Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des Strafarrests im Freistaat Sachsen (Sächsisches Strafvollzugsgesetz – SächsStVollzG)
Gesetz
über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des Strafarrests im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Strafvollzugsgesetz – SächsStVollzG)
¹
erlassen als Artikel 1 des
Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des Strafarrests im Freistaat Sachsen sowie zur Änderung weiterer Gesetze
Vom 16. Mai 2013
Rechtsbereinigt mit Stand vom 17. Februar 2024
Inhaltsübersicht
²
Teil 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Anwendungsbereich
§ 2
Ziel und Aufgabe des Vollzugs
§ 3
Vollzugsgestaltung
§ 4
Stellung der Gefangenen, Mitwirkung
§ 5
Soziale Hilfe
Teil 2
Aufnahme, Diagnose, Vollzugs-
und Eingliederungsplanung
§ 6
Aufnahmeverfahren
§ 7
Diagnoseverfahren
§ 8
Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 9
Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplans
Teil 3
Unterbringung, Verlegung
§ 10
Trennungsgrundsätze
§ 11
Unterbringung während der Einschlusszeiten
§ 12
Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten
§ 13
Wohngruppenvollzug
§ 14
Unterbringung von Müttern und Vätern mit Kindern
§ 15
Geschlossener und offener Vollzug sowie Vollzug in freien Formen
§ 16
Verlegung und Überstellung
Teil 4
Sozialtherapie, psychologische Intervention
und Psychotherapie
§ 17
Sozialtherapie
§ 18
Psychologische Intervention und Psychotherapie
Teil 5
Arbeitstherapeutische Maßnahmen,
Arbeitstraining, schulische und berufliche
Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit
§ 19
Arbeitstherapeutische Maßnahmen
§ 20
Arbeitstraining
§ 21
Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen
§ 22
Arbeit
§ 23
Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung
§ 24
Freistellung
Teil 6
Besuche, Telefongespräche, Schriftwechsel,
andere Formen der Telekommunikation und Pakete
§ 25
Grundsatz
§ 26
Besuch
§ 27
Untersagung der Besuche
§ 28
Durchführung der Besuche
§ 29
Überwachung der Gespräche
§ 30
Telefongespräche
§ 31
Schriftwechsel
§ 32
Untersagung des Schriftwechsels
§ 33
Sichtkontrolle, Weiterleitung und Aufbewahrung von Schreiben
§ 34
Überwachung des Schriftwechsels
§ 35
Anhalten von Schreiben
§ 36
Andere Formen der Telekommunikation
§ 37
Pakete
Teil 7
Lockerungen und sonstige Aufenthalte
außerhalb der Anstalt
§ 38
Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels
§ 39
Lockerungen aus sonstigen Gründen
§ 40
Weisungen für Lockerungen
§ 41
Ausführung, Außenbeschäftigung, Vorführung, Ausantwortung
Teil 8
Vorbereitung der Eingliederung,
Entlassung und nachgehende Betreuung
§ 42
Vorbereitung der Eingliederung
§ 43
Entlassung
§ 44
Nachgehende Betreuung
§ 45
Verbleib oder Aufnahme auf freiwilliger Grundlage
Teil 9
Grundversorgung und Freizeit
§ 46
Einbringen von Gegenständen
§ 47
Gewahrsam an Gegenständen
§ 48
Ausstattung des Haftraums
§ 49
Aufbewahrung und Vernichtung von Gegenständen
§ 50
Zeitungen und Zeitschriften, religiöse Schriften und Gegenstände
§ 51
Rundfunk, Informations- und Unterhaltungselektronik
§ 52
Kleidung
§ 53
Verpflegung und Einkauf
§ 54
Freizeit
Teil 10
Vergütung, Gelder der Gefangenen und Kosten
§ 55
Vergütung
§ 56
Eigengeld
§ 57
Taschengeld
§ 58
Konten, Bargeld
§ 59
Hausgeld
§ 60
Zweckgebundene Einzahlungen
§ 61
Haftkostenbeitrag, Kostenbeteiligung
§ 62
Überbrückungsgeld
Teil 11
Gesundheitsfürsorge
§ 63
Art und Umfang der medizinischen Leistungen, Kostenbeteiligung
§ 63a
Schwangerschaft, Mutterschaft, Geburt
§ 64
Durchführung der medizinischen Leistungen, Forderungsübergang
§ 65
Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung
§ 66
Gesundheitsschutz und Hygiene
§ 67
Krankenbehandlung während Lockerungen
§ 68
Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge
§ 69
Benachrichtigungspflicht
Teil 12
Religionsausübung
§ 70
Seelsorge
§ 71
Religiöse Veranstaltungen
§ 72
Weltanschauungsgemeinschaften
Teil 13
Sicherheit und Ordnung
§ 73
Grundsatz
§ 74
Allgemeine Verhaltenspflichten
§ 75
Durchsuchung
§ 76
Sichere Unterbringung
§ 77
(weggefallen)
§ 78
(weggefallen)
§ 79
(weggefallen)
§ 80
Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch
§ 81
(weggefallen)
§ 82
Festnahmerecht
§ 83
Besondere Sicherungsmaßnahmen
§ 84
Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen, Verfahren
§ 85
Ärztliche Überwachung
Teil 14
Unmittelbarer Zwang
§ 86
Begriffsbestimmungen
§ 87
Allgemeine Voraussetzungen
§ 88
Androhung
§ 89
Schusswaffengebrauch
Teil 15
Disziplinarmaßnahmen
§ 90
Disziplinarmaßnahmen
§ 91
Vollstreckung der Disziplinarmaßnahmen, Aussetzung zur Bewährung
§ 92
Disziplinarbefugnis
§ 93
Verfahren
Teil 16
Aufhebung von Maßnahmen, Beschwerde
§ 94
Aufhebung von Maßnahmen
§ 95
Beschwerderecht
Teil 17
Kriminologische Forschung
§ 96
Evaluation, kriminologische Forschung
Teil 18
Aufbau und Organisation der Anstalten
§ 97
Anstalten
§ 98
Festsetzung der Belegungsfähigkeit, Verbot der Überbelegung
§ 99
Anstaltsleitung
§ 100
Bedienstete
§ 101
Seelsorgerinnen und Seelsorger
§ 102
Medizinische Versorgung
§ 103
Mitverantwortung der Gefangenen
§ 104
Hausordnung
Teil 19
Aufsicht, Beirat
§ 105
Aufsichtsbehörde
§ 106
Vollstreckungsplan, Vollzugsgemeinschaften
§ 107
Beirat
Teil 20
Vollzug des Strafarrests
§ 108
Grundsatz
§ 109
Besondere Bestimmungen
Teil 21
Schlussbestimmungen
§ 110
Einschränkung von Grundrechten
§ 111
Verhältnis zum Bundesrecht
§ 112
Übergangsbestimmungen
Teil 1 Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe (Vollzug) und des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten (Anstalten).
§ 2 Ziel und Aufgabe des Vollzugs
1
Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.
2
Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.
3
Dies wird durch eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet.
§ 3 Vollzugsgestaltung
(1) Der Vollzug ist auf die Auseinandersetzung der Gefangenen mit ihren Straftaten und deren Folgen auszurichten.
(2) Der Vollzug wirkt von Beginn an auf die Eingliederung der Gefangenen in das Leben in Freiheit hin.
(3)
1
Gefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung sind individuell und intensiv zu betreuen, um ihre Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entbehrlich zu machen.
2
Soweit standardisierte Maßnahmen nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuelle Maßnahmen zu entwickeln.
(4) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen.
(5) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.
(6)
1
Der Bezug der Gefangenen zum gesellschaftlichen Leben ist zu wahren und zu fördern.
2
Die Belange der Familienangehörigen der Gefangenen sind bei der Vollzugsgestaltung zu berücksichtigen.
3
Der Erhalt familiärer Bindungen ist zu unterstützen.
4
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Personen und Einrichtungen außerhalb des Vollzugs sollen in den Vollzugsalltag einbezogen werden.
5
Den Gefangenen ist sobald wie möglich die Teilnahme am Leben in der Freiheit zu gewähren.
(7)
1
Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, sexuelle Identität, Alter, Herkunft und Glauben, sowie die Bedürfnisse von Gefangenen mit Behinderung sind bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall zu berücksichtigen.
2
Behandlungsmaßnahmen orientieren sich auch an dem geschlechtsspezifischen Bedarf.
³
§ 4 Stellung der Gefangenen, Mitwirkung
(1)
1
Die Persönlichkeit der Gefangenen ist zu achten.
2
Ihre Selbständigkeit im Vollzugsalltag ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.
(2)
1
Die Gefangenen werden an der Gestaltung des Vollzugsalltags beteiligt.
2
Vollzugliche Maßnahmen sollen ihnen erläutert werden.
3
Soweit erforderlich, wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen.
4
Mit Zustimmung der beteiligten Gefangenen kann in Ausnahmefällen für die Übersetzung auch eine andere sprachkundige Person tätig werden.
(3)
1
Zur Erreichung des Vollzugsziels bedarf es der Mitwirkung der Gefangenen.
2
Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
(4)
1
Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit.
2
Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung in der Anstalt unerlässlich sind.
⁴
§ 5 Soziale Hilfe
(1)
1
Die Gefangenen werden durch die Anstalt darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu beheben.
2
Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere eine Schuldenregulierung herbeizuführen.
(2)
1
Die Gefangenen sollen angehalten werden, den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen.
2
Die Einsicht der Gefangenen in ihre Verantwortung für die Tat, insbesondere für die beim Opfer verursachten Tatfolgen, soll geweckt werden.
Teil 2 Aufnahme, Diagnose, Vollzugs- und Eingliederungsplanung
§ 6 Aufnahmeverfahren
(1)
1
Mit den Gefangenen wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden.
2
Ihnen ist die Hausordnung zu erläutern und die Aushändigung eines Exemplars anzubieten.
3
Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und veröffentlichte Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.
(2)
1
Im Zugangsgespräch ist auch zu klären, ob die Gefangenen in ihrer Obhut stehende Minderjährige ohne Betreuung und Versorgung zurückgelassen haben.
2
In diesem Falle ist unverzüglich das zuständige Jugendamt zu unterrichten.
(3) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.
(4) Die Gefangenen werden unverzüglich ärztlich untersucht.
(5) Die Gefangenen werden dabei unterstützt, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige, zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und der Wohnung und zur Sicherung ihrer Vermögensgegenstände außerhalb der Anstalt zu veranlassen.
(6) Bei Gefangenen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen, sind die Möglichkeiten der Abwendung der Vollstreckung durch freie Arbeit oder ratenweise Tilgung der Geldstrafe zu erörtern und zu fördern, um so auf eine möglichst baldige Entlassung hinzuwirken.
§ 7 Diagnoseverfahren
(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung das Diagnoseverfahren an.
(2)
1
Das Diagnoseverfahren muss wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen.
2
Insbesondere bei Gefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung ist es von Personen mit einschlägiger wissenschaftlicher Qualifikation durchzuführen.
(3)
1
Das Diagnoseverfahren erstreckt sich auf die Persönlichkeit, die Lebensverhältnisse, die Ursachen und Umstände der Straftat sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung erforderlich ist.
2
Neben den Unterlagen aus der Vollstreckung und dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen sind insbesondere auch Erkenntnisse der Gerichts- und Bewährungshilfe, der Führungsaufsichtsstellen sowie aus Sicherheitsanfragen und Fallkonferenzen einzubeziehen.
(4)
1
Im Diagnoseverfahren werden die im Einzelfall die Straffälligkeit begünstigenden Faktoren ermittelt.
2
Gleichzeitig sollen die Fähigkeiten der Gefangenen ermittelt werden, deren Stärkung einer erneuten Straffälligkeit entgegenwirken kann.
(5) Bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von bis zu drei Monaten tritt an die Stelle des Diagnoseverfahrens in der Regel die Feststellung zur Person und zu den Lebensverhältnissen der Gefangenen.
(6) Bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer bis zu einem Jahr kann das Diagnoseverfahren auf die Umstände beschränkt werden, deren Kenntnis für eine angemessene Vollzugsgestaltung unerlässlich und für die Eingliederung erforderlich ist.
(7) Das Ergebnis des Diagnoseverfahrens wird mit den Gefangenen erörtert.
§ 8 Vollzugs- und Eingliederungsplanung
(1)
1
Auf der Grundlage des Ergebnisses des Diagnoseverfahrens wird ein Vollzugs- und Eingliederungsplan erstellt.
2
In den Fällen des § 7 Absatz 6 kann sich der Vollzugs- und Eingliederungsplan auf die dort genannten Umstände beschränken.
3
Bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von bis zu drei Monaten kann von der Erstellung eines Vollzugs- und Eingliederungsplans abgesehen werden.
(2)
1
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan zeigt den Gefangenen bereits zu Beginn des Vollzugs unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Vollzugsdauer die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf.
2
Daneben kann er weitere Hilfsangebote und Empfehlungen enthalten.
3
Die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen der
Gefangenen sollen einbezogen werden.
(3)
1
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan wird regelmäßig innerhalb der ersten acht Wochen nach der Aufnahme erstellt.
2
Diese Frist verkürzt sich bei einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von unter einem Jahr auf vier Wochen.
(4)
1
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie die darin vorgesehenen Maßnahmen werden regelmäßig alle sechs Monate, spätestens aber alle zwölf Monate überprüft und fortgeschrieben.
2
Die Entwicklung der Gefangenen und die in der Zwischenzeit gewonnenen Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.
3
Die durchgeführten Maßnahmen sind zu dokumentieren.
(5)
1
Die Vollzugs- und Eingliederungsplanung wird mit den Gefangenen erörtert.
2
Dabei werden deren Anregungen und Vorschläge einbezogen, soweit sie der Erreichung des Vollzugsziels dienen.
(6)
1
Zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans führt die Anstaltsleitung eine Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durch.
2
Standen die Gefangenen vor ihrer Inhaftierung unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht, kann auch die Bewährungshelferin oder der Bewährungshelfer an der Konferenz beteiligt werden, die oder der für sie bislang zuständig war.
3
Die Teilnahme der Verteidigerin oder des Verteidigers ist zu gestatten.
4
Die Gefangenen sollen ebenfalls an der Konferenz beteiligt werden.
5
Im Falle der Teilnahme wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan eröffnet und erläutert.
6
Im Übrigen wird ihnen der Vollzugs- und Eingliederungsplan bekanntgegeben.
7
In den Fällen des § 7 Absatz 6 kann auch ein vereinfachtes Verfahren Anwendung finden.
(7)
1
An der Eingliederung mitwirkende Personen außerhalb des Vollzugs sind nach Möglichkeit in die Planung einzubeziehen, soweit dies zur Eingliederung erforderlich ist.
2
Sie können mit Zustimmung der Gefangenen auch an der Konferenz beteiligt werden.
(8)
1
Werden die Gefangenen nach der Entlassung voraussichtlich unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht gestellt, so ist einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Bewährungshilfe und der Führungsaufsichtsstelle in den letzten zwölf Monaten vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt die Teilnahme an der Konferenz zu ermöglichen.
2
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan und seine Fortschreibungen sind zu übersenden.
(9) Eine Abschrift des Vollzugs- und Eingliederungsplans und seiner Fortschreibungen wird den Gefangenen ausgehändigt.
⁵
§ 9 Inhalt des Vollzugs- und Eingliederungsplans
(1)
1
Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seine Fortschreibungen enthalten insbesondere folgende Angaben:
1.
Zusammenfassung der für die Vollzugs- und Eingliederungsplanung maßgeblichen Ergebnisse des Diagnoseverfahrens,
2.
voraussichtlicher Entlassungszeitpunkt,
3.
Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug oder Vollzug in freien Formen,
4.
Maßnahmen zur Förderung der Mitwirkungsbereitschaft,
5.
Unterbringung in einer Wohngruppe und Teilnahme am Wohngruppenvollzug,
6.
Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Abteilung und Teilnahme an deren Behandlungsprogrammen,
7.
Teilnahme an einzel- oder gruppentherapeutischen Maßnahmen, insbesondere psychologische Intervention und Psychotherapie,
8.
Teilnahme an psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen,
9.
Teilnahme an Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, einschließlich Suchtberatung,
10.
Teilnahme an Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz und familienunterstützende Angebote,
11.
Teilnahme an schulischen und beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen, einschließlich Alphabetisierungs- und Deutschkursen,
12.
Teilnahme an arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder am Arbeitstraining,
13.
Arbeit,
14.
freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung,
15.
Teilnahme an Sportangeboten und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit,
16.
Ausführungen, Außenbeschäftigung,
17.
Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels,
18.
Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von familiären Bindungen und Außenkontakten,
19.
Bildung von Überbrückungsgeld, Schuldnerberatung, Schuldenregulierung und Erfüllung von Unterhaltspflichten,
20.
Ausgleich von Tatfolgen, einschließlich Täter-Opfer-Ausgleich,
21.
Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge und
22.
Frist zur Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans.
2
Bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung enthalten der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seine Fortschreibungen darüber hinaus Angaben zu sonstigen Maßnahmen im Sinne des § 3 Absatz 3 Satz 2 dieses Gesetzes und einer Antragstellung im Sinne des § 119a Absatz 2 des
Strafvollzugsgesetzes
vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2571) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
(2)
1
Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 bis 10 und Satz 2, die nach dem Ergebnis des Diagnoseverfahrens als zur Erreichung des Vollzugsziels zwingend erforderlich erachtet werden, sind als solche zu kennzeichnen und gehen allen anderen Maßnahmen vor.
2
Auch für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 11 und 12 kann ein Vorrang vor anderen Maßnahmen vorgesehen werden.
3
Es ist anzustreben, die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 im Einvernehmen mit den Gefangenen festzulegen.
4
Andere Maßnahmen dürfen nicht gestattet werden, soweit sie die Teilnahme an Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 beeinträchtigen würden.
(3)
1
Spätestens ein Jahr vor dem voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt hat die Planung zur Vorbereitung der Eingliederung zu beginnen.
2
Anknüpfend an die bisherige Vollzugsplanung werden ab diesem Zeitpunkt die Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 21 konkretisiert oder ergänzt.
3
Insbesondere ist Stellung zu nehmen zu:
1.
Unterbringung im offenen Vollzug, Übergangseinrichtung,
2.
Unterkunft sowie Arbeit oder Ausbildung nach der Entlassung,
3.
Unterstützung bei notwendigen Behördengängen und der Beschaffung der notwendigen persönlichen Dokumente,
4.
Beteiligung der Bewährungshilfe, Führungsaufsichtsstelle und der forensischen Ambulanzen,
5.
Kontaktaufnahme zu Einrichtungen der Entlassenenhilfe,
6.
Fortsetzung von im Vollzug noch nicht abgeschlossenen Maßnahmen,
7.
Anregung von Auflagen und Weisungen für die Bewährungs- oder Führungsaufsicht,
8.
Vermittlung in nachsorgende Maßnahmen und
9.
nachgehende Betreuung durch Vollzugsbedienstete.
Teil 3 Unterbringung, Verlegung
§ 10 Trennungsgrundsätze
(1)
1
Gefangene unterschiedlichen Geschlechts werden getrennt voneinander untergebracht.
2
Eine gemeinsame Unterbringung zum Zweck der medizinischen Behandlung und gemeinsamer Maßnahmen, insbesondere zur schulischen und beruflichen Qualifizierung, sind zulässig.
(2) Von dem Grundsatz der getrennten Unterbringung gemäß Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und der Bedürfnisse der Gefangenen, der Erreichung des Vollzugsziels sowie der Sicherheit und Ordnung der Anstalt, einschließlich der Bedürfnisse der übrigen Gefangenen, abgewichen werden.
⁶
§ 11 Unterbringung während der Einschlusszeiten
(1) Die Gefangenen werden in ihren Hafträumen einzeln untergebracht.
(2) Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig
1.
mit Zustimmung der Gefangenen, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind, oder
2.
wenn eine Gefangene oder ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit besteht.
(3) Darüber hinaus ist eine gemeinsame Unterbringung nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig.
⁷
§ 12 Aufenthalt außerhalb der Einschlusszeiten
(1) Außerhalb der Einschlusszeiten dürfen sich die Gefangenen in Gemeinschaft aufhalten.
(2) Der gemeinschaftliche Aufenthalt kann eingeschränkt werden, wenn
1.
ein schädlicher Einfluss auf andere Gefangene zu befürchten ist oder
2.
es die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erfordert.
§ 13 Wohngruppenvollzug
(1)
1
Der Wohngruppenvollzug dient der Einübung sozialverträglichen Zusammenlebens, insbesondere von Toleranz sowie der Übernahme von Verantwortung für sich und andere.
2
Er ermöglicht den dort untergebrachten Gefangenen, ihren Vollzugsalltag weitgehend selbständig zu regeln.
(2)
1
Eine Wohngruppe wird in einem baulich abgegrenzten Bereich mit bis zu 16 Gefangenen eingerichtet, zu dem neben den Hafträumen weitere Räume und Einrichtungen zur gemeinsamen Nutzung gehören.
2
Sie wird in der Regel von fest zugeordneten Bediensteten betreut.
§ 14 Unterbringung von Müttern und Vätern mit Kindern
(1)
1
Ein Kind kann mit Zustimmung der aufenthaltsbestimmungsberechtigten Person bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres in einer Anstalt untergebracht werden, in der sich seine Mutter oder sein Vater befindet, wenn dies seinem Wohl entspricht und Sicherheitsgründe nicht entgegenstehen.
2
Aus besonderen Gründen kann die Unterbringung auch bis zu einem halben Jahr darüber hinaus erfolgen.
3
Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören.
(2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten der für das Kind Unterhaltspflichtigen.
§ 15 Geschlossener und offener Vollzug sowie Vollzug in freien Formen
(1) Die Gefangenen werden im geschlossenen oder offenen Vollzug oder im Vollzug in freien Formen untergebracht.
(2)
1
Die Gefangenen sollen im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zu Straftaten missbrauchen werden.
2
Gefangene genügen den besonderen Anforderungen in der Regel dann, wenn
1.
sie sich selbst rechtzeitig zum Strafantritt gestellt haben,
2.
gegen sie eine oder mehrere Freiheitsstrafen von insgesamt nicht mehr als 24 Monaten oder Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt werden,
3.
die zu verbüßende Freiheitsstrafe nicht wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder aufgrund von grober Gewalttätigkeit vollzogen wird und
4.
sie sich in einem geeigneten Ausbildungs- oder festen Arbeitsverhältnis befinden und deren Arbeitgeber zu einer Weiterbeschäftigung während der Inhaftierung bereit ist.
3
§ 38 Absatz 1 Nummer 4 bleibt hiervon unberührt.
(3)
1
Genügen die Gefangenen den besonderen Anforderungen des offenen Vollzugs nicht mehr, werden sie im geschlossenen Vollzug untergebracht.
2
§ 94 bleibt unberührt.
(4) Abteilungen des offenen Vollzugs sehen keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen vor.
(5)
1
Der Vollzug kann mit Zustimmung der oder des Gefangenen in freien Formen durchgeführt werden.
2
Absatz 2 Satz 1 und 3 gilt entsprechend.
⁸
§ 16 Verlegung und Überstellung
(1) Die Gefangenen können abweichend vom Vollstreckungsplan nach § 106 in eine andere Anstalt verlegt werden,
1.
wenn die Erreichung des Vollzugsziels hierdurch gefördert wird oder
2.
Gründe der Vollzugsorganisation oder andere wichtige Gründe dies erfordern.
(2) Der Verteidigerin oder dem Verteidiger wird die Verlegung unverzüglich mitgeteilt.
(3) Die Gefangenen dürfen aus wichtigem Grund in eine andere Anstalt überstellt werden.
⁹
Teil 4 Sozialtherapie, psychologische Intervention und Psychotherapie
§ 17 Sozialtherapie
(1)
1
Sozialtherapie dient der Verringerung einer erheblichen Gefährlichkeit der Gefangenen.
2
Auf der Grundlage einer therapeutischen Gemeinschaft bedient sie sich psychologischer, psychotherapeutischer, sozialpädagogischer und arbeitstherapeutischer Methoden, die in umfassenden Behandlungsprogrammen verbunden werden.
3
Personen aus dem Lebensumfeld der Gefangenen außerhalb des Vollzugs werden in die Behandlung einbezogen.
(2)
1
Gefangene sind in einer sozialtherapeutischen Abteilung unterzubringen, wenn ihre Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Verringerung ihrer erheblichen Gefährlichkeit angezeigt ist.
2
Eine erhebliche Gefährlichkeit liegt vor, wenn schwerwiegende Straftaten gegen Leib oder Leben, die persönliche Freiheit oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind.
(3) Andere Gefangene können in einer sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht werden, wenn die Teilnahme an den dortigen Behandlungsprogrammen zur Erreichung des Vollzugsziels angezeigt ist.
(4)
1
Die Unterbringung soll zu einem Zeitpunkt erfolgen, der entweder den Abschluss der Behandlung zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt erwarten lässt oder die Fortsetzung der Behandlung nach der Entlassung ermöglicht.
2
Ist Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten, soll die Unterbringung zu einem Zeitpunkt erfolgen, der den Abschluss der Behandlung noch während des Vollzugs der Freiheitsstrafe erwarten lässt.
(5) Die Unterbringung wird beendet, wenn das Ziel der Behandlung aus Gründen, die in der Person der Gefangenen liegen, nicht erreicht werden kann.
§ 18 Psychologische Intervention und Psychotherapie
1
Psychologische Intervention und Psychotherapie im Vollzug dienen insbesondere der Behandlung psychosozialer Faktoren und psychischer Störungen des Verhaltens und Erlebens, die in einem Zusammenhang mit der Straffälligkeit stehen.
2
Sie werden durch systematische Anwendung wissenschaftlich fundierter psychologischer und psychotherapeutischer Methoden mit einem oder mehreren Gefangenen durchgeführt.
Teil 5 Arbeitstherapeutische Maßnahmen, Arbeitstraining, schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeit
§ 19 Arbeitstherapeutische Maßnahmen
Arbeitstherapeutische Maßnahmen dienen dazu, dass die Gefangenen Eigenschaften wie Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und Konzentrationsfähigkeit einüben, um sie stufenweise an die Grundanforderungen des Arbeitslebens heranzuführen.
§ 20 Arbeitstraining
1
Arbeitstraining dient dazu, Gefangenen, die nicht in der Lage sind, einer regelmäßigen und erwerbsorientierten Beschäftigung nachzugehen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu vermitteln, die eine Eingliederung in das leistungsorientierte Arbeitsleben fördern.
2
Die Maßnahmen sind danach auszurichten, dass sie den Gefangenen für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen vermitteln.
§ 21 Schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen
(1)
1
Schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung und vorberufliche Qualifizierung im Vollzug (schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen) haben das Ziel, den Gefangenen Fähigkeiten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln sowie vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und zu fördern.
2
Sie werden in der Regel als Vollzeitmaßnahme durchgeführt.
3
Bei der Festlegung von Inhalten, Methoden und Organisationsformen der Bildungsangebote werden die Besonderheiten der jeweiligen Zielgruppe berücksichtigt.
(2) Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen sind darauf auszurichten, den Gefangenen für den Arbeitsmarkt relevante Qualifikationen zu vermitteln.
(3) Geeigneten Gefangenen soll die Teilnahme an einer schulischen oder beruflichen Ausbildung ermöglicht werden, die zu einem anerkannten Abschluss führt.
(4)
1
Bei der Vollzugs- und Eingliederungsplanung ist darauf zu achten, dass die Gefangenen Qualifizierungsmaßnahmen während ihrer Haftzeit abschließen oder danach fortsetzen können.
2
Können Maßnahmen während der Haftzeit nicht abgeschlossen werden, trägt die Anstalt in Zusammenarbeit mit außervollzuglichen Einrichtungen dafür Sorge, dass die begonnene Qualifizierungsmaßnahme nach der Haft fortgesetzt werden kann.
(5) Nachweise über schulische und berufliche Qualifizierungsmaßnahmen dürfen keinen Hinweis auf die Inhaftierung enthalten.
§ 22 Arbeit
(1) Den Gefangenen soll nach Möglichkeit ihren Fähigkeiten angemessene Arbeit übertragen werden, soweit sie körperlich und geistig hierzu in der Lage sind.
(2) Sie wirken im Rahmen ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten an Arbeiten der Versorgung, der Sauberkeit und Ordnung in der Anstalt mit.
(3)
1
§ 9 Abs. 2 bleibt unberührt.
2
Nehmen sie eine Arbeit auf, gelten die von der Anstalt festgelegten Arbeitsbedingungen.
3
Die Arbeit darf nicht zur Unzeit niedergelegt werden.
§ 23 Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung
(1)
1
Gefangenen, die zum Freigang nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 zugelassen sind, soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses oder der Selbstbeschäftigung außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn die Beschäftigungsstelle geeignet ist und nicht überwiegende Gründe des Vollzugs entgegenstehen.
2
§ 40 gilt entsprechend.
(2) Das Entgelt ist der Anstalt zur Gutschrift für die Gefangenen zu überweisen.
§ 24 Freistellung
(1)
1
Haben die Gefangenen ein halbes Jahr lang gearbeitet, so können sie beanspruchen, zehn Arbeitstage von der Arbeit freigestellt zu werden.
2
Zeiten, in denen die Gefangenen infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert waren, werden auf das Halbjahr mit bis zu 15 Arbeitstagen angerechnet.
3
Der Anspruch verfällt, wenn die Freistellung nicht innerhalb eines Jahres nach seiner Entstehung erfolgt ist.
(2)
1
Auf die Zeit der Freistellung wird Langzeitausgang nach § 38 Abs. 1 Nr. 3 angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt.
2
Gleiches gilt für einen Langzeitausgang nach § 39, soweit er nicht wegen des Todes oder einer lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger erteilt worden ist.
(3) Die Gefangenen erhalten für die Zeit der Freistellung ihr Arbeitsentgelt weiter.
(4) Urlaubsregelungen freier Beschäftigungsverhältnisse bleiben unberührt.
(5) Für Maßnahmen nach den §§ 19, 20 und 21 Abs. 1 gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend, sofern diese den Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erreichen.
Teil 6 Besuche, Telefongespräche, Schriftwechsel, andere Formen der Telekommunikation und Pakete
§ 25 Grundsatz
1
Die Gefangenen haben das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes zu verkehren.
2
Die Anstalt fördert den Kontakt mit Personen, von denen ein günstiger Einfluss erwartet werden kann.
§ 26 Besuch
(1)
1
Die Gefangenen dürfen im Monat vier Stunden Besuch empfangen.
2
Die Anstaltsleitung kann längere Besuchszeiten vorsehen.
3
Ausführungen oder Ausgänge, die der Pflege von Kontakten mit Angehörigen und Bezugspersonen dienen, können angerechnet werden.
(2) Besuche von Angehörigen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
werden besonders unterstützt.
(3) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Eingliederung der Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht von den Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung aufgeschoben werden können.
(4) Die Anstaltsleitung soll über Absatz 1 hinausgehend mehrstündige unbeaufsichtigte Besuche (Langzeitbesuche) zulassen, wenn dies für das Wohl des Kindes oder zur Pflege der familiären, partnerschaftlichen oder ihnen gleichzusetzenden Kontakte der Gefangenen geboten erscheint und die Gefangenen hierfür geeignet sind.
(5) Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sowie Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments sind zu gestatten.
1⁰
§ 27 Untersagung der Besuche
Die Anstaltsleitung kann Besuche untersagen, wenn
1.
die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährdet würde,
2.
bei Personen, die nicht Angehörige der Gefangenen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 1 des
Strafgesetzbuches
sind, zu befürchten ist, dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen haben oder die Erreichung des Vollzugsziels behindern, oder
3.
bei minderjährigen Personen, die Opfer der Straftaten waren, zu befürchten ist, dass die Begegnung mit den Gefangenen einen schädlichen Einfluss auf sie hat.
1¹
§ 28 Durchführung der Besuche
(1)
1
Aus Gründen der Sicherheit in der Anstalt können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucherinnen und Besucher durchsuchen lassen.
2
Die Durchsuchung von Verteidigerinnen und Verteidigern setzt voraus, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Sicherheit vorliegen.
(2)
1
Besuche werden regelmäßig beaufsichtigt.
2
Über Ausnahmen entscheidet die Anstaltsleitung.
3
Die Beaufsichtigung mit technischen Mitteln ist zulässig, wenn die Besucherinnen, Besucher und Gefangenen vor dem Besuch erkennbar darauf hingewiesen werden.
4
Eine Aufzeichnung findet nicht statt.
(3) Besuche dürfen abgebrochen werden, wenn Besucherinnen, Besucher oder Gefangene gegen dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes getroffene Anordnungen verstoßen.
(4) Gegenstände dürfen beim Besuch nicht übergeben werden.
(5)
1
Besuche von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache werden nicht beaufsichtigt.
2
Nicht beaufsichtigt werden ferner Besuche von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder, des Europäischen Parlaments, des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, des Ausschusses der Vereinten Nationen gegen Folter, des zugehörigen Unterausschusses zur Verhütung von Folter und des entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der konsularischen Vertretung der Heimatländer der Gefangenen und der weiteren Einrichtungen, mit denen der Kontakt aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist.
3
Satz 2 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.
(6)
1
Eine inhaltliche Überprüfung der von Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren beim Besuch in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache mitgeführten Schriftstücke, sonstigen Unterlagen und Datenträgern ist nicht zulässig.
2
Das Gleiche gilt beim Besuch von Mitgliedern der Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie des Europäischen Parlaments.
3
Abweichend von Absatz 4 dürfen Schriftstücke oder sonstige Unterlagen den Gefangenen von ihren Verteidigerinnen, Verteidigern, Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälten, Notarinnen und Notaren zur Erledigung in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache übergeben werden.
4
Die Übergabe kann aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt von der Erlaubnis der Anstaltsleitung abhängig gemacht werden.
5
Ist eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des
Strafgesetzbuches
zu vollstrecken, gelten § 148 Absatz 2 und § 148a der
Strafprozeßordnung
entsprechend.
6
Satz 5 gilt nicht, wenn sich die Gefangenen im offenen Vollzug befinden, wenn der Vollzug in freien Formen durchgeführt wird oder wenn ihnen Lockerungen nach § 38 gewährt worden sind und ein Grund, der die Anstaltsleitung zur Aufhebung nach § 15 Absatz 3 oder § 94 ermächtigt, nicht vorliegt.
7
Satz 5 gilt auch, wenn eine Freiheitsstrafe wegen einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1 des
Strafgesetzbuches
erst im Anschluss an den Vollzug der Freiheitsstrafe, der eine Verurteilung wegen einer anderen Straftat zugrunde liegt, zu vollstrecken ist.
8
Satz 1 gilt auch für die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, die Sächsische Datenschutzbeauftragte oder den Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Transparenzbeauftragte oder den Transparenzbeauftragten sowie andere Landesdatenschutzbeauftragte und Landesinformationsfreiheitsbeauftragte.
(7) Die Anstaltsleitung kann im Einzelfall die Nutzung einer Trennvorrichtung anordnen, wenn dies zum Schutz von Personen oder zur Verhinderung einer Übergabe von Gegenständen erforderlich ist.
(8)
1
Die Anstaltsleitung kann den Gefangenen gestatten, den Besuch mittels einer audiovisuellen Verbindung durchzuführen (Videobesuch).
2
Die Absätze 2, 3 und 5 gelten entsprechend.
3
Videobesuchszeiten werden auf die Besuchszeit nach § 26 Absatz 1 Satz 1 angerechnet, wobei die Anrechnung bei Besuchen von Angehörigen im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 1 des
Strafgesetzbuches
höchstens im Verhältnis zwei zu eins, im Übrigen im Verhältnis eins zu eins erfolgt.
Entsprechendes gilt für Schreiben an das Europäische Parlament und dessen Mitglieder, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, den Ausschuss der Vereinten Nationen gegen Folter, den zugehörigen Unterausschuss zur Verhütung von Folter und den entsprechenden Nationalen Präventionsmechanismus, die Parlamentarische Versammlung des Europarates, die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, die konsularische Vertretung ihres Heimatlandes und weitere Einrichtungen, mit denen der Schriftverkehr aufgrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland geschützt ist.
3
Satz 1 gilt auch für den Schriftverkehr mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der oder dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten, der oder dem Transparenzbeauftragten sowie anderen Landesdatenschutzbeauftragten und Landesinformationsfreiheitsbeauftragten.
4
Nicht kontrolliert werden ferner Schreiben der Gefangenen an Gerichte, Staatsanwaltschaften und die Aufsichtsbehörde.
5
Schreiben der in den Sätzen 1 bis 3 genannten Stellen, die an die Gefangenen gerichtet sind, werden nicht nach Absatz 2 kontrolliert, sofern die Identität der Absenderin oder des Absenders zweifelsfrei feststeht.
6
§ 107 Abs. 3 Satz 4 bleibt unberührt.
(5)
1
Die Gefangenen haben eingegangene Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird.
2
Sie können sie verschlossen zu ihrer Habe geben.
" class="fussnote_link" href="#FNID_17">¹7
Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung Erster Hilfe für den Fall, dass eine Ärztin oder ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar ist und die Gefahr nach Absatz 1 oder Absatz 2 unmittelbar bevorsteht.
3
Die Anordnung bedarf der Zustimmung der Anstaltsleitung.
4
Die Verteidigerinnen und Verteidiger der Gefangenen sind unverzüglich zu benachrichtigen.
(5)
1
Anordnungen von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sind den Gefangenen unverzüglich bekannt zu geben.
2
Sie sind darüber zu belehren, dass sie gegen die Anordnung Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz ersuchen können.
3
Mit dem Vollzug einer Anordnung ist zu warten, bis die Gefangenen Gelegenheit hatten, eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
(6)
1
Bei Gefahr im Verzug finden die Bestimmungen in Absatz 3 Nr. 1 und 2, Absatz 4 Satz 2 sowie Absatz 5 keine Anwendung.
2
Die Voraussetzungen nach Absatz 3 Nr. 1 und 2, Absatz 4 Satz 1 bis 3 sowie Absatz 5 Satz 2 sind unverzüglich nachzuholen.
(7)
1
Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Fall der Absätze 1 und 2 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist.
2
Sie bedarf der Anordnung einer Ärztin oder eines Arztes und ist unter deren oder dessen Leitung durchzuführen.
und durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Januar 2024 (SächsGVBl. S. 52)" class="fussnote_link" href="#FNID_29">²9