nTransplantationsgesetzes 2021, wonach Organe, Gewebe oder Zellen einer verstorbenen Person entnommen werden dürfen, wenn die Person vor ihrem Tod der Entnahme nicht widersprochen hat). Die «Widerspruchsregelung» gilt jedoch explizit nicht für Transplantatprodukte, hier gilt weiterhin die «Zustimmungsregelung» (vgl. Art. 8 Abs. 5 Satz 1 des nTransplantationsgesetzes 2021). Hinsichtlich der Form der Zustimmung werden in Bezug auf eine Totspende bewusst keine Formvorschriften auf Gesetzesebene statuiert (bspw. in dem Sinne, wonach eine Zustimmung zu Lebzeiten schriftlich dokumentiert werden müsste). Auch im Rahmen der Einführung der Widerspruchslösung wird weder für eine Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen zur Durchführung einer Transplantation noch für eine Entnahme zwecks Herstellung eines Transplantatprodukts die Form der Zustimmung formell-gesetzlich geregelt (vgl. Art. 8 des nTransplantationsgesetz 2021). Vielmehr heisst es sogar explizit in der Botschaft vom 25. November 2020 8³ zur Volksinitiative «Organspende fördern - Leben retten» und zum indirekten Gegenvorschlag (Änderung des Transplantationsgesetzes), dass die Erhebung eines Widerspruchs (in Bezug auf die Spende zwecks Durchführung einer Transplantation) an keine Formvorschrift gebunden sei (vgl. Botschaft vom 25. November 2020 8⁴ zur Änderung des Transplantationsgesetzes). Dieses Prinzip, wonach eine Zustimmung zu Lebzeiten in beliebiger Form erfolgen kann (bspw. schriftlich dokumentiert in einer Patientenverfügung oder im Rahmen eines Gesprächs mit einem Angehörigen), gilt somit konsequenterweise auch im vorliegenden Kontext (weiter).
Abs. 2 und 3: Diese beiden Absätze regeln die Rolle der nächsten Angehörigen und der Vertrauensperson. Sofern sich die verstorbene Person nicht zu ihrer Spendebereitschaft geäussert hat, können die nächsten Angehörigen der Entnahme zustimmen, wobei sie den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person zu beachten haben. In Absatz 2 wird, der Logik von Absatz 1 folgend, konsequenterweise keine Formvorschrift in Bezug auf die Äusserung zur Spendebereitschaft der verstorbenen Person statuiert (bspw. muss somit keine dokumentierte Zustimmung vorliegen, eine mündliche Äusserung würde, so wie auch im Transplantationsrecht, genügen). Auch ist es nicht notwendig, bezüglich der Zustimmung der Angehörigen Formvorschriften auf Gesetzesebene vorzusehen (dies entspricht der neuen Regelung in Art. 8 Abs. 2 des nTransplantationsgesetz 2021). Der Wille der verstorbenen Person hat stets Vorrang vor jenem der nächsten Angehörigen. Eine Entnahme ist unzulässig, wenn keine nächsten Angehörigen vorhanden oder erreichbar sind. Schliesslich soll die Vertrauensperson an die Stelle der nächsten Angehörigen treten, sofern die verstorbene Person dieser nachweislich die Entscheidung über die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen übertragen hat. Die vorliegende Regelung entspricht im Wesentlichen derjenigen des nTransplantationsgesetzes 2021 (Art. 8 Abs. 3−6 und 8 a ).
Abs. 4: Die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen bei einer verstorbenen Person zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien darf nur erfolgen, wenn deren Tod festgestellt worden ist. Der Verweis auf Artikel 9 des Transplantationsgesetzes stellt sicher, dass bezüglich Todeskriterium und Feststellung des Todes die Vorschriften des Transplantationsgesetzes zur Anwendung gelangen.
Abs. 5: Diese Bestimmung enthält Vorschriften zu den vorbereitenden medizinischen Massnahmen. Dabei wird in Bezug auf die Voraussetzungen ebenfalls auf das Transplantationsgesetz verwiesen (Art. 10 Abs. 2 Bst. a−c und 3 des nTransplantationsgesetzes 2021). Auf Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe d des nTransplantationsgesetzes 2021 kann nicht direkt verwiesen werden. Diese Voraussetzung wird im Hinblick auf die Herstellung von Arzneimitteln angepasst und in Absatz 5 aufgenommen.
8³ BBl 2020 9547 S. 9570
8⁴ BBl 2020 9547 S. 9570
Art. 41b
Entnahme bei lebenden Personen
Abs. 1: Währenddem Artikel 41 a die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen bei verstorbenen Personen regeln, enthält Artikel 41 b die Voraussetzungen betreffend die Entnahme bei lebenden Personen. Diese Voraussetzungen entsprechen denen von Artikel 12 Buchstaben a-c des Transplantationsgesetzes bzw. sie werden im Kontext des HMG keine materiell abweichenden Regelungen festgehalten, damit für beide Konstellationen (Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen zum Zweck der Transplantation oder zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien) dieselben Voraussetzungen zur Anwendung gelangen. Eine Entnahme ist demnach nur zulässig, wenn die betroffene Person urteilsfähig und volljährig ist (Bst. a); dies bewusst in Abweichung zu Artikel 41 a Absatz 1, wonach eine Zustimmung für eine «Totspende» bereits erteilen kann, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Der Entscheid für eine Lebendspende setzt eine gewisse Reife voraus, weshalb die Volljährigkeit als Entnahmekriterium bei einer Lebendspende bereits so im Transplantationsgesetz aufgenommen wurde (vgl. Botschaft vom 12. September 2001 8⁵ zum Transplantationsgesetz). Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in welchem Organe, Gewebe oder Zellen zwecks Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien entnommen werden. Zudem stellt eine Lebendspende einen medizinischen Eingriff dar, der für betroffene Person Risiken birgt und in aller Regel nicht im Interesse der Person selbst liegt (kein Heil eingriff), da die entnommenen Organe, Gewebe oder Zellen für die Herstellung eines für Dritte bestimmten Arzneimittels verwendet werden. Hingegen basiert die Altersgrenze von 16 Jahren bei einer «Totspende» auf der «Vermutung», wonach eine Person mit 16 Jahren in der Lage sei, die Tragweite ihrer Willensäusserung betreffend die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen im Todesfall zu erfassen (vgl. Botschaft vom 25. November 2020 8⁶ zur Änderung des Transplantationsgesetz). Bezüglich der Modalitäten der Einwilligung gelten bei lebenden Personen zudem bewusst höhere Anforderungen: Die spendende Person muss umfassend informiert worden sein und frei und schriftlich zugestimmt haben (Bst. b). In Bezug auf Transplantationen wird hierzu festgehalten, dass die Zustimmung zu einer Lebendspende « unzweifelhaft » das Einverständnis zur Entnahme beinhalten und schriftlich erteilt werden müsse (dies vor dem Hintergrund, dass es sich nicht um einen ärztlichen Heileingriff handelt, sondern um einen Eingriff im Interesse einer Drittperson, womit dem Rechtfertigungsgrund der Einwilligung in eine Körperverletzung besondere Bedeutung zukomme) (vgl. Botschaft vom 12. September 2001 8⁷ zum Transplantationsgesetz). Somit ist auch vorliegend am Erfordernis einer schriftlichen Zustimmung festzuhalten. Sodann dürfen für das Leben oder die Gesundheit der spendenden Person kein ernsthaftes Risiko bestehen (Bst. c). Wann ein «ernsthaftes Risiko» vorliegt, kann angesichts der Vielzahl an möglichen Konstellationen nicht abstrakt festgehalten werden. Vielmehr ist eine medizinische Gesamtwürdigung aller Umstände (Gesundheitszustand, Intensität des medizinischen Eingriffs usw.) des konkreten Einzelfalls vorzunehmen.
Abs. 2: Das Transplantationsgesetz regelt eingehend den Schutz urteilsunfähiger oder minderjähriger Personen. So dürfen nach Artikel 13 des Transplantationsgesetzes urteilsunfähigen oder minderjährigen Personen keine Organe, Gewebe oder Zellen entnommen werden. Ausnahmen sind vorgesehen für regenerierbare Gewebe oder Zellen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Auf diese Bestimmung wird vorliegend verwiesen. Sie soll auch im Hinblick auf die Herstellung von Arzneimitteln zur Anwendung kommen. Sinnvollerweise erteilt im Kontext des HMG dieselbe vom Kanton zu bezeichnende unabhängige Instanz die Zustimmung zur Entnahme (vgl. Art. 13 Abs. 2 Bst. i und Abs. 4 des Transplantationsgesetz).
Abs. 3: Es muss sichergestellt sein, dass die Person, der Organe, Gewebe oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien entnommen werden, gegen mögliche schwerwiegende Folgen der Entnahme angemessen versichert ist. Die Person, die für die Entnahme verantwortlich ist, ist für diese Sicherstellung verantwortlich. In aller Regel werden Entnahmen in Einrichtungen, insbesondere Spitälern, durchgeführt (in der Praxis gibt es im Bereich der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen spezielle Versicherungen, welche vom Spital abgeschlossen werden). Für die Sicherstellung der Versicherung ist in diesem Fall nicht das entnehmende Personal, sondern die Einrichtung, in welcher die Entnahme durchgeführt wird und welche diese Personen beschäftigt, verantwortlich. Der Inhalt des Versicherungsschutzes und die Kostentragung richten sich nach Artikel 14 Absätze 1, 2 und 2ter−4 des (n)Transplantationsgesetzes (2023). Die Einzelheiten zur Versicherungspflicht werden auf Verordnungsstufe geregelt; anstatt einer Versicherung könnte auch die Hinterlegung einer bestimmten Deckungssumme infrage kommen.
8⁵ BBl 2002 , 29 S. 144 (der damals verwendete Begriff der «Mündigkeit» wurde durch «Volljährigkeit» ersetzt).
8⁶ BBl 2020 , 9547, 9571, mit Verweis auf BBl 2002 S. 139 f.
8⁷ BBl 2002 S. 145
Art. 41c
Verwendung entnommener Organe, Gewebe oder Zellen
Abs. 1: Die Verwendung von Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln ist nicht zulässig, wenn die Vorschriften nach Artikel 41 a Absätze 1−3 und 41 b Absätze 1 und 2 nicht eingehalten wurden ( Bst. a ). Diese Regelung entspricht Artikel 7 a des nTransplantationsgesetzes 2023.
Organe, Gewebe oder Zellen, die entgegen den Bestimmungen über die Unentgeltlichkeit nach Artikel 41 d Absatz 1 entnommen oder erlangt wurden, dürfen nicht für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden ( Bst. b ). Materiell wird damit Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b des nTransplantationsgesetzes 2023 übernommen, der entsprechend anzupassen ist.
Bereits Artikel 2 a Absatz 5 des nTransplantationsgesetzes 2023 hält fest, dass die Herstellung von Transplantatprodukten nur dann zulässig ist, wenn die Organe, Gewebe oder Zellen nicht nach dem 2. Kapitel 4. Abschnitt des Transplantationsgesetzes zugeteilt werden können. Diese Regelung wird vorliegend inhaltlich ins HMG übernommen ( Bst. c ). Als Beispiel aufzuführen sind etwa Inselzellen, welche sowohl transplantiert werden (als sog. Transplantat ) als auch Ausgangsmaterial für die Arzneimittelherstellung sein können (s. Botschaft vom 15. Februar 2023 8⁸ zur Änderung des Transplantationsgesetzes).
Abs. 2: Es gibt Konstellationen, in denen Organe, Gewebe oder Zellen einer lebenden Person zunächst zu anderen Zwecken als der Herstellung eines Arzneimittels entnommen werden oder bei einem medizinischen Eingriff oder einer Geburt anfallen (bspw. die Vorhaut im Rahmen einer Beschneidung, Fettgewebe bei einer Liposuktion oder Nabelschnurgewebe im Zuge der Geburt). Das Erfordernis der Zustimmung für die Verwendung stellt sicher, dass diese Organe, Gewebe oder Zellen nicht gegen den Willen der lebenden Person für die Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden dürfen. Ist die Person, welcher zu Lebzeiten Organe, Gewebe oder Zellen «zu anderen Zwecken» entnommen wurden, nach der Entnahme verstorben und hat sie nicht zu einer Verwendung zu anderen Zwecken zugestimmt, so müssen die nächsten Angehörigen oder die Person des Vertrauens ihre Zustimmung erteilen (s. zu den Personen auch Art. 41 a Abs. 2 und 3). Eine ähnliche Regelung existiert bereits im Transplantationsgesetz (vgl. dessen Art. 5).
8⁸ BBl 2023 721 S. 39
Art. 41d
Unentgeltlichkeit
Abs. 1: Die Unentgeltlichkeit der Spende stellt ein zentrales Grundprinzip dar, welches vorliegend explizit festgehalten wird. Auch das Transplantationsrecht basiert auf dem Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Spende und verbietet den Handel mit menschlichen Organen, Geweben oder Zellen (vgl. Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Bst. a des Transplantationsgesetzes). Für die Spende von Organen, Geweben oder Zellen, die für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 2 verwendet werden, darf weder ein finanzieller Gewinn noch ein anderer Vorteil angeboten, gewährt, gefordert oder angenommen werden. Dasselbe gilt für die Übertragung oder Überlassung von Organen, Geweben oder Zellen, die für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden sollen. Darunter ist auch der Handel zu verstehen.
Abs. 2: Absatz 2 präzisiert in vier Buchstaben, was im Zusammenhang mit der Spende oder Übertragung nicht als finanzieller Gewinn oder anderer Vorteil gilt (vgl. bereits die Regelung in Art. 6 Abs. 2 und in Art. 7 Abs. 2 Bst. a des Transplantationsgesetzes). Bezüglich der «nachträglichen symbolischen Geste der Dankbarkeit» (Abs. 2 Bst. c) ist anzumerken, dass sich diese auf zwei Konstellationen beziehen kann: Erfasst ist einerseits die Beziehung zwischen der Einrichtung, welche die Entnahme durchführt, und der Spenderin oder dem Spender (vgl. etwa das für den Bereich der Blutspenden genannte Beispiel ⁸9 zu Art. 33 a Abs. 2 Bst. c nHMG 9⁰ ). Andererseits sollen auch Fälle erfasst werden, in denen eine Patientin oder ein Patient, die oder der mit einem Arzneimittel für neuartige Therapien behandelt wird, für dessen Herstellung eine Person Organe, Gewebe oder Zellen gespendet hat, der spendenden Person eine nachträgliche symbolische Geste der Dankbarkeit zukommen lässt (letztere Konstellation ist eher theoretischer Natur, da es sich in der Regel um zugelassene Arzneimittel handelt bzw. zwischen den Patientinnen und Patienten und den Spenderinnen und Spendern des «Ausgangsmaterials» keinerlei Berührungspunkte bestehen). Der Bundesrat hat die Möglichkeit, Absatz 2 Buchstabe c (sowie auch die anderen Voraussetzungen von Abs. 2) näher auszuführen.
⁸9 Parlamentarische Initiative 16.504: Sicherstellung der Blutversorgung und Unentgeltlichkeit der Blutspende, Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, BBl 2022 2348 : « […] Damit soll die bestehende Praxis, dass Blutspendezentren den Spendenden beispielsweise ein Glas Honig schenken, weiterhin ermöglicht werden […] ».
9⁰ BBl 2023 2290
Art. 41e
Unabhängigkeit
der beteiligten Personen und Verbot der Beeinflussung
Abs. 1: In dieser Bestimmung wird die Unabhängigkeit der an den verschiedenen Prozessen bis zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien beteiligten Personen entsprechend der Vorschrift im Transplantationsgesetz geregelt. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, ist es von zentraler Bedeutung, dass die verschiedenen Prozesse klar voneinander getrennt werden.
Abs. 2: Ärztinnen und Ärzte, die Organe, Gewebe oder Zellen zum Zweck der Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien entnehmen oder an der Herstellung eines solchen Arzneimittels mitwirken sowie das beteiligte medizinische Personal dürfen auf Personen, die die sterbende Person betreuen oder den Tod feststellen, in keiner Form Einfluss nehmen. Das Interesse an der Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien darf bei der Betreuung einer sterbenden Person oder bei der Todesfeststellung keine Rolle spielen.
Art. 41f
Sorgfaltspflichten
Wer mit Organen, Geweben und Zellen umgeht, aus denen Arzneimittel für neuartige Therapien hergestellt werden, hat nebst den allgemeinen Sorgfaltspflichten dieses Gesetzes (Art. 3 Abs. 3) die «besonderen» Sorgfaltspflichten des Transplantationsgesetzes zu beachten. Hierzu gehören die Überprüfung der Tauglichkeit der spendenden Person (Art. 30 des Transplantationsgesetzes), die Testpflicht (Art. 31 des Transplantationsgesetzes), die Entfernung und Inaktivierung von Krankheitserregern (Art. 32 des Transplantationsgesetzes) und die Kennzeichnungspflicht (Art. 33 des Transplantationsgesetzes; die Verweise auf die Artikel 30 und 31 beinhalten jeweils auch die Änderungen durch das nTransplantationsgesetz 2023). Es handelt sich um eine Überführung des bereits in Artikel 2 a Absatz 1 Buchstaben a des nTransplantationsgesetzes 2023 enthaltenen Verweises. Auch Artikel 31 MepV bedient sich dieses Verweises. Ein Verweis auf die Artikel 30-33 ist vor allem deswegen angezeigt, weil es im Stadium der Entnahme bzw. Gewinnung in Bezug auf die besonderen Sorgfaltspflichten für die involvierten Personen (sei es für die spendende oder die entnehmende Person) keinen Unterschied machen soll, ob die entnommenen Organe, Gewebe oder Zellen ein sog. Transplantat bleiben oder aus diesen ein Arzneimittel für neuartige Therapien oder ein Medizinprodukt hergestellt wird.
Nicht Gegenstand des Verweises bilden die Sorgfaltspflichten nach Artikel 34 und 35 (Kennzeichnung, Aufzeichnung und Rückverfolgbarkeit) des Transplantationsgesetzes. Die Rückverfolgbarkeit und die Aufbewahrungspflicht werden in Artikel 59 b und 59 c HMG spezifisch geregelt (s. entsprechende Erläuterungen).
Art. 41g
Melde- und Bewilligungspflichten sowie Anforderungen im Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen
Abs. 1: Sowohl die Entnahme als auch die Lagerung, die Ein- und Ausfuhr und der Vertrieb von Organen, Geweben und Zellen, welche für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden sollen, stellen der Herstellung vorgelagerte Tätigkeiten dar. Zwar umfasst der Begriff der Herstellung (vgl. Art. 4 Abs. 1 Bst. c HMG) «sämtliche Arbeitsgänge der Heilmittelproduktion», darunter auch die «Beschaffung der Ausgangsmaterialien». Das Wort «Ausgangsmaterial» kann jedoch, in Übereinstimmung mit internationalen Regularien (s. PIC/S GMP Guideline Part II, bzw. PIC/S GMP Guideline Part I, Annexes 2A und 2B), nicht so weit ausgelegt werden, dass es auch den Umgang (Entnahme, Lagerung, Ein- und Ausfuhr, Vertrieb) mit biologischem Ausgangsmaterial umfasst. Insofern fallen diese Schritte nicht unter die Bewilligungspflicht nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a HMG.
Gegenwärtig drängt sich eine Bewilligungspflicht für die Entnahme nicht auf, zumal im Umgang mit menschlichen Organen, Geweben und Zellen neu eine umfassende allgemeine Sorgfaltspflicht ins HMG integriert wird (vgl. Art. 3 Abs. 3), die stets und unabhängig von einer allfälligen Bewilligungspflicht gilt. Zudem hält bereits Artikel 2 a Absatz 6 Buchstabe a des nTransplantationsgesetzes 2023 fest, dass der Bundesrat die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen zur Herstellung von Transplantatprodukten von einer Bewilligung abhängig machen kann. Auch im Bereich der Transplantation sieht Artikel 24 a des nTransplantationsgesetzes 2023 vor, dass der Bundesrat eine Bewilligungspflicht für die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen vorsehen kann , sofern die Qualität der Entnahme nicht anders gewährleistet werden kann. In Parallelität zu Artikel 25 des Transplantationsgesetzes bedarf jedoch die Lagerung, die Ein- oder Ausfuhr sowie der Vertrieb von entnommenen Organen, Geweben oder Zellen einer Bewilligung der Swissmedic.
Abs. 2: Die Bewilligung wird erteilt, wenn die erforderlichen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein geeignetes Qualitätssicherungssystem vorhanden ist. Diese Bewilligungsvoraussetzungen decken sich materiell mit bereits vorhandenen Bewilligungspflichten (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 2 HMG) und entsprechen somit denjenigen für die anderen Betriebsbewilligungen des HMG. Der Bundesrat wird diese im Verordnungsrecht näher ausführen.
Abs. 3: Vor der Erteilung einer Bewilligung für den Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen muss jeder Betrieb inspiziert werden. Zuständig für diese Inspektionen ist grundsätzlich Swissmedic. Eine Delegation dieser Inspektionsaufgaben an die Kantone ist nicht vorgesehen (vgl. Art. 60 Abs. 2bis).
Abs. 4: Nach dem Vorbild von Artikel 2 a Absatz 6 Buchstabe a des nTransplantationsgesetzes 2023, welcher in Bezug auf Transplantatprodukte die Möglichkeit der Einführung einer Bewilligungspflicht für die Entnahme durch den Bundesrat vorsieht, soll dem Bundesrat vorliegend die Kompetenz übertragen werden, auch für die Entnahme von Organen, Geweben und Zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien Anforderungen zu definieren sowie eine Melde- oder gar eine Bewilligungspflicht einzuführen, wenn die Qualität der Entnahme, insbesondere die Einhaltung der Sorgfaltspflichten (vgl. Art. 41 f ), nicht anders gewährleistet werden kann. Diese Notwendigkeit wird sich in Zukunft aufgrund der gesammelten Vollzugserfahrungen zeigen. Die entsprechenden Voraussetzungen werden vom Bundesrat festgelegt. Die zuständige Behörde wäre in diesem Fall die Swissmedic.
Art. 41h
Ausnahmen für die autologe Anwendung
Bei einer autologen Anwendung ist die das biologische Material spendende Person identisch mit jener, welche das daraus hergestellte Arzneimittel erhält. Dies im Gegensatz zur allogenen Anwendung, bei welcher spendende und empfangende Person nicht übereinstimmen. Es liegt auf der Hand, dass bei einer autologen Anwendung die Risiken im Vergleich zu einer allogenen Anwendung mitunter geringer sind. Der Bundesrat soll daher die Kompetenz erhalten, jene Bestimmungen, die im Rahmen einer autologen Anwendung nicht anwendbar sind, auf Verordnungsebene auszuschliessen. Es wird sich hierbei in erster Linie um Bestimmungen handeln, welche die Unentgeltlichkeit der Spende, die Entnahme (inkl. einer allenfalls nötigen Nachsorge), die Testpflichten und den Vollzug regeln. In jedem Fall müssen aber die Bestimmungen zum Schutz der Gesundheit der betroffenen Person gewährleistet sein. Bereits mit der Revision des nTransplantationsgesetzes 2023 werden neu in differenzierter Weise diejenigen Vorgaben des Transplantationsgesetzes aufgeführt, die auf Transplantatprodukte für eine allogene oder auf solche für eine autologe Transplantation anwendbar sind (Art. 2 a Abs. 1 Bst. a und b des nTransplantationsgesetzes 2023).

6 b . Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen oder aus Stammzellen aus überzähligen Embryonen hergestellt werden, sowie für den Umgang mit überzähligen Embryonen

Der Umgang mit embryonalen oder fötalen menschlichen Geweben oder Zellen zum Zwecke der Transplantation ist aktuell in den Artikeln 37-42 des Transplantationsgesetzes geregelt. Diese Artikel werden im Rahmen der laufenden Revision des Transplantationsgesetzes umfassend überarbeitet (vgl. Art. 37 Abs. 1, 2 Bst. b-d und 3, Art 38, 38 a , 38 b , 39, 40 und 42 Bst. b des nTransplantationsgesetzes 2023).
Im Rahmen der vorliegenden Revision des HMG hat sich gezeigt, dass die Artikel 37−42 des Transplantationsgesetzes bzw. des nTransplantationsgesetzes 2023 erneut substanziell angepasst werden müssen, um eine konsequente Überführung der Transplantatprodukte ins HMG zu gewährleisten (vgl. hierzu Ziff. 1.1.4). Im HMG bedarf es nebst den Artikeln 41 a -41 h ebenfalls besonderer Bestimmungen für überzählige Embryonen, Stammzellen aus überzähligen Embryonen sowie embryonale oder fötale Gewebe oder Zellen . In diesem Zusammenhang ist auf die in Artikel 4 Absatz 1bis und Absatz 1ter neu eingeführten Verweise auf die Begriffsbestimmungen im StFG und im FMedG hinzuweisen.
Die eingangs erwähnte (erneute) substanzielle Anpassung der Artikel 37−42 des Transplantationsgesetzes bzw. des nTransplantationsgesetzes 2023 im Rahmen der vorliegenden Revision gründet letztlich in folgenden Umständen: Den Ausgangsmaterialien ist gemein, dass sie grundsätzlich auch für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien verwendet werden können (wie andere menschliche Gewebe und Zellen). Dies ist kein eigentliches Novum; vielmehr übernimmt der vorliegende Abschnitt 6 b die einschlägigen Bestimmungen des revidierten Transplantationsgesetzes bzw. modifiziert diese heilmittelgesetzspezifisch (vgl. die Art. 37−42 des nTransplantationsgesetzes 2023, die freilich noch von Transplantatprodukten sprechen).
Die Artikel 37−42 des Transplantationsgesetzes bzw. des nTransplantationsgesetzes 2023 sollen künftig nun mehr den Umgang mit fötalen Geweben und Zellen abhandeln, welche nicht für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien verwendet werden (sprich: fötale Gewebe und Zellen als sog. Transplantate ). Der Umgang mit fötalen Geweben und Zellen, welche für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien verwendet werden, richtet sich nach dem vorliegenden Abschnitt. Fötale Gewebe und Zellen können somit entweder ein Transplantat sein (womit sich der Umgang nach den Regelungen des Transplantationsrechts richtet) oder für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien verwendet werden.
Anders gestaltet sich die Lage bei überzähligen Embryonen, Stammzellen aus überzähligen Embryonen sowie embryonalen Geweben und Zellen : Diese werden künftig gänzlich aus dem Transplantationsgesetz ausgenommen, da davon auszugehen ist, dass bei diesen «Materialien» keine Transplantation im eigentlichen Sinne stattfindet, sondern diese (Stamm-)Zellen und Gewebe immer substanziell bearbeitet werden oder bei der empfangenden Person eine andere Funktion als bei der spendenden Person ausüben (s. Legaldefinition nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 2). Vor diesem Hintergrund müssen die Bestimmungen zum «embryonalen Ausgangsmaterial» (anders als diejenigen zu fötalen Geweben oder Zellen) aus dem Transplantationsgesetz gestrichen werden.
Embryonale Stammzellen werden aus überzähligen Embryonen in vitro gewonnen. Embryonale oder fötale Gewebe oder Zellen hingegen stammen von «nicht mehr lebensfähigen» Embryonen oder Föten, also von solchen, die im Rahmen eines Schwangerschaftsabbruchs (grundsätzlich nur bei solchen, die in einem Spital durchgeführt werden) «anfallen» (konkret: Die Zellen oder das Gewebe können dem abortierten Fötus oder Embryo entnommen werden).
Rechtlich betrachtet erfordern die oben genannten Kategorien eigenständige bzw. besondere Vorschriften, um insbesondere das Schutzniveau in Bezug auf überzählige Embryonen entsprechend dem StFG zu gewährleisten. Obwohl es sich hier ebenfalls um menschliche Gewebe oder Zellen handelt, werden die Regelungen aufgrund der Besonderheiten des Ausgangsmaterials in einem eigenen Abschnitt behandelt.
Die Einzelheiten zu einer Vielzahl dieser neuen Bestimmungen werden im Verordnungsrecht geregelt. Dies betrifft beispielsweise die Modalitäten der Information und Zustimmung (vgl. Art. 41 i und 41 k ).
Art. 41i
Information und Zustimmung der Spenderin, Unabhängigkeit der beteiligten Personen und Verbot der Beeinflussung im Hinblick auf die Verwendung von embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen
Die in den Absätzen 1 und 2 statuierten Anforderungen an die Information und Zustimmung orientieren sich an Artikel 39 des nTransplantationsgesetzes 2023 und beziehen sich einzig auf embryonale oder fötale Gewebe oder Zellen , die für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden, und betreffen einzig die schwangere Frau bzw. die Spenderin . So darf eine schwangere Frau erst angefragt werden, ob embryonale oder fötale Gewebe oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden dürfen, nachdem sie sich für den Schwangerschaftsabbruch entschieden hat. Die Spenderin muss urteilsfähig und volljährig sein. Sie muss zudem über die vorgesehene Verwendung umfassend informiert worden sein und frei und schriftlich zugestimmt haben (die Voraussetzungen in Abs. 2 lehnen sich somit an Art. 41 b Abs. 1 Bst. a und b an).
Zudem regelt Absatz 3 die Unabhängigkeit der beteiligten Personen und das Verbot der Beeinflussung (vgl. die analoge Vorschrift in Art. 41 des Transplantationsgesetzes). In grösseren Gesundheitseinrichtungen, die sowohl an der Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien beteiligt sind als auch Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, muss insbesondere darauf geachtet werden, dass nicht die gleichen Medizinalpersonen in den zwei Prozessen beteiligt sind, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Art. 41j
Melde- und Bewilligungspflichten sowie Anforderungen im Umgang mit embryonalen oder
fötalen Geweben oder Zellen
Abs. 1: In Parallelität zu Artikel 25 des Transplantationsgesetzes bedarf die Lagerung, die Ein- oder Ausfuhr sowie der Vertrieb von entnommenen embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen einer Bewilligung der Swissmedic.
Abs. 2: Die Bewilligung wird erteilt, wenn die erforderlichen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind und ein geeignetes Qualitätssicherungssystem vorhanden ist. Diese Bewilligungsvoraussetzungen decken sich materiell mit bereits vorhandenen Bewilligungspflichten (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 2 HMG) und entsprechen somit denjenigen für die anderen Betriebsbewilligungen des HMG. Der Bundesrat wird diese im Verordnungsrecht näher ausführen.
Abs. 3: Vor der Erteilung einer Bewilligung für den Umgang mit embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen muss jeder Betrieb inspiziert werden. Zuständig für diese Inspektionen ist grundsätzlich Swissmedic. Eine Delegation dieser Inspektionsaufgaben an die Kantone ist nicht vorgesehen (vgl. Art. 60 Abs. 2bis).
Abs. 4: Der Bundesrat soll die Kompetenz erhalten, auch für die Entnahme von embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen Anforderungen zu definieren sowie eine Melde- oder Bewilligungspflicht vorzusehen. Er wird erst dann von seiner Möglichkeit Gebrauch machen, wenn die Qualität der Entnahme nicht anderweitig sichergestellt werden kann, insbesondere durch die Einhaltung der Sorgfaltspflichten (vgl. Art. 41 q ). Diese Notwendigkeit wird sich im Rahmen des Vollzugs zeigen. Die entsprechenden Voraussetzungen werden vom Bundesrat festgelegt. Im Falle einer Melde- oder Bewilligungspflicht wäre die Swissmedic die zuständige Behörde.
Art. 41k
Information und Zustimmung des betroffenen Paars, Unabhängigkeit der beteiligten Personen und Verbot der Beeinflussung im Hinblick auf die Gewinnung und Verwendung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen
Artikel 41 k entspricht im Wesentlichen Artikel 40 des nTransplantationsgesetzes 2023 (im Rahmen dieser Vorlage aufzuheben) und regelt die Information und Zustimmung des betroffenen Paars in Bezug auf Stammzellen aus überzähligen Embryonen , die für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien verwendet werden sollen. In Anlehnung an Artikel 41 b Absatz 1 Buchstaben a und b sowie Artikel 41 i Absatz 2 Buchstaben a und b wird vorliegend verlangt, dass das betroffene Paar urteilsfähig und volljährig sein muss; zudem muss es über die vorgesehene Verwendung umfassend informiert worden sein und frei und schriftlich zugestimmt haben. Es ist wichtig, im Gesetz explizit festzuhalten, dass jeder Teil des betroffenen Paars die Zustimmung bis zum Beginn der Stammzellengewinnung jederzeit, formlos und ohne Angabe von Gründen widerrufen kann (Abs. 3). Damit wird auch im Kontext des HMG bezüglich der Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen ein besonderes Schutzniveau garantiert (vgl. Art. 5 Abs. 3 StFG). Zu Absatz 5 ist anzumerken, dass dieser nicht in Widerspruch zu Artikel 3 Absatz 5 FMedG steht, da das FMedG die medizinisch unterstützte Fortpflanzung regelt (Art. 3 bezieht sich also nur auf den Umgang mit Embryonen, die für unterstützte Fortpflanzung benützt werden). Zudem regelt Absatz 6 die Unabhängigkeit der beteiligten Personen und das Verbot der Beeinflussung (vgl. die analoge Vorschrift in Art. 41 des Transplantationsgesetzes).
Art. 41l
Bewilligungspflichten im Umgang mit Stammzellen aus überzähligen Embryonen
Diese Bestimmung sieht diverse Bewilligungspflichten (Betriebsbewilligungen) in Bezug auf Stammzellen aus überzähligen Embryonen vor.
Abs. 1: Die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen ist bereits nach Artikel 38 Absatz 1 des nTransplantationsgesetzes 2023 bewilligungspflichtig; Artikel 41 l übernimmt diese Norm materiell. In Parallelität zu Artikel 25 des Transplantationsgesetzes bedarf die Lagerung, die Ein- oder Ausfuhr sowie vorliegend zusätzlich der Vertrieb von Stammzellen aus überzähligen Embryonen ebenfalls einer Bewilligung der Swissmedic.
Abs. 2: Die in Artikel 41 l aufgelisteten Bewilligungsvoraussetzungen, wonach die erforderlichen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt und ein geeignetes Qualitätssicherungssystem vorhanden sein müssen, decken sich materiell mit bereits vorhandenen Bewilligungspflichten (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 2 HMG) und entsprechen somit denjenigen für die anderen Betriebsbewilligungen des HMG. Der Bundesrat wird diese im Verordnungsrecht näher ausführen.
Abs. 3: Vor der Erteilung einer Bewilligung muss jeder Betrieb inspiziert werden. Zuständig für diese Inspektionen ist grundsätzlich Swissmedic. Eine Delegation dieser Inspektionsaufgabe an die Kantone ist nicht vorgesehen (vgl. Art. 60 Abs. 2bis).
Art. 41m
Anforderungen im Umgang mit Stammzellen aus überzähligen Embryonen und Meldepflicht
Artikel 41 m statuiert besondere Vorschriften für die Gewinnung und die Ein- und Ausfuhr von Stammzellen aus überzähligen Embryonen . Dabei handelt es sich nicht um Bewilligungsvoraussetzungen (diese ergeben sich aus Art. 41 l ). Vielmehr werden hier besondere Anforderungen in Bezug auf die bewilligten Tätigkeiten definiert. Bei der Gewinnung und der Ein- oder Ausfuhr von Stammzellen aus überzähligen Embryonen muss jeweils im Einzelfall die Einhaltung der entsprechenden Anforderungen vorgängig bestätigt werden (s. Abs. 4). Von ihrer Konzeption her weichen die Artikel 41 l und 41 m damit von den einschlägigen Bestimmungen im nTransplantationsgesetz 2023 (vgl. Art. 38, 38 a und 38 b ) ab, was sich jedoch im Bewilligungskontext des HMG als gerechtfertigt erweist. Dies soll anhand eines Beispiels veranschaulicht werden: Es wäre nicht opportun, im Rahmen jeder Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen (Art. 41 l Abs. 1) eine neue Betriebsbewilligung zu beantragen bzw. zu erteilen. Vielmehr soll es genügen, im Rahmen einer «generellen» Betriebsbewilligung die Einhaltung der Anforderungen gemäss Artikel 41 l Absatz 2 zu überprüfen. Damit einher geht jedoch eine Meldepflicht für jede Gewinnung, wobei die Einhaltung der entsprechenden Voraussetzungen bestätigt werden muss (vgl. Abs. 3).
Abs. 1: Stammzellen aus überzähligen Embryonen dürfen nur gewonnen werden, wenn das herzustellende Arzneimittel der Erkennung, Verhütung oder Behandlung einer schwerwiegenden, invalidisierenden oder lebensbedrohlichen Krankheit dient und die Patientin oder der Patient mit keinem anderen Heilmittel mit vergleichbarem Nutzen behandelt werden kann. Diese Bestimmung orientiert sich inhaltlich an Artikel 38 Absatz 2 Buchstaben a und b des nTransplantationsgesetzes 2023, die vorliegend in einen heilmittelrechtlichen Kontext zu überführen sind.
Abs. 2: Stammzellen aus überzähligen Embryonen dürfen nur eingeführt werden, wenn die Anforderungen nach Artikel 41 o Absatz 1 Buchstabe b sinngemäss erfüllt sind (Bst. a). Die Ausfuhr ist nur dann zulässig, wenn die Bedingungen für die Verwendung von embryonalen Stammzellen im Zielland mit denen dieses Gesetzes gleichwertig sind. Damit wird dem Schutzniveau des StFG Rechnung getragen (vgl. Art. 15 Abs. 4 StFG) (Bst. b).
Abs. 3: Die Inhaberin einer Bewilligung für die Gewinnung oder für die Ein- oder Ausfuhr von Stammzellen aus überzähligen Embryonen nach Artikel 41 l Absatz 1 muss die Tätigkeiten im Einzelfall jeweils vorgängig der Swissmedic melden und in der Meldung die Einhaltung der jeweiligen Anforderungen bestätigen. Eine konkrete Umschreibung der Modalitäten (insbesondere, wie die jeweiligen Nachweise erbracht werden müssen) erfolgt auf Verordnungsstufe.
Art. 41n
Bewilligungspflichten im Umgang mit überzähligen Embryonen
Abs. 1: Diese Bestimmung sieht diverse Bewilligungspflichten (Betriebsbewilligungen) in Bezug auf überzählige Embryonen vor. Die Bewilligungspflicht für die Lagerung überzähliger Embryonen wird aus Artikel 38 a des nTransplantationsgesetzes 2023 übernommen, der mit dieser Vorlage aufgehoben wird. Auch die Bewilligungspflicht für die Ein- und Ausfuhr überzähliger Embryonen wird aus dem nTransplantationsgesetz 2023 übernommen (vgl. Art. 38 b , der ebenfalls aufgehoben wird). Bewilligungspflichtig soll letztlich auch der Vertrieb von überzähligen Embryonen sein. Der Vertrieb (Art. 4 Abs. 1 Bst. e) hat in diesen Fällen jeweils unentgeltlich zu erfolgen (s. Art. 41 p Abs. 1 Bst. f). Zulässig ist lediglich ein Kosten- bzw. Aufwandersatz (es darf somit kein Gewinn erwirtschaftet werden; s. Art. 41 d Abs. 2 Bst. d).
Abs. 2: Die aufgelisteten Bewilligungsvoraussetzungen, wonach die erforderlichen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt und ein geeignetes Qualitätssicherungssystem vorhanden sein müssen, decken sich materiell mit bereits vorhandenen Bewilligungspflichten (vgl. Art. 6 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1, Art. 28 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 2 HMG) und entsprechen somit denjenigen für die anderen Betriebsbewilligungen des HMG. Der Bundesrat wird diese im Verordnungsrecht näher ausführen.
Abs. 3 : Vor der Erteilung einer Bewilligung für den Umgang mit überzähligen Embryonen überprüft Swissmedic jeden Betrieb vor Ort mittels einer Inspektion, ob die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Delegation dieser Inspektionsaufgabe an die Kantone ist nicht vorgesehen (vgl. Art. 60 Abs. 2bis).
Art. 41o
Anforderungen im
Umgang mit überzähligen Embryonen
Abs. 1: Die hier umschriebenen Anforderungen beziehen sich einzig auf überzählige Embryonen im Hinblick auf die Gewinnung von Stammzellen (zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien). Eine Lagerung ist nur dann zulässig, wenn für die Gewinnung der Stammzellen bereits eine Bewilligung nach Artikel 41 l Absatz 1 erteilt wurde und die Lagerung zur Stammzellengewinnung unbedingt erforderlich ist; dies entspricht Artikel 38 a Absatz 2 Buchstaben a und b des nTransplantationsgesetzes 2023 (Bst. a) . Die für die Einfuhr geltenden Voraussetzungen orientieren sich inhaltlich an Artikel 38 b Absatz 2 des nTransplantationsgesetzes 2023 (Bst. b) . Die Ausfuhr ist nur zulässig, wenn die Bedingungen für die Verwendung der überzähligen Embryonen im Zielland mit denjenigen dieses Gesetzes gleichwertig sind; auch dies entspricht im Grundsatz Artikel 38 b Absatz 3 Buchstabe b des nTransplantationsgesetzes 2023 (Bst. c) . Für den Vertrieb (s. die Erläuterungen zu Art. 41 n ), der neu geregelt wird, wird vorausgesetzt, dass die «Empfängerin» bereits über eine Bewilligung nach Artikel 41 l Absatz 1 oder 41 n Absatz 1 verfügt (Bst. d) .
Abs. 2: Die Inhaberin einer Bewilligung nach Artikel 41 n muss die Lagerung, die Ein- oder Ausfuhr und den Vertrieb von überzähligen Embryonen für die Gewinnung von Stammzellen im Einzelfall jeweils vorgängig der Swissmedic melden und in der Meldung die Einhaltung der jeweiligen Anforderungen bestätigen. Eine konkrete Umschreibung der Modalitäten (insbesondere, wie die jeweiligen Nachweise erbracht werden müssen) erfolgt auf Verordnungsstufe.
Art. 41p
Verbote
Abs. 1: Die in den Buchstaben b-f aufgelisteten Verbote orientieren sich an jenen in Artikel 37 des Transplantationsgesetzes bzw. des nTransplantationsgesetzes 2023. Explizit aufgeführt wird zudem das «Unentgeltlichkeitsgebot» (s. auch Artikel 41 d) . Durch die unabhängige Festlegung von Zeitpunkt und Methode des Schwangerschaftsabbruchs soll vermieden werden, dass eine Frau einen Schwangerschaftsabbruch gezielt auf sich nimmt, um embryonale oder fötale Gewebe oder Zellen für sich selbst oder Angehörige therapeutisch nutzbar zu machen (Bst. a). Zu Buchstabe b ist zudem Folgendes anzumerken: In Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c StFG ist vorgesehen, dass aus einem überzähligen Embryo nach dem siebten Tag seiner Entwicklung keine Stammzellen mehr gewonnen werden können. Die Gründe dafür sind im HMG nicht anders, weshalb diese Regelung unverändert übernommen wird. Nicht verboten ist im Übrigen die sog. «gerichtete Spende» überzähliger Embryonen, da sich ein solches weder aus dem StFG noch aus dem FMedG ergibt und kein öffentliches Interesse an einem Verbot besteht (Beispiel: Ein Paar dürfte überzählige Embryonen aus einem Fortpflanzungsverfahren beispielsweise zu Zwecken der Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien in der Art «gerichtet» spenden, als das aus den Stammzellen hergestellte Arzneimittel das Kind der Zwillingsschwester der Frau erhalten soll).
Abs. 2: Der Verweis auf weitere Verbote nach dem StFG entspricht tel quel Artikel 37 Absatz 3 des nTransplantationsgesetzes 2023, der mit dieser Vorlage aufgehoben wird.
Art. 41q
Sorgfaltspflichten
Nebst den allgemeinen Sorgfaltspflichten dieses Gesetzes (Art. 3 Abs. 3) gelten die «besonderen» Sorgfaltspflichten des Transplantationsgesetzes (s. Erläuterungen zu Art. 41 f ) zur Testpflicht, Entfernung und Inaktivierung von Krankheitserregern und Kennzeichnung.

6 c . Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Arzneimittel für neuartige Therapien, die aus vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt werden.

Art. 41r
Pflichten der Zulassungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaberin
Artikel 41 r regelt die Pflichten der Inhaberin der Zulassung bzw. im Falle von klinischen Versuchen der Bewilligungsinhaberin (Sponsorin) analog zu Artikel 44 des geltenden Transplantationsgesetzes (wonach jedoch die Bewilligungsinhaberin bzw. der Bewilligungsinhaber verpflichtet wird). Zwar wird im aufzuhebenden Artikel 2 a Absatz 1 Buchstabe c Ziffer 2 des nTransplantationsgesetzes 2023 sinngemäss Artikel 44 des Transplantationsgesetzes für anwendbar erklärt; dieser sinngemässe Verweis soll von einer expliziten Regelung im HMG abgelöst werden. Im Rahmen des Umgangs mit Arzneimitteln für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 3 HMG muss sichergestellt werden, dass sämtliche Vorkehrungen getroffen werden, um potenzielle Infektionserkrankungen sofort erkennen und allenfalls erforderliche Massnahmen einleiten zu können (s. Botschaft vom 12. September 2001 9¹ zum Transplantationsgesetz). Das Forschungsumfeld mit derartigen Arzneimitteln für neuartige Therapien ist noch vergleichsweise jung, selbst wenn in den letzten Jahren im Bereich der Xenotransplantation teilweise bahnbrechende Erfolge erzielt werden konnten; entsprechend können die potenziellen Risiken von vornherein nur schwer abgeschätzt werden. Insofern rechtfertigt es sich zum Schutz der Bevölkerung, im Rahmen des HMG der Inhaberin der Zulassung die Pflicht aufzuerlegen, dass die in Buchstaben a−f aufgelisteten Massnahmen umgesetzt werden. Es erschiene hingegen nicht opportun, diese Pflichten gesetzlich der jeweils anwendenden bzw. abgebenden Person/Stelle aufzuerlegen, da mit der Zulassungsinhaberin bzw. der Sponsorin eine zentrale Ansprechperson vorhanden ist, die beispielsweise mittels entsprechender Qualitätsvereinbarungen abgebende oder anwendende Personen/Stellen ihrerseits entsprechend in die Pflicht nehmen kann. Im Übrigen wird für die in Buchstaben a-f aufgelistete Massnahmen auf die Botschaft zum Transplantationsgesetz verwiesen. 9²
9¹ BBl 2002 29 S. 165
9² BBl 2002 29 S. 165
Art. 41s
Testpflicht
Analog zu Artikel 45 des Transplantationsgesetzes muss sichergestellt werden, dass sich, wer tierische Organe, Gewebe oder Zellen zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 3 HMG entnimmt oder solche hierfür verwendet, vergewissern muss, dass diese auf Krankheitserreger oder Hinweise auf solche getestet worden sind.
Art. 41t
Sicherstellung
Auch im Kontext des Heilmittelrechts soll der Bundesrat zum Schutz der Geschädigten besondere Vorschriften zur Sicherstellung vorsehen können (vgl. Art. 46 des Transplantationsgesetzes). Geschädigte können grundsätzlich all jene sein, die durch den Umgang mit tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 3 einen Schaden erlitten haben (seien es natürliche oder juristische Personen, Gesellschaften, Einzelfirmen etc.). Der Begriff des Umgangs erfasst sämtliche Tätigkeiten mit tierischen Organen, Geweben oder Zellen im Hinblick auf die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien (bspw. Lagerung, Aufbereitung, Verkauf). Die Sicherstellung kann durch eine Versicherung oder in anderer Form verlangt werden. Andere Formen der Sicherstellung können bspw. die Hinterlegung liquider Werte bei einer Bank oder Bürgschaften sein (Bst. a). Der Bundesrat regelt im Falle der Einführung einer Versicherungs- oder Sicherstellungspflicht sowohl den Umfang als auch die Dauer der Sicherstellung (Bst. b). Zudem kann in diesem Zusammenhang eine Meldepflicht eingeführt werden, gemäss welcher Bestehen, Aussetzen oder Ende der Sicherstellung der zuständigen Behörde (die ebenso vom Bundesrat zu bezeichnen ist) zu melden sind (Bst. c). Da es hinsichtlich der Sicherstellung keinen Unterschied machen darf, ob die tierischen Organe, Gewebe oder Zellen für eine Xenotransplantation (nach Art. 43−48 des Transplantationsgesetzes) oder zur Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden, wird der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen aufeinander abstimmen müssen. Insbesondere könnte es angezeigt sein, die Begriffe «Geschädigte» und «Umgang» auf Verordnungsstufe (einschränkend) zu definieren, da eine Sicherstellungspflicht für «alle erdenklichen Schäden» kaum umsetzbar bzw. leistbar wäre. Im Bereich der Xenotransplantation wird Artikel 46 des Transplantationsgesetzes dergestalt präzisiert bzw. eingeschränkt, dass wer eine Xenotransplantation durchführt oder Organe, Gewebe oder Zellen für eine Xenotransplantation an Dritte abgibt , die Deckung von Schäden, für die sie oder er haftpflichtig ist, im Umfang von 20 Millionen Franken sicherstellen muss (Art. 26 Abs. 1 der Xenotransplantationsverordnung vom 16. März 2007 9³ ).
9³ SR 810.213
Art. 41u
Kosten für Massnahmen der Behörden
Diese Bestimmung entspricht Artikel 47 des Transplantationsgesetzes und regelt die Kostentragung für behördliche Massnahmen durch den Verursacher oder die Verursacherin. Verursacher oder Verursacherin ist grundsätzlich jede bzw. jeder, die oder der ein Infektionsrisiko für die Bevölkerung oder durch eine Infektion entstandene Schäden verursacht (seien es natürliche oder juristische Personen, Gesellschaften, Einzelfirmen etc.). Dieses Infektionsrisiko bzw. die Schäden müssen im Umgang mit tierischen Organen, Geweben oder Zellen zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien entstanden sein. Die Verursacherin oder der Verursacher trägt sowohl die Kosten für die behördlichen Massnahmen zur Abwehr oder Verminderung eines Infektionsrisiko als auch zur Feststellung und Beseitigung der Schäden. Die Überwälzung der Kosten auf die Verursacherin oder den Verursacher rechtfertigt sich durch die besondere Beziehungsnähe dieser Person zu einer konkreten Infektionsgefahr, die von solchen tierischen Organen, Geweben oder Zellen ausgehen kann, und entspricht somit dem «Störerprinzip», gemäss welchem die für eine Störung verantwortliche Person angehalten werden kann, den polizeiwidrigen Zustand zu beseitigen, oder in die Haftung genommen werden kann. Gestützt auf Artikel 41 u wird die Verursacherin oder der Verursacher nicht direkt verpflichtet, einen solchen Zustand zu beseitigen, sondern für («Ersatz»-)Massnahmen der Behörden vollumfänglich haftbar gemacht (es bedarf keines Verschuldens). Gleich wie in Artikel 41 t darf es auch im Kontext der Kostentragung für behördliche Massnahmen keinen Unterschied machen, ob die tierischen Organe, Gewebe oder Zellen für eine Xenotransplantation oder zur Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden, weshalb der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen aufeinander abstimmen muss.
Art. 41v
Umgang mit Spendertieren sowie mit tierischen Organen, Geweben und Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien
Analog der Delegationsbestimmung von Artikel 48 des Transplantationsgesetzes soll der Bundesrat spezifische Vorschriften zum Umgang mit tierischen Organen, Geweben und Zellen, die für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 3 entnommen bzw. verwendet werden, im Rahmen der gesamten «Herstellungskette» eines Arzneimittels für neuartige Therapien (z. B. von den Anforderungen an Spendertiere bis hin den Anforderungen an die Information der Personen, die mit der Patientin oder dem Patienten in Kontakt standen bzw. stehen) erlassen. Nicht zuletzt aufgrund der wissenschaftlichen Dynamik in diesem Forschungsfeld scheint es unerlässlich, dem Bundesrat grösstmögliche Flexibilität zu belassen und am bewährten Konzept des Artikels 48 des Transplantationsgesetzes anzuknüpfen, um möglichst rasch auf entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse reagieren zu können.
Art. 42a
Massnahmen zur Reduktion von Resistenzen
Abs. 1: Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung wird ergänzt, indem die Massnahmen nicht nur zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen und in Bezug auf Antibiotika möglich sein sollen, sondern generell zur Bekämpfung von Resistenzen und in Bezug auf Arzneimittel mit weiteren antimikrobiellen Wirkstoffen, wie Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika (s. Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 Bst. hbis). Massnahmen zur Reduktion von Resistenzen gegen antiparasitäre Wirkstoffe sind nicht vorgesehen. Im Gegensatz zu den antimikrobiellen Wirkstoffen beschränken sich Resistenzen gegen antiparasitäre Wirkstoffe zurzeit hauptsächlich auf spezifische Tiergruppen. Dort soll der Erhalt der Wirksamkeit auf anderem Wege sichergestellt werden, bspw. durch Therapieempfehlungen. Massnahmen gegen Antiparasitika sind in der EU-Gesetzgebung ebenfalls nicht vorgesehen.
Abs. 2: Artikel 118 der Verordnung (EU) 2019/6 sieht Einfuhrregulierungen aus Drittstaaten vor für Tiere, die mit bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen (insbesondere Antibiotika, aber auch Virostatika, Antimykotika und Antiprotozoika) behandelt worden sind bzw. für Produkte von solchen Tieren. Die Delegierte Verordnung (EU) 2023/905 9⁴ regelt die diesbezüglichen Einzelheiten. Dabei geht es um bestimmte für die Anwendung beim Menschen reservierten antimikrobiellen Wirkstoffe. Nicht betroffen von der Regelung sind Antiparasitika. Da die Anwendung von Tierarzneimitteln im Landwirtschaftsabkommen nicht geregelt ist, gilt die Schweiz in diesem Bereich gegenüber der EU als Drittstaat. Damit die Schweiz weiterhin Tiere und Tierprodukte in die EU ausführen kann, wurde mittels autonomen Nachvollzugs ein Verbot der Anwendung von Arzneimitteln mit bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen (ausschliesslich Antibiotika) eingeführt (TAMV). Der Bundesrat hat das entsprechende Anwendungsverbot gestützt auf den geltenden Artikel 42 a Absatz 2 HMG erlassen. Für das Verbot der Anwendung von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika wird mit der vorliegenden Erweiterung der Bestimmung die rechtliche Grundlage geschaffen. Das Anwendungsverbot bleibt weiterhin notwendig, auch wenn keine Zulassungen für Tierarzneimittel mit den entsprechenden Wirkstoffen mehr erteilt werden bzw. entsprechende Zulassungen widerrufen werden. Damit soll verhindert werden, dass Tierarzneimittel mit den betroffenen Wirkstoffen importiert oder Humanarzneimittel umgewidmet werden. Für die Anpassung an das EU-Recht spricht zudem, dass das Verbot der Anwendung von bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen auch der Nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) 9⁵ entspricht und damit im Interesse der öffentlichen Gesundheit liegt.
Die Schweiz soll aber auch sicherstellen, dass Nutztiere, die mit Arzneimitteln mit bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt worden sind bzw. Produkte von solchen Tieren nicht aus anderen Drittstaaten via die Schweiz in die EU gelangen. Das Einfuhrverbot von Tieren, die mit Arzneimitteln mit bestimmten antimikrobiellen Wirkstoffen behandelt worden sind, und Tierprodukten von solchen Tieren aus Drittstaaten, wird in die Verordnung vom 18. November 2015 9⁶ über die Ein-, Durch- und Ausfuhr von Tieren und Tierprodukten im Verkehr mit Drittstaaten übernommen. Dies gilt im Übrigen auch für Tiere, die mit Arzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen zur Leistungsförderung behandelt worden sind, und Tierprodukte von solchen Tieren.
Entsprechend der Verordnung (EU) 2019/6 (Art. 37 Abs. 3; Art. 152 Abs. 1 Unterabsatz 2) sollen die der Anwendung beim Menschen vorbehaltenen antimikrobiellen Wirkstoffe für die Veterinärmedizin nicht mehr zugelassen werden bzw. entsprechende Zulassungen widerrufen werden. Dafür soll in Artikel 42 a die explizite gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Da diese Wirkstoffe mit Blick auf die Exportfähigkeit von Tierprodukten für die Anwendung in der Schweiz verboten werden und deshalb eine Zulassung von Tierarzneimitteln mit solchen Wirkstoffen auch in der Schweiz keinen Sinn macht, soll das in der Verordnung (EU) 2019/6 vorgesehene Zulassungsverbot ins Schweizer Recht übernommen werden. Zurzeit sind keine Tierarzneimittel mit den entsprechenden antimikrobiellen Wirkstoffen zugelassen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Liste der EU mit weiteren Wirkstoffen ergänzt wird. Deshalb soll der Bundesrat in diesem Fall jeweils angemessene Übergangsfristen für einen Abverkauf der Lager vorsehen. So sieht auch das Tierarzneimittelrecht der EU vor, dass gemäss altem Recht in Verkehr gebrachte Tierarzneimittel noch bis zum 29. Januar 2027 bereitgestellt werden dürfen, auch wenn sie den neuen Vorschriften nicht entsprechen (Art. 152 Abs. 2 Verordnung (EU) 2019/6).
In Bezug auf die Anwendung und die Zulassung von Antiparasitika sieht das EU-Recht keine Verbote für die Anwendung und die Zulassung bzw. keinen Widerruf von Zulassungen vor. Deshalb soll auch im HMG von diesbezüglichen Einschränkungen abgesehen werden.
Einschränkungen des Einsatzes von Arzneimitteln mit antimikrobiellen Wirkstoffen in der Veterinärmedizin oder bei der Zulassung von Tierarzneimitteln mit solchen Wirkstoffen sollen grundsätzlich im Einklang mit ausländischen Regelungen erfolgen, um die bestmögliche Wirksamkeit in Hinblick auf die Reduktion von Resistenzen zu erreichen. Mit der Streichung des Erfordernisses «im Einklang mit ausländischen Regelungen» soll der Bundesrat jedoch die Möglichkeit erhalten, auch unabhängig von ausländischen Regelungen entsprechende Massnahmen vorzusehen, wenn besondere Sachumstände dies erfordern.
9⁴ Delegierte Verordnung (EU) 2023/905 der Kommission vom 27. Februar 2023 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Anwendung des Verbots der Verwendung bestimmter antimikrobieller Arzneimittel in Bezug auf Tiere oder Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die aus Drittländern in die Union ausgeführt werden; ABl. L 116 vom 4.5.2023, S. 1.
9⁵ www.blv.admin.ch > Das BLV > Strategien > Strategie Anti-biotikaresistenzen Schweiz (StAR)
9⁶ SR 916.443.10
Art. 42b
Umgang mit Spendertieren sowie mit vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien
Im Gegensatz zum Humanbereich, wo diese Aspekte aus dem Transplantationsgesetz in das HMG überführt werden, gibt es im Bereich neuartiger Tierarzneimittel , welche aus Organen, Zellen und Geweben tierischen Ursprungs hergestellt werden, noch keine Grundlagen für die Regulierung von der Herstellung vorgelagerten Tätigkeiten (Umgang mit Spendertieren, Entnahme, Lagerung, Import und Export sowie Vertrieb). Im Bereich der neuartigen Tierarzneimittel soll der Umgang nicht nur die Entnahme, Lagerung, Ein- und Ausfuhr und den Vertrieb mit biologischem Ausgangsmaterial umfassen, sondern auch die Haltung der Spendertiere.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch nicht abgeschätzt werden, in welche Richtung sich die Entwicklungen in diesem Gebiet international bewegen werden, zumal die entsprechenden Regulierungen auch im Ausland erst in der Entstehung sind. Es ist deshalb wichtig, gesetzliche Grundlagen zu schaffen, welche es erlauben, in Zukunft adäquat und flexibel auf die Entwicklungen im Bereich neuartiger Tierarzneimittel sowie auf entsprechende Regulierungen im Ausland zu reagieren.
Abs. 1: Der Bundesrat wird beauftragt, Anforderungen an den Umgang mit Spendertieren, aus denen Organe, Gewebe und Zellen für die Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4 gewonnen werden sowie an den Umgang mit vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die oben genannte Herstellung, d. h. Vorschriften über Entnahme, Lagerung, Einfuhr, Ausfuhr und den Vertrieb, zu erlassen. Insbesondere muss er die Mindestanforderungen an die Haltung von Spendertieren zwecks Wahrung des Tierwohls sowie Qualitätsvorschriften bezüglich der für die Herstellung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien verwendeten vitalen Organe, Gewebe und Zellen erlassen. Es gilt zu beachten, dass vitale Organe, Gewebe und Zellen für die Herstellung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4 nicht nur in vitro hergestellt, sondern vielmehr direkt den Tieren entnommen werden. Die Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen erweist sich im Weiteren insofern als notwendig, als bereits Fälle bekannt geworden sind, in denen Spendertiere, die für die Entnahme von Substanzen zur Herstellung von Tierarzneimitteln dienen, unter stark tierunwürdigen Bedingungen gehalten wurden. 9⁷ Der Bundesrat ist daher gehalten, Mindestanforderungen an die Modalitäten der Haltung für den Schutz solcher Spendertiere sowie Qualitätsvorschriften hinsichtlich der verschiedenen Tätigkeiten zu erlassen, die der Herstellung von neuartigen Tierarzneimitteln vorgelagert sind, um diese Tätigkeiten mithin einer gewissen Kontrolle zugänglich zu machen.
Diese Anforderungen sollen sowohl für standardisierbare als auch für nicht standardisierbare Tierarzneimittel, welche unter Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4 fallen, gelten.
Abs. 2: Dem Bundesrat wird die Kompetenz erteilt, eine Testpflicht betreffend Spendertiere oder vitale tierische Organe, Gewebe oder Zellen vorzusehen, wenn sich dies z.B. aufgrund eines Infektionsrisikos als notwendig erweisen sollte. Falls die EU in diesem Bereich Testpflichten vorsehen würde, könnte der Bundesrat ebenfalls entsprechende Bestimmungen erlassen, damit die Äquivalenz weitestmöglich gewährleistet bleibt.
Abs. 3: Der Bundesrat hat die Kompetenz, gewisse Tätigkeiten nach Absatz 1 risikobasiert einer Melde- oder gar einer Bewilligungspflicht zu unterstellen, wenn die Qualität, insbesondere die Einhaltung der Sorgfaltspflichten, nicht anders gewährleistet werden kann. Dies wird sich in Zukunft aufgrund der gesammelten Vollzugserfahrungen zeigen. Die entsprechenden Voraussetzungen werden vom Bundesrat festgelegt. Die zuständige Behörde wäre in diesem Fall die Swissmedic.
9⁷ Motion Schneider Meret 22.3299 « Kein Einsatz von PMSG bei Schweinezüchtern » vom 17. März 2022
Art. 43a
Nachbeobachtung, Rückverfolgbarkeit und Aufbewahrungspflicht bei Tierarzneimitteln für neuartige Therapien
Die Tierarzneimittel für neuartige Therapien erfordern aufgrund ihrer Neuartigkeit und Komplexität ergänzende Aufzeichnungspflichten zur Buchführungspflicht nach Artikel 43. Gerade bei neuartigen Therapien ist es wie im Bereich der Humanmedizin (Art. 59 a ) notwendig, dass aufgrund ungenügender Kenntnisse von Langzeitwirkungen oder bei seltenen Erkrankungen mit einer geringen Tierzahl in klinischen Studien die Wirksamkeit und Sicherheit durch eine systematische Nachbeobachtung weiter überwacht wird, sowie die Rückverfolgbarkeit vom Hersteller des Tierarzneimittels bis zum Tier sichergestellt ist. Artikel 43 a umfasst neuartige Tierarzneimittel für alle Tierpatienten, also sowohl für Nutztiere wie auch für Heimtiere, während die Buchführungspflicht nach Artikel 43 sich nur auf Nutztiere bezieht.
Abs. 1: Die Zulassungsinhaberin wird dazu verpflichtet, nach der Zulassungserteilung des Präparates Erkenntnisse über die Wirksamkeit sowie über die unerwünschten Wirkungen ihres Präparates systematisch aufzuzeichnen. Dies in Ergänzung zu den bereits vorhandenen Pharmakovigilanz-Vorschriften, welche keine Erfassung der Wirksamkeit oder systematische Erfassung der unerwünschten Wirkungen vorsieht. Die systematische Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen des Arzneimittels dient der Evaluation des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des zugelassenen Arzneimittels. Gerade bei neuartigen Therapien ist es notwendig, dass aufgrund ungenügender Kenntnisse von Langzeitwirkungen oder bei seltenen Erkrankungen mit einer geringen Tierzahl in klinischen Studien die Wirksamkeit und Sicherheit durch eine systematische Nachbeobachtung weiter überwacht wird. Beispielsweise ist es möglich, dass bei einem Pferd, das als Heimtier gehalten wird, erst nach einer längeren Zeitdauer eine unerwünschte Wirkung, wie eine Neoplasie, auftritt, für welche durch die Zulassungsinhaberin ein möglicher Zusammenhang mit dem verabreichten Präparat evaluiert werden muss. Die Langzeitbeobachtung der Wirksamkeit und Sicherheit ist darüber hinaus wichtig, um allfällige, zur Zeit der Zulassung unbekannte oder unerkannte unerwünschte Mikroorganismen im Arzneimittel zu identifizieren und entsprechende Massnahmen zum Schutz des behandelten Tieres, des Tierhalters und zur Vermeidung einer (Weiter-)Verbreitung zu treffen.
Abs. 2: Damit die Rückverfolgbarkeit eines neuartigen Tierarzneimittels vom Hersteller bis zur Anwenderin und zum Tier gewährleistet werden kann, ist eine lückenlose Aufzeichnungspflicht für alle Beteiligten notwendig. Insbesondere im Falle der oben beschriebenen unerwünschten Mikroorganismen ist die Rückverfolgbarkeit zentral, um dessen (Weiter-)Verbreitung zu verhindern, die behandelten Tiere respektive Tierbestände zu eruieren sowie einen vollständigen Rückruf sicherzustellen.
Das Tracing des Tierarzneimittels für neuartige Therapien vom einzelnen Tier respektive Tierbestand zum Hersteller und umgekehrt ist für jene Präparate mit hohem Gefährdungspotenzial unabdingbar. Die Notwendigkeit dieser Aufzeichnungen hat sich in der EU bereits erwiesen, als die EMA einen Rückruf von Stammzellpräparaten anforderte, welche mit einem vom Spenderpferd stammenden Virus kontaminiert waren 9⁸ . Die Aufzeichnungspflichten zwecks Überwachung der Tiere respektive Tierbestände nach deren Behandlung sowie des Tierarzneimittels für neuartige Therapien wurden auch im EU-Recht aufgenommen. In einem delegierten Rechtsakt 9⁹ zur Verordnung (EU) 2019/6 ist festgehalten, dass Informationen über die Sicherheit und Wirksamkeit der Tierarzneimittel für neuartige Therapien für die Weiterverfolgung im Einzelnen sichergestellt werden müssen.
Abs. 3: Während im Humanbereich für die Aufbewahrungspflicht eine gesetzlich vorgeschriebene Dauer von 30 Jahren vorgesehen ist, wird im Tierarzneimittelbereich auf die Festlegung einer bestimmten Dauer verzichtet. Die Dauer der Aufbewahrung der Aufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 2 sowie aller wichtigen Unterlagen muss an die durchschnittliche Lebensdauer der einzelnen Tiere oder Tierbestände und sich daraus ergebende Risiken angepasst werden können. Entsprechend würde eine pauschale Allgemeindauer den Besonderheiten des Veterinärbereiches nicht Rechnung tragen. Auf Verordnungsstufe wird der Bundesrat die Anforderungen an die Aufbewahrungsdauer konkretisieren.
Abs. 4 : Aufgrund der Neuartigkeit sowie Heterogenität der Tierarzneimittel für neuartige Therapien herrscht ein grosses Entwicklungspotenzial sowohl in wissenschaftlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht. Folglich erscheint es vor allem im Veterinärbereich wichtig, dass in den Ausführungsbestimmungen Konkretisierungen und Ausnahmen vorgenommen werden können. Dabei sind dem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt sowie internationalen Entwicklungen durch den Bundesrat Rechnung zu tragen.
Der Bundesrat kann risikobasiert Ausnahmen von den Aufzeichnungspflichten der systematischen Nachbeobachtung oder der Rückverfolgbarkeit vorsehen. Um Datenlücken oder Unsicherheiten zum Zeitpunkt der Produktzulassung zu überwinden, kann die Durchführung von Massnahmen oder Studien nach der Zulassung entsprechend der EU von Fall zu Fall in Betracht gezogen werden 10⁰ .
Vorerst ist vorgesehen, dass die Zulassungsinhaberinnen die Mitwirkung von medizinischen Fachpersonen auf privatrechtlicher Basis sichern. Der Bundesrat kann jedoch die Pflicht zur Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Nebenwirkungen auch auf weitere Personen nach Absatz 2 ausweiten, sollte sich zeigen, dass die Zulassungsinhaberinnen ihren Pflichten nach Absatz 1 aufgrund fehlender oder schlechter Daten ungenügend nachkommen können. Dies würde insbesondere die Tierärzteschaft betreffen. Diese kennen die Patienten und können als medizinische Fachpersonen beurteilen, ob ein Tierarzneimittel wirksam ist und ob unerwünschte Wirkungen auftreten.
Abs. 5: Es erscheint denkbar, dass künftig auch Tierhalterinnen und Tierhalter ihren Tieren gewisse Tierarzneimittel für neuartige Therapien verabreichen, weshalb die Vorschriften von Artikel 43 a grundsätzlich auch auf sie Anwendung finden könnten. Aus Verhältnismässigkeitsgründen sollen Tierhalterinnen und Tierhalter jedoch nicht diesen Vorschriften unterliegen. Es wird daher explizit festgehalten, dass für Tierhalterinnen und Tierhalter lediglich die Buchführungspflicht nach Artikel 43 relevant ist und Artikel 43 a somit für sie nicht anwendbar ist.
9⁸ www.ema.europa.eu > Medicines > Arti-Cell Forte /RenuTend - direct animal healthcare professional communication (DaHPC)
(Stand: 1. November 2023)
9⁹ Delegierte Verordnung (EU) 2021/805 der Kommission vom 8. März 2021 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 180 vom 21. Mai 2021, S. 3; Abschnitt V, V.1.1.6.
10⁰ Vgl. auch Delegierte Verordnung (EU) 2021/805 der Kommission vom 8. März 2021 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 180 vom 21. Mai 2021, S. 3; Abschnitt V, V.1.1.6.
Art. 53 Sachüberschrift und Abs. 2
Diese Bestimmung entspricht Artikel 49 Absatz 2 des nTransplantationsgesetzes 2023. Die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen für die Durchführung eines klinischen Versuchs richtet sich nach den Vorgaben des StFG, während sich die Verwendung der derart gewonnenen Stammzellen zum Zweck der medizinischen Einwirkung auf den menschlichen Organismus im Rahmen eines klinischen Versuchs nach dem HMG (Art. 1 Abs. 3 StFG) und nach dem HFG (Art. 53 Abs. 1 HMG) richtet. Während das HFG die allgemeinen Anforderungen für sämtliche Forschungsprojekte mit Personen regelt, enthält das HMG weitere Vorschriften, die nur spezifisch für klinische Versuche mit Heilmitteln gelten (insbesondere zum Melde- und Bewilligungsverfahren). Die Einzelheiten zu einer Vielzahl dieser neuen Bestimmungen werden im Verordnungsrecht geregelt. Dies betrifft beispielsweise die Frage, wie die verschiedenen Bewilligungen koordiniert werden, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden. Weitere Ausführungen zur Schnittstelle des HMG und des StFG in Bezug auf die Gewinnung von embryonalen Stammzellen finden sich in den Erläuterungen zur Änderung anderer Erlasse (Art. 7 Abs. 2 Bst. a StFG).
Art. 54 Abs. 5
Im neuen Absatz 5 wird die bestehende Regelung von Artikel 49 b Absatz 1 Buchstabe b des nTransplantationsgesetzes 2023 übernommen. Buchstabe a verlangt analog zu Artikel 41 k Absatz 1 (vgl. hierzu auch Art. 38 Abs. 3 des nTransplantationsgesetzes 2023) auch bei klinischen Versuchen mit Stammzellen aus überzähligen Embryonen, dass das Arzneimittel der Erkennung, Verhütung oder Behandlung einer schwerwiegenden, invalidisierenden oder lebensbedrohlichen Krankheit dient und die Patientin oder der Patient mit keinem anderen Heilmittel mit vergleichbarem Nutzen behandelt werden kann. Diese strengen Kriterien entsprechen den Anforderungen des StFG, wurden aber in Anlehnung an die Voraussetzungen für die Erteilung einer befristeten Zulassung nach Artikel 9 a HMG umformuliert, ohne dass an den Voraussetzungen für eine Bewilligungserteilung materiell etwas geändert werden soll. Buchstabe b verlangt für die Anwendung an Menschen im Rahmen eines klinischen Versuchs von Arzneimitteln für neuartige Therapien, welche aus tierischen Organen, Geweben oder Zellen hergestellt wurden, den Nachweis, dass ein Infektionsrisiko für die Bevölkerung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Dieser Nachweis hat unter Anwendung des aktuellen Stands von Wissenschaft und Technik zu erfolgen und ist lediglich eine Fortführung der Vorgabe von Artikel 43 Absatz 2 Buchstabe a des Transplantationsgesetzes.
Art. 58 Abs. 5 erster Satz
Der vorliegende Artikel muss redaktionell angepasst werden, da das BAG in Artikel 26 Absatz 6 Buchstabe f erstmals erwähnt bzw. eingeführt wird.
Art. 59a
Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen
Ergänzend zu den bereits vorhandenen Pharmakovigilanz-Vorschriften, wird die Zulassungsinhaberin eines Arzneimittels für neuartige Therapien verpflichtet, Erkenntnisse über die Wirksamkeit sowie über die unerwünschten Wirkungen ihres Präparates systematisch aufzuzeichnen. Gerade weil die Arzneimittel für neuartige Therapien häufig zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen entwickelt und folglich patientenspezifisch oder in kleinen Mengen hergestellt werden, können die notwendigen Studien vor der Zulassungserteilung meist nur mit wenigen Patientinnen und Patienten durchgeführt werden. Bestimmte unerwünschte Wirkungen und Sicherheitsrisiken können daher erst nach der Zulassungserteilung identifiziert werden, was die systematische Erfassung dieser Daten nach der Zulassungsgenehmigung notwendig macht. Die systematische Nachbeobachtung der unerwünschten Wirkungen hängt im Gegensatz zur Meldepflicht gemäss Artikel 59 HMG nicht vom Grad der Gesundheitsgefährdung ab. Die Erfahrungen der EU im Bereich des Long Term-Follow-up zeigen die Wichtigkeit auf, welche der Erfassung der Wirksamkeitsdaten aus dem Behandlungsalltag von mit Arzneimitteln für neuartige Therapien behandelten Patientinnen und Patienten nach der Zulassungserteilung zukommt. So wird angelehnt an die massgebliche EMA-Guideline 1⁰1 das Nachbeobachtungsystem definiert als jede systematische Sammlung und Zusammenstellung der Daten, die so konzipiert sind, dass sie Erkenntnisse über die Sicherheit und Wirksamkeit eines Arzneimittels für neuartige Therapien ermöglichen. Das Nachbeobachtungssystem stellt eine Ergänzung zum bereits heute teilweise verlangten Risikomanagementsystem dar. Diese spezifische Aufzeichnungspflicht zur Überwachung der Patientinnen und Patienten nach der Behandlung mit einem Arzneimittel für neuartige Therapien dient nicht nur der Evaluation des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des eingesetzten Präparates. Es ist darüber hinaus wichtig, um frühe oder verzögerte Anzeichen von unerwünschten Wirkungen zu erkennen, um rechtzeitige Reaktionen zu gewährleisten. Die anwendenden Institutionen und Medizinalpersonen sind gehalten, sich an die durch die Zulassungsinhaberin festgelegte Dauer der Langzeitbeobachtung zu halten und während dem festgelegten Zeitraum die geforderten Daten sicherzustellen und diese zu melden. Die Gewährleistung der Nachbeobachtung der unerwünschten Wirkungen und der Wirksamkeit soll in einem Plan (Art. 11 Abs. 2ter HMG) mit der Gesuchseinreichung erläutert werden, wenn dies von der Swissmedic im Rahmen des Zulassungsverfahrens verlangt wird. Der Bundesrat wird die entsprechenden Vollzugsvorschriften betreffend die Form der Nachbeobachtung und die Modalitäten der Meldepflicht auf Verordnungsstufe regeln. Er achtet bei der Festlegung der Einzelheiten zudem darauf, dass die produktspezifischen Anforderungen nicht über vergleichbare ausländische Regulierungen hinausgehen.
1⁰1 Online abrufbar unter: www.ema.europa.eu/en > Human regulatory overview > Research and development > Scientific guidelines > Multidisciplinary guidelines > Multidisciplinary: ATMP > Guideline on safety and efficacy follow
-up and risk management of advanced therapy medicinal products
(Stand: 1. November 2023).
Art. 59b
Rückverfolgbarkeit
Arzneimittel für neuartige Therapien bergen aufgrund ihrer einzigartigen spezifischen Eigenschaften grössere Sicherheitsrisiken als konventionelle Arzneimittel. Analog den Bestimmungen zu Blut und Blutprodukten in der Heilmittelgesetzgebung sowie den Bestimmungen in der Transplantationsgesetzgebung muss dem Risiko von Infektionsübertragungen (z. B. bei xenogenen Zelltherapeutika und manchen Gentransfer-Arzneimitteln, welche replikationsfähige und infektiöse Erreger enthalten können) Rechnung getragen werden. Die Aufzeichnung aller wichtigen Schritte dient der Rückverfolgbarkeit bei auftretenden Mängeln sowie zur Abklärung der Ursachen. Für den Fall, dass bei der Empfängerin oder beim Empfänger eines Organ-, Gewebe- oder Zellproduktes Infektionserkrankungen oder andere gesundheitliche Probleme auftauchen, muss zur Abklärung der Ursachen auf die Daten der spendenden Person zurückgegriffen werden können. Daher müssen alle Personen, die mit Arzneimitteln für neuartige Therapien umgehen, für eine vollständige und lückenlose Rückverfolgbarkeit des Arzneimittels sorgen.
Die Verpflichtung zur Aufzeichnung zwecks Rückverfolgbarkeit gehört zu den allgemeinen Sorgfaltspflichten und soll die Eigenverantwortung aller Beteiligten, die mit Arzneimitteln für neuartige Therapien umgehen, verdeutlichen. In der Transplantationsgesetzgebung wird diesbezüglich festgehalten, dass wer mit Transplantaten umgeht, ein potenzielles Risiko schafft und deshalb alle Massnahmen zu treffen braucht, damit die Gesundheit des Menschen nicht gefährdet wird. Das Gleiche gilt auch für den Umgang mit Arzneimitteln für neuartige Therapien.
Alle involvierten Institutionen wie beispielsweise die Gewebebank, die Zulassungsinhaberin und die anwendenden oder abgebenden Institutionen wie Spitäler, private Praxen und andere Einrichtungen werden verpflichtet, ein System zur Sicherung der generierten Daten zu etablieren. Darin sind alle Daten zu erfassen, die es erlauben, jedes einzelne Arzneimittel für neuartige Therapien mit der Patientin oder dem Patienten in Verbindung zu bringen und umgekehrt. Die Zulassungsinhaberin muss darüber hinaus analog Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 sicherstellen, dass jedes Arzneimittel und seine Ausgangs- und Rohstoffe, einschliesslich aller darin enthaltenen Geweben oder Zellen in Berührung kommenden Stoffe, von der Spende, über die Herstellung, Verpackung, Lagerung, Transport und Abgabe an die oder Anwendung an den Patientinnen und Patienten, rückverfolgt werden kann.
Sollte für gewisse Präparate keine Pflicht zur Rückverfolgbarkeit notwendig sein, kann der Bundesrat Ausnahmen vorsehen. Analog zum Artikel 59 a achtet er bei der Festlegung der Einzelheiten darauf, dass die produktspezifischen Anforderungen nicht über vergleichbare ausländische Regulierungen hinausgehen.
Art. 59c
Aufbewahrungspflicht
Abs. 1: Zur Gewährleistung der Nachbeobachtung und Rückverfolgbarkeit müssen alle wichtigen Unterlagen und Aufzeichnungen gemäss Artikel 59 a und 59 b während 30 Jahren aufbewahrt werden. Diese relativ lange Aufbewahrungsdauer orientiert sich an der Bestimmung im HMG zu den Blut- und Blutprodukten (vgl. Art. 40 Abs. 1) sowie dem Artikel 15 Absatz 4 der EU-Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 und soll der teilweise sehr langen Inkubationszeit übertragbarer Krankheiten sowie der Bildung von Sekundärerkrankungen Rechnung tragen. Als wichtige Unterlagen gelten jene relevanten Daten, welche im Nachgang Rückschlüsse betreffend das Arzneimittel für neuartige Therapien von der spendenden Person bis zur empfangenden Person und umgekehrt erlauben. Die für die Rückverfolgbarkeit relevanten Daten sollen jeweils in den Qualitätssicherungssystemen der Institutionen festgelegt werden und während 30 Jahren ab der Anwendung des Arzneimittels für neuartige Therapien archiviert werden.
Abs. 2: Der Bundesrat wird insbesondere Ausführungsbestimmungen erlassen zur Dauer der Aufbewahrungsfrist je nach Art des Arzneimittels für neuartige Therapien, sowie für den Fall einer Aufgabe der Geschäftstätigkeit der archivierungspflichtigen Person respektive Institution vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist. Im Interesse der öffentlichen Gesundheit und um die bestmögliche Patientensicherheit zu gewährleisten, ist es wichtig, dass die Aufbewahrung auch über ein allfälliges Ende der Geschäftstätigkeit sichergestellt wird. Ist dies nicht möglich (z. B. im Falle eines Konkurses), muss die gesamte Dokumentation anderweitig aufbewahrt werden.
Art. 60 Abs. 2 Bst. d und Abs. 2bis
Der geltende Artikel 60 HMG sieht vor, dass für Präparate, die ein produktespezifisches Fachwissen erfordern, die Inspektionen durch die Swissmedic durchgeführt werden. Die Auflistung in Artikel 60 Absatz 2 wird um die Arzneimittel für neuartige Therapien ergänzt. Bereits heute führen die kantonalen Inspektionszentren keine produktespezifischen Inspektionen durch. Aufgrund des bei der Swissmedic konzentrierten, spezifischen Fachwissens über die Arzneimittel für neuartige Therapien soll das entsprechende Inspektionswesen ebenfalls nicht in den Kompetenzbereich der Kantone fallen, sondern durch die Bundesbehörde erfolgen. Die Swissmedic führt bereits heute die Inspektionen im Zusammenhang mit Transplantatprodukten durch, da die Bestimmungen der AMBV auch für diese sinngemäss Gültigkeit haben. Aktuelle Entwicklungen zeigen zudem auf, dass in der Schweiz neue innovative Produktionsstandorte zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (wie beispielsweise auf der Basis von CAR-T-Zellen, sog. TIL’s [tumorinfiltrierende Lymphozyten]) geschaffen werden. Entscheidend ist, dass Einrichtungen, welche Arzneimittel für neuartige Therapien herstellen, in Verkehr bringen, importieren oder exportieren, über ein qualitativ hochstehendes Qualitätssystem verfügen müssen. Durch Inspektionen und Überprüfungen des Qualitätssystems können Risiken (wie z. B. infektiöse oder mikrobiologische Kontaminationen, Lagerung von unbrauchbaren Präparaten sowie auch weitere sicherheitsrelevante Risiken) entdeckt und folglich vermieden werden. Die Zuständigkeit der Swissmedic für die Durchführung von Inspektionen in diesem Bereich soll im Gesetz daher explizit erwähnt werden (Abs. 2 Bst. d). Aus denselben Überlegungen sollen auch die Kontrollen der bislang durch die Transplantationsgesetzgebung ihrer Aufsichtszuständigkeit zugewiesenen Aktivitäten im Umgang mit Organen, Geweben oder Zellen (Art. 41 g, 41 j ), beim Umgang mit Stammzellen aus überzähligen Embryonen (Art. 41 l ) sowie im Umgang mit überzähligen Embryonen (Art. 41 n ) von Swissmedic durchgeführt werden (Abs. 2bis). Die Schweiz ist zu klein, um das hierfür erforderliche spezialisierte Fachwissen an mehreren Orten aufzubauen. Allerdings soll es in der Praxis auch bei diesen Inspektionen der Swissmedic freistehen, die kantonalen Stellen beizuziehen oder einzuladen.
Art. 62a Abs. 1 Bst. a Ziff. 4
Die bis anhin in Artikel 2 b des nTransplantationsgesetzes 2023 geregelte Hospital Exemption wird neu in Artikel 9 c HMG geregelt (s. die dortigen Erläuterungen). Damit die Swissmedic die für die Beurteilung eines Gesuchs erforderlichen Personendaten neu auch im Kontext des HMG bearbeiten darf, ist Artikel 62 a Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 4 entsprechend zu ergänzen.
Art. 64h
Verwendung des Informationssystems Antibiotika für die Überwachung des Vertriebs und des Verbrauchs von weiteren Arzneimitteln
Das IS ABV soll bei Bedarf, insbesondere falls dies im Hinblick auf die Resistenzentwicklung als notwendig erscheint, auch für die Überwachung des Vertriebs und des Verbrauchs von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika sowie von antiparasitären Wirkstoffen verwendet und entsprechend erweitert werden können. Der Bundesrat kann diese Erweiterung auf Verordnungsstufe vorsehen und die entsprechenden Ausführungsbestimmungen erlassen. Die Artikel 64 b -64 g gelten dabei sinngemäss. D. h. die Bearbeitung von Personendaten in Bezug auf weitere Arzneimittel erfolgt mit dem Ziel, neben den Antibiotikaresistenzen bestimmte weitere Resistenzen in der Veterinärmedizin zu bekämpfen. Auch die Bestimmungen zum Inhalt des erweiterten Informationssystems (Vertriebs- und Verbrauchsmengen) und zu den Themen der zu erlassenden Ausführungsbestimmungen gelten in diesem Fall analog für die mit der Erweiterung des Informationssystems aufgenommenen Arzneimittel. Es ist jedoch zurzeit nicht vorgesehen, dass der Vertrieb und der Verbrauch von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika sowie von antiparasitären Wirkstoffen erfasst werden sollen.
Art. 69 Abs. 1bis
Gemäss der geltenden Bestimmung kann der Bundesrat der Swissmedic − über dessen gesetzliche Aufgaben nach Artikel 69 Absatz 1 hinaus − weitere Aufgaben, die in engem Bezug zu den ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben stehen müssen und deren Erfüllung nicht beeinträchtigen dürfen, gegen Abgeltung übertragen . Diese Vorgabe steht in gewissem Kontrast zum allgemeinen Grundsatz, wonach eine Abgeltung nach Artikel 69 Absatz 1 nur dann zu leisten ist, wenn die Aufgabenerfüllung nicht anderweitig durch Abgaben und Gebühren abgedeckt ist (vgl. Art. 77 Abs. 2 Bst. a). Sie berücksichtigt nicht, dass der Gesetzgeber in einem formellen Gesetz einerseits die Erhebung von Gebühren und Abgaben für die Erfüllung von Vollzugsaufgaben selbst vorsehen und andererseits die Bezeichnung der zuständigen Vollzugsbehörde an den Bundesrat delegieren kann. So bezeichnet der Bundesrat nach Artikel 25 a Absatz 1 des nTransplantationsgesetz 2023 die Bewilligungsbehörde für die Lagerung sowie Ein- und Ausfuhr von Organen, Geweben oder Zellen. In der laufenden Revision des Ausführungsrechts dazu sieht der Bundesrat vor, die Swissmedic als Bewilligungsbehörde zu bezeichnen. Betrachtet man nur den Wortlaut von Artikel 69 Absatz 1bis, könnte der Bundesrat dies aber nur gegen Abgeltung tun. Das wäre weder erforderlich noch sinnvoll, da für die Erteilung, die Sistierung und den Entzug dieser Bewilligungen zwingend Gebühren zu erheben sind (Art. 67 Abs. 1 Bst. a des Transplantationsgesetz). Um solche Inkonsistenzen zu beseitigen, soll vorliegend die Vorgabe gestrichen werden, dass eine Aufgabenübertragung durch den Bundesrat zwingend gegen Abgeltung erfolgen muss. In Kombination mit der Anpassung von Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe a soll damit klargestellt werden, dass auch eine Aufgabenübertragung durch den Bundesrat jeweils soweit gegen Abgeltung erfolgt, als die Aufgabenerfüllung nicht durch (anderweitig spezialgesetzlich vorgesehene) Abgaben und Gebühren abgedeckt ist.
Art. 77 Abs. 2 Bst. a
Gemäss der geltenden Bestimmung finanziert die Swissmedic ihre Ausgaben insbesondere durch Abgeltungen des Bundes für formell-gesetzlich zugewiesene Aufgaben nach Artikel 69 Absatz 1, sofern sie nicht durch Abgaben und Gebühren abgedeckt sind. In Kombination mit der Anpassung von Artikel 69 Absatz 1bis soll mit der vorliegenden Ergänzung klargestellt werden, dass auch für die Zuweisung von Aufgaben durch den Bundesrat nach Artikel 69 Absatz 1bis gilt, dass die Aufgabenübertragung jeweils soweit gegen Abgeltung erfolgt, als die Aufgabenerfüllung nicht durch Abgaben und Gebühren abgedeckt ist.
Art. 80 Abs. 2 Bst. b; Gliederungstitel vor Art. 81a; Art. 81a Abs. 1, 2 und 3 Einleitungssatz
In der italienischen Fassung dieser Bestimmungen wird aus Gründen der Kohärenz mit den anderen Sprachfassungen der Begriff «vigilanza» durch «sorveglianza» ersetzt.
Art. 86−86j
Aufgrund der Überführung der Transplantatprodukte ins HMG drängt sich eine Ergänzung der Strafbestimmungen im HMG auf; dies erfolgt soweit möglich in Anlehnung an die einschlägigen Strafbestimmungen des Transplantationsgesetzes. Neu werden somit auch im HMG diverse Straftatbestände aufgeführt, welche Sanktionen für insbesondere den nicht gesetzeskonformen Umgang mit menschlichen Organen, Geweben oder Zellen vorsehen.
Bereits in der geltenden Fassung ist die Auflistung der Straftatbestände wenig übersichtlich und kann zu Unklarheiten in der Anwendung führen. Dieses Problem wird durch die Aufnahme von neuen Strafbestimmungen noch verschärft. Die Strafbestimmungen werden deshalb neu nach den jeweiligen Tatobjekten gegliedert, ohne dass dies zu einer Anpassung des jeweils anwendbaren Strafmasses führt.
Art. 86
Unerlaubter Umgang mit Arzneimitteln oder Produkten, die mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind
Artikel 86 umfasst darum neu nur Tatbestände, welche auf alle Arzneimittel anwendbar sind. Er entspricht damit den geltenden Bestimmungen von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe a und g.
Da der Bundesrat in Anwendung von Artikel 2 Absatz 3 neu auch Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung, die hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind, dem HMG unterstellen kann, müssen diese auch in den Strafbestimmungen von Artikel 86 Absatz 1 explizit erwähnt werden. Diese Produkte werden nicht von der Definition des Begriffs der «Arzneimittel» (Art. 4 Abs. 1 Bst. a) erfasst, weshalb die anwendbaren Strafbestimmungen explizit auf diese erweitert werden müssen. Eine Erwähnung dieser Produkte in Artikel 86 Absatz 2 ist jedoch nicht angezeigt, da diese Bestimmung dem Fälschungsschutz dienen soll, welcher nicht auf die Produkte nach Artikel 2 Absatz 3 ausgeweitet werden soll.
Art. 86a
Besondere Bestimmungen für Arzneimittel für neuartige Therapien und Produkte, die mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind
Dieser Artikel beinhaltet die Tatbestände, welche ausschliesslich auf die mit der Revision geschaffene Kategorie der Arzneimittel für neuartige Therapien anwendbar sind und − soweit dies den Humanbereich betrifft − aus dem Transplantationsgesetz in das HMG überführt bzw. − was den Bereich neuartiger Tierarzneimittel anbelangt (Art. 42 b ) − neu geschaffen werden.
Art. 86b
Unerlaubter Umgang mit Medizinprodukten oder Produkten, die mit Medizinprodukten vergleichbar sind
Dieser Artikel setzt sich aus den geltenden Strafbestimmungen von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe d, e und g zusammen. Analog zu Artikel 86 müssen auch hier die Produkte ohne medizinische Zweckbestimmung erwähnt werden, welche mit Medizinprodukten vergleichbar sind und darum in Anwendung von Artikel 2 Absatz 3 dem HMG unterstellt wurden.
Art. 86c
Unerlaubter Umgang mit antimikrobiellen Wirkstoffen
Der Artikel beinhaltet die Strafbestimmungen, die nur auf den Umgang mit antimikrobiellen Wirkstoffen anwendbar sind. Er entspricht dem heutigen Tatbestand von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe b und wurde nur durch den neuen Begriff der «antimikrobiellen Wirkstoffe» ergänzt.
Art. 86d
Unerlaubter Umgang mit Blut und Blutprodukten
Der Artikel beinhaltet die Strafbestimmungen, die auf den Umgang mit Blut und Blutprodukten anwendbar sind. Er entspricht dem heutigen Tatbestand von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe c.
Art. 86e
Unerlaubte klinische Versuche
Der Artikel beinhaltet die Strafbestimmungen, die auf klinische Versuche anwendbar sind. Er entspricht dem heutigen Tatbestand von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe f.
Art. 86f
Unerlaubter Umgang mit devitalisierten menschlichen Geweben oder Zellen
Dieser Artikel übernimmt die heutigen Tatbestände von Artikel 86 Absatz 1 Buchstaben i−k, trägt jedoch der Formulierung des Artikel 2 a besser Rechnung, indem die verschiedenen Tatbestände, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und auch durch einen anderen Täterkreis begangen werden können, separat aufgeführt werden.
Art. 86g
Verstoss gegen die Integrität
Dieser Artikel entspricht dem heutigen Tatbestand von Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe h (Verbot von nicht gebührenden Vorteilen).
Art. 86h-86j
Die Qualifizierungstatbestände wurden in einen eigenen Artikel 86 h überführt. Sodann wurde die Bestimmung des heutigen Artikels 86 Absatz 4 in je eine Bestimmung für die Fahrlässigkeit (Art. 86 i ) und die Privilegierung des leichten Falles (Art. 86 j ) aufgeteilt. Die heutige Regelung von Artikel 86 Absatz 4 lässt die Anwendung der Privilegierung nur in Fällen zu, in denen auch eine fahrlässige Tatbegehung bejaht wird. Damit wird beispielsweise verunmöglicht, eine Einfuhr, welche nicht für den Eigenbedarf, aber auch nicht fahrlässig vorgenommen wurde, als leichten Fall zu qualifizieren. Ein solcher Fall wäre beispielsweise gegeben, wenn eine Medizinalperson ein Arzneimittel einführt, obwohl ein früherer Versorgungsengpass seit kurzer Zeit nicht mehr besteht. Wenn die einführende Person dieses Arzneimittel erneut einführt und ihr zu diesem Zeitpunkt das Fortbestehen des Engpasses oder dessen Aufhebung belanglos erscheinen und sie darum auf erneute Abklärungen gleichgültig verzichtet, nimmt sie den Verstoss mindestens billigend in Kauf, weshalb nach heutigem Recht nicht auf einen geringfügigen Fall erkannt werden kann. Ähnlich verhält es sich bei der Einfuhr einer einzelnen Packung Arzneimittel durch eine Privatperson für eine ihr bekannte Drittperson (beispielsweise ein älteres Familienmitglied), womit die in Artikel 87 Absatz 1 Buchstabe f geforderte Voraussetzung des Eigenbedarfs nicht erfüllt ist. In beiden Fällen kann die Ausfällung einer Geldstrafe (mit zwingendem Eintrag in das Strafregister) in einer unnötig harten Sanktion resultieren, da den jeweiligen Umständen nicht Rechnung getragen werden kann, auch wenn diese die Verurteilung zu einer Busse rechtfertigen würden. Um in solchen Fällen die unabhängige Anwendung des leichten Falles zu ermöglichen, soll diese Bestimmung in einem separaten Artikel verankert werden.
Diese Klärung der Anwendbarkeit des leichten Falles unabhängig der Fahrlässigkeit ist derzeit bereits im Zuge der Revision des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 1⁰2 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) vorgesehen. Es erscheint jedoch sinnvoller, diese Anpassung des HMG in dessen eigener Revision vorzunehmen.
1⁰2 SR 313.0
Art. 87 Abs. 1 Bst. abis, ater, f und i
Wie in Artikel 86 müssen auch in Artikel 87 aufgrund der Überführung der Transplantatprodukte ins HMG entsprechende Ergänzungen vorgenommen werden (Abs. 1 Bst. a bis und a ter ).
Buchstabe f: Bei Medizinprodukten der Klasse I wird der Verweis auf die alte Richtlinie 93/42/EWG durch einen Verweis auf Artikel 45 Absatz 3 Buchstabe b HMG ersetzt.
Buchstabe i: Die Verletzung der Pflichten zur Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen und der Rückverfolgbarkeit von Arzneimitteln (vgl. Art. 43 a , 59 a und 59 b ) ist strafbar. Die Verletzung der Aufbewahrungs- bzw. Aufzeichnungspflichten (Art. 43 a und 59 c ) wird bereits von Artikel 87 Absatz 1 Buchstabe d erfasst.
Art. 88
Strafbarkeit nach dem Bundesgesetz über die technischen Handelshemmnisse
Es handelt sich bei diesem Artikel um einen Verweis auf die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 1⁰3 über die technischen Handelshemmnisse (THG). Die geltende Bestimmung ist redaktionell nicht ideal, weil nur auf die Strafandrohungen der Artikel 23-29 THG verwiesen wird statt auf die vollständigen Strafbestimmungen. Die Strafandrohungen umfassen nur die Rechtsfolgen, nicht aber die strafbewehrten Verhaltensweisen. Schon den Erläuterungen der Botschaft vom 1. März 1999 1⁰4 zur Erstfassung des HMG ist indessen zu entnehmen, dass auf die vollständigen Strafbestimmungen verwiesen werden sollte, weshalb dies bei dieser Gelegenheit angepasst werden kann. Die Formulierung orientiert sich dabei an vergleichbaren anderen Verweisen, zum Beispiel an jener von Artikel 22 des Messgesetzes vom 17. Juni 2011 1⁰5 über das Messwesen (MessG).
1⁰3 SR 946.51
1⁰4 BBl 1999 3564
1⁰5 SR 941.20

5.2 Änderung anderer Erlasse

5.2.1 Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998

Art. 16 Abs. 4 zweiter Satz
Das FMedG wird mit dem nTransplantationsgesetz 2023 dahingehend präzisiert, dass neben einer Verwendung von überzähligen Embryonen nach dem StFG auch eine Verwendung nach dem Transplantationsgesetz möglich ist. Mit der neuen Regulierung der Verwendung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen als Arzneimittel für neuartige Therapien im HMG wird diese Änderung entsprechend angepasst.

5.2.2 Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 2004

Das Transplantationsgesetz regelt den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen zu Transplantationszwecken. Unter diese Regelung fallen zurzeit auch die Transplantatprodukte. Neu sind die Transplantatprodukte ein Teil der Arzneimittel für neuartige Therapien und sollen gänzlich im Heilmittelrecht geregelt werden (s. Ziff. 1.1.4). Sämtliche Regelungen zu Transplantatprodukten müssen deshalb aus dem Transplantationsgesetz gestrichen werden, der Begriff «Transplantatprodukt» wird im Transplantationsrecht nicht mehr verwendet. Die Anpassungen betreffen dabei neben dem geltenden Transplantationsgesetz auch das nTransplantationsgesetz 2021 und das nTransplantationsgesetz 2023. Die folgenden Änderungen beziehen sich deshalb sowohl auf das geltende Transplantationsgesetz, als auch auf die verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft gesetzten Änderungen.
Bei embryonalen Geweben und Zellen handelt es sich immer um Transplantatprodukte bzw. in Zukunft um Arzneimittel für neuartige Therapien (s. Erläuterungen zum 6 b . Abschnitt des HMG). Es werden deshalb sämtliche Bestimmungen zu embryonalen Geweben und Zellen aus dem Transplantationsgesetz gestrichen und ins HMG überführt. Bei tierischen Geweben und Zellen wird es sich meistens um Arzneimittel für neuartige Therapien handeln. Es soll jedoch weiterhin die Möglichkeit bestehen, Xenotransplantationen im Transplantationsgesetz zu regeln. Die genaue Abgrenzung wird erst auf Verordnungsstufe vorgenommen (s. Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 Bst. aundecies Ziff. 3).
Mit dem nTransplantationsgesetz 2023 hat das Parlament die Einführung einer Vigilanz im Bereich Transplantation beschlossen mit dem Ziel, die Qualität und Sicherheit von Organ-, Gewebe- und Zelltransplantationen weiter zu verbessern. Risiken, wie zum Beispiel Krankheitsübertragungen, sollen dadurch bestmöglich minimiert werden. In der Botschaft zum nTransplantationsgesetz 2023 wurde ausgewiesen, dass für die Führung der beiden Vigilanzstellen durch externe Partner zusätzliche finanzielle Mittel im Umfang von jährlich mindestens 250 000 Franken benötigt werden. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Bundes sind Mittel in diesem Umfang für die Umsetzung der Vigilanz nicht vorhanden. Dies bedeutet, dass die Vigilanz vorerst nur für die Bereiche Organe und Gewebe umgesetzt werden kann. Im Bereich der Blut-Stammzellen ermöglicht eine gut etablierte internationale Zusammenarbeit bereits heute, gewisse Meldungen zu schwerwiegenden Ereignissen zu erfassen und durch ein internationales Gremium aufzuarbeiten. Die Einführung einer Vigilanz auf nationaler Ebene für den gesamten Bereich der Blut-Stammzellen wird neu an den Bundesrat delegiert, damit diese zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden kann.
Mit dem nTransplantationsgesetz 2023 werden diverse Datenbanken im Bereich Transplantation im Gesetz geregelt. Einige dieser Datenbanken wurden mittlerweile weiterentwickelt und es haben sich Änderungen ergeben, die im nTransplantationsgesetz 2023 abgebildet werden müssen.
Art. 2 Abs. 1bis und 2 Einleitungssatz und Bst. b Ziff. 3
Abs. 1 bis : Dieser Absatz regelt den Geltungsbereich in Bezug auf die Transplantatprodukte und wird deshalb aufgehoben.
Abs. 2 Bst. b Ziff. 3: Neuartige Zelltherapien aus Blutzellen, wie die CAR-T-Zelltherapie oder der TIL-Zelltherapie, werden in der Praxis in Anlehnung an die Regelungen der EU zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien heute als Transplantatprodukte zugelassen. Nach den geltenden Vorschriften der EU fallen CAR-T-Zelltherapien unter den Rahmen für Arzneimittel für neuartige Therapien. Arzneimittel für neuartige Therapien stellen eine Kategorie von Arzneimitteln dar, die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 definiert und in vier Kategorien unterteilt werden. Autologe oder allogene CAR-T-Zellen gelten in der EU neben anderen Therapien als Gentherapeutika (GTMPs) im Sinne von Anhang I Teil IV Ziffer 2.1 der Richtlinie 2001/83/EG. Neu sollen diese Therapien als Arzneimittel für neuartige Therapien gelten und im HMG geregelt werden. Sie können somit wieder aus dem Geltungsbereich des Transplantationsgesetzes gestrichen werden.
Art. 2a
Diese Bestimmung bezeichnet die für Transplantatprodukte anwendbaren Artikel des Transplantationsgesetzes und des HMG. Sie kann ersatzlos gestrichen werden, da Arzneimittel für neuartige Therapien neu gänzlich im HMG geregelt werden.
Art. 2b
Die befristete Bewilligung zur Anwendung nicht zugelassener Transplantatprodukte (sog. Hospital Exemption ) wird ins HMG verschoben (Art. 9 c ) und im Transplantationsgesetz aufgehoben.
Art. 3 Abs. 2
Da die Regelungen zu den Embryonen vom Transplantationsgesetz ins HMG verschoben werden, werden die Begriffe «Embryo» und «überzähliger Embryo» im Transplantationsgesetz nicht mehr verwendet (s. die neue Legaldefinition in Art. 4 Abs. 1bis HMG).
Art. 4 Abs. 1
Die allgemeine Sorgfaltspflicht gilt nur noch für den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen mit Blick auf die Transplantation. Der Umgang mit Blick auf die Herstellung von Transplantatprodukten und der Umgang mit solchen Produkten wird nicht mehr geregelt. Die entsprechenden Sorgfaltspflichten werden neu im HMG geregelt (Art. 3 Abs. 3).
Art. 5
Zu einem anderen Zweck als der Transplantation entnommene oder bei einem medizinischen Eingriff oder einer Geburt anfallende Organe, Gewebe oder Zellen
Artikel 5 muss überarbeitet werden, da die Bestimmungen zu den Transplantatprodukten aus dem Transplantationsgesetz gestrichen werden. Der Artikel wird zudem etwas präziser formuliert, materiell ändert sich hingegen nichts.
Diese Bestimmung regelt die Voraussetzungen, unter welchen Organe, Gewebe und Zellen, die zu einem anderen Zweck als der Transplantation entnommen werden oder die bei einem chirurgischen Eingriff oder bei einer Geburt anfallen, zu Transplantationszwecken verwendet werden dürfen. Voraussetzung für eine solche Weiterverwendung ist - je nach Konstellation - die Information sowie die Zustimmung respektive ein fehlender Widerspruch.
Typische Beispiele sind:
-
Domino-Organe 1⁰6 ;
-
Knochenstücke aus Femurköpfen oder -hälsen, die bei Hüftersatz-Operationen anfallen;
-
Blut-Stammzellen aus der Nabelschnur;
-
Die Amnionmembran, welche bei Kaiserschnittgeburten anfällt und in der Augenmedizin verwendet wird;
-
Föten aus Schwangerschaftsabbrüchen.
Für den Umgang mit diesen zu Transplantationszwecken umgewidmeten Organen, Geweben und Zellen gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes, es müssen Sorgfaltspflichten, Melde- und Bewilligungspflichten und die Regeln der Organzuteilung eingehalten werden. Da die Entnahme der Organe, Gewebe und Zellen jedoch zu anderen Zwecken als der Transplantation erfolgte oder sie bei einem medizinischen Eingriff oder einer Geburt angefallen sind, sind alle Bestimmungen des Transplantationsgesetzes, welche die Entnahme betreffen, mit Ausnahme der in Artikel 5 aufgeführten Bestimmungen zur Information und Zustimmung respektive des Widerspruchs, nicht anwendbar. Dies betrifft insbesondere auch die Bestimmungen zur Nachverfolgung des Gesundheitszustands von Lebendspenderinnen und Lebendspendern.
1⁰6 BBl 2002 29 S. 136 f.
Art. 7 Abs. 1 Bst. b
Die Regelung zu den Transplantatprodukten wird gestrichen. Die Unentgeltlichkeit von Organen, Geweben und Zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien wird künftig in Artikel 41 d HMG geregelt.
Art. 7a
Verbot der Verwendung unerlaubt entnommener Organe, Gewebe oder Zellen
Das Verbot der Verwendung unerlaubt entnommener Organe, Gewebe oder Zellen zur Herstellung von Transplantatprodukten wird gestrichen. Eine entsprechende Regelung findet sich neu in Artikel 41 c Absatz 1 Buchstabe a HMG.
Art. 8 Abs. 5
Die Zustimmungsregelung in Bezug auf die Herstellung von Transplantatprodukten wird gestrichen. Für die Entnahme von Organen, Geweben und Zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien gilt in allen Fällen die Zustimmungsregelung; sie wird entsprechend ins HMG überführt (vgl. Art. 41 a , 41 b, 41 i und 41 k HMG).
Art. 15d Abs. 3 Bst. a
Im Lebendspende-Nachsorgeregister für Spenderinnen und Spender von Organen wird heute festgehalten, ob eine Person eine dunkle Hautfarbe hat. Diese Eigenschaft wird in einer Formel zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate und damit der Nierenfunktion verwendet. Die Hautfarbe wurde entsprechend im nTransplantationsgesetz 2023 als Inhalt des Registers aufgeführt. Dies soll nun wieder gestrichen werden, denn die Verwendung der Hautfarbe für die Schätzung der Filtrationsrate wird in der Medizin international in Frage gestellt. Zudem bestehen Methoden zur Schätzung der Nierenfunktion, bei denen die Hautfarbe nicht berücksichtigt wird. Die Hautfarbe der registrierten Personen wird deshalb künftig nicht mehr erfasst und muss entsprechend in diesem Artikel nicht mehr aufgeführt werden. Da bereits bestehende Einträge im Register die Angabe zur Hautfarbe noch enthalten, wird diese neu in den Übergangsbestimmungen in Artikel 74 a aufgeführt (vgl. Erläuterungen zu Art. 74 a ).
Art. 22
Meldung von Spenderinnen und Spendern
Absatz 1: Alle Spitäler mit einer Intensivstation müssen Spenderinnen und Spender, welche nach dem Tod für eine Organspende in Frage kommen, erkennen können und diese der Nationalen Zuteilungsstelle melden. Dies betrifft auch Spitäler, welche nach Artikel 27 eine Bewilligung für die Transplantation von Organen haben und als Transplantationszentrum gelten. Der Begriff «Transplantationszentrum» wird aus der Regelung gestrichen, da die Tätigkeit der Erkennung und der Meldung von Spenderinnen und Spendern unabhängig ist von den Tätigkeiten als Transplantationszentrum und der Bewilligung. Die Pflicht zur Erkennung und Meldung von Spenderinnen und Spendern besteht jedoch weiterhin auch in diesen Spitälern.
Absatz 2: Im Gegensatz zur Spende von verstorbenen Personen, in welche die Transplantationszentren nicht involviert sind, werden die Lebendspenden durch Transplantationszentren betreut. Möchte jemand einer unbekannten Person zu Lebzeiten ein Organ spenden (sogenannte «altruistische Spende»), so muss die Spendetauglichkeit durch ein Transplantationszentrum beurteilt werden. Ärztinnen und Ärzte und Spitäler müssen deshalb Personen, welche sich für eine altruistische Spende interessieren, an ein Transplantationszentrum verweisen. Nur dieses kann die nötigen Abklärungen durchführen und die Person angemessen über die Risiken einer Lebendspende aufklären. Erst wenn sich die Person als spendetauglich erwiesen hat und einer Spende frei und informiert zugestimmt hat, muss das Transplantationszentrum die Person an die Nationale Zuteilungsstelle mittels Eintrag im Swiss Organ Allocation System (SOAS) melden. Die Meldepflicht an die Nationale Zuteilungsstelle für Ärztinnen und Ärzte sowie für Spitäler ist hingegen unnötig und wird deshalb aufgehoben.
Art. 23c Abs. 1 Bst. a
Transplantationszentren betreuen auch Personen, die an einem Überkreuz-Lebendspende-Programm teilnehmen. Die meisten Daten, die über diese Personen für die Durchführung des Programms notwendig sind, werden im SOAS erfasst und daraus in das System für die Organzuteilung bei der Überkreuz-Lebendspende (SwissKiPaDoS) übermittelt. Die Zentren müssen daher auch berechtigt sein, die Daten der Personen, die am Überkreuz-Lebendspende-Programm teilnehmen, im SOAS zu bearbeiten. In der bisherigen Formulierung des Artikels wurden nur spendende und empfangende Personen sowie Personen auf der Warteliste berücksichtigt. Personen, die am Programm teilnehmen und noch kein Organ gespendet oder erhalten haben (d. h. zu diesem Zeitpunkt spendewillige Personen resp. Patientinnen und Patienten sind), fehlten bisher und werden nun ergänzt.
Art. 23n Bst. f und g
Die Liste der Aufgaben der Koordinationsstelle Blut-Stammzellen wird ergänzt. Die Koordinationsstelle Blut-Stammzellen ist für die Erfassung von Frühkomplikationen zuständig ( Bst. f ). Da die Koordinationsstelle Blut-Stammzellen auch für die Rückverfolgbarkeit zuständig ist, kann so die Weitergabe von relevanten Informationen zum Schutz weiterer möglicherweise betroffener Personen geradlinig und schnell erfolgen. Die Information der Öffentlichkeit sowie das Beantworten von Anfragen ist ein wichtiges Element, um die Möglichkeit der Spende von Blut-Stammzellen und die Registrierung im Register bekannt zu machen ( Bst. g ).
Art. 23o Abs. 3 und 4 Bst. cbis
Der Katalog der besonders schützenswerten Daten im Blut-Stammzellenregister wurde in Absatz 3 um die Ethnie erweitert. Die Kenntnis der Ethnie einer Patientin oder eines Patienten kann die Suche nach geeigneten Blut-Stammzellen vereinfachen, weil bestimmte Kombinationen von Gewebemerkmalen innerhalb einer ethnischen Population häufiger vorkommen. Wird gezielt in entsprechenden Registern gesucht, erhöht sich die Chance, innert nützlicher Frist eine passende spendende Person zu finden. Weil die Ethnie der Patientinnen und Patienten nicht nur in älteren Einträgen enthalten ist, sondern auch weiterhin erfasst werden soll, muss sie als besonders schützenswertes Personendatum im Transplantationsgesetz beim Inhalt des Registers aufgeführt werden. Die bisher vorgesehene Nennung der Ethnie in der Übergangsbestimmung in Artikel 74 a hingegen kann entfallen.
Um eine passende spendende Person zu finden, werden die Gewebemerkmale der Patientinnen und Patienten mit jenen der spendewilligen Personen im Blut-Stammzellenregister verglichen. Vor der Suche bestimmt das nationale Referenzlabor für Histokompatibilität (Laboratoire national de référence pour l’histocompatibilité) die Gewebemerkmale der Patientinnen und Patienten und trägt die Resultate in das Register ein. Zur Kontrolle kann das Referenzlabor auch Einträge zu den Gewebemerkmalen der betroffenen Person einsehen, die das betreuende Spital bereits vorher in das Register eingetragen hat. Die formell-gesetzliche Grundlage in Absatz 4 Buchstabe c bis ist notwendig, da es sich bei den Gewebemerkmalen um genetische und damit besonders schützenswerte Personendaten handelt.
Art. 25 Abs. 3 Bst. d
Die Regelungen in Bezug auf die Ein- und Ausfuhr von Stammzellen aus überzähligen Embryonen werden vom Transplantationsgesetz ins HMG verschoben (vgl. Art. 41 l und 41 m Abs. 2 HMG).
Art. 27 Abs. 3 und 4
Absatz 3: In Zukunft sollen Bewilligungen nur für die Transplantation einzelner Organe ausgestellt werden. Für die gleichzeitige Transplantation von mehreren Organen ist neu keine spezifische Bewilligung für jede Organkombination mehr erforderlich, eine Bewilligung für jedes einzelne Organ ist ausreichend. Die mit dem nTransplantationsgesetz 2023 eingeführte Regelung wird deshalb aufgehoben.
Absatz 4: Die Kompetenz des Bundesrats, eine Bewilligungspflicht für die Transplantation von Transplantatprodukten aus gentechnisch veränderten Organen, Geweben oder Zellen oder die Abgabe solcher an Dritte vorzusehen, betrifft nur Transplantatprodukte und wird deshalb aufgehoben. Da für Arzneimittel für neuartige Therapien grundsätzlich eine Zulassungspflicht nach dem HMG besteht, ist eine zusätzliche Bewilligung für die Anwendung nicht notwendig. Mit der Zulassung können zudem spezifische Anforderungen an die Abgabe oder die Anwendung festgelegt werden (Art. 23 b HMG).
Art. 29 Abs. 4
In der italienischen Fassung wird ein Fehler korrigiert, das Wort «postdonazione» wird gestrichen.
Art. 30 Abs. 2 Bst. a
Der Begriff «Transplantatprodukt» wird durch «Arzneimittel für neuartige Therapien» ersetzt. Personen, welchen tierische Organe, Gewebe oder Zellen transplantiert oder als Arzneimittel verabreicht wurde, werden von einer zukünftigen Spende im Bereich Transplantation ausgeschlossen, da eine Infektionsübertragung ausgeschlossen werden muss.
Art. 36 Abs. 1 Bst. a und c, 2 Bst. b und 5
Aufgrund der angespannten finanziellen Lage des Bundes muss die Vigilanz gestaffelt eingeführt werden. Die Grundlage im Transplantationsgesetz muss entsprechend angepasst werden. Neu wird nur noch die Vigilanz in den Bereichen Organe und Gewebe verbindlich im Gesetz geregelt ( Abs. 1 Bst. a und c, Abs. 2 Bst. b ), die Einführung einer Vigilanz im Bereich Zellen wird hingegen an den Bundesrat delegiert und soll zu einem späteren Zeitpunkt über eine Verordnungsrevision umgesetzt werden. ( Abs. 5 ).
Art. 36a Abs. 3 Bst. a
In Absatz 3 Buchstabe a wird die Festlegung der zuständigen Vigilanzstellen an den Bundesrat delegiert. Aufgrund der Anpassungen bei der Einführung der Vigilanz (s. Erläuterungen zum Art. 36 Abs. 1 Bst. a und c) muss hier die Formulierung angepasst werden.
Gliederungstitel vor Art. 37
Die Regelungen in den Artikeln 37−42 beschränken sich neu auf fötale Gewebe und Zellen. Im Gegensatz zu den embryonalen Geweben und Zellen könnten diese auch als Transplantate verwendet werden (s. Erläuterungen zum 6 b . Abschnitt des HMG). Dies wird im Abschnittstitel entsprechend angepasst.
Art. 37
Grundsatz und Verbote
Die Grundsätze und Verbote nach Artikel 37 beschränken sich neu auf den Umgang mit fötalen Geweben und Zellen. Im Gegensatz zu den embryonalen Geweben und Zellen könnten diese auch als Transplantate verwendet werden. Die Regelungen zu den embryonalen Geweben und Zellen werden ins HMG verschoben (vgl. Art. 41 p HMG).
Art. 38 Sachüberschrift und Abs. 1 und 3
Die Bewilligungspflicht für die Transplantation gemäss Artikel 38 beschränkt sich neu auf die Transplantation von fötalen Geweben und Zellen. Die Bewilligungspflicht für die Gewinnung von embryonalen Stammzellen wird neu in Artikel 41 l Absatz 1 HMG geregelt. Die Bewilligungsvoraussetzungen nach den Absätzen 2 und 3 werden teils in Artikel 41 l HMG überführt, teils als Anforderung bei der Gewinnung in Artikel 41 m Absatz 1 geregelt.
Art. 38a
Die Bewilligungspflicht für die Lagerung überzähliger Embryonen wird neu in Artikel 41 n Absatz 1 Buchstabe a HMG geregelt. Die Bewilligungsvoraussetzungen sind in Artikel 41 n und die Anforderungen in Bezug auf die Lagerung in Artikel 41 o Absatz 1 Buchstabe a festgelegt.
Art. 38b
Die Bewilligungspflicht für die Ein- und Ausfuhr überzähliger Embryonen wird neu in Artikel 41 n Absatz 1 Buchstabe b HMG geregelt. Die Bewilligungsvoraussetzungen sind in Artikel 41 n und die Anforderungen in Bezug auf die Ein- und Ausfuhr in Artikel 41 o Absatz 2 Buchstaben b und c festgelegt.
Art. 39
Information und Zustimmung der Spenderin
Die Regelung zur Information und Zustimmung der Spenderin in Artikel 39 beschränkt sich neu auf fötale Gewebe und Zellen mit Blick auf die Transplantation. Der Aspekt der Herstellung von Transplantatprodukten wird gestrichen. Die entsprechende Regelung für embryonale Zellen findet sich in Artikel 41 i Absätze 1 und 2 HMG.
Art. 40
Die Regelungen zur Information und Zustimmung des Paares in Bezug auf die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen wird ins HMG verschoben. Die Information und Zustimmung des Paares wird neu in Artikel 41 k HMG geregelt.
Art. 42 Bst. a
Der Bundesrat legt die Anforderungen an die Information fest. Der Verweis auf Artikel 40 wird gestrichen, da dieser aufgehoben wird (s. oben).
Art. 43 Abs. 3
Die Kompetenz des Bundesrats, eine Bewilligungspflicht für die Transplantation von Transplantatprodukten aus gentechnisch veränderten tierischen Organen, Geweben oder Zellen oder die Abgabe solcher an Dritte vorzusehen, betrifft nur Transplantatprodukte und wird deshalb aufgehoben. Arzneimittel für neuartige Therapien sind grundsätzlich zulassungspflichtig. Eine zusätzliche Bewilligungspflicht ist nicht notwendig und wird deshalb im HMG nicht vorgesehen. Mit der Zulassung können zudem spezifische Anforderungen an die Abgabe oder die Anwendung festgelegt werden (Art. 23 b HMG).
Art. 45
Die Regelung zur Testpflicht bei Tieren im Fall von Transplantatprodukten wird ins HMG verschoben und daher hier gestrichen. Die Testpflicht von tierischen Organen, Geweben oder Zellen zur Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 3 HMG wird neu in Artikel 41 s HMG geregelt.
Art. 49 Abs. 2
Die Regelung zur Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen im Bereich der klinischen Versuche wird entsprechend der neuen Einordnung von embryonalen Zellen als Arzneimittel für neuartige Therapien ins HMG verschoben (Art. 54 HMG).
Art. 49b Abs. 1 Bst. b und 3 Bst. b und c
Die Bewilligungsvoraussetzung für klinische Versuche in Bezug auf embryonale Zellen in Absatz 1 Buchstabe b Ziffer 2 wird ins HMG verschoben (Art. 54 HMG), Buchstabe b wird entsprechend angepasst und redaktionell überarbeitet.
Die Prüfung und Stellungnahme des BAG an die Swissmedic im Rahmen des Bewilligungsverfahrens gemäss Absatz 3 Buchstabe b beschränkt sich neu auf fötale Gewebe und Zellen, da die embryonalen Zellen nicht mehr im Transplantationsgesetz geregelt werden.
Buchstabe c regelt bisher die Prüfung und Stellungnahme des BAG in Bezug auf die Stammzellen aus überzähligen Embryonen. Diese können gestrichen werden. Bisher fehlen jedoch eine Prüfung und Stellungnahme des BAG bei klinischen Versuchen der Xenotransplantation. Neu soll das BAG prüfen, ob beispielsweise eine Institution, welche in einem klinischen Versuch Schweineherzen transplantieren möchte, schon Erfahrung in der Transplantation menschlicher Herzen hat. Zudem soll es prüfen, ob die Nachsorge der Empfängerin oder des Empfängers gewährleistet ist. Dies ist wichtig zum Schutz der Kontaktpersonen und der Bevölkerung vor Infektionen.
Art. 56 Abs. 1 und 2 Einleitungssatz
Alle Spitäler mit einer Intensivstation müssen Spenderinnen und Spender, welche nach dem Tod für eine Organspende in Frage kommen, erkennen und betreuen können. Die Kantone sorgen dafür, dass dies gewährleistet ist. Dies betrifft auch Spitäler, welche nach Artikel 27 eine Bewilligung für die Transplantation von Organen haben und als Transplantationszentrum gelten. Der Begriff «Transplantationszentrum» wird aus der Regelung gestrichen, da die Tätigkeiten rund um die Spendererkennung und Entnahme unabhängig ist von den Tätigkeiten als Transplantationszentrum und der Bewilligung.
5. Abschnitt: Vorschriften des Bundesrates zur Datenübermittlung
Art. 62
Die digitale Transformation strebt eine möglichst einfache und sichere Datenübermittlung zwischen verschiedenen Datenbanken an. Werden beispielsweise für eine Organzuteilung Daten aus Laboruntersuchungen benötigt, so können Labors heute die Untersuchungsergebnisse über eine elektronische Schnittstelle direkt aus den Laborsystemen in das SOAS übertragen. Die direkte Übertragung ist effizient und verhindert Fehler, wie sie bei der manuellen Dateneingabe vorkommen. Damit Daten zielführend und effizient versendet, empfangen und verarbeitet werden können, sind einheitlich vorgeschriebene technische Anforderungen unter Umständen entscheidend. Daher sollen die rechtlichen Grundlagen geschaffen werden, damit der Bundesrat für alle im Bereich Transplantation verwendeten Datenbanken Vorgaben machen kann, wie die Daten zu übermitteln sind. Dabei geht es insbesondere um Standards zu Übermittlungsschnittstellen, Datenformaten und zur Datenstruktur. Bei der Festlegung solch semantischer und technischer Standards richtet er sich nach dem Stand der Technik (Abs. 1) .
Der aktuelle Stand der Technik im Rahmen der laufenden digitalen Transformation des Gesundheitssystems verändert sich derzeit und auf absehbare Zukunft mit hoher Kadenz und Geschwindigkeit. Auch eine Regulierung durch den Bundesrat hinkt dem mitunter konstant nach. Um die Anforderungen bei Bedarf möglichst rasch und flexibel dem aktuellen Stand der Technik anzupassen, erhält der Bundesrat daher die Kompetenz, das BAG zu ermächtigen, die Vorgaben zu erlassen.
Um sicherzustellen, dass solche Vorgaben und technischen Aktualisierungen auf breiter Basis abgestimmt sind, wird das BAG die massgeblichen Personen und Institutionen sowie interessierte Kreise in geeigneter Weise in die Vorarbeiten zum Ausführungsrecht, wie auch in die späteren Anpassungsarbeiten, einbeziehen (Abs. 2 ).
Art. 64 Einleitungssatz erster Satz
Die Mitwirkungspflicht von Betrieben und Personen bei Inspektionen und Kontrollen wird in Bezug auf die Transplantatprodukte gestrichen.
Art. 65 Abs. 2 Bst. b sowie 4
Die Regelung zu den Transplantatprodukten in den Verwaltungsmassnahmen wird gestrichen.
Art. 67 Abs. 1bis und 2
Bisher hat der Bundesrat die Gebühren im Bereich der Transplantation in der Transplantationsgebührenverordnung vom 16. März 2007 1⁰7 geregelt. Die Umsetzung des nTransplantationsgesetz 2023 sieht eine Aufhebung der Transplantationsgebührenverordnung als eigenständigen Erlass vor. Deren Bestimmungen sollen in die übrigen Ausführungserlasse des Transplantationsgesetzes integriert werden. Dabei erscheint es sinnvoll, dass die mit neuen Vollzugsaufgaben im Bereich Transplantation betraute Swissmedic die Höhe ihrer entsprechenden Gebühren selbst festlegt und durch den Bundesrat genehmigen lässt, so wie es Artikel 65 Absatz 5 HMG vorsieht für den Heilmittelbereich. Damit die Swissmedic in ihrem Zuständigkeitsbereich für Vollzugstätigkeiten die Gebührenhöhe festsetzen und dementsprechend Gebühren erheben kann, braucht es eine formell-gesetzliche Grundlage, die hiermit geschaffen wird. Analog zu Artikel 65 Absatz 1 HMG wird für Swissmedic auch die Möglichkeit vorgesehen, für die Entgegennahme von Meldungen Gebühren zu erheben.
1⁰7 SR 810.215.7
Art. 69 Abs. 1 Bst. c, cbis, f und j
n
−n
Die Strafbestimmungen in Bezug auf die Transplantatprodukte werden in den Buchstaben c und cbis gestrichen. Buchstabe f wird aufgehoben, da die Bestimmung durch Buchstabe cbis abgedeckt ist. Die Strafbestimmungen in Bezug auf die Embryonen bzw. embryonalen Geweben und Zellen in den Buchstaben j, k, l und m sowie Buchstabe mbis werden ebenfalls gestrichen und entsprechend im HMG geregelt. Die Bestimmungen werden zudem redaktionell leicht angepasst, insbesondere zur Angleichung an die entsprechenden materiellen Bestimmungen. Der Verweis in Buchstabe n auf Artikel 40 wird gestrichen, da diese Bestimmung aufgehoben und materiell neu im HMG geregelt wird.
Art. 70 Abs. 1 Einleitungssatz
Der Passus im Einleitungssatz «und ohne dass ein Vergehen nach Artikel 69 vorliegt» wird aufgehoben. Es liegt an den Strafverfolgungsbehörden zu beurteilen, ob im konkreten Fall echte Konkurrenz zwischen einem Vergehen bzw. Verbrechen nach Artikel 69 und einer Übertretung nach Artikel 70 des Transplantationsgesetzes vorliegt oder nicht (unechte Konkurrenz, Konsumtion).
Art. 71 Abs. 3
Gemäss Artikel 22 des Übereinkommens des Europarats vom 25. März 2015 1⁰8 gegen den Handel mit menschlichen Organen (Organhandelskonvention) müssen die Vertragsparteien ihrem Ausschuss die Anzahl der Organhandelsfälle auf ihrem Hoheitsgebiet melden. Das BAG wird über Urteile, Strafbefehle und Einstellungsverfügungen informiert. Es liefert dem Ausschuss des Europarats die Zahlen und berichtet über interessante Fälle. Die Bestimmung wird entsprechend ergänzt. Zudem wird der Zweck der Datenbearbeitung durch das BAG sowie die Weiterleitung an den Ausschuss der Vertragsparteien ergänzt.
1⁰8 SR 0.810.3
Art. 74a
Übergangsbestimmung zur Änderung vom 29. September 2023
In der Übergangsbestimmung werden spezifische Daten aufgeführt, die früher in einigen Datenbanken nach diesem Gesetz erfasst wurden, die aber heute nicht mehr benötigt und daher bei neuen Einträgen nicht mehr erfasst werden. Bereits erfasste Daten verbleiben bis zum Erreichen der Aufbewahrungsfrist in den Datenbanken. Es handelt sich dabei um Angaben zur Ethnie und zur Hautfarbe, die beide als besonders schützenswert nach dem DSG gelten.
Bereits im nTransplantationsgesetz 2023 aufgeführt war das SOAS, in dem bis Mitte Dezember 2021 die Ethnie der registrierten Personen erfasst wurde um die Suche nach einer passenden Spenderin oder einem passenden Spender effizienter durchführen zu können. Heute wird die Angabe der Ethnie für die Organzuteilung nicht mehr benötigt. Bei der Erarbeitung der Bestimmung war man davon ausgegangen, dass auch die Ethnie von Patientinnen und Patienten im Blut-Stammzellenregister nicht mehr erfasst werden muss. Es hat sich jedoch herausgestellt, dass diese Angaben weiterhin benötigt wird und in manchen Fällen eine gezieltere Suche nach passenden Blut-Stammzellen erlaubt (vgl. die Erläuterungen zu Art. 23 o Abs. 3). Neuere Studien zeigen, dass die Angabe der Ethnie für die Suche nach wie vor sinnvoll ist. Deshalb soll die Ethnie der Patientinnen und Patienten auch weiterhin im Blut-Stammzellenregister erfasst werden. Sie wird neu nicht mehr bei den Übergangsbestimmungen, sondern beim Inhalt des Registers (Art. 23 o Abs. 3) aufgeführt.
Im Lebendspende-Nachsorgeregister für Spenderinnen und Spender von Organen werden heute noch Angaben zur Hautfarbe der registrierten Personen erfasst, um deren Nierenfunktion abzuschätzen. Künftig wird diese Angabe aber nicht mehr benötigt und soll nicht mehr im Register erfasst werden (vgl. Erläuterungen zu Art. 15 d Abs. 3 Bst. a). Daher wird die Hautfarbe neu aus Artikel 15 d Absatz 3 Buchstabe a gelöscht und in Artikel 74 a aufgeführt, um die bereits erfassten Angaben in älteren Einträgen zu regeln.
Die Einzelheiten zu den im Transplantationsgesetz geregelten Datenbanken, insbesondere auch die Aufbewahrungsfristen für die Daten, werden im Verordnungsrecht geregelt.

5.2.3 Stammzellenforschungsgesetz vom 19. Dezember 2003

Art. 1 Abs. 3
Die im Transplantationsgesetz enthaltene Regelung der Verwendung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen zu Transplantationszwecken wird ersetzt durch die im HMG enthaltene Regelung der Verwendung solcher Stammzellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien. Die Einschränkung des Geltungsbereichs des StFG wird entsprechend angepasst. Für klinische Versuche mit solchen Arzneimitteln gelten die Vorgaben des HMG und des HFG. Hingegen richtet sich die Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen für solche klinischen Versuche nach dem StFG (vgl. Art. 53 Abs. 2 HMG), ebenso die Verwendung embryonaler Stammzellen im Rahmen von Forschungsprojekten zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien, die noch nicht am Menschen getestet werden sollen. Eine Bewilligung des BAG nach Artikel 7 StFG ist damit weiterhin erforderlich.
Art. 7 Abs. 2 Bst. a
Das BAG bewilligt die Gewinnung embryonaler Stammzellen gemäss Artikel 7 StFG schon heute unter anderem dann, wenn diese im Hinblick auf die Durchführung eines Forschungsprojekts durchgeführt wird. Neu hält Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a StFG explizit fest, dass die Gewinnung auch im Rahmen von klinischen Versuchen mit Arzneimitteln für neuartige Therapien erfolgen kann. In diesem Fall wird vorausgesetzt, dass das betreffende Forschungsprojekt von der zuständigen Ethikkommission nach Artikel 45 HFG sowie von der Swissmedic (Art. 54 Abs. 1 HMG) bewilligt worden ist.

6 Auswirkungen

6.1 Auswirkungen auf den Bund

Arzneimittel für neuartige Therapien
Für die Swissmedic resultiert in ihrem Vollzugsbereich aus der neuen Regulierung über Arzneimittel für neuartige Therapien kein Mehraufwand. Mit der geplanten Integration der Kategorie der Transplantatprodukte in den Arzneimittelbegriff wird eine Vielzahl regulatorischer Vorgaben ausschliesslich von einem Gesetz in ein anderes überführt, welches bislang als bloss analog anwendbar erklärt war, so dass sich zahlreiche Aufgaben von der Swissmedic materiell nicht ändern, sondern lediglich eine neue gesetzliche Grundlage erhalten werden.
Die erstmalige Unterstellung einer Vielzahl veterinärmedizinischer Arzneimittel unter eine Bundesaufsichtszuständigkeit, welche mit der Neueinführung des Begriffs der Tierarzneimittel für neuartige Therapien einhergeht, wird für die Swissmedic wegen der damit zu erwartenden Zunahme von Zulassungsgesuchen im Bereich der Veterinärmedizin zu einem Mehraufwand führen. Tierarzneimittel für neuartige Therapien nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe aundecies Ziffer 4, welche derzeit nach schweizerischem Recht als «Transplantatprodukte» im Sinne der Transplantationsgesetzgebung qualifiziert werden müssten, konnten bis anhin wegen der Einschränkung des Geltungsbereichs des Transplantationsgesetzes auf die Humanmedizin nicht zugelassen werden. Es ist davon auszugehen, dass für die überwiegende Mehrheit dieser Tierarzneimittel, nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Revision in der Schweiz entsprechende Gesuche nachgereicht werden. Seit der ersten Zulassung 2019 eines Tierarzneimittels auf der Basis von Stammzellen in der EU wurden in den letzten vier Jahren durchschnittlich für ein bis zwei Stammzellenpräparate eine Zulassung in der EU beantragt. Aufgrund der derzeit laufenden Produktentwicklungen in diesem komplexen Therapiebereich kann davon ausgegangen werden, dass auch in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren in einem vergleichbaren Umfang Zulassungsgesuche für neue Tierarzneimittel für die Stammzellentherapie eingereicht werden. Bis zum Inkrafttreten der vorliegenden Revision und der damit angestrebten Schliessung der im Veterinärbereich bestehenden Therapielücke muss vor diesem Hintergrund von einem Nachholbedarf in der Schweiz im Umfang von zehn bis fünfzehn Stammzellenpräparaten ausgegangen werden. Bei diesen nachgereichten Neuzulassungsgesuchen aus dem Bereich der Stammzelltherapie würde es sich um Arzneimittel mit neuer aktiver Substanz (NAS) handeln, deren Begutachtung mit einem vergleichsweise hohen Aufwand verbunden ist (zum Vergleich: in den vergangenen Jahren wurden mit den aktuellen Personalressourcen der Swissmedic jährlich durchschnittlich drei bis fünf Neuanmeldung für Tierarzneimittel mit NAS begutachtet). Hinzu kommt eine gewisse Zunahme des Arbeitsaufwands im Zusammenhang mit der neu eingeführten systematischen Nachbeobachtung zellbasierter Tierarzneimittel. Ein Teil dieses Zusatzaufwands im Bereich der Zulassung und Marktüberwachung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien wird sich mit der durch den Wegfall der Zulassungserneuerungen einhergehenden Verringerung des administrativen Aufwands kompensieren lassen, doch werden die vorliegend vorgeschlagenen Anpassungen der heilmittelrechtlichen Grundlagen im Veterinärbereich für die Swissmedic zu einem geschätzten Mehraufwand von rund ein bis zwei Vollzeitstellen führen. Die Zusatzaufwände werden bei der Swissmedic als dezentrale öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigener Rechnung (Art. 68 Abs. 3; Art. 77 HMG) mit eigenen finanziellen Mitteln (Gebühren) abgedeckt.
Schliesslich wird auch der Transfer eines Grossteils der Strafvollzugskompetenzen im Bereich der Arzneimittel für neuartige Therapien von den Kantonen zur Swissmedic einen geringfügigen Mehraufwand für Swissmedic nach sich ziehen. Dies wird voraussichtlich bei der zukünftigen Festlegung des Bundesbeitrags zu berücksichtigen sein, da die Aufgaben der Swissmedic im Bereich des Strafrechts durch Bundesbeiträge finanziert werden. Das Ausmass des durch diese neuen Strafverfolgungskompetenzen zu erwartendem Mehraufwand lässt sich mangels Informationen über die bisherigen Vollzugserfahrungen mit diesen komplexen und fachlich anspruchsvollen Fällen in den Kantonen nicht abschätzen.
Das Herauslösen der Regelungen zu den Transplantatprodukten aus dem Transplantationsgesetz und deren neue Regelung als Arzneimittel für neuartige Therapien im HMG hat für das BAG keine personellen oder finanziellen Auswirkungen, da der Bereich der Transplantatprodukte schon heute durch die Swissmedic und nicht durch das BAG vollzogen wird.
Zusammenfassend ergibt sich, dass abgesehen von dem zu erwartenden geringfügigen Mehraufwand im Zusammenhang mit den neuen Strafverfolgungskompetenzen und der Berücksichtigung dieses Mehraufwands bei der Festlegung des Bundesbeitrags, keine weiteren personellen oder finanziellen Auswirkungen für den Bund zu verzeichnen sind. Während der Transfer der Strafvollzugskompetenzen von den Kantonen zur Swissmedic mit Unsicherheiten bezüglich des genauen Umfangs dieses Mehraufwands aufgrund fehlender Erfahrungen einhergeht, hat die Neuregelung im HMG hinsichtlich der Transplantatprodukte keinerlei personelle oder finanzielle Auswirkungen auf den Bund.
Elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Die neuen Regelungen betreffend die elektronische Verschreibung und den Medikationsplan führen zu einem gewissen Mehraufwand für das BAG. Gemäss Artikel 26 Absatz 7 und Artikel 26 a Absatz 5 wird das BAG ein Verzeichnis der Kommunikationsparameter der einzelnen elektronischen Systeme für die Medikationspläne und elektronische Verschreibungen bereitstellen. Bei solchen elektronischen Systemen muss sichergestellt sein, dass die jeweils aktuellsten Parameter dem BAG übermittelt werden. Es ist aktuell noch unklar, welche Art von Verzeichnis umgesetzt wird und wie viele personelle sowie finanzielle Ressourcen dafür benötigt werden. Dies hängt von den möglichen Entwicklungen des Marktes ab. Im einfachsten Fall handelt es sich um eine Webseite oder eine XML-Datei im Portal. Sollte der Markt jedoch komplexer werden, könnte ein Application Programming Interface (API) für maschinenlesbare Abfragen notwendig sein. Die Verantwortung für die regelmässige Aktualisierung des Verzeichnisses liegt beim BAG. Die Pflicht zur Verwendung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen hat für den Bund keine personellen oder finanziellen Auswirkungen, da weder beim BAG noch bei der Swissmedic neue Vollzugsaufgaben anfallen.
Tierarzneimittel
Die Einführung des Begriffes «antimikrobielle Wirkstoffe» dient zur Erweiterung der Kompetenz des Bundes, auch für Arzneimittel mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika Massnahmen vorzusehen, sollte sich dies als nötig erweisen. In diesem Zusammenhang soll auch das IS ABV bei Bedarf auf die Überwachung von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika sowie von Arzneimitteln mit antiparasitären Wirkstoffen erweitert werden können. Momentan sind allerdings weder im Bereich des IS ABV noch in anderen Bereichen konkrete Massnahmen vorgesehen, weshalb diese Änderungen aktuell keine Auswirkungen auf den Bund haben. Sollte es zukünftig zu einer Ausweitung in der Pflicht zur Datenerfassung von Arzneimitteln mit weiteren Wirkstoffen kommen, so würde dies zu einem geringen Mehraufwand für den Bund bezüglich Systemerweiterung und Datenauswertung kommen. Gering deshalb, weil das IS ABV als Instrument sowie die Datenauswertung daraus bereits etabliert sind und lediglich ausgeweitet werden müssen.
Das Anwendungsverbot von Arzneimitteln mit weiteren antimikrobiellen Wirkstoffen hat keine Auswirkungen auf den Bund, da aktuell keine solchen Tierarzneimittel in der Schweiz zugelassen sind. Sollte die EU das Anwendungsverbot auf Arzneimittel mit Wirkstoffen ausdehnen, welche in der Schweiz in zugelassenen Tierarzneimitteln enthalten sind, wäre in erster Linie ein Mehraufwand beim Widerruf der entsprechenden Zulassungen zu verzeichnen.

6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Arzneimittel für neuartige Therapien
Die Änderungen betreffend Arzneimittel für neuartige Therapien haben auf die Kantone keine Auswirkungen.
Elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Der Vollzug der Bestimmungen zu Verschreibung, Abgabe und Anwendung von Heilmitteln durch Gesundheitsfachpersonen bzw. Abgabestellen ist Sache der Kantone. Dies gilt auch für die vorliegenden neuen Bestimmungen im Bereich der Medikationssicherheit (elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen). Die Kontrolle dieser neuen Instrumente wird für die Kantone einen gewissen Mehraufwand zur Folge haben.
Tierarzneimittel
Da momentan keine Massnahmen bei Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika und insbesondere keine Datenerfassungen weder bei Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika noch bei Arzneimitteln mit antiparasitären Wirkstoffen vorgesehen sind, generieren die Änderungen keinen Mehraufwand für die Kantone. Sollte zukünftig die Pflicht zur Datenerfassung auf Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen ausgedehnt werden, so ergäbe sich ein Mehraufwand bei der zusätzlichen Kontrolle und den Massnahmen bei einem erhöhten Verbrauch dieser Wirkstoffe. Da sich der Vollzug bis dahin im Bereich Antibiotika aber bereits etabliert haben wird, wird der Mehraufwand eher gering ausfallen. Da eine Ausweitung zudem nur vorgenommen würde, sollte sich diese zwecks Eindämmung der Resistenzentwicklung bei anderen Wirkstoffen als Antibiotika als nötig erweisen, scheint dieser Mehraufwand gerechtfertigt. Einen geringen Mehraufwand bei den Kontrollen können die Aufzeichnungspflichten nach Artikel 43 a bezüglich Rückverfolgbarkeit generieren.
Die beantragten Änderungen zu allen Themen haben keine direkten Auswirkungen auf die Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete.

6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6.3.1 Allgemeines

Um die Auswirkungen der vorliegenden Revision auf die Schweizer Volkswirtschaft insgesamt abzuschätzen, hat das BAG eine externe Regulierungsfolgenabschätzung (RFA) in Auftrag gegeben 1⁰9 . Zur Umsetzung der elektronischen Verschreibung (Umsetzung der Motionen Müller Damian 20.3209 «Elektronische Rezepte für Heilmittel. Bessere Qualität und höhere Patientensicherheit» und Sauter 20.3770 « Einführung eines E-Rezepts ») und der Pflicht zur Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans (Umsetzung der Motion Stöckli 21.3294 «Erstellen und Bewirtschaften von Medikationsplänen zur Erhöhung der Medikationsqualität und Patientensicherheit von polymorbiden Patientinnen und Patienten» ) wurde keine RFA durchgeführt, da die dazu eingereichten Motionen zum Zeitpunkt der Erarbeitung der RFA noch nicht überwiesen waren. Auch für den Bereich der Tierarzneimittel wurde keine RFA durchgeführt, da die Änderungen keine wesentlichen Auswirkungen haben, sondern teilweise sogar Erleichterungen mit sich bringen.
Bei der Erarbeitung der Vorlage wurden die Grundsätze nach den Artikeln 1 und 2 UEG berücksichtigt. Die Prüfung nach Artikel 4 hat ergeben, dass vorliegend keine Erleichterungen, Entlastungen oder Vereinfachungen möglich oder angemessen sind.
1⁰9 BSS Volkswirtschaftliche Beratung AG (2023): Regulierungsfolgenabschätzung zu ausgewählten Änderungen des Heilmittelgesetzes. Online abrufbar unter:
www.bag.admin.ch > Themen > Medikamente & Medizinprodukte > Teilrevision des Heilmittelgesetzes (2023)
.

6.3.2 Pharmaindustrie

Arzneimittel für neuartige Therapien
Impfstoffe fallen in der EU nicht unter die Begriffsdefinition der Arzneimittel für neuartige Therapien, da die EU prophylaktische Mittel nicht als Arzneimitteln definiert. Aus technisch-wissenschaftlicher Sicht würde es jedoch Sinn machen, die mRNA-Impfstoffe als Arzneimittel für neuartige Therapien zu klassifizieren. In der RFA wurde daher untersucht, welche Auswirkungen die von der EU abweichende Einstufung der mRNA-Impfstoffe als Arzneimittel für neuartige Therapien in der Schweiz haben könnte. Einige Interessengruppen sind besorgt, dass dieser Unterschied zu Doppelarbeit bei der Marktzulassung führen könnte, und daher zu verzögerten, sowie auch weniger Zulassungsanträgen in der Schweiz. Ein Gegenargument spricht die Akzeptanz von rekombinanten Impfstoffen an: Bei einem an Arzneimittel angelehnten Zulassungsprozess könnten Bedenken der Bevölkerung eher adressiert werden. Andererseits werden Arzneimittel oft zuerst in der EU oder in den USA auf den Markt gebracht, so dass das Zulassungsgesuch bei der Swissmedic ein vereinfachtes Verfahren geniesst. Anderen Akteuren zufolge ist die Einstufung als Arzneimittel für neuartige Therapien aus wissenschaftlicher Sicht kohärenter, und möglicherweise sei die jetzige Regulierung in der EU ein Zwischenstadium, die Anforderungen könnten sich mit der Zeit verändern.
Elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Die neuen Bestimmungen im Rahmen der Digitalisierung haben keine Auswirkungen auf die Pharmaindustrie, jedoch teilweise einen Einfluss auf die Medizinprodukteindustrie.
CDSS sind als Medizinprodukte zu qualifizieren. Folglich müssen sie die Anforderungen der schweizerischen Gesetzgebung über Medizinprodukte erfüllen, um in der Schweiz in Verkehr gebracht - oder in Betrieb genommen - werden zu können. In Ziffer 6.3.4 wird spezifisch auf die Anbieter der CDSSs für Dosisberechnungen und Dosierungsdatenbanken eingegangen.
Tierarzneimittel
Die Versorgung von Tierarzneimitteln in der Schweiz erfolgt primär über die veterinär-pharmazeutische Industrie des europäischen Markts; mehr als 80 % der in der Schweiz zugelassenen Tierarzneimittel werden in der EU hergestellt. Um eine zukünftige Versorgung sicherzustellen, ist es zentral, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen der Heilmittelgesetzgebung möglichst mit denjenigen der EU harmonisiert sind und die Zulassungsinhaberinnen für eine Schweizer Zulassung möglichst keine zusätzlichen Anforderungen erfüllen müssen. Aktuell fehlt für die Zulassung gewisser neuartiger Therapien (wie beispielsweise Stammzellprodukte) eine gesetzliche Grundlage, um diese in der Schweiz für die Anwendung an Tieren zuzulassen. Hieraus ergibt sich eine Rechtsunsicherheit, welche die Entwicklung der Tiermedizin in einem hochinnovativen Therapiespektrum in der Schweiz beeinträchtigt. Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll diese Lücke geschlossen werden und die Pharmaindustrie wird in der Zukunft die Möglichkeit haben, Stammzellprodukte für die Anwendung an Tieren auch in der Schweiz zuzulassen. Mit der Vorlage wird zudem der administrative Aufwand für die Unternehmen verringert, da eine Zulassung für Tierarzneimittel neu unbefristet gilt.

6.3.3 Anbieter von Informationssystemen

Die Anpassungen bezüglich elektronischer Verschreibung und Medikationsplan betreffen unter anderem Anbieter von Primärsystemen, die bei den verschiedenen Akteursgruppen zur Anwendung gelangen. Diese Anbieter sind bezüglich ihrer Grösse und des Angebotsspektrums sehr unterschiedlich. Konkret handelt es sich um Anbieter von Klinikinformationssystemen, Praxisinformationssystemen, Informationssystemen für Drogerien und Apotheken sowie Anbieter von Spitex-Informationssystemen und Informationssystemen für Pflegeheime. Manche Unternehmen sind in mehreren Bereichen tätig. Damit die Gesundheitsfachpersonen ihren neuen Pflichten nachkommen können, müssen ihre Primärsysteme in der Lage sein, elektronische Verschreibungen und Medikationspläne zu erstellen. Das bedeutet, dass die Anbieter der Primärsysteme ihre Software entsprechend anpassen müssen.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die meisten Primärsysteme der Gesundheitsfachpersonen elektronische Verschreibungen ausstellen können, da die gesetzlichen Grundlagen bereits im HMG verankert sind. Zudem existieren bereits digitale Anwendungen, die elektronische Signaturen gemäss Artikel 51 VAM erstellen. Neu werden im HMG Anforderungen an die verwendeten Systeme festgelegt, die den sicheren und interoperablen Datenaustausch ermöglichen.
Für die Implementierung dieser neuen Funktionen, die u. a. interoperabel mit anderen Primärsystemen von Apotheken funktionieren soll, fallen zusätzliche Kosten an.
Gemäss Resultaten aus der RFA sind zwei Drittel der in Spitälern verwendeten Klinikinformationssystemen in der Lage, einen Medikationsplan auszustellen. Bei Apotheken und Arztpraxen liegt der Anteil jeweils noch höher. Auch bei der Spitex und Pflegeheimen ist die Integrationsfähigkeit überwiegend bereits gegeben. Die elektronischen Systeme für den Medikationsplan müssen die Anforderungen an einen sicheren und interoperablen Datenaustausch erfüllen, was ebenfalls mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Für den Medikationsplan wie auch für die elektronische Verschreibung wird künftig vorgegeben, dass die Erstellung der Dokumente strukturiert zu erfolgen hat. Gemäss RFA erfüllen bereits 50 % der Anbieter für Informatiksysteme für Arztpraxen und 43 % für Spitäler den sogenannten «HL7 FHIR Standard», auf welchem die Austauschformate basieren. Bei Informatiksystemen für Apotheken liegt der Anteil tiefer. Gemäss der bei den Anbieterinnen der Primärsysteme durchgeführten Umfrage planen dennoch die meisten Anbieter die Einführung dieses Standards. Dieser standardisierte Austausch ist entscheidend für die erfolgreiche Einführung des Medikationsplans, denn nur so kann die Transparenz und die interprofessionelle Zusammenarbeit und somit die Patientensicherheit verbessert werden.
In der Beurteilung der Praktikabilität der QR-Code Lösung für die Schnittstelle zwischen digitalem und papierbasiertem Medikationsplan erachten die Anbieterinnen der Informationssysteme den QR-Code grundsätzlich als gute Lösung. Die technischen Spezifikationen und weitere Anforderungen müssen eruiert werden.

6.3.4 Anbieter von CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen sowie Dosierungsdatenbanken

Es gibt zwei Optionen zur Implementierung eines CDSS zur Dosisberechnung in Informationssystemen: Entweder könnten Anbieter der Primärsysteme einen eigenen Dosierungsrechner implementieren oder es werden Dosierungsrechner von anderen Anbietern in ein Primärsystem integriert. Für die Entwicklung eines CDSS zur Dosisberechnung können hohe Investitionskosten anfallen. Aktuell gibt es in der Schweiz ein entsprechendes Produkt. Allerdings kann die Umsetzung der vorliegenden Vorlage ein Potenzial für neue Marktanbieter für CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen bieten.

6.3.5 Handel und (berufsmässige) Anwenderinnen und Anwender

Arzneimittel für neuartige Therapien
Im Bereich Arzneimittel für neuartige Therapien wird insbesondere die Umsetzung der neuen Bestimmungen zur Rückverfolgbarkeit Auswirkungen auf die Spitäler haben. Gerade bei diesen neuartigen Therapien ist es wichtig, jedes Produkt von Zell- oder Gewebespendenden bis zu Patientinnen und Patienten, die die Therapie erhalten, verfolgen zu können. Aus diesem Grund wird in der vorliegenden Revision eine neue Bestimmung aufgenommen, die die Rückverfolgbarkeit gewährleistet von den Personen, die die Produkte spenden oder erhalten, bis zu den Einrichtungen, die sie verwenden (so auch Spitäler) (s. Erläuterungen zu Art. 59 b ). Die meisten in der RFA befragten Interessengruppen befürworten eine solche Bestimmung und halten es für ebenso wichtig, die Produkte von Spendenden bis zu Empfangenden über alle Verarbeitungsstufen hinweg zurückverfolgen zu können. Um die Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, muss ein System zur Nachverfolgung der Produkte und der entsprechenden Patientinnen und Patienten vorhanden sein, um im Falle von Problemen (beispielweise Infektionen) sofort handeln zu können. Diese Systeme sind teilweise bereits verfügbar.
Elektronische Verschreibung
Arztpraxen, Apotheken und Drogerien müssen spätestens mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen auf digitale Infrastrukturen umstellen. Die Fachpersonen sind dabei auf die Verfügbarkeit der entsprechenden elektronischen Systeme angewiesen. Wenn eine Datenbearbeitung ein hohes Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person mit sich bringen kann, muss die für die Bearbeitung verantwortliche Person vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung im Sinne von Artikel 22 DSG (insbesondere Privatpersonen wie Privatkliniken, Arztpraxen oder private Apotheken) oder gemäss den kantonalen Datenschutzbestimmungen (z. B. kantonale Spitäler) durchführen.
Durch die Digitalisierung wird hingegen der administrative Aufwand für die Erstellung und Einlösung einer Verschreibung deutlich reduziert.
Medikationsplan
Bereits heute bestehen ärztliche Sorgfalts-, Aufklärungs- und Dokumentationspflichten. Jedoch geht das neue Obligatorium betreffend Erstellung bzw. Aktualisierung eines elektronischen Medikationsplans über bestehende Sorgfalts- bzw. Dokumentationspflichten hinaus, welche kein solches Obligatorium vorsehen.
Anfangsinvestitionen für die erforderliche digitale Infrastruktur im ambulanten wie auch im stationären Bereich können aber womöglich hoch ausfallen. Die Fachpersonen sind dabei auf die Verfügbarkeit der entsprechenden elektronischen Systeme angewiesen. Wenn eine Datenbearbeitung ein hohes Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person mit sich bringen kann, muss die für die Bearbeitung verantwortliche Person vorab eine Datenschutz-Folgenabschätzung im Sinne von Artikel 22 DSG (insbesondere Privatpersonen wie Privatkliniken, Arztpraxen oder private Apotheken) oder gemäss den kantonalen Datenschutzbestimmungen (z. B. kantonale Spitäler) durchführen.
Gemäss der RFA verfügt bereits ein Grossteil der verpflichteten Personen über eine Software für die Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans, bzw. Anbieter, deren Informationssysteme dies bereits anbieten. Daher ist die technische Implementierung nicht als grosser Aufwand zu werten.
Der administrative Aufwand für die betroffenen Gesundheitsfachpersonen ist abhängig davon, zu welchem Zeitpunkt und von wem ein Medikationsplan erstellt bzw. aktualisiert werden soll. Langfristig wird die zunehmende Transparenz in Bezug auf die Medikation zu einem geringeren administrativen Aufwand bei der Aktualisierung des Medikationsplans führen. Dies bestätigen auch die Umfragen von BSS: Der Aufwand für die Ersterstellung wird von einer Expertin in den Fachgesprächen auf 30-40 Minuten geschätzt. Für die Aktualisierung des Plans würden nur einige Minuten benötigt werden.
Die Auswirkungen auf die Drogistinnen und Drogisten sind davon abhängig, welche Arzneimittel auf dem Medikationsplan aufgelistet werden sollen. Nur Arzneimittel der Abgabekategorien D und E können in Drogerien abgegeben werden und Drogerien sind nach Artikel 35 Absatz 2 KVG keine anerkannten Leistungserbringer, d. h. die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) vergütet die Arzneimittel und die damit verbundenen Leistungen nicht, selbst wenn sie in der Spezialitätenliste (SL) aufgeführt sind. Mögliche Herausforderungen zeigen sich demzufolge im Bereich der Vergütung und dem Erstellen des Medikationsplans. Der Aufwand für die Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans müsste von den Drogerien selbst getragen werden, sofern sie nicht anderweitig abgegolten werden können.
Können Fehlmedikationen durch einen Medikationsplan reduziert werden, werden Spitäler weniger Hospitalisierungen haben, die auf eine Fehlmedikation zurückzuführen sind. Die Umsetzung der neuen Regulierungen in bestehende Prozesse in den Spitälern sollte im Rahmen der Qualitätssicherung überprüft werden.
Aus den Fachgesprächen der RFA geht hervor, dass es grundsätzlich erwünscht ist, auch an in der Spitex oder in der Pflege tätigen Personen gewisse Kompetenzen zu übertragen (beispielsweise Zugang zum oder Kommentieren des Medikationsplans). Im Idealfall soll der Medikationsplan bereits von den verschreibenden Gesundheitsfachpersonen erstellt und aktualisiert werden, so dass die Spitex bei der Arzneimittelabgabe oder -anwendung an den Patienten den Plan nur noch anwenden muss. Für das Pflegepersonal der Spitex stellt ein Medikationsplan laut Expertenaussagen in den Fachgesprächen im besten Fall eine Entlastung dar, da weniger individuelle Abklärungen bei den verordnenden Gesundheitsfachpersonen getätigt werden müssten.
CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Durch die Verpflichtung des Einsatzes eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in der Pädiatrie werden in einem ersten Schritt die stationären Einrichtungen, die pädiatrische Behandlungen durchführen, verpflichtet, solche Softwares anzuschaffen. Die Kosten der Anschaffung sind schwierig abzuschätzen, da es gegenwärtig nur wenige Anbieter von CDSS zur Dosisberechnung gibt. Es sind mit jährlich anfallenden Kosten für Lizenzen und Aktualisierungen zu rechnen. In einem zweiten Schritt sollen weitere ambulante Bereiche verpflichtet werden, wobei gemäss Ergebnissen aus der RFA CDSS zur Dosisberechnung in Apotheken noch kaum genutzt werden. Somit ist in diesen Bereichen mit hohen Implementierungskosten zu rechnen.
Die Pflicht zur Nutzung eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen stellt grundsätzlich einen Eingriff in die ärztliche Therapie- und Methodenfreiheit dar. Es ist in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass das CDSS als Unterstützung der pädiatrischen Einrichtungen bzw. deren Fachpersonal gedacht sind. Die konkrete Verschreibung, Abgabe und Anwendung eines Arzneimittels erfolgt ausschliesslich unter der Verantwortung der behandelnden Gesundheitsfachperson.
Tierarzneimittel
Mit der punktuellen Harmonisierung der heilmittelrechtlichen Grundlagen an die Regulierung in der EU werden die Rahmenbedingungen geschaffen, damit den Tierärztinnen und Tierärzten in der Schweiz innovative Tierarzneimittel zur Behandlung von Tieren zur Verfügung stehen. Zudem leisten die Anpassungen einen Beitrag an die Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln für die Tierärzteschaft, da Zulassungshürden vermindert und damit die Attraktivität zur Zulassung von Tierarzneimitteln in der Schweiz gesteigert wird. Da momentan keine Massnahmen bei Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika und insbesondere keine Datenerfassungen weder bei Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika noch bei Arzneimitteln mit antiparasitären Wirkstoffen vorgesehen sind, generieren die Änderungen keinen Mehraufwand für die Tierärzteschaft. Sollte zukünftig die Pflicht der Datenerfassung auf Arzneimittel mit diesen Wirkstoffen ausgeweitet werden, hätte dies einen Mehraufwand bei der Dateneingabe zur Folge. Allerdings ist zu erwähnen, dass bereits heute generell die Erfassung von oralen Gruppentherapien in einem elektronischen Formular vorgesehen ist. Zudem ist die Erfassung von Antibiotikaverschreibungen im IS ABV für die Tierärzteschaft bereits Routine und würde deshalb vergleichsweise einfach in den Arbeitsalltag integriert werden können. Auch die Umsetzung allfälliger Massnahmen bei einem erhöhten Verbrauch von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika hätte einen gewissen Mehraufwand zur Folge, der im Hinblick auf die Eindämmung der Resistenzentwicklung aber vertretbar wäre. Bezüglich der Aufzeichnungspflichten für neuartige Tierarzneimittel kann ein allfälliger Mehraufwand durch die Pflichten nach Artikel 43 a anfallen. Sollte die Pflicht zur Nachbeobachtung der Wirksamkeit für bestimmte neuartige Tierarzneimittel auf die Tierärzteschaft ausgeweitet werden, würde es auch hier zu einem Mehraufwand für diese kommen.

6.3.6 Patientinnen und Patienten sowie Konsumentinnen und Konsumenten

Arzneimittel für neuartige Therapien
Durch die neue Regulierung der Arzneimittel für neuartige Therapien ergibt sich für die Patientinnen und Patienten eine einfachere und bessere Versorgung mit innovativen Therapien durch den klareren Rahmen für die Zulassung und Anwendung der Produkte.
Elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Die Verschreibung sowie der Medikationsplan in einem elektronischen Format verschaffen den Patientinnen und Patienten einen besseren Überblick der Medikation, erhöht die Lesbarkeit und schafft so die Grundlage für die Erhöhung der Adhärenz. Auch Fehleinnahmen können vermindert werden.
Der Medikationsplan führt durch Erkennung von Interaktionen zwischen gleichzeitig einzunehmenden Arzneimitteln zu einer Verbesserung der Patientensicherheit. Die Ergebnisse aus der RFA haben zudem gezeigt, dass der Nutzen eines Medikationsplans grösser wird, je vollständiger dieser ist. Zur Vollständigkeit des Medikationsplans trägt auch die Patientin oder der Patient selbst bei, indem sie oder er die Gesundheitsfachperson über alle eingenommenen Arzneimittel informiert. Schlussendlich können elektronische Verschreibungen sowie Medikationspläne jederzeit über digitale Anwendungen abgerufen werden.
Mit der Einführung des verpflichtenden Einsatzes eines CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in der Pädiatrie wird ein unerlässlicher und innovativer Schritt zur Erhöhung der Sicherheit in der Medikation vor allem für die verletzlichsten Patientengruppen vollzogen. Gemäss Resultaten aus der RFA ist der Bereich der Früh- und Neugeborenen besonders stark von den fehlenden Dosierungsangaben in der Pädiatrie betroffen. Ebenso kommt die RFA zum Ergebnis, dass die Problematik im stationären Bereich ausgeprägter sei als im ambulanten Bereich, da besonders in spezifischen stationären Bereichen kleinere Fallzahlen und wenig Daten existieren.
Für den Einsatz entsprechender Systeme für die elektronische Verschreibung, den Medikationsplan und die Dosisberechnung sind kurzfristig Investitionen erforderlich, die ggf. durch höhere Krankenkassenprämien gedeckt werden können.
Tierarzneimittel
Allfällige Massnahmen bei erhöhtem Verbrauch von anderen antimikrobiellen Arzneimitteln als Antibiotika hätten zum Ziel, im Interesse der öffentlichen Gesundheit und auch der Tiergesundheit die Entwicklung von Resistenzen einzudämmen
Für Nutztierhaltende haben die Änderungen momentan keine Auswirkungen. Genau wie bei der Tierärzteschaft würde bei einer Ausweitung der Massnahmen auf einen Mehrverbrauch anderer antimikrobieller Arzneimittel als Antibiotika ein Mehraufwand bei der Umsetzung für die Tierhaltenden entstehen, der im Hinblick auf die Eindämmung der Resistenzentwicklung ebenfalls vertretbar wäre.
Tiere von Tierhaltenden erhalten via Tierärztin oder Tierarzt einfacheren und schnelleren Zugang zu innovativen Tierarzneimitteln, wenn diese in der Schweiz zugelassen sind.

6.3.7 Krankenversicherer

Elektronische Verschreibungen
Gemäss Stellungnahme des Bundesrates zur Interpellation 21.3228 Stöckli «Wie können die Grundsätze für Verschreibung, Abgabe und Anwendung gemäss Artikel 26 HMG bei elektronischen Rezepten eingehalten werden?» geht die heutige Tarifierung davon aus, dass in der ärztlichen Konsultation Verschreibungen ausgestellt werden und dies auch in der Krankengeschichte dokumentiert wird. Kosten für Praxisinformationssysteme fliessen entsprechend in die Gestehungskosten ein. Allfällige Zusatzkosten im Rahmen der Umsetzung können von den Tarifpartnern im Rahmen ihrer Tarifautonomie in die Tarife einbezogen werden, sofern diese zur Leistungserbringung gemäss KVG notwendig sind. Gleichzeitig ist es allerdings möglich, dass durch die vorgeschlagene Regelung das Risiko für Fehlmedikationen sinkt, weniger Spitaleintritte zu verzeichnen sind und damit die Kosten sinken.
Medikationsplan
Betreffend den Medikationsplan sind die Auswirkungen auf die Versicherer gemäss RFA abhängig davon, ob und wie die Vergütungsstruktur und Tarifpositionen im Rahmen der neuen Regulierung zum Medikationsplan angepasst werden. Für die Spitex und Drogerien könnten sich Mehrkosten ergeben, da sie nicht über die OKP abrechnen und potenzielle Mehrkosten grösstenteils selbst tragen müssten, sofern keine anderweitige Vergütung implementiert wird.
CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme zur Motion 19.4119 Stöckli «Erhöhung der Arzneimittelsicherheit in der Pädiatrie. Medikationsfehler durch E-Health reduzieren» , dass allfällige durch die Umsetzung der Anliegen der Motion entstehenden Zusatzkosten in den Tarifen berücksichtigt werden, sofern sie zur Leistungserbringung notwendig sind. Dies führt aufseiten der Versicherer zu höheren Kosten.

6.3.8 Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen

Arzneimittel für neuartige Therapien
Die Änderungen bezüglich Arzneimittel für neuartige Therapien tragen dem innovativen Forschungsstandort Schweiz Rechnung und leisten einen wichtigen Beitrag, damit Unternehmen ihre Produkte unter einem umfassenderen und transparenteren Rechtsrahmen in der Schweiz zulassen und vermarkten können. Die neuen Begriffsdefinitionen, die so weit wie möglich mit denjenigen der EU übereinstimmen, sollen die Arbeit für die Industrie vereinfachen.
Aus Sicherheitsgründen werden einige Arzneimittel mit bestimmten Einschränkungen in Bezug auf die Abgabe oder Anwendung zugelassen. Bislang fehlt für die Festlegung solcher Einschränkungen eine explizite Rechtsgrundlage. Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht daher vor, eine solche einzuführen (s. Erläuterungen zu Art. 23 b ). Gemäss RFA wird diese Regelung von den Betroffenen insgesamt befürwortet. Einige Akteure sind der Meinung, dass die Einführung eines neuen Artikels in dieser Hinsicht nicht notwendig ist, sie sind jedoch nicht dagegen. Die Beschränkungen sollen nicht dazu führen, dass die Versorgung der Produkte beeinträchtigt wird.
Elektronische Verschreibung, Medikationsplan und CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen
Die Verpflichtung des Einsatzes solcher Systeme kann neue Anbieter auf den Markt rufen und so Innovation und mittel- bis langfristig den Wettbewerb ankurbeln. Durch die Einführung der Pflicht zur Ausstellung einer elektronischen Verschreibung sowie Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans müssen die betroffenen Gesundheitsfachpersonen die entsprechende Infrastruktur für die Erstellung und Aktualisierung beider elektronischen Dokumente anschaffen. Dadurch wird der Wettbewerb im Markt für neue Softwarelösungen angeregt, was zu neuen innovativen Lösungen führen dürfte.
Zudem sind die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft auch von den Kosteneinsparungen, die beispielsweise durch die Senkung von Fehlmedikationen entstehen können, abhängig. Gemäss den befragten Stakeholdern im Rahmen der RFA können die Reduktionen der Fehlmedikationen kostensparend wirken. Fehlmedikationen können je nach Expertenschätzung durch die Implementierung eines Medikationsplans zwischen 10-50 % reduziert werden.
Die Ergebnisse der RFA zum CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen in der Pädiatrie haben gezeigt, dass die Grössenordnung der Reduktion von Fehlmedikationen sehr schwierig abzuschätzen ist. Letztlich hängen die Kosten für den administrativen Aufwand sehr stark von der Implementierung eines CDSS ab (s. Ziff. 6.3.4).
Bei einer längeren Hospitalisation eines Kindes kann es zu einem Erwerbsunterbruch der Eltern kommen, was ebenfalls volkswirtschaftliche Kosten verursacht, welche durch ein CDSS vermieden werden könnte.
Tierarzneimittel
Die Anpassungen der heilmittelrechtlichen Grundlagen in der Schweiz an die Regulierung in der EU leisten einen wichtigen Beitrag, damit innovative Tierarzneimittel in der Schweiz zugelassen und in den Handel gebracht werden können. Die punktuelle Harmonisierung der Regulierung in der Schweiz an das EU-Recht trägt zur Vermeidung von weiteren Handelshemmnissen bei, was wiederum die Attraktivität für Firmen steigert, die Zulassung von Tierarzneimitteln in der Schweiz zu beantragen und diese auf den Markt zu bringen. Auch die Exportfähigkeit wird durch die Harmonisierung sichergestellt, da die antimikrobiellen Wirkstoffe für die Veterinärmedizin nicht mehr zugelassen werden bzw. entsprechende Zulassungen widerrufen werden, die der Anwendung am Menschen vorbehalten sind.
Insgesamt leisten die neuen Bestimmungen einen Beitrag zum Erhalt von wichtigen Arzneimittelwirkstoffen und damit zur Gewährleistung der öffentlichen sowie der Tiergesundheit. So hätten insbesondere allfällige Massnahmen bei erhöhtem Verbrauch von anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika das Ziel, im Interesse der öffentlichen Gesundheit und auch der Tiergesundheit die Entwicklung von Resistenzen zu reduzieren. Umgekehrt kann es bei einer Ausweitung des Anwendungsverbotes auf Wirkstoffe, die in zugelassenen Tierarzneimitteln in der Schweiz enthalten sind, zu einer Einschränkung in der Therapiewahl kommen, die der Tiergesundheit und dem Tierwohl abträglich wären.

6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft

Weitere spezifische Auswirkungen auf die Gesellschaft, auf die nicht bereits in den obigen Ausführungen eingegangen worden ist, sind keine zu erwarten.

6.5 Auswirkungen auf die Umwelt

Im Bereich Umwelt sind keine Auswirkungen zu erwarten.

6.6 Auswirkungen auf das Fürstentum Liechtenstein

Die schweizerische Heilmittelgesetzgebung ist gemäss Notenaustausch vom 11. Dezember 2001 11⁰ zwischen der Schweiz und Liechtenstein betreffend die Geltung der schweizerischen Heilmittelgesetzgebung in Liechtenstein beziehungsweise gemäss Zollvertrag vom 29. März 1923 11¹ zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein auch im Fürstentum Liechtenstein anwendbar. Massgebend ist auch die Ergänzungsvereinbarung vom 21. Mai 2012 1¹2 zum oben erwähnten Notenaustausch. Die Prüfung des Umfangs der Anwendbarkeit der vorliegenden Änderungen des HMG erfolgt im Rahmen des regulären Bereinigungsverfahrens der Anlagen zum Zollvertrag.
11⁰ SR 0.812.101.951.4
11¹ SR 0.631.112.514
1¹2 SR 0.812.101.951.41

7 Rechtliche Aspekte

7.1 Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsgrundlagen für das zur Änderung vorgeschlagene HMG finden sich in den Artikeln 95 Absatz 1, 118 Absatz 2, 119 Absatz 2 und 119 a Absatz 1 BV.
Insbesondere Artikel 118 Absatz 2 BV (Schutz der Gesundheit) ist massgebend. Gestützt auf diese Bestimmung erlässt der Bund Vorschriften u. a. über den Umgang mit Heilmitteln.
Mit der Überführung der Transplantatprodukte als Arzneimittel in das HMG muss der Ingress ergänzt werden. Neu werden die Artikel 119 Absatz 2 (Fortpflanzungsmedizin und Gentechnologie im Humanbereich) und 119 a Absatz 1 (Transplantationsmedizin) aufgeführt. Gestützt auf diese Bestimmungen erlässt der Bund Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut sowie Vorschriften auf dem Gebiet der Transplantation von Organen, Geweben und Zellen.

7.2 Vereinbarkeit mit Grundrechten

Nach Artikel 35 Absatz 3 BV haben die Behörden dafür zu sorgen, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden. Die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien ist mit Eingriffen in das Grundrecht auf persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) der spendenden Person verbunden. Insbesondere sind das Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Integrität betroffen. Das Erfordernis der Zustimmung einer urteilsfähigen Person gestützt auf eine umfassende Information sowie die Freiheit des Entscheids rechtfertigen diese Eingriffe vollumfänglich.
Die Pflicht zur Verwendung von elektronischen Systemen, die bestimmte Anforderungen erfüllen, für die Verschreibung von Arzneimitteln und für Medikationspläne stellt einen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) dar. Dieser ist jedoch aufgrund des überwiegenden Interesses an sicheren Verschreibungen und Medikationsplänen mit Blick auf die Patientensicherheit gerechtfertigt (s. Erläuterungen zu Art. 26). Die Verpflichtungen in Bezug auf die Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans sind zudem mit Eingriffen in das Grundrecht der Privatsphäre der Patientin oder des Patienten verbunden (Art. 13 Abs. 2 BV). Der Schutz der Patientinnen und Patienten ist in dem Fall höher zu gewichten als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (s. Erläuterungen zu Art. 26 a ).

7.3 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Alle vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen sind mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar.
Aufgrund des Abkommens vom 21. Juni 1999 1¹3 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen können in denjenigen Produktbereichen, in welchen die anwendbare Gesetzgebung der Schweiz und der EU als gleichwertig gilt, Konformitätsbewertungen gegenseitig anerkannt werden.
Im Bereich der Arzneimittel werden die Inspektion der guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP) und die Zertifizierung der Chargen (Kapitel 15) vom Abkommen erfasst. Kapitel 15 gilt für alle Arzneimittel, die in der Schweiz und in der EU industriell hergestellt werden und für die die Anforderungen an die gute Herstellungspraxis gelten. Die mit der vorliegenden Revision vorgeschlagenen Anpassungen lassen die in den erwähnten Bereichen anerkannte Gleichwertigkeit der entsprechenden technischen Bestimmungen der EU und der Schweiz unberührt.
Des Weiteren gilt das Landwirtschaftsabkommen. Insbesondere der Anhang 11 betreffend veterinärhygienische und tierzüchterische Massnahmen im Handel mit lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen ist dabei vorliegend relevant. Mit Anhang 11 wird die Äquivalenz der Vorschriften für alle Produkte tierischer Herkunft sowie für den Bereich Tiergesundheit anerkannt. Sämtliche tierischen Lebensmittel wie z. B. Käse, Fleischspezialitäten, Eier und Honig können ohne Gesundheitsbescheinigungen ausgeführt werden, falls das EU-Recht nicht explizit solche vorsieht. Seit dem 1. Januar 2009 ist die Schweiz Teil des gemeinsamen Veterinärraums der EU. Damit wurden die gegenseitigen grenztierärztlichen Grenzkontrollen zwischen der Schweiz und der EU abgeschafft. Grenztierärztliche Kontrollen werden nur noch durchgeführt, wenn die Ware aus einem Drittstaat direkt in die Schweiz kommt (Flughäfen Zürich und Genf). Für die Anwendung von Tierarzneimitteln gibt es im Landwirtschaftsabkommen keine spezifischen Vorschriften. Deshalb gilt die Schweiz hier gegenüber der EU als Drittstaat. Hingegen sind Tierarzneimittelrückstände Bestandteil des Landwirtschaftsabkommens. Artikel 9 besagt zwar, dass die Bestimmungen des Titels «Handel mit tierischen Erzeugnissen» nicht für Tierarzneimittelrückstände gelten. Dies jedoch nur, soweit in den Anlagen zu diesem Titel nichts anderes vereinbart ist. Anlage 6 enthält solche anderen Vereinbarungen (Sonderbedingungen, Abs. 1 und 12 [insbesondere Ziff. 15]). Aus praktischer Sicht geht die anzustrebende Äquivalenz jedoch über die staatsvertraglich vereinbarte Äquivalenz bezüglich der Tierarzneimittelrückstände hinaus. So beinhalten die Audits der EU-Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit jeweils sämtliche Aspekte der Tierarzneimittelregulation, soweit sie einen Einfluss auf Tierarzneimittelrückstände haben können, und betreffen damit die entsprechenden Regelungen in Bezug auf die Zulassung, die Marktüberwachung, die Bewilligung für die Herstellung und den Grosshandel und die Überwachung der Anwendung der Tierarzneimittel auf Bundes- und Kantonsebene. Ein autonomer Nachvollzug der Schweiz im Tierarzneimittelbereich ist deshalb für die bilateralen Beziehungen zur Aufrechterhaltung des gemeinsamen Veterinärraums unabdingbar.
Aufgrund der Überführung der Bestimmungen zu den Transplantatprodukten als Arzneimittel für neuartige Therapien in das HMG müssen einige für die Herstellung dieser Arzneimittel vorgelagerten Tätigkeiten neu auch im HMG geregelt werden. Für diese Tätigkeiten müssen die gleichen Anforderungen gelten, unabhängig davon, ob sie im Hinblick auf eine Transplantation oder auf die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien erfolgen. Es handelt sich dabei um Tätigkeiten im Umgang mit Organen, Geweben und Zellen. Mit Blick auf diesen Aspekt ist das Übereinkommen vom 4. April 1997 1¹4 über Menschenrechte und Biomedizin sowie die Organhandelskonvention zu beachten. Die vorgeschlagenen Bestimmungen sind mit diesen Vereinbarungen vereinbar.
Als Mitglied der WTO muss die Schweiz beim Erlass von technischen Vorschriften und Normen insbesondere darauf achten, dass die jeweiligen Vorschriften den Handel nicht mehr beschränken als nötig, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Zu diesem Zweck müssen sie sich auf internationale Normen abstützen, wenn mit diesen das verfolgte Ziel erreicht werden kann. Bei der Erarbeitung der neu geschaffenen Regelung für Arzneimittel für neuartige Therapien wurden daher insbesondere die bestehenden Vorgaben der Verordnung (EG) 1394/2007 1¹5 sowie die derzeit auf europäischer Ebene hierzu laufenden Revisionsarbeiten 1¹6 berücksichtigt. Der ICH hat demgegenüber bislang noch keine Leitlinien für die Bewertung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln für neuartige Therapien erarbeitet. Hingegen soll inskünftig der Ratgeber des Europarates über die Sicherheit und die Qualitätssicherung beim Umgang mit Geweben und Zellen 1¹7 auch auf die Herstellung von Ausgangsstoffen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien Anwendung finden. Die Bestimmungen zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien in diesem Entwurf sind insofern mit den Verpflichtungen der Schweiz vereinbar, die sich aus den Übereinkommen der WTO ergeben.
1¹3 SR 0.946.526.81
1¹4 SR 0.810.2
1¹5 Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004, ABl. L 324 vom 10. Dezember 2007, S. 121.
1¹6 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Unionskodexes für Humanarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/83/EG und der Richtlinie 2009/35/EG, COM/2023/192 final, online abrufbar unter:
https://eur-lex.europa.eu > Vorarbeiten > COM/2023/192
.
1¹7 European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare (EDQM) (2022): Guide to the quality and safety of tissues and cells for human application, 5th Edition. Online abrufbar unter:
www.edqm.eu/en/organs-tissues-and-cells .

7.4 Erlassform

Der vorliegende Änderungserlass ändert ein geltendes Bundesgesetz; die Änderung enthält wichtige rechtsetzende Bestimmungen, die nach Artikel 164 Absatz 1 BV und Artikel 22 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 1¹8 (ParlG) in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind. Der Erlass untersteht dem fakultativen Referendum.
1¹8 SR 171.10

7.5 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Mit der Vorlage werden keine neuen Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen, die einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.

7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Rechtsetzungsbefugnisse können durch das Bundesgesetz übertragen werden, soweit dies nicht durch die BV ausgeschlossen ist (Art. 164 Abs. 2 BV). Als allgemeine Beschränkung der Delegation gilt gemäss Verfassung insbesondere das Erfordernis, wonach wichtige, grundlegende Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu erlassen sind (Art. 164 Abs. 1 BV).
Der Änderungsentwurf sieht in einigen Bestimmungen die Kompetenz des Bundesrates zum Erlass von gesetzesvertretenden Verordnungen vor. Dies ist im Lichte von Artikel 164 Absätze 1 und 2 BV gerechtfertigt, weil die Grundsätze in diesen Fällen auf Gesetzesstufe geregelt werden und damit der Rahmen abgesteckt ist, innerhalb dessen sich die Regelung durch den Bundesrat bewegen muss. Es ist überall dort sinnvoll, Kompetenzen des Bundesrates zum Erlass von gesetzesvertretenden Verordnungen vorzusehen, wo künftig eine rasche Anpassung an neue technische Entwicklungen und an eine internationale Harmonisierung zu erfolgen hat. Regelungen, die einen hohen Konkretisierungsaufwand mit sich bringen, sollen auf Verordnungsstufe angesiedelt sein.
Neue Rechtsetzungsbefugnisse und Erweiterungen von bestehenden Rechtsetzungsbefugnissen sind in folgenden Artikeln enthalten:
HMG
Art. 2 Abs. 3: Unterstellung von Produkten ohne medizinische Zweckbestimmung, die hinsichtlich ihrer Funktionsweise und ihrer Risikoprofile mit Arzneimitteln für neuartige Therapien vergleichbar sind, unter das HMG.
Art. 4 Abs. 3: Abweichende Definition des Begriffs der Arzneimittel für neuartige Therapien, sofern dies der internationalen Harmonisierung dient.
Art. 9 c Abs. 2: Ausnahme von bestimmten Arzneimittelgruppen von der Möglichkeit der Beanspruchung einer Hospital Exemption .
Art. 9 c Abs. 3: Vorsehen der Erweiterung der Hospital Exemption auf bestimmte Tierarzneimittel für neuartige Therapien.
Art. 9 d : Festlegung einer Zulassung des Gewinnungs- oder Herstellungsverfahrens für die Anwendung von Arzneimitteln, die nicht standardisierbar sind.
Art. 20 Abs. 2bis: Möglichkeit der Einfuhr von nicht zugelassenen, verwendungsfertigen Humanarzneimitteln durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen, mit denen die Schweiz ein Sitzabkommen abgeschlossen hat, für die Versorgung des eigenen Personals.
Art. 21 Abs. 2bis: Möglichkeit der Wiederausfuhr von in der Schweiz nicht zugelassenen Arzneimitteln, die durch zwischenstaatliche Organisationen und internationale Institutionen, mit denen die Schweiz ein Sitzabkommen abgeschlossen hat, eingeführt wurden, für die Versorgung des Personals in den regionalen Zentren.
Art. 26 a Abs. 3: Regelung des Inhalts des Medikationsplans. Befreiung bestimmter Personen von der Pflicht zur Erstellung oder Aktualisierung eines Medikationsplans oder diese Pflicht abhängig machen von der Medikation mit einer bestimmten Anzahl Arzneimittel in einem bestimmten Zeitraum. Ausnahme für besondere Fälle.
Art. 26 b Abs. 2: Regelung der Ausnahme von der Verpflichtung, in Einrichtungen, die stationäre pädiatrische Behandlungen durchführen, CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen zu verwenden (in Notfallsituationen). Vorsehen der Erweiterung der Verpflichtung auf Einrichtungen, die ambulante pädiatrische Behandlungen durchführen sowie auf öffentliche Apotheken. Vorsehen der Verwendung von CDSS zur Berechnung von Arzneimitteldosierungen bei weiteren spezifischen Bevölkerungsgruppen.
Art. 41 g Abs. 4: Regelung der Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien. Einführung einer Melde- oder Bewilligungspflicht für die Entnahme.
Art. 41 h : Regelung von Ausnahmen von den Bestimmungen dieses Gesetzes in Bezug auf Arzneimittel für neuartige Therapien, die zur autologen Anwendung bestimmt sind.
Art. 41 j Abs. 4: Regelung der Entnahme von embryonalen oder fötalen Geweben oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien. Einführung einer Melde- oder Bewilligungspflicht für die Entnahme.
Art. 41 t : Vorschreiben der Sicherstellung der Haftpflicht von Personen, die mit tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien umgehen. Festlegung von Umfang und Dauer der Sicherstellung sowie Verpflichtung zur Meldung an die zuständige Behörde.
Art. 41 v : Vorschriften über den Umgang mit Tieren sowie mit tierischen Organen, Geweben und Zellen für die Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien. Einschränkung oder Verbot der Verwendung von Tieren bestimmter Arten zur Herstellung von Arzneimitteln für neuartige Therapien.
Art. 42 a : Regelung von Massnahmen zur Reduktion von Resistenzen nicht nur in Bezug auf Antibiotika, sondern auch für weitere antimikrobielle Wirkstoffe. Festlegung von Einschränkungen oder Verboten des Einsatzes von weiteren antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika in der Veterinärmedizin sowie von Einschränkungen bei der Zulassung und des Widerrufs von Zulassungen unter Einhaltung einer Übergangsfrist.
Art. 42 b : Regelung des Umgangs mit Spendertieren und mit vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen für die Herstellung von Tierarzneimitteln für neuartige Therapien. Einführung von Testpflichten bei Spendertieren oder bei vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen. Einführung einer Melde- oder Bewilligungspflicht für die Tätigkeiten beim Umgang mit Spendertieren oder mit vitalen tierischen Organen, Geweben oder Zellen.
Art. 43 a Abs. 3−4: Festlegung der Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen zur systematischen Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen und für die Aufzeichnungen zur Rückverfolgbarkeit bei Tätigkeiten mit Tierarzneimitteln für neuartige Therapien. Regelung der Anforderungen an den Zugriff auf die Aufzeichnungen sowie der Ausnahmen von der Pflicht zur Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen, der Rückverfolgbarkeit sowie der entsprechenden Aufzeichnungspflicht. Möglichkeit der Erweiterung der Pflicht zur Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen auf weitere Personen.
Art. 59 a Abs. 3: Regelung von Massnahmen in Bezug auf die Aufzeichnung der systematischen Nachbeobachtung der Wirksamkeit und der unerwünschten Wirkungen oder Ausnahmen von den diesbezüglichen Pflichten sowie von der Meldepflicht.
Art. 59 b Abs. 2: Festlegung von Massnahmen betreffend die Aufzeichnungen zur Rückverfolgbarkeit bei Tätigkeiten mit Humanarzneimitteln für neuartige Therapien oder Ausnahmen von den entsprechenden Pflichten.
Art. 59 c Abs. 2: Festlegung einer kürzeren Aufbewahrungsdauer für die Aufzeichnungen sowie Festlegung von Massnahmen für die Aufbewahrung der Aufzeichnungen und der wichtigen Unterlagen, wenn die Geschäftstätigkeit vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist endet.
Art. 64 h : Verwendung und Erweiterung des IS ABV für die Überwachung des Vertriebs und des Verbrauchs von weiteren Arzneimitteln in der Veterinärmedizin, wie insbesondere von Arzneimitteln mit anderen antimikrobiellen Wirkstoffen als Antibiotika oder von Arzneimitteln mit antiparasitären Wirkstoffen.
Transplantationsgesetz
Art. 36 Abs. 5: Festlegung einer Vigilanz im Bereich Zellen.
Art. 62 Abs. 1 und 2: Festlegung der Form der Datenübermittlung für Datenbanken und Geschäftsverwaltungssysteme nach diesem Gesetz. Der Bundesrat kann dazu auch das BAG ermächtigen.

7.7 Datenschutz

Sämtliche Datenbearbeitungen, welche die Swissmedic insbesondere im Rahmen von Zulassungsgesuchen und Herstellungsbewilligungen für Arzneimittel für neuartige Therapien durchführen wird, sind bereits von bestehenden Gesetzesbestimmungen abgedeckt. Einzig die Übernahme der sog. Hospital Exemption (Art. 2 b des nTransplantationsgesetzes 2023) in Artikel 9 c HMG erfordert eine Anpassung von Artikel 62 a Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 4 dahingehend, dass die Swissmedic im Rahmen der Gesuchstellung Daten über die Gesundheit bearbeiten darf. Im Übrigen sind in der Vorlage gegenüber dem bisherigen Recht keine weitergehenden Bearbeitungen oder Massnahmen vorgesehen, die Auswirkungen auf den Datenschutz haben.
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