Gesetz über den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SächsSVVollzG)
Gesetz
über den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SächsSVVollzG)
¹
Vom 16. Mai 2013
Rechtsbereinigt mit Stand vom 17. Februar 2024
Der Sächsische Landtag hat am 16. Mai 2013 das folgende Gesetz beschlossen:
Inhaltsübersicht
²
Teil 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Anwendungsbereich
§ 2
Ziel und Aufgabe des Vollzugs
§ 3
Vollzugsgestaltung
§ 4
Stellung der Untergebrachten, Mitwirkung
§ 5
Soziale Hilfe
Teil 2
Aufnahme, Diagnose,
Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 6
Aufnahmeverfahren
§ 7
Diagnoseverfahren
§ 8
Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 9
Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplans
Teil 3
Unterbringung, Verlegung
§ 10
Trennungsgrundsätze
§ 11
Unterbringung und Bewegungsfreiheit
§ 12
Wohngruppenvollzug
§ 13
Geschlossener und offener Vollzug
§ 14
Verlegung und Überstellung
Teil 4
Therapeutische Ausgestaltung und Maßnahmen
§ 15
Therapeutische Ausgestaltung
§ 16
Motivierungsmaßnahmen
§ 17
Sozialtherapeutische Maßnahmen
§ 18
Psychologische Intervention und Psychotherapie
§ 19
Psychiatrische Maßnahmen
Teil 5
Arbeitstherapeutische Maßnahmen,
Arbeitstraining, schulische und berufliche
Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit
§ 20
Arbeitstherapeutische Maßnahmen
§ 21
Arbeitstraining
§ 22
Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen
§ 23
Arbeit
§ 24
Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung
§ 25
Freistellung
Teil 6
Besuche, Telefongespräche, Schriftwechsel,
andere Formen der Telekommunikation und Pakete
§ 26
Grundsatz
§ 27
Besuch
§ 28
Untersagung der Besuche
§ 29
Durchführung der Besuche
§ 30
Überwachung der Gespräche
§ 31
Telefongespräche
§ 32
Schriftwechsel
§ 33
Untersagung des Schriftwechsels
§ 34
Sichtkontrolle, Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
§ 35
Überwachung des Schriftwechsels
§ 36
Anhalten von Schreiben
§ 37
Andere Formen der Telekommunikation
§ 38
Pakete
Teil 7
Vollzugsöffnende Maßnahmen und
sonstige Aufenthalte außerhalb der Anstalt
§ 39
Vollzugsöffnende Maßnahmen
§ 40
Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels
§ 41
Lockerungen aus sonstigen Gründen
§ 42
Weisungen für Lockerungen
§ 43
Ausführungen zur Erreichung des Vollzugsziels
§ 44
Ausführungen aus sonstigen Gründen
§ 45
Außenbeschäftigung
§ 46
Vorführung, Ausantwortung
Teil 8
Vorbereitung der Eingliederung, Entlassung
und nachgehende Betreuung
§ 47
Vorbereitung der Eingliederung
§ 48
Entlassung
§ 49
Nachgehende Betreuung
§ 50
Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
Teil 9
Grundversorgung und Freizeit
§ 51
Einbringen von Gegenständen
§ 52
Gewahrsam an Gegenständen
§ 53
Ausstattung des Zimmers
§ 54
Aufbewahrung und Vernichtung von Gegenständen
§ 55
Zeitungen und Zeitschriften, religiöse Schriften und Gegenstände
§ 56
Rundfunk, Informations- und Unterhaltungselektronik
§ 57
Kleidung
§ 58
Verpflegung und Einkauf
§ 59
Freizeit
Teil 10
Vergütung, Gelder der Untergebrachten und Kosten
§ 60
Vergütung
§ 61
Eigengeld
§ 62
Taschengeld
§ 63
Konten, Bargeld
§ 64
Hausgeld
§ 65
Zweckgebundene Einzahlungen
§ 66
Kosten
§ 67
Überbrückungsgeld
Teil 11
Gesundheitsfürsorge
§ 68
Art und Umfang der medizinischen Leistungen, Kostenbeteiligung
§ 68a
Schwangerschaft, Geburt, Mutterschaft
§ 69
Durchführung der medizinischen Leistungen, Forderungsübergang
§ 70
Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung
§ 71
Gesundheitsschutz und Hygiene
§ 72
Krankenbehandlung während vollzugsöffnender Maßnahmen
§ 73
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
§ 74
Benachrichtigungspflicht
Teil 12
Religionsausübung
§ 75
Seelsorge
§ 76
Religiöse Veranstaltungen
§ 77
Weltanschauungsgemeinschaften
Teil 13
Sicherheit und Ordnung
§ 78
Grundsatz
§ 79
Allgemeine Verhaltenspflichten, Aufarbeitung von Pflichtverstößen
§ 80
Durchsuchung
§ 81
Sichere Unterbringung
§ 82
(weggefallen)
§ 83
(weggefallen)
§ 84
(weggefallen)
§ 85
Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch
§ 86
(weggefallen)
§ 87
Festnahmerecht
§ 88
Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 89
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
§ 90
Ärztliche Überwachung
Teil 14
Unmittelbarer Zwang
§ 91
Begriffsbestimmungen
§ 92
Allgemeine Voraussetzungen
§ 93
Androhung
§ 94
Schusswaffengebrauch
Teil 15
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerde
§ 95
Aufhebung von Maßnahmen
§ 96
Beschwerderecht
Teil 16
Kriminologische Forschung
§ 97
Evaluation, kriminologische Forschung
Teil 17
Aufbau und Organisation der Anstalten
§ 98
Anstalten
§ 99
Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Einzelbelegung
§ 100
Leitung der Anstalt
§ 101
Bedienstete
§ 102
Seelsorgerinnen und Seelsorger
§ 103
Medizinische Versorgung
§ 104
Mitverantwortung der Untergebrachten
§ 105
Hausordnung
Teil 18
Aufsicht, Beirat
§ 106
Aufsichtsbehörde
§ 107
Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
§ 108
Beirat
Teil 19
Schlussbestimmungen
§ 109
Einschränkung von Grundrechten
§ 110
Verhältnis zum Bundesrecht
§ 111
Übergangsbestimmungen
§ 112
Inkrafttreten
Teil 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (Vollzug).
§ 2 Ziel und Aufgabe des Vollzugs
1
Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann.
2
Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
3
Dies wird durch eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Untergebrachten gewährleistet.
§ 3 Vollzugsgestaltung
(1) Der Vollzug ist auf die Auseinandersetzung der Untergebrachten mit ihrer Gefährlichkeit und deren Folgen auszurichten.
(2)
1
Der Vollzug ist therapiegerichtet und freiheitsorientiert auszugestalten.
2
Die Untergebrachten sind individuell und intensiv zu betreuen.
3
Fähigkeiten, die sie für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und sozialer Verantwortung benötigen, sind zu erhalten und zu fördern.
(3)
1
Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen.
2
Selbst bei langer Dauer der Unterbringung ist den Untergebrachten ein Leben in Würde und weitgehender Selbstbestimmung zu ermöglichen.
(4) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(5)
1
Der Bezug der Untergebrachten zum gesellschaftlichen Leben ist zu wahren und zu fördern.
2
Die Belange der Familienangehörigen der Untergebrachten sind bei der Vollzugsgestaltung zu berücksichtigen.
3
Der Erhalt familiärer Bindungen ist zu unterstützen.
4
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Personen und Einrichtungen außerhalb des Vollzugs sollen in den Vollzugsalltag einbezogen werden.
5
Den Untergebrachten ist sobald wie möglich die Teilnahme am Leben in der Freiheit zu gewähren.
(6)
1
Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht, sexuelle Identität, Herkunft und Glauben, sind bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall zu berücksichtigen.
2
Behandlungsmaßnahmen orientieren sich auch an dem geschlechtsspezifischen Bedarf.
³
§ 4 Stellung der Untergebrachten, Mitwirkung
(1)
1
Die Untergebrachten werden nicht zur Verbüßung einer Strafe festgehalten.
2
Sie sind so zu behandeln, dass selbst ein derartiger Anschein vermieden wird.
(2)
1
Die Persönlichkeit der Untergebrachten ist zu achten.
2
Ihre Selbstständigkeit im Vollzugsalltag ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.
(3)
1
Die Untergebrachten werden an der Gestaltung des Vollzugsalltags beteiligt.
2
Vollzugliche Maßnahmen sollen ihnen erläutert werden.
3
Soweit erforderlich, wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen.
4
Mit Zustimmung der beteiligten Untergebrachten können in Ausnahmefällen für die Übersetzung auch andere Untergebrachte tätig werden.
(4)
1
Zur Erreichung des Vollzugsziels bedarf es der Mitwirkung der Untergebrachten.
2
Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
(5)
1
Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit.
2
Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung in der Anstalt unerlässlich sind.
⁴
§ 5 Soziale Hilfe
1
Die Untergebrachten werden durch die Anstalt darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu beheben.
2
Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.
Teil 2 Aufnahme, Diagnose, Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 6 Aufnahmeverfahren
(1)
1
Mit den Untergebrachten wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten sowie über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert werden.
2
Ihnen ist die Hausordnung zu erläutern und die Aushändigung eines Exemplars anzubieten.
3
Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Untergebrachten auf Verlangen zugänglich zu machen.
(2) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Untergebrachte nicht zugegen sein.
(3) Die Untergebrachten werden unverzüglich ärztlich untersucht.
§ 7 Diagnoseverfahren
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung das Diagnoseverfahren an.
(2) Das Diagnoseverfahren muss wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen und von Personen mit einschlägiger wissenschaftlicher Qualifikation durchgeführt werden.
(3) Das Diagnoseverfahren erstreckt sich, aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen, auf die Persönlichkeit, die sozialen Bezüge und alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine Beurteilung der Gefährlichkeit der Untergebrachten, eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Untergebrachten nach der Entlassung notwendig ist.
(4)
1
Im Diagnoseverfahren werden die im Einzelfall die Gefährlichkeit begründenden Faktoren ermittelt.
2
Gleichzeitig werden die Fähigkeiten der Untergebrachten ermittelt, deren Stärkung der Gefährlichkeit entgegenwirken kann.
(5) Das Ergebnis des Diagnoseverfahrens wird mit den Untergebrachten erörtert.
§ 8 Vollzugs- und Eingliederungsplanung
(1)
1
Auf der Grundlage des Ergebnisses des Diagnoseverfahrens wird ein Vollzugs- und Eingliederungsplan erstellt.
2
Er zeigt den Untergebrachten bereits zu Beginn der Unterbringung die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf.
3
Daneben enthält er weitere Angebote und Empfehlungen zur sinnvollen Gestaltung des Lebens im Vollzug.
4
Die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen der Untergebrachten sollen einbezogen werden.
(2) Der Vollzugs- und Eingliederungsplan wird unverzüglich, regelmäßig innerhalb der ersten acht Wochen nach der Aufnahme, erstellt.
(3)
1
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie die darin vorgesehenen Maßnahmen werden regelmäßig alle sechs Monate überprüft und fortgeschrieben.
2
Die Entwicklung der Untergebrachten und die in der Zwischenzeit gewonnenen Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.
3
Die durchgeführten Maßnahmen sind zu dokumentieren.
(4)
1
Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung wird mit den Untergebrachten erörtert.
2
Dabei werden deren Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie der Erreichung des Vollzugsziels dienen.
(5)
1
Zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans führt die Anstaltsleitung eine Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durch.
2
Die im Vollzug einer vorangegangenen Freiheitsentziehung an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten können an der Konferenz beteiligt werden.
3
Standen die Untergebrachten vor ihrer Unterbringung unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht, kann auch die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer an der Konferenz beteiligt werden, die oder der für sie bislang zuständig war.
4
Die Teilnahme der Verteidigerin oder des Verteidigers ist zu gestatten.
5
Die Untergebrachten sollen ebenfalls an der Konferenz beteiligt werden.
6
Im Falle der Teilnahme wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan eröffnet und erläutert.
7
Im Übrigen wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan bekanntgegeben.
(6)
1
An der Eingliederung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sind nach Möglichkeit in die Planung einzubeziehen, soweit dies zur Eingliederung erforderlich ist.
2
Sie können mit Zustimmung der Untergebrachten auch an der Konferenz beteiligt werden.
(7)
1
Rechtzeitig vor einer voraussichtlichen Entlassung ist einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtsstelle die Teilnahme an der Konferenz zu ermöglichen.
2
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan und seine Fortschreibungen sind zu übersenden.
(8) Eine Abschrift des Vollzugs- und Eingliederungsplans und seiner Fortschreibungen wird den Untergebrachten ausgehändigt.
⁵
§ 9 Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplans
(1) Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seine Fortschreibungen enthalten unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 2 Satz 2 insbesondere folgende Angaben:
1.
Zusammenfassung der für die Vollzugs- und Eingliederungsplanung maßgeblichen Ergebnisse des Diagnoseverfahrens,
2.
Maßnahmen zur Förderung der Mitwirkungsbereitschaft,
3.
Teilnahme an psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychologischen oder sozialtherapeutischen Maßnahmen,
4.
Teilnahme an anderen einzel- oder gruppentherapeutischen Maßnahmen,
5.
Unterbringung in einer Wohngruppe und Teilnahme am Wohngruppenvollzug,
6.
Teilnahme an Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, einschließlich Suchtberatung,
7.
Teilnahme an Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz und familienunterstützende Angebote,
8.
Teilnahme an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen, einschließlich Alphabetisierungs- und Deutschkursen,
9.
Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder am Arbeitstraining,
10.
Arbeit,
11.
freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung,
12.
Teilnahme an Sportangeboten und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
13.
Ausführungen zur Erreichung des Vollzugsziels, Außenbeschäftigung,
14.
Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels,
15.
Unterbringung im offenen Vollzug,
16.
Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von familiären Bindungen und Außenkontakten,
17.
Bildung von Überbrückungsgeld, Schuldnerberatung, Schuldenregulierung und Erfüllung von Unterhaltspflichten,
18.
Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge und
19.
Frist zur Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans.
(2)
1
Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3, 4, 6 und 7, die nach dem Ergebnis des Diagnoseverfahrens als zur Erreichung des Vollzugsziels zwingend erforderlich erachtet werden, sind als solche zu kennzeichnen und gehen allen anderen Maßnahmen vor.
2
Auch für Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 8 und 9 kann ein Vorrang vor anderen Maßnahmen vorgesehen werden.
3
Es ist anzustreben, die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 im Einvernehmen mit der oder dem Untergebrachten festzulegen.
4
Andere Maßnahmen können versagt werden, soweit sie die Teilnahme an Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 beeinträchtigen würden.
(3)
1
Rechtzeitig, mindestens ein Jahr vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt, hat die Planung zur Vorbereitung der Eingliederung zu beginnen.
2
Anknüpfend an die bisherige Vollzugsplanung werden ab diesem Zeitpunkt die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 18 konkretisiert oder ergänzt.
3
Insbesondere ist Stellung zu nehmen zu:
1.
Unterbringung im offenen Vollzug, Aufenthalt in einer Übergangseinrichtung,
2.
Unterkunft sowie Arbeit oder Ausbildung nach der Entlassung,
3.
Unterstützung bei notwendigen Behördengängen und der Beschaffung der notwendigen persönlichen Dokumente,
4.
Beteiligung der Bewährungshilfe, Führungsaufsichtsstelle und der forensischen Ambulanzen,
5.
Kontaktaufnahme zu Einrichtungen der Entlassenenhilfe,
6.
Fortsetzung von im Vollzug noch nicht abgeschlossenen Maßnahmen,
7.
Anregung von Auflagen und Weisungen für die Bewährungs- oder Führungsaufsicht,
8.
Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen und
9.
nachgehende Betreuung durch Vollzugsbedienstete.
⁶
Teil 3 Unterbringung, Verlegung
§ 10 Trennungsgrundsätze
(1) Untergebrachte sind von Gefangenen zu trennen.
(2) Untergebrachte unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht.
(3)
1
Abweichend von Absatz 1 sind gemeinsame Maßnahmen im Bereich der Arbeitstherapie, des Arbeitstrainings, der schulischen und beruflichen Qualifizierung, der Arbeit, der Freizeit und der Religionsausübung zulässig, um ein differenziertes Angebot zu gewährleisten.
2
Für andere Maßnahmen gilt dies ausnahmsweise dann, wenn es die Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
erfordert.
(4) Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung nach Absatz 2 kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Untergebrachten, der Erreichung des Vollzugsziels sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt, einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Untergebrachten, abgewichen werden.
(5)
1
Von einer getrennten Unterbringung nach Absatz 1 darf ausnahmsweise abgewichen werden, wenn es die Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
erfordert.
2
Dies erfasst auch die Unterbringung in der sozialtherapeutischen Abteilung oder im offenen Vollzug zur Entlassungsvorbereitung.
3
Eine Abweichung ist auch bei einer Überstellung nach § 14 Abs. 3 und 4 zulässig.
4
Die Unterbringungsbedingungen müssen sich außer in den Fällen des § 14 Abs. 3 und 4 im Rahmen der vorhandenen Gegebenheiten von denen der Gefangenen unterscheiden.
(6) Abweichend von Absatz 2 sind gemeinsame Maßnahmen, insbesondere zur schulischen und beruflichen Qualifizierung, zulässig.
(7) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für eine Unterbringung zum Zweck der medizinischen Behandlung.
⁷
§ 11 Unterbringung und Bewegungsfreiheit
(1)
1
Die Untergebrachten erhalten Zimmer zur alleinigen Nutzung.
2
Die Zimmer sind so zu gestalten, dass den Untergebrachten mindestens 20 Quadratmeter zum Wohnen und Schlafen einschließlich eines baulich abgetrennten Sanitärbereichs zur Verfügung stehen.
3
Die Zimmer befinden sich regelmäßig im Bereich einer Wohngruppe.
(2)
1
Sofern für Untergebrachte eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht, können sie vorübergehend mit anderen gemeinsam untergebracht werden, wenn diese zustimmen und das Vollzugsziel nicht gefährdet wird.
2
Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.
(3)
1
Die Untergebrachten dürfen sich außerhalb der Nachtruhe in den für sie vorgesehenen Unterbringungsbereichen der Anstalt einschließlich des Außenbereichs frei bewegen.
2
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit sind zulässig, wenn es die Sicherheit oder schwerwiegende Gründe der Ordnung in der Anstalt erfordern oder ein schädlicher Einfluss auf andere Untergebrachte zu befürchten ist.
§ 12 Wohngruppenvollzug
(1) Der Vollzug wird regelmäßig als Wohngruppenvollzug ausgestaltet.
(2) Der Wohngruppenvollzug dient der Einübung sozialverträglichen Zusammenlebens, insbesondere von Toleranz sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere.
(3)
1
Eine Wohngruppe wird in einem baulich abgegrenzten Bereich eingerichtet, zu dem neben den Zimmern der Untergebrachten weitere Räume und Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung gehören.
2
Sie wird in der Regel von fest zugeordneten Bediensteten betreut.
§ 13 Geschlossener und offener Vollzug
(1) Die Unterbringung erfolgt im geschlossenen Vollzug.
(2)
1
Die Untergebrachten sollen zur Entlassungsvorbereitung im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.
2
Genügen die Untergebrachten den besonderen Anforderungen der Unterbringung im offenen Vollzug nicht mehr, werden sie im geschlossenen Vollzug untergebracht.
3
§ 95 bleibt unberührt.
(3) Abteilungen des offenen Vollzugs sehen keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.
§ 14 Verlegung und Überstellung
(1)
1
Die Untergebrachten können abweichend vom Vollstreckungsplan nach § 107 in eine andere für den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Erreichung des Vollzugsziels hierdurch gefördert wird oder zwingende Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern.
2
Der Verteidigerin oder dem Verteidiger wird die Verlegung unverzüglich mitgeteilt.
3
Sie dürfen aus wichtigem Grund in eine andere für den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zuständige Anstalt überstellt werden.
(2)
1
Die Untergebrachten können in eine für den Vollzug anderer Freiheitsentziehungen zuständige Anstalt verlegt oder überstellt werden, wenn ihre Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
es erfordert.
2
Der Verteidigerin oder dem Verteidiger wird die Verlegung unverzüglich mitgeteilt.
(3) Untergebrachte können in eine für den Vollzug anderer Freiheitsentziehungen zuständige Anstalt überstellt werden, wenn dies zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins oder aus einem vergleichbaren Grund zwingend erforderlich ist.
(4) Auf ihren Antrag können Untergebrachte aus wichtigem Grund in eine für den Vollzug anderer Freiheitsentziehungen zuständige Anstalt überstellt werden, wenn dies die Behandlung nicht beeinträchtigt und sie sich mit den dortigen Bedingungen einverstanden erklären.
⁸
Teil 4 Therapeutische Ausgestaltung und Maßnahmen
§ 15 Therapeutische Ausgestaltung
(1)
1
Der Vollzug ist auf der Grundlage des Lebens in einer Gemeinschaft therapeutisch auszugestalten.
2
Er bedient sich insbesondere sozial- und psychotherapeutischer, psychologischer, psychiatrischer, sozialpädagogischer und arbeitstherapeutischer Methoden, die wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.
(2)
1
Den Untergebrachten sind die zur Erreichung des Vollzugsziels im Einzelfall erforderlichen therapeutischen Maßnahmen anzubieten.
2
Soweit standardisierte Therapiemethoden nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuell zugeschnittene Behandlungsangebote zu unterbreiten.
(3)
1
Bei der therapeutischen Ausgestaltung des Vollzugs wirken Bedienstete verschiedener Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen.
2
Soweit es erforderlich ist, sind externe Fachkräfte einzubeziehen.
§ 16 Motivierungsmaßnahmen
(1)
1
Motivierungsmaßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels zu fördern.
2
Hierzu gehören insbesondere wiederkehrende Gesprächsangebote, die Beziehungsfähigkeit fördernde Maßnahmen und die Vermittlung des therapeutischen Konzepts.
(2)
1
Zur Motivierung können auch Vergünstigungen gewährt oder bereits gewährte Vergünstigungen wieder entzogen werden.
2
Die Ansprüche der Untergebrachten nach diesem Gesetz bleiben unberührt.
§ 17 Sozialtherapeutische Maßnahmen
1
Sozialtherapeutische Maßnahmen bedienen sich auf der Grundlage einer therapeutischen Gemeinschaft psychologischer, psychotherapeutischer, sozialpädagogischer und arbeitstherapeutischer Methoden, die in umfassenden Behandlungsprogrammen verbunden werden.
2
Personen aus dem Lebensumfeld der Untergebrachten außerhalb des Vollzugs werden in die Behandlung einbezogen.
§ 18 Psychologische Intervention und Psychotherapie
1
Psychologische und psychotherapeutische Maßnahmen im Vollzug dienen insbesondere der Behandlung psychosozialer Faktoren und psychischer Störungen des Verhaltens und Erlebens, die in einem Zusammenhang mit der Gefährlichkeit der Untergebrachten stehen.
2
Sie werden durch systematische Anwendung wissenschaftlich fundierter psychologischer und psychotherapeutischer Methoden mit einer, einem oder mehreren Untergebrachten durchgeführt.
⁹
§ 19 Psychiatrische Maßnahmen
1
Psychiatrische Maßnahmen im Vollzug dienen der Behandlung psychischer Krankheiten, die in einem Zusammenhang mit der Gefährlichkeit der Untergebrachten stehen.
2
Sie erfolgen auf der Grundlage ärztlicher Standards und Behandlungsleitlinien sowie standardisierter testpsychologischer Untersuchungen und berücksichtigen alle Lebensbereiche der Untergebrachten.
3
In geeigneten Fällen erfolgt eine medikamentöse Unterstützung der therapeutischen Behandlung.
Teil 5 Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit
§ 20 Arbeitstherapeutische Maßnahmen
Arbeitstherapeutische Maßnahmen dienen dazu, dass die Untergebrachten Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und Konzentrationsfähigkeit einüben, um sie stufenweise an die Grundanforderungen des Arbeitslebens heranzuführen.
§ 21 Arbeitstraining
1
Arbeitstraining dient dazu, Untergebrachten, die nicht in der Lage sind, einer regelmäßigen und erwerbsorientierten Beschäftigung nachzugehen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die eine Eingliederung in das leistungsorientierte Arbeitsleben fördern.
2
Die Maßnahmen sind danach auszurichten, dass sie den Untergebrachten für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen vermitteln.
§ 22 Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen
(1)
1
Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung und vorberufliche Qualifizierung im Vollzug (schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen) haben das Ziel, den Untergebrachten Fähigkeiten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln sowie vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern.
2
Sie werden in der Regel als Vollzeitmaßnahme durchgeführt.
3
Bei der Festlegung von Inhalten, Methoden und Organisationsformen der Bildungsangebote werden die Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe berücksichtigt.
(2) Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen sind darauf auszurichten, den Untergebrachten für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen zu vermitteln.
(3) Geeigneten Untergebrachten soll die Teilnahme an einer schulischen oder beruflichen Ausbildung ermöglicht werden, die zu einem anerkannten Abschluss führt.
(4) Können Maßnahmen während des Vollzugs nicht abgeschlossen werden, trägt die Anstalt in Zusammenarbeit mit außervollzuglichen Einrichtungen dafür Sorge, dass die begonnene Qualifizierungsmaßnahme nach der Entlassung fortgesetzt werden kann.
(5) Nachweise über schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen dürfen keinen Hinweis auf die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung enthalten.
§ 23 Arbeit
1
Den Untergebrachten soll Arbeit angeboten werden.
2
§ 9 Abs. 2 bleibt unberührt.
3
Nehmen sie eine Arbeit auf, gelten die festgelegten Arbeitsbedingungen.
4
Die Arbeit darf nicht zur Unzeit niedergelegt werden.
§ 24 Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung
(1)
1
Untergebrachten, die zum Freigang nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 zugelassen sind, soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder der Selbstbeschäftigung außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn die Beschäftigungsstelle geeignet ist und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen.
2
§ 42 gilt entsprechend.
(2) Das Entgelt ist der Anstalt zur Gutschrift für die Untergebrachten zu überweisen.
§ 25 Freistellung
(1)
1
Haben die Untergebrachten ein halbes Jahr lang gearbeitet, so können sie beanspruchen, zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden.
2
Zeiten, in denen die Untergebrachten infolge Krankheit an der Arbeitsleistung gehindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu 15 Arbeitstagen angerechnet.
3
Der Anspruch verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines Jahres nach seiner Entstehung erfolgt ist.
(2)
1
Auf die Zeit der Freistellung wird Langzeitausgang nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt.
2
Gleiches gilt für einen Langzeitausgang nach § 41, soweit er nicht wegen des Todes oder einer lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger erteilt worden ist.
(3) Die Untergebrachten erhalten für die Zeit der Freistellung ihr Arbeitsentgelt weiter.
(4) Urlaubsregelungen freier Beschäftigungsverhältnisse bleiben unberührt.
(5) Für Maßnahmen nach den §§ 20, 21 und 22 Abs. 1 gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend, sofern diese den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erreichen.
Teil 6 Besuche, Telefongespräche, Schriftwechsel, andere Formen der Telekommunikation und Pakete
§ 26 Grundsatz
1
Die Untergebrachten haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren.
2
Die Anstalt fördert den Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann.
§ 27 Besuch
(1)
1
Die Untergebrachten dürfen im Monat zwölf Stunden Besuch empfangen.
2
Die Anstaltsleitung kann längere Besuchszeiten vorsehen.
(2) Besuche von Angehörigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
werden besonders unterstützt.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Eingliederung der Untergebrachten fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen.
(4) Die Anstaltsleitung soll über Absatz 1 hinausgehend mehrstündige, unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) zulassen, wenn dies für das Wohl des Kindes oder zur Pflege der familiären, partnerschaftlichen oder ihnen gleichzusetzenden Kontakte der Untergebrachten geboten erscheint und die Untergebrachten hierfür geeignet sind.
(5) Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments sind zu gestatten.
1⁰
§ 28 Untersagung der Besuche
Die Anstaltsleitung kann Besuche untersagen, wenn
1.
die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
2.
bei Personen, die nicht Angehörige der Untergebrachten im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Untergebrachten haben oder die Erreichung des Vollzugsziels behindern, oder
3.
bei minderjährigen Personen, die Opfer vorangegangener Straftaten waren, zu befürchten ist, dass die Begegnung mit den Untergebrachten einen schädlichen Einfluss auf sie hat.
1¹
§ 29 Durchführung der Besuche
(1)
1
Aus Gründen der Sicherheit in der Anstalt können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen lassen.
2
Die Durchsuchung von Verteidigerinnen und Verteidigern setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Sicherheit vorliegen.
(2)
1
Besuche können beaufsichtigt werden, wenn dies im Einzelfall aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist.
2
Die Beaufsichtigung mit technischen Mitteln ist zulässig, wenn die Besucherinnen, Besucher und Untergebrachten vor dem Besuch erkennbar darauf hingewiesen werden.
3
Eine Aufzeichnung findet nicht statt.
(3) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucherinnen, Besucher oder Untergebrachte gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen verstoßen.
(4) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis der Anstalt übergeben werden.
(5)
1
Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Untergebrachten betreffenden Rechtssache werden nicht beaufsichtigt.
2
Nicht beaufsichtigt werden ferner Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter, des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter und des entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der konsularischen Vertretung der Heimatländer der Untergebrachten und der weiteren Einrichtungen, mit denen der Kontakt aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist.
3
Satz 2 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.
(6)
1
Eine inhaltliche Überprüfung der von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren beim Besuch in einer die Untergebrachten betreffenden Rechtssache mitgeführten Schriftstücke, sonstigen Unterlagen und Datenträger ist nicht zulässig.
2
Das Gleiche gilt beim Besuch von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments.
3
Abweichend von Absatz 4 dürfen Schriftstücke oder sonstige Unterlagen den Untergebrachten von ihren Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren zur Erledigung in einer die Untergebrachten betreffenden Rechtssache übergeben werden.
4
Die Übergabe kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt von der Erlaubnis der Anstaltsleitung abhängig gemacht werden.
5
Ist eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des
Strafgesetzbuches
, zu vollstrecken, gelten § 148 Absatz 2 und § 148a der
Strafprozeßordnung
entsprechend.
6
Satz 5 gilt nicht, wenn sich die Untergebrachten im offenen Vollzug befinden oder wenn ihnen Lockerungen nach § 40 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleitung zur Aufhebung nach § 13 Absatz 2 Satz 2 oder § 95 ermächtigt, nicht vorliegt.
7
Satz 1 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.
(7) Die Anstaltsleitung kann im Einzelfall die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist.
(8)
1
Die Anstaltsleitung kann den Untergebrachten gestatten, den Besuch mittels einer audiovisuellen Verbindung durchzuführen (Videobesuch).
2
Die Absätze 2, 3 und 5 gelten entsprechend.
3
Videobesuchszeiten werden auf die Besuchszeit nach § 27 Absatz 1 Satz 1 angerechnet, wobei die Anrechnung bei Besuchen von Angehörigen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 1 des
Strafgesetzbuches
höchstens im Verhältnis zwei zu eins, im Übrigen im Verhältnis eins zu eins erfolgt.
" class="fussnote_link" href="#FNID_12">¹2
§ 30 Überwachung der Gespräche
1
Gespräche dürfen nur überwacht werden, soweit es im Einzelfall wegen einer Gefährdung der Erreichung des Vollzugsziels oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist.
2
§ 29 Abs. 5 gilt entsprechend.
3
§ 108 Abs. 3 Satz 4 bleibt unberührt.
¹3
Die Untergebrachten haben eingegangene Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird.
2
Sie können sie verschlossen zu ihrer Habe geben.
" class="fussnote_link" href="#FNID_17">¹7
§ 35 Überwachung des Schriftwechsels
1
Der Schriftwechsel darf nur überwacht werden, soweit es wegen einer Gefährdung der Erreichung des Vollzugsziels oder aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist.
2
§ 34 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
§ 36 Anhalten von Schreiben
(1) Die Anstaltsleitung kann Schreiben anhalten, wenn
1.
die Erreichung des Vollzugsziels oder die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
2.
die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde,
3.
sie an Opfer vorangegangener Straftaten gerichtet sind,
4.
sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Verhältnissen in der Anstalt oder grobe Beleidigungen enthalten,
5.
sie die Eingliederung anderer Untergebrachter oder Gefangener gefährden können oder
6.
sie in Geheim- oder Kurzschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefasst sind.
(2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen von Verhältnissen der Anstalt enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn die Untergebrachten auf dem Absenden bestehen.
(3)
1
Sind Schreiben angehalten worden, wird das den Untergebrachten mitgeteilt.
2
Angehaltene Schreiben werden an die Absenderin oder den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen nicht angezeigt ist, verwahrt.